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Der erste Kontakt mit Europa fand bereits 1532 statt. Darüber ist bereits viel gesagt worden. Dieser Hintergrund darf aber nicht außer Acht gelassen werden. Danach wurde die Kirche von Cajamarca wie alle Diözesen in Lateinamerika nach europäischen Vorgaben geleitet. Bis zur Amtszeit von Bischof Dammert sind weder auf der Ebene der Diözese noch einzelner Pfarreien Kontakte nach Deutschland bekannt. Es waren bis 1962 keine deutsche Priester in Cajamarca tätig und auch sonst keine nichtspanische Missionare (Priester). Die Vorfahren von Bischof Dammert stammen väterlicherseits aus Deutschland. Seine deutsche Herkunft spielte aber keine Rolle bei der ersten Kontaktaufnahme mit Deutschland. Diese Kontakte ergaben sich eher zufällig über zwei seiner Priester: Alois Eichenlaub (Diözese Speyer) und Pedro Bartolini. Alois Eichenlaub kam 1962 als Fidei-Donum-Priester nach Cajamarca. Eigentlich war er für die Diözese Abancay vorgesehen, er stand schon vor der Ausreise nach Peru in Kontakt mit dem damaligen Bischof von Abancay, Alcides Mendoza.
Auf der ersten Konzilsperiode 1962 war Mendoza mit 34 Jahren der jüngste Bischof der Weltkirche. Der junge Bischof sprach auf seinen wiederholten Besuchen in Deutschland von der Notwendigkeit von Reformen in der Kirche. Er schilderte die pastorale Situation in seiner Diözese, den Mangel an Priestern und die damit verbundene mangelnde pastorale Betreuung der Menschen. Mit dem jüngsten Bischof der Weltkirche wollte Misereor ab 1961 ein Pilotprojekt starten, das als Vorbild für ganz Peru gedacht war. Man glaubte in Bischof Mendoza den geeigneten Bischof dafür gefunden zu haben, jung und dynamisch, voller neuer Ideen und offen für die Anliegen des beginnenden Konzils. Die Diözese Speyer wollte das Patronat über die Diözese Abancay übernehmen, weil in Abancay bereits Ordensschwestern aus Speyer (St. Ursula) waren. Bischof Mendoza versprach sich sehr viel von dem Patronat. Bereits im März 1961 begann ein intensiver Briefkontakt zwischen Bischof Mendoza und Alois Eichenlaub.
Erst einmal in Abancay, verschafft sich Alois Eichenlaub rasch ein Bild über die soziale und pastorale Lage, die er in dieser Härte nicht erwartet hatte. Bischof Mendoza hatte nie darüber geschrieben. Im ersten Bericht, gleichzeitig der erste Rundbrief nach Deutschland, dem noch viele weitere folgen und aus denen später die „Informationen aus Cajamarca“ hervorgehen sollten, schreibt er am 7. 9. 1962 aus Abancay: „In der ganzen Diözese gibt es nur 19 Priester, davon 12 Amerikaner aus Boston; 29 Pfarreien sind ohne Priester und sind zum Missionsgebiet erklärt, d.h. sie werden einmal im Jahr, mehrere Gebiete nur alle fünf Jahre, von irgendeinem Pfarrer besucht. Nahezu das gesamte Land gehört Großgrundbesitzern, die Durchschnittsgröße der Hazienden liegt bei 5.000 ha, die ‚Quetschua - Indianer‘ arbeiten auf deren Gütern und kennen kein Geld (‚Entlohnung‘ in Naturalien). 1962 sterben 70% aller Neugeborenen, es gibt keine Milch! Etwa ein Drittel der Bevölkerung wandert in ihrer Not ab nach Lima, in die Elendsviertel, in denen dann noch die moralische Not dazukommt, die Entwurzelung“ (3).
Alois Eichenlaub sieht in dieser Situation eine dramatische Herausforderung und Verpflichtung der Kirche. Als Priester und als Mensch ist er zutiefst davon überzeugt, inmitten des vorgefundenen Elends die Botschaft von der Würde aller Menschen als Kinder Gottes verkünden zu müssen. Doch der Bischof wollte ihm offensichtlich Ämter und Aufgaben übertragen, die ihn genau vor dieser Wirklichkeit schützen sollten. Der Bischof sprach zwar im-mer wieder von Reformen und einem Aufbruch in der Kirche, er sprach aber nicht von der Not der Menschen, er schien diese noch nicht einmal zu sehen. Stattdessen hatte Alois Eichenlaub zufällig Bischof Dammert in Lima kennen gelernt. In Bischof Dammert fand er einen aufmerksamen Zuhörer seiner Ideen und Vorstellungen und umgekehrt war Bischof Dammert von Alois Eichenlaub und dessen Elan und Vorstellungen einer erneuerten Kirche beeindruckt. Bischof Mendoza hatte inzwischen seine ersten Zweifel an Alois Eichenlaub bekommen. Denn der Bischof hatte ihm angeboten, als Kaplan des wichtigsten Schwesterkonvents der Stadt täglich drei Messen zu lesen und sonst praktisch als Sekretär des Bischofs arbeiten zu dürfen - aus der Sicht des Bischofs eine besondere Auszeichnung für den Ankömmling. Der Neue wollte sich aber auf keinen Fall als Sekretär des Bischofs hauptsächlich in dessen Residenz aufhalten und sich auch sonst nur innerhalb der etablierten Kreise der Stadt bewegen, denn deshalb hätte er nicht seine Heimat verlassen. Umso enttäuschter war der Bischof, dass Alois Eichenlaub dieses großzügig gemeinte Angebot ablehnte und lieber auf dem Land und mit den Ärmsten arbeiten wollte. Ein weiterer Wunsch von Alois Eichenlaub war, in einem Team zu arbeiten. Ende November 1962 hat er zufällig in Lima erfahren, dass sich Dammert und Mendoza auf dem Konzil geeinigt hatten, dass er für einige Monate nach Cajamarca gehen sollte, denn Dammert wollte dort etwas ganz Neues anfangen. Bischof Mendoza bot Bischof Dammert an, Alois Eichenlaub für den Neubeginn in Cajamarca auszuleihen. Er sollte ab und zu in Cajamarca aushelfen, um dort die jungen Priester zu orientieren.
Ende 1962 kam Alois Eichenlaub nach Cajamarca und sollte bis heute dort bleiben. Über ihn liefen dann die ersten Kontakte der Diözese Cajamarca nach Deutschland (erste Rundbriefe seit 1962). Nachdem die Entscheidung bereits gefallen war, dass Alois Eichenlaub in Cajamarca bleiben würde, schrieb Mendoza noch einmal an Caritas Freiburg: „Er war von seinem Bischof für unsere Diözese bestimmt; leider habe ich schon von Anfang an bemerkt, dass er irgendwie beeinflusst war, um nicht weiter in Abancay zu arbeiten. Zufällig hatte ich in Rom ein Gespräch mit dem Bischof von Cajamarca geführt und habe dem Bischof die Aushilfe von Pater Eichenlaub zeitweilig angeboten, bis ich die von P. Eichenlaub gewünschten Bedingungen zum Arbeiten geschaffen hätte: Bedingungen, die mir schon zeigten, dass es unmöglich wäre, dass er bei uns arbeitete“ (4).
Der folgende Ausschnitt eines Briefes von Dammert an Misereor deutet die verschiedenen Sichtweisen, Maßstäbe und Erwartungen an, die zu Beginn und teils bis heute an die welt-kirchlichen Kontakte gestellt wurden. Dammert schreibt am 18.4.1963 in einem vertrauensvollen Brief an Frl. Jörissen, Misereor, über die Position von Mendoza: „Die Bedingung und Erwartung von Mendoza für die Mitarbeit der Deutschen war, dass sie in der traditionellen Linie (Verwaltung der Sakramente, Almosen verteilen, Kranke pflegen etc.) arbeiten, aber nicht, dass sie die Probleme von Grund auf angehen. Die Andenbevölkerung ist laut Mendoza nicht fähig, etwas Neues zu akzeptieren, sie wollen immer nur das Gewohnte und Almosen! Deshalb ist er auch froh, dass Alois nach Cajamarca geht, weil er nur die gewohnte Seelsorge stören würde. Der Bischof von Speyer kann so etwas nicht verstehen, auch Misereor nicht“. Dammert sorgt sich im Folgenden um die generelle Hilfe für Peru, denn Misereor hat wohl Abancay als Pilotprojekt für Peru vorgesehen, und wenn dieses scheitert, könnte dies das Ende jeder Hilfe für Peru bedeuten. Im selben Brief fährt er fort: „Es ist internationale Übereinkunft, zuletzt besprochen in Lima, dass die Pläne für eine erneuerte Pastoral etc. nur in den Diözesen gestartet werden sollen, deren Bischöfe dazu bereit sind, neben Cajamarca z.B. auch Ayaviri mit Bischof Metzinger. Misereor würde es gut anstehen, wenn es sich, bevor es Programme startet, vor Ort über die Gegebenheiten informieren würde, z.B. einen Beauftragten für Peru ernennen, der sich in Zusammenarbeit mit peruanischen Stellen nach den besten Möglichkeiten der Hilfe umsieht (Archiv IBC; LIma).
Bischof Mendoza war bis 2004 Erzbischof von Cusco. Nach seiner Zeit in Abancay wurde er zuerst Militärbischof und 1982 wurde er als Nachfolger von Luis Vallejos zum Erzbischof von Cusco ernannt. 1986 war er es, der maßgeblich an dem Zustandekommen der Partner-schaft der Erzdiözese Freiburg mit der peruanischen Kirche beteiligt war. In einer ersten Bilanz nach einem Jahr der Freiburger Perupartnerschaft stellte Weihbischof German Schmitz (Lima) in einem Treffen in der deutschen Pfarrei in Lima 1987 fest, dass sich überproportional viele Opus-Dei-Pfarreien um eine Partnerschaft mit deutschen Gemeinden bemüht hätten, weil sie als erste die Chance einer Partnerschaft im Sinne von Mendoza erkannt hatten.
Pressemitteilung im „Konradsblatt“ (Freiburger Diözesanzeitung) am 30. 9. 2001: „Alcides Mendoza Castro (73), Erzbischof von Cusco in Peru, hat sein 50-jähriges Priesterjubiläum gefeiert. Erzbischof Oskar Saier gratulierte dem peruanischen Oberhirten, der die älteste Diözese Perus seit 43 Jahren leitet und damit der weltweit am längsten amtierende Bischof ist. Oskar Saier dankte dem Jubilar für seine Begleitung der Freiburger Perupartnerschaft und lud ihn gleichzeitig zur Feier des 175-jährigen Bestehens des Erzbistums Freiburg am 1. Mai kommenden Jahres ein“. (In der Pressenotiz ist ein Fehler, denn Bischof Mendoza wurde erst 1982 Erzbischof von Cusco, er ist aber seit 43 Jahren Bischof: 1958 - 2001).
Die erste Verbindung einer deutschen Kirchengemeinde mit der Diözese Cajamarca war noch zufälliger entstanden. Pedro Bartolini aus Cajamarca hielt sich seit Anfang 1961 zu ergänzenden Studien in Rom auf und wurde von dort zu einer Urlaubsvertretung nach Deutschland geschickt, wo er zufällig in die Gemeinde St. Martin, Dortmund geriet. Er fasste Vertrauen zu dem damaligen Pfarrer von St. Martin, Fritz Hermann und dessen Vikar Richard Rademacher. Anfang 1963 kehrte Bartolini auf Wunsch von Bischof Dammert nach Cajamarca zurück, wo er mit zwei anderen Priestern die Arbeit in Bambamarca aufnahm. Fritz Hermann (verstorben am 12.12.1983) schreibt im Rückblick über die Anfänge der Partnerschaft mit Bambamarca: „Wir hatten uns bei unseren nicht vorhandenen Spanischkenntnissen und seinem mangelhaften Latein im Wesentlichen mit lateinischen Infinitiven ... verständigt. Aber wir hatten doch wohl einen einigermaßen Vertrauen erweckenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Denn auf dem Wege Rom - Frankfurt - New York - Lima - Cajamarca - Bambamarca machte er einen Abstecher nach Dortmund und unter Übergabe einiger mit dem Petersdom und anderen römischen Merkwürdigkeiten versehener Aschenbecher bat er schlicht und einfach um Hilfe. Wir, Richard Rademacher und ich, meinten, Gott könne auch mit kitschigen Aschenbechern winken und bald liefen Dollarschecks, zunächst in winziger, dann in steigender Höhe, monatlich an Pedro, ohne dass wir zunächst so ganz begriffen, was mit dem Gelde geschah.
Eines Tages erschien Alois Eichenlaub, der eine Art rechter Hand von Bischof Dammert geworden war. Er schlug vor, das Geld an Bischof Dammert zu leiten, der besser übersehen könnte, was seinem Projekt Bambamarca dienlich sei. Wir erfuhren dann auch, was alles so drin war, eine Pastoral, die dem ganzen Menschen diente und uns Neuthomisten zunächst spanisch bzw. lateinamerikanisch vorkam. Aber das haben wir erst langsam begriffen und gelernt: Alphabetisierung, Schulung der Mädchen in einfachen Dingen wie Hygiene für sich und die Säuglinge, die Haushaltsführung, die Webtechnik; Gründung einer Genossenschaft, aber auch Heranbildung von Katecheten, die in Kleinansiedlungen eine Menge pastoraler Arbeit tun können... Seit Alois Eichenlaubs erstem Besuch wurden die Kontakte stärker und uns ging auf, dass wir nicht nur helfen, sondern Hilfe zur Selbsthilfe leisten mussten; dass wir nicht nur durch milde Gaben unser mehr oder weniger schlechtes Gewissen entlasten konnten, sondern dass uns das Ganze etwas anging, uns mehr beanspruchte, als eine anonyme Gabe für Adveniat oder Misereor - womit nichts gegen diese Hilfswerke gesagt werden soll“ (5).
Vikar Rademacher wurde 1963 Pfarrer in der Gemeinde Hl. Kreuz, Castrop-Rauxel und nahm die Kontakte zur Diözese Cajamarca in seine neue Gemeinde mit. Diese beiden Pfarreien in Dortmund und Castrop-Rauxel waren bis 1997 eine wesentliche Stütze der Partnerschaft mit Cajamarca. St. Martin, Dortmund wurde zur zentralen Anlaufstelle für fast alle nachfolgenden Kontakte kirchlicher Gruppen und Kirchengemeinden, die mit der Diözese Cajamarca und Bischof Dammert in eine Beziehung eintreten wollten. Vor allem die aus den Rundbriefen von Alois Eichenlaub hervorgegangenen „Informationen aus Cajamarca“ (seit 1969) wurden zur ersten Informationsquelle über die kirchlichen Aufbrüche in der Diözese Cajamarca.