Eine Kirche der Armen
Die Kirche der Armen gilt als exemplarische Verwirklichung des Konzils. Hier wurde deutlich, wie sich der Geist der Erneuerung konkret auf das Leben der Ärmsten auswirkt: ein Mehr an der Fülle des Lebens, insbesondere für diejenigen, die ansonsten vom Leben ausgeschlossen werden. So stehen z.B. die Ureinwohner Amerikas exemplarisch für alle Ausgeschlossenen der Welt. Die reichen Kirchen können nur auf einem gemeinsamen Weg mit den Armen zur notwendigen Umkehr und damit zu ihrem eigentlichen Auftrag finden: Die Möglichkeit und Notwendigkeit, eine Weltkirche zu werden, die von den Armen her die herrschenden Götzen entlarvt und zeichenhaft einen „neuen Himmel und eine neue Erde“ durch ihre Praxis als Gemeinschaft der Jünger Jesu verkündet. Nun aber soll diese Kirche zerstört werden.
(Erstveröffentlichung dieses Artikels: Eine Kirche der Armen. In: Thomas Franz, Hanjo Sauer (Hrsg.): Glaube in der Welt von heute. 2007)
Eucharistie als befreiende Praxis
Brot teilen – das Grundsakrament der Kirche
Das Leitwort für den 102. Deutschen Katholikentag, der von 25. bis 29. Mai 2022 in Stuttgart stattfinden wird, steht fest: leben teilen. Die Leitung des Katholikentags beabsichtigt mit ihrem Vorschlag, Teilen als Grundhaltung christlicher Weltverantwortung in den Mittelpunkt des Katholikentags zu rücken“ (Ankündigung des ZdK, Oktober 2020). "Das Motto passt optimal zu unserer Diözese mit dem Heiligen Martin als Patron. Für uns Christen ist das Teilen gelebte Nächstenliebe - die vor der eigenen Haustür beginnt und sich über die ganze Erde erstreckt“ (Bischof G. Fürst).
Zukunft teilen (so das Motto dieser Ausgabe), Glauben teilen, Brotteilen: Es wird deutlich, dass es um weit mehr geht als die bisher übliche Gastfreundschaft der beiden Großkirchen. Es geht nicht zuerst um diese traditionelle Ökumene, sondern darum, was wir als Gemeinschaft aller Jünger:innen Jesu zum Überleben der Menschheit beitragen können. Leben ist aber mehr als Überleben - es geht um das verheißene Leben in Würde im Rahmen der planetarischen Grenzen.
50 jahre Theologie der Befreiung in Deutschland
50 Jahre Theologie der Befreiung in Deutschland: 1972 - 2022
Im SS 1972 hatte sich in Frankfurt, St. Georgen der erste "Studienkreis Theologie der Befreiung" in Deutschland gebildet, noch vor Erscheinen der deutschen Ausgabe des Buches "Theologie der Befreiung" von Gustavo Gutiérrez. Er wurde von lateinamerikanischen Mitstudenten (Doktoranden, mit konkreten Erfahrungen aus LA) initiiert und getragen. Einzige deutsche Mitarbeiter waren Christian Herwartz (Obdachlosenpriester in Berlin*) und ich. Pater Semmelroth und Pater Grillmeier waren konstruktiv-kritische Begleiter. Es ging vor allem um die Frage: was ist neu, gar revolutionär? Und was bedeutet dies für die bisherige „weiße“ und imperiale (d.h. „griech.-röm. Kirche“) und die Theologie des „christlichen Abendlandes“ - auch und gerade in Bezug zu der befreienden Botschaft der Propheten und von Jesus? Dies geschah in besonderer Weise in Auseinandersetzung mit Metz, Moltmann, etc. Karl Rahner, öfter zu „Besuch“ in St. Georgen, hat zwei Mal am Treffen des Arbeitskreises teilgenommen und hat uns ermutigt (obwohl nicht mit allem einverstanden).
Weiterlesen: 50 jahre Theologie der Befreiung in Deutschland