Fidei-Donum-Priester

Ein nicht zu unterschätzendes Element für das Selbstverständnis der Kirche als Weltkirche, der Katholizität der Kirche, ist das Entsenden deutscher Priester und Ordensleute in alle Teile der Welt. Anfänglich wurde dies sogar als das entscheidende Zeichen der neu entdeckten Weltkirchlichkeit gesehen. Alois Eichenlaub war einer der ersten deutschen Diözesanpriester, die in etwa zeitgleich mit dem Entstehen von Misereor und Adveniat und im Rahmen der ebenfalls neu übernommenen Patenschaften deutscher Diözesen für einzelne Missionsländer als Priester in ein solches „Missionsland“ gehen wollten (6). Die Idee der deutschen Diözesen war, den Priestermangel in den Missionsländern durch großzügige Aushilfen zu überbrücken, als Zeichen der Solidarität mit den jungen Kirchen. 1959 war Misereor gegründet worden, 1961 Adveniat. Durch Begegnungen auf dem Konzil entstanden die Diözesanpatenschaften.

In der damaligen Zeit war in den Ländern des christlichen Abendlandes noch die Auffassung verbreitet, dass die Entsendung von Missionaren die dringlichste Aufgabe sei, um den Kirchen in den armen Ländern zu helfen. Der Priestermangel in den armen Ländern war das entscheidende Motiv für die Entsendung von europäischen Missionaren. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass über entwicklungspolitische Zusammenhänge, z.B. Fragen nach den Ursachen der Armut, nur vereinzelt nachgedacht wurde. So stellen es heute zumindest die ersten ausgesandten Priester im Rückblick fest, eine entsprechende entwicklungspolitische Diskussion hatte noch nicht stattgefunden. Andererseits war es in der Zeit vor dem Konzil selbstverständliche Meinung, dass die unterentwickelten und zum großen Teil noch „heidnischen“ Länder darauf angewiesen waren, vom christlichen Abendland aus missioniert zu werden, auch wenn es in den Missionsländern selbst bereits zunehmend Überlegungen gab, neue Wege zu beschreiten, da die bisherige Praxis ja gerade zu der Situation geführt hat, die nun als Mangel empfunden wurde. Dabei wurde - damals selbstverständlich - ausschließlich an Priester und Ordensleute gedacht, wenn es darum ging, das Evangelium in aller Welt zu verkünden.

„Vor 40 Jahren machte eine Gruppe deutscher Weltpriester einen Neuanfang und kam in verschiedene lateinamerikanische Länder. Es waren Fidei-Donum-Priester, die großherzig Antwort auf den Aufruf des Papstes gaben, ihre Heimat zu verlassen, um in Diözesen zu dienen, die nach Sprache und Kultur in einer ganz anderen Welt lebten. Sie waren Pioniere einer neuen Mission, die mit der Zeit eine Doppelspur hinterließ, einerseits bei denen, die auszogen, als auch andererseits bei jenen, die sie empfingen“ (7).

In der Enzyklika „Fidei Donum“ von Papst Pius XII. (21. 4. 1957) und noch mehr im Zweiten Vatikanischen Konzil (LG 23) wurde die Gesamtverantwortung der Bischöfe und Priester für die Weltkirche, damals im Sinne des Missionsauftrags an die Jünger, herausgestellt und angemahnt.  In der Fidei Donum Chronik schreibt Enrique Rosner: „Warum deutsche Priester nach Lateinamerika? Um dem chronischen katastrophalen Priestermangel abzuhelfen! Das war die erste Motivation zur Ausreise oder zur Entsendung nach dem Zweiten Weltkrieg. Südamerikanische Bischöfe bettelten um Priester. Es entstand ein ‚Handel’ um Priesteraushilfen. Damals blieb alles noch dem Zufall überlassen und entsprach der Privatinitiative der einzelnen“ (8). Von Emil Stehle, damals Geschäftsführer von Adveniat, stammt die Idee, die in Lateinamerika tätigen Weltpriester nach dem Rundschreiben von Pius XII. nun „Fidei-Donum-Priester“ zu nennen (seit 1971).

Doch Alois Eichenlaub ging es, wie auch einigen anderen deutschen Priestern, nicht zuerst darum, den Priestermangel in den Missionsländern zu lindern und die Zahl der Priester in Lateinamerika zu erhöhen. Vielmehr ging es ihnen um eine neue Orientierung der gesamten Pastoral und der Seelsorge aufgrund der dortigen Gegebenheiten. Von Löwen aus, wo er sich auf seine Aufgabe in Peru vorbereitete, schreibt Alois Eichenlaub am 19.11.1961 an Mitbrüder, dass nur solche Leute in die „Mission“ gehen sollten, die mit den Menschen vor Ort die Probleme erkennen, analysieren und bereit sind, neue Wege zu gehen. Darin ist er sich mit vielen seiner Kurskollegen einig, er fährt fort: „In den letzten Jahren wuchs der Kontinent Amerika um 45 Millionen Menschen. Trotz größter Anstrengung ist im gleichen Zeitraum die Zahl der Priester nicht gewachsen. Was tun? Nur eine Neuorientierung vom Zentrum her, von unseren Prinzipien her, kann helfen: die verantwortliche Mitarbeit von Laien, nicht nur in der ‚Katholischen Aktion’, sondern direkt mit priesterlichen Aufgaben wie Taufe, Beerdigung, Unterricht, Kommunionausteilung, Liturgie außer der Hl. Messe - vielleicht sogar Beichte im Sinne der Urkirche - kann zu einer Erneuerung führen. Das sind Fragen ans kommende Konzil“ (9).

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Arbeit deutscher Priester - ob auf diese oder auf eine andere Weise - in den armen Ländern erheblich zum Bewusstsein von der Einen Welt und der Kirche als weltweite Gemeinschaft der Gläubigen beigetragen hat, sowohl in den armen als auch den reichen Ländern. Dies gilt umso mehr, wenn man die Rückwirkungen dieser Arbeit auf die jeweiligen Heimatpfarreien bzw. Heimatdiözesen dieser Priester mit berücksichtigt.

c) Kirchliche Hilfswerke und ausländische Mitarbeiter