Abschlussbericht an die DFG
 
Forschungsstand, Anwendungsperspektiven und denkbare Folgeuntersuchungen
 
Im Blick auf die deutschen Partnergruppen können hinsichtlich deren Motivation, Problematik und Zielsetzungen Schlussfolgerungen gezogen werden, die im weiteren Sinne z.B. mit der Studie von Gabriel/Nuscheler übereinstimmen. Während jedoch deren Studie „Handeln in der Weltgesellschaft: Christliche Dritte-Welt-Gruppen“ (1995) eher in „die Breite“ ging, zielt die vorliegende Studie auf eine kleine Gruppe von (15) Pfarreien, in der dann allerdings alle denkbaren Dimensionen von Partnerschaft untersucht werden. Vor allem die Nachprüfung der Wirkung bei den Adressaten (sowohl was die materielle Hilfe als auch die damit verbundene Zielsetzungen oder Ideologien betrifft) ist in dieser intensiven Form noch nicht wissenschaftlich behandelt worden.
 
Entscheidend zum Verständnis von Partnerschaft (auch Entwicklungsarbeit) ist die Einbeziehung des weltwirtschaftlichen und jeweiligen nationalen politischen Kontextes. Bei Partnerschaften zwischen Kirchengemeinden spielt zudem der kirchenpolitische Rahmen eine entscheidende Rolle. Diesen gilt es unbedingt zu berücksichtigen, geschieht aber bisher kaum. Es geht um entscheidende strukturelle Fragen: wer und was ist Kirche (bzw. Gemeinde), wer repräsentiert die Gemeinde, wer sind die Ansprechpartner und wer kommuniziert mit wem und mit welchem Interesse? Konkret: wenn ein Bischof (oder Pfarrer) in massiver Weise Spendengelder unterschlägt oder veruntreut, muss dies als kriminelle Handlung auch so benannt werden. 
 
Wenn stattdessen deutsche Hilfswerke und Vertreter der Amtskirche meinen, sich aus „strukturellen“ Gründen (und nicht, weil sie dies gut finden) mit kriminellen Handlungen identifizieren zu müssen, dann ist die Frage nach den Strukturen zu stellen. Hier stößt die Wissenschaft (als Theologie) an ihre (ebenfalls strukturbedingten) Grenzen.
 
Dennoch würden sich denkbare (und notwendige) Folgeuntersuchungen anbieten. In Peru selbst ist zur Zeit eine wissenschaftliche (und publizistische) Arbeit, die sich z.B. mit den Aufbrüchen der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil befasst, für peruanische Theologen nicht möglich (konkrete Beispiele und Aussagen dafür liegen vor). Gerade solche Arbeiten aber könnten den christlichen Gemeinden landesweit Impulse geben. Wichtige zeitgeschichtliche Dokumente und Archive drohen verloren zu gehen. Konkrete Aufgabe: Erarbeiten einer Biographie (Leben und Werk) von Bischof Dammert und dem verstorbenen Kardinal Landázuri (Lima).
 
1. Allgemeine Angaben: Antragsteller und Institut/Lehrstuhl
 
Elmar Klinger, Dr. Professor für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft; Universität Würzburg, Fakultät für Katholische Theologie, Institut für systematische Theologie.
Mitantragsteller: Ottmar Fuchs, Dr. Professor für praktische Theologie; Universität Tübingen, Katholisch-Theologische Fakultät, Abteilung praktische Theologie.
 
Thema des Projekts: Partnerschaftsarbeit der Kirche in Deutschland und in Peru - 30 Jahre Pastoral in Cajamarca
 
Berichtszeitraum und Förderungszeitraum insgesamt:. Mit dem Projekt selbst wurde  am 01.09.1997 begonnen, es wurde bisher gefördert durch die Erzdiözese Bamberg, die Diözese Würzburg und die Diözese Eichstätt. Diese Förderung lief am 31. August 1999 aus. Unmittelbar im Anschluss übernahm seit 1. 9. 1999 die DFG die Finanzierung, die erst bis 31. 8. 2002 bewilligt wurde. Der Berichtszeitraum erstreckt sich auf das gesamte Projekt (1997 - 2002), da sich sowohl inhaltlich als auch methodisch zwischen beiden Phasen der Förderung keine eindeutigen Abgrenzungen ziehen lassen. Termin für die Abgabe des Abschlussberichtes: 01. September 2002 (Projektende)
 
Liste der Publikationen aus diesem Projekt
 
- Willi Knecht/Hartmut Heidenreich: „Die Wehklagen derer, die leiden, lassen mich nicht ruhen“ - José Dammert Bellido, Bischof von Cajamarca, Peru. Artikel in den Sammelband „Die Armen zuerst - 12 Lebensbilder lateinamerikanischer Bischöfe“; Hg.: Johannes Meier, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1999
 
- Der Sammelband „Die globale Verantwortung - Partnerschaften zwischen Pfarreien in Deutschland und Peru“; Hg.: Elmar Klinger, Willi Knecht, Ottmar Fuchs; Echter Verlag, Würzburg 2001
 
- Willi Knecht: „Freiburg, Ulm und Cajamarca - Was man von den Christen in Peru lernen kann“. Eine Artikelserie in der theologischen Zeitschrift „imprimatur“, Hefte 4-5-6/2001
 
- Willi Knecht: Die Herausforderung einer Option für die Armen (geplante Dissertation 2004)
 
 
2. Arbeits- und Ergebnisbericht: Ausgangsfragen und Zielsetzung des Projekts
 
Zu Beginn stand die Frage, ob und wie kirchliche deutsche Partnergruppen angesichts einer (kirchlich) völlig veränderten Situation in ihren peruanischen Partnergemeinden weiterhin an der Partnerschaft festhalten können. Die meisten Partnerschaften hatten bis 1992 zu Bischof Dammert, dem damaligen Bischof von Cajamarca, dessen Vertrauensleuten und zu einzelnen Pfarreien persönliche Beziehungen aufgebaut. Ein neuer Bischof stellte dies alles in Frage, er entließ Vertrauensleute und übte Druck aus, seiner Linie zu folgen. Ein Merkmal dieser neuer Kirchenpolitik bestand darin, die Rolle des Klerus zu stärken und gleichzeitig das Engagement für die Armen als „nur politisch“ zu diffamieren. Die deutschen Partnergemeinden begründeten ihre Motivation für die Partnerschaft aber gerade mit einem Engagement für die Armen. 
 
Aus dieser konkreten Ausgangssituation ergaben sich weitere, grundsätzliche Fragen. Ziel der Studie war es daher, strukturelle Probleme in der Entwicklungs- und Partnerschaftsarbeit zu analysieren. Transkontinentale Partnerschaften und die Zusammenarbeit zwischen den Trägern verschiedenster Kulturen erfordern ein hohes Maß an Kommunikation (Hermeneutik und Dialog). Auch der jeweilige weltwirtschaftliche Kontext spielt eine bedeutende Rolle. Bei kirchlichen Partnerschaften (und generell kirchlicher Entwicklungs- und Projektarbeit) spielt zudem der jeweilige kirchenpolitische Kontext eine große Rolle. Die Studie erhebt die wechselseitige Fruchtbarkeit der Kontakte und geht der Zielgenauigkeit sowie Korruptionsanfälligkeit der geleisteten finanziellen Hilfen nach. Sie hat dabei die kirchliche Gesamtbedeutung der Projekte im Blick und fragt deshalb nach der Wirksamkeit des Zweiten Vatikanischen Konzils in den Partnerschaften zwischen Deutschland und Peru. Die Projekte in der Diözese Cajamarca sind vor allem wegen ihres früheren Bischofs José Dammert dafür besonders geeignet; er war sowohl Mitglied des Konzils, als auch an dessen Anwendung auf Lateinamerika bei der Bischofsvollversammlung von Medellín beteiligt. Die dort erstmals formulierte „Option für die Armen“ ist der geistige Hintergrund der Partnerschaften. Das heute demgegenüber veränderte seelsorgerliche Konzept in Cajamarca wirkt sich auf die konkrete Zusammenarbeit aus. Auf diesen Tatbestand legt die Studie einen besonderen Augenmerk. 
 
Die Studie befasst sich mit einem begrenzten geographischen Raum und hat einen zeitlich begrenzten Untersuchungsrahmen (1962 - 1992). Sie behandelt sowohl politisch - soziale, wirtschaftliche, biographische als auch kirchlich - religiöse Themen in der Diözese Cajamarca unter Bischof Dammert. Ihre methodische Besonderheit ist einerseits die Feldforschung in Peru unter der Leitung des Instituto Bartolomé de Las Casas (Leitung Prof. Dr. Gustavo Gutiérrez), sowie Befragungen aller Mitglieder der deutschen Solidargruppen. Der Koordinator der Studie, Willi Knecht, hat von 1977 - 1980 vor Ort in Bambamarca (Cajamarca) gearbeitet und ist seither in engem Kontakt mit den Gruppen vor Ort. Das Archiv von Bischof Dammert steht im Instituto Bartolomé de Las Casas zur Verfügung. 
Als wissenschaftliches Ziel ließ sich definieren: Darstellung und Evaluation der Probleme in der Partnerschaftsarbeit der beiden Länder: die Differenzen zwischen den Kontakten auf Diözesanebene (Referate Weltkirche in den deutschen Diözesen - Ordinariat in Cajamarca) und den Basiskontakten; Objekt - Auswahl und Zielgenauigkeit der Geldvergabe; interkulturelle Missverständnisse; Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisierung auf die Partnerschaftsprojekte; Auswirkungen interner politischer Kämpfe in Peru auf die Kirche.
Als außerwissenschaftliches Ziel: Erarbeitung von Kategorien des Umgangs mit diesen Problemen bei der pastoralen Arbeit vor Ort und bei der Entwicklungszusammenarbeit der kirchlichen Hilfswerke (Misereor, Adveniat, Brot für die Welt). Auffinden von Gründen für das Scheitern und Gelingen von Partnerschaften. 
 
 
Entwicklung der durchgeführten Aufgaben (in vier Schwerpunkten)
 
1. Arbeit in Archiven und Bibliotheken in Lima (Peru): Bischof Dammert stellte eigens für diese Studie sein gesamtes persönliches Archiv zur Verfügung. Darin enthalten sind u.a. seine Korrespondenz mit Rom (insbesondere mit Papst Paul VI.), nach Deutschland (Gemeinden, Freunde, Hilfswerke etc.) und persönliche Schreiben. Im Archiv des Instituto Bartolomé de Las Casas (Lima) sind alle bekannten Artikel von und über Dammert, Veröffentlichungen über Cajamarca, Schriften aus Cajamarca etc. vorhanden. Dieses Material wurde bisher nicht ausgewertet. Als Ergänzung war ein Blick in die in Lima vorhandene (vor allem soziologische, theologische) Literatur, die in Zusammenhang mit dem Thema steht, erforderlich. Dies betrifft vor allem die Literatur der zuerst in Peru - und in engem Zusammenhang mit den Aufbrüchen in Cajamarca - entstandenen Theologie der Befreiung. 
 
2.  Aufenthalte in Peru (Lima und Cajamarca): Schwerpunkt waren Besuche in den Partnergemeinden und Partnergruppen. In fünf Partnergemeinden wurden exemplarische Befragungen durchgeführt und ausgewertet. Die Gruppen waren an der Fragestellung und Auswertung direkt beteiligt. Vor allem in Bambamarca (Pilotprojekt der Diözese) haben die verschiedenen Gruppen der Campesinos und Frauengruppen - und angeregt durch die Studie - angefangen, Material zusammenzutragen, Umfragen zu erstellen, Lebenszeugnisse aufzuschreiben etc. Sie wollen ihre eigene Geschichte schreiben. Die Studie steht einerseits im Dienste dieses Prozesses und wirkt als Katalysator, andererseits gilt es diesen Prozess der Selbstfindung zu dokumentieren und für deutsche Verhältnisse fruchtbar zu machen (letzteres ist auch im Sinne der Campesinos). Während dieser Aufenthalte kam es auch zu Rückfragen nach der Art und dem Stand der Beziehung in den Partnerschaften. 
 
3.  Befragungen der deutschen Partnergemeinden: Im direkten Kontakt mit den deutschen Partnergemeinden wurden auch hier die Fragebögen erstellt und ausgewertet. Alle 15 Pfarreien, die in einer Partnerschaft mit einer Gemeinde oder Gruppe in der Diözese Cajamarca standen, nahmen an der Befragung teil (bei einigen erst nach einer langer und beharrlicher Überzeugungsarbeit), mehr noch: sie betrachteten dann auch diese Studie als ihre eigene Studie. Neben einer Auswertung statistischer Gesichtspunkte stellt sich die Aufgabe einer vertiefenden Deutung der Antworten. Dies konnte erreicht werden durch qualitative Interviews einzelner Partnergruppen, z.B. Gruppen in Dortmund, Herzogenrath, Castrop-Rauxel, Herzogenaurach, Tettnang, Ulm, Freiburg. In Gruppen- und in Einzelgesprächen wurden die Partner mit den Antworten auf die Fragebögen, ihren bisherigen und zukünftigen Aktivitäten, Schwerpunkten und Zielvorstellungen konfrontiert, hinterfragt und in Bezug zu den anderen Gruppen gesetzt. In einem weiteren Schritt kam es zu einer „Verknüpfung“ der verschiedenen Auswertungen (Entwicklungshelfer, Pfarrer, Gruppen, individuelle Fragebögen) - und dies wiederum in Bezug auf die Partner in Peru (deren Erwartungen, Wahrnehmungen, Vorstellungen etc.) und des realen Kontextes in Cajamarca. So konnte u.a. erhellt werden, warum eine bestimmte Partnerschaft unter den gegebenen Voraussetzungen scheitern musste, eine andere aber nicht. Diese Ergebnisse waren für einige Gruppen eher akzeptabel als für andere Gruppen.
 
4.  Kontaktaufnahme zu den Hilfswerken Adveniat, Misereor und Caritas: In den Bibliotheken und vor allem im Archiv der Hilfswerke liegt nicht nur eine Fülle unbearbeiteten Materials (Quellen) im allgemeinen, sondern auch im speziellen Fall der Zusammenarbeit mit der Diözese Cajamarca.  Aus diesen Quellen lassen sich die Art der Projekte, deren Begründung und Zielsetzung sowie deren abschließende Evaluierung im jeweiligen Kontext (Situationsbeschreibung, soziale Lage, politisches Umfeld etc.) beschreiben, analysieren und vergleichen (z.B. mit den Absichten der Partnergruppen, dem Arbeitsplan der Diözese, den Entwicklungsvorstellungen etc.).  Allgemein: Aus den aufgezählten Punkten lässt sich die Bedeutung einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit den Gemeinden erkennen - und umgekehrt: diese Zusammenarbeit beeinflusste den äußeren Ablauf und inhaltlichen Prozess des Projekts. Der regelmäßige Besuch der verschiedenen Partnergemeinden nahm entsprechende Zeit in Anspruch. Diese Arbeit sprengte insofern den gewohnten „rein“ wissenschaftlichen Rahmen, sie hatte viele pädagogisch-soziale Elemente auf praktischer Ebene. 
 
Von ebenso großer Bedeutung war die Zusammenarbeit mit dem Instituto Bartolomé de Las Casas, Lima. Das Instituto Bartolomé de Las Casas hat 1997 in Cajamarca bereits umfangreiche Befragungen durchgeführt (aus peruanischer Perspektive, Zielgruppen: Priester und Ordensfrauen, Katecheten, Campesinos, verantwortliche Laien, Vertreter der Öffentlichkeit, Politik, Intellektuelle). Ebenso wurden ehemalige Mitarbeiter, ausländische Entwicklungshelfer und Priester der Diözese Cajamarca interviewt. Dieses umfangreiche Material war auch aus deutscher Perspektive zu untersuchen und auszuwerten. Eine Auswertung unter Berücksichtigung spezifisch deutscher Gesichtspunkte und Interessen war notwendig. Die Zusammenarbeit mit dem Instituto Bartolomé de Las Casas war für die gesamte Zeit der Projektarbeit elementar und nicht nur punktuell (weder zeitlich noch inhaltlich). 
Das ursprüngliche Konzept der Studie konnte weitgehend realisiert werden. Die ursprünglichen Schwerpunkte blieben erhalten. Da die Studie einen „prozesshaften Charakter“ hatte, ergaben sich notwendige Modifizierungen aus der Situation heraus. So wurde das Thema „Globalisierung“ zunehmend wichtiger. In diesem Zusammenhang gerieten die Aktivitäten der größten Goldminengesellschaft der Welt (Newmont Mining) ins Blickfeld, die in Cajamarca die profitabelste Goldmine der Welt betreibt und dessen Tätigkeiten erhebliche soziale und ökologische Verwerfungen zur Folge haben.
 
Den Verlauf der Studie haben vor allem zwei Probleme beeinflusst (und gehemmt), die anfangs so nicht erwartet werden konnten. Mindestens zwei der 15 an der Studie beteiligten Pfarreien konnten mit den Ergebnissen der Studie nichts anfangen bzw. sie distanzierten sich davon. Die Studie konnte nachweisen, dass Partnerschaftsgelder entweder nicht an die richtige Adresse kamen oder die Ansprechpartner in Cajamarca nicht mehr die Ziele verfolgten, auf denen die Partnerschaft aufgebaut worden war. Die beiden betroffenen Pfarreien in Deutschland können oder wollen dieses Ergebnis nicht zur Kenntnis nehmen.  Auch in einigen anderen Pfarreien wurden die genannten Beobachtungen (Fehlleitung der Gelder und Veränderung der Zielsetzungen und „Geschäftsgrundlagen“ der Partnerschaft) gemacht. Doch haben andere Pfarreien daraus die Konsequenzen gezogen und neue Formen der Partnerschaft entwickelt - wenn auch in unterschiedlicher Weise (und mit teils nachlassender Intensität). Die Studie konnte dazu beitragen, dass alternative Formen der Partnerschaft entwickelt und begründet werden konnten. 
Als weiteres Problem erwies sich, dass durch kirchenpolitische Veränderungen in Peru (z.B. in Lima mit der Einsetzung von Bischof Cipriani - Opus Dei - als Erzbischof und Kardinal von Lima) die Archivarbeit erheblich erschwert wurde. Der Zugang zu bischöflichen Archiven wurde erschwert, peruanische Mitarbeiter wurden unter massiven Druck gesetzt. Zu Beginn der Studie 1997 zählte das Institut noch 72 Mitarbeiter, Mitte 2002 lediglich noch 19 Mitarbeiter. Wissenschaftliche Studien können nicht mehr durchgeführt werden. 
 
Darstellung der erreichten Ergebnisse:
 
1. Ergebnisse aus den Befragungen: Aus den Befragungen der deutschen Partnergemeinden ergaben sich folgende Probleme: die mangelnde Kommunikation auf allen Ebenen (qualitativ und quantitativ) und damit einhergehende (Un-) Kenntnisse über die Partner; die Frage nach den Ansprechpartnern, deren Zuverlässigkeit und Repräsentanz; damit verbunden die Frage, wer denn eigentlich die Partner sind und wer die Gemeinde vor Ort repräsentiert; die (meist strukturelle) Schwierigkeit, mit den Bedürftigen (den Adressaten der Spenden) in Kontakt zu treten und deren eigentliche Bedürfnisse erfahren zu können und die Bedeutung des Bischofswechsel; die Frage nach den pastoralen Schwerpunkten (Option) in den Partnergemeinden. Auf die eigene Gruppe bezogen: das eigene (pastorale) Selbstverständnis; die Stellung der Gruppe und der Partnerschaftsarbeit in der eigenen Gemeinde, ihr Ort in der Kirche.
 
Zur  Praxis und Perspektiven von Gemeindepartnerschaften: Die Frage nach der Kirche als Gemeinschaft aller Gläubigen wird in deutschen (eher „äußerliche“ Begründungen) und peruanischen Partnergemeinden (eher biblisch-pastoral) höchst unterschiedlich beantwortet. Es geht um Grundfragen von Kirchesein und Christsein. Die Stellung der deutschen Partnerschaftsgruppen in ihren Gemeinden wird von den Gruppen selbst bestenfalls als „am Rande stehend“ bewertet. 
Kommunikation (Besuche, Begegnung, Projekte): Die Frage nach den Ansprechpartnern (wer ist die Gemeinde?) und den Verantwortlichen für die Projekte (einschließlich Spenden) erweist sich als die Schlüsselfrage. Persönliche Besuche, die zu echten Begegnungen (teilweise Umkehr) führten, bilden das Rückgrat und helfen in schweren Zeiten. Einheit (bzw. Trennung) von Sozial und Pastoral: in deutschen Gemeinden wird Diakonie tendenziell (und institutionell) ausgelagert (Caritas), in peruanischen Basisgruppen wächst sie aus der Mitte der Gemeinschaft und des Glaubens heraus. In deutschen Gruppen spielen politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche Themen eine immer geringere Rolle, die Gruppen werden immer angepasster, Auseinandersetzungen werden vermieden (meist unter dem Vorwand, die „Einheit“ zu bewahren). 
 
Ein Fazit (und Perspektive für die Zukunft): Die Partnerschaft kann als Lernfeld einer ganzheitlichen Pastoral in weltweiter Verantwortung verstanden werden: Partnerschaft als Katechese und Hinführung zum Glauben in Gemeinschaft. Der inhaltliche Austausch zwischen Partnergemeinden (Begegnung, miteinander lernen) kann dazu beitragen, einer zunehmenden Horizontverengung des katholischen Milieus in Deutschland entgegenzusteuern. Partnerschaften tragen dazu bei, weltwirtschaftliche Zusammenhänge besser erkennen und den eigenen Standpunkt innerhalb des globalen Kontextes besser verstehen zu können. Daraus ergeben sich neue Verantwortungen und neue Begründungen des (katholischen) Glaubens: Partnerschaft als Sakrament der weltweiten Kirche (Brotteilen, Tisch- Wegegemeinschaft. Partnerschaft als praktizierte und praktikable Option mit den Armen. Die größte Herausforderung: der unterschiedliche „Standort“ (Geschichte, Weltwirtschaft, Politik) der Partner. 
Chancen: a) „die Armen evangelisieren uns“, sie zeigen uns den Weg (zurück zu den Quellen und in die Zukunft), Bild: die Ostererfahrung der Emmausjünger. b) Zeichenhafte „eschatologische“ Einheit inmitten einer tödlich gespaltenen Welt (Ökumene!) 
 
2. Einige charakteristische Details (Ergänzungen) zu den Umfragen:  Es wurden vier verschiedene Fragebogen erstellt, für die Partnergruppen, die Pfarrer der Partnergemeinden, ehemalige Mitarbeiter in Cajamarca (meist Entwicklungshelfer) und ein persönlicherer Fragebogen an die einzelnen Mitglieder der Gruppen. Erfreulich ist, dass es gelungen ist, alle Gruppen für die Mitarbeit zu gewinnen. Dabei mussten allerdings einige Widerstände überwunden werden, besser gesagt: es musste Vertrauen entstehen. Viele Gruppen sind es nicht gewohnt, „Rechenschaft“ abzulegen, weder sich selbst noch anderen gegenüber. Auch die Konzentration mancher Gruppen allein auf „ihre“ Partnerschaft ist problematisch (analog etwa die kaum vorhandene Bereitschaft der Pfarreien zur überpfarreilichen Zusammenarbeit). Zudem hatten einige Gruppen ihre Probleme damit, eventuelle Schwierigkeiten in der Partnerschaft nach außen zu tragen. Wenn trotzdem alle Gruppen mitmachten, so wohl deswegen, weil einerseits die Not  in ihren Partnerschaften so groß geworden ist, dass viele nicht mehr weiter wissen und andererseits dadurch die Bereitschaft vorhanden ist, gemeinsam zu überlegen, wie es weitergehen könnte. 
 
Zu den deutschen Gruppen: Es sind kirchlich sehr engagierte Gruppen, die mit einer Ausnahme sich auch sehr eng der Pfarrgemeinde verbunden fühlen bzw. im Auftrag der Gesamtgemeinde handeln. Die Besuche bei den Partnern (besonders die dadurch entstandenen persönlichen Beziehungen) sind  entscheidend für die Partnerschaft und vielfach die einzigen „Fundamente“, die Kraft und Motivation geben zum Weitermachen. Durch die veränderte pastorale Situation in Cajamarca gerieten die Gruppen (Gemeinden)  bis auf eine Ausnahme in Schwierigkeiten, auf die meist hilflos reagiert wird und die in einigen Fällen zum Abbruch der Kommunikation führte. Alle Gemeinden wünschen sich vehement bessere Kontakte zu den dortigen Pfarrern (und Bischof), besonders auch zu den Gruppen in den Partnergemeinden bzw. dass es diese dort überhaupt gibt. Nur in einer kleinen Minderheit der Partnergemeinden in Peru existieren „lebensfähige“ Gruppen, auf denen die Partnerschaft basiert und die - bedingt durch ständige Pfarrerwechsel - die einzige Konstante sind. Alle Gemeinden sehen die Bedürftigsten (besonders Campesinos und Frauengruppen) als ihre eigentlichen Partner an. Doch die meisten Gruppen leiden darunter, dass sie gerade zu den Ärmsten nicht den gewünschten Kontakt haben oder ihn nicht herstellen können.  Bis auf zwei Ausnahmen berichten alle Gruppen von einer Bereicherung ihres Glaubens, ihres christlichen Engagements und mehr Sensibilität für das „Fremde“ und die sozial-politische Dimension des Glaubens.  
Fazit: Gelungene Partnerschaft führt zu einer lebendigen Gemeinde (und umgekehrt). 
 
Auf Wunsch der Gruppen wurde auch ein individueller Fragebogen erstellt, in dem es vor allem um Lernerfahrungen und sonstige persönliche Erfahrungen und Prozesse geht. Viele Aussagen stimmen in der Tendenz mit den Gruppenergebnissen überein, einige Auffälligkeiten seien nur angedeutet: In den Gruppen selbst wird wenig über Konflikte jeder Art gesprochen (aber im individuellen Fragebogen). Bedauert wird mehrheitlich, dass die Gruppen in der Regel nur Zweckgemeinschaften sind. Die Mehrheit wünscht eine enge (bessere) Zusammenarbeit mit dem eigenen Pfarrer. Bis auf eine Gruppe nimmt die Zahl der Mitglieder ab und die verbleibenden Mitglieder werden „müder“ - zunehmende „Vergreisung“ der Gruppen, keine neue und junge Mitglieder. Die meisten Gruppenmitglieder sind noch in anderen Gruppen der Gemeinde und fühlen sich zunehmend überlastet (bei gleichzeitig zunehmend sonstigem Stress in Beruf und Freizeit). Die Mehrzahl der (besonders aktiven) Mitglieder fühlt sich von der Gemeinde in ihren Partnerschaftsanliegen nicht ausreichend verstanden. Dies um so weniger, je tiefer man selbst sich der Partnerschaft und den Partnern (vor allem wegen der Besuche) verpflichtet sieht. Trotzdem möchte man die Partnerschaft nicht missen, weil sie eine persönliche Bereicherung darstellt. 
 
Einige Partnergemeinden, die sich eher an die Vorgaben kirchlicher Behörden halten (hier besonders die „amtlichen“ Vorgaben des Referates Weltkirche der Erzdiözese Freiburg, insgesamt sechs Partnergemeinden in Cajamarca), stehen deswegen vor dem Ende ihrer Partnerschaft. Sie haben keine Kontakte zu den Partnergruppen (bzw. diese wurden im Stich gelassen oder sind bereits aufgelöst), weil der zuständige Bischof oder auch der jeweilige Pfarrer solche Kontakte nicht will und laut erwähnten Vorgaben eine kirchliche (!) Partnerschaft nur über den Bischof bzw. dessen Zustimmung „erlaubt“ ist.  
 
3. Weitere Ergebnisse: Als erstes Zwischenergebnis der Studie wurde ein Sammelband veröffentlicht („Die globale Verantwortung“, siehe oben). In einem ersten Teil des Sammelbandes werden die Diözese Cajamarca und ihr Bischof vorgestellt („Cajamarca - eine Diözese in den Anden und ihr Bischof“). Im zweiten Teil kommen Mitarbeiter von Bischof Dammert zu Wort („Das Projekt der Evangelisierung - eine Kirche mit Poncho und Sombrero“). Dessen Pastoral und einige bleibende Werke werden beschrieben und analysiert. Im dritten Teil („Deutsche Gemeinden vor den Herausforderungen der Kirche in Peru“) stellen deutsche Partnergruppen ihre Arbeit und ihre Erfahrungen mit der Partnerschaft vor - insbesondere, wie sie aufgrund ihrer partnerschaftlichen Beziehungen mit konkreten Problemen der Weltwirtschaft und der Weltkirche konfrontiert wurden. Der letzte und vierte Teil beinhaltet eine theologische Diskussion um die Partnerschaft. Hier kommen die Herausgeber zu Wort: Elmar Klinger, Ottmar Fuchs, Willi Knecht. Jeder Teil besteht aus je vier Artikeln. 
 
Im Anschluss an die Veröffentlichung des Sammelbandes kam es zu einer öffentlichen und konträren Diskussion, in der vor allem die Rolle der katholischen Hilfswerke (als bischöfliche Hilfswerke) im Mittelpunkt stand. Zentrales Thema war die Frage, wer die jeweilige Ortskirche repräsentiert. Während Hilfswerke und offizielle Vertreter der deutschen Kirche darauf bestanden und bestehen, dass kirchliche Partnerschaften und Projekte nur mit dem jeweiligen Bischof (zumindest mit seiner Erlaubnis) gestaltet werden können (s.o.),  bestehen die meisten deutschen Partnergemeinden aufgrund bitterer Erfahrungen darauf, ihre bisherigen Kontakte zu den Partnergruppen auch ohne die „Vermittlung“ des Bischofs (oder eines Pfarrers) weiter zu führen. Sie sehen nicht zuerst oder gar ausschließlich im jeweiligen Bischof die Kirche vor Ort, sondern Kirche realisiert sich in den Partnergruppen (die als christliche Basisgruppen vor Ort die dortige Gemeinde bilden). Je mehr sich Partnergemeinden aber an den real existierenden kirchlichen (Macht-) Strukturen ausrichten, desto weniger Kontakte gibt es zu den Partnergruppen (Basisgruppen, Campesinos, Arme allgemein) und die Partnerschaft trocknet aus. 
 
Auf dem kontinentalen Fidei-Donum-Treffen (deutsche Diözesanpriester, die von ihren jeweiligen Heimatdiözesen für einen Dienst in der lateinamerikanischen Kirche „ausgeliehen“ werden) deutscher Priester in Lima (vom 27. Februar - 6. März 2002) stand zum ersten Mal das Thema „Partnerschaft“ auf dem Programm. Dies hat unmittelbar mit der Studie zu tun. Der Koordinator der Studie wurde eingeladen, die Ergebnisse der Studie auf dem Treffen vorzustellen. Dies geschah mit großem Erfolg. Selbstverständlich waren die Ergebnisse der Studie auch ein wichtiges Thema bei den Besuchen in Cajamarca. 
 
Im Zusammenhang mit der Studie ist es gelungen, bisher als verschollen (oder gar als vernichtet) geglaubte Dokumente vor deren endgültigen Beseitigung zu retten. Bischof Dammert hinterließ im Bischofshaus von Cajamarca ein umfangreiches Archiv mit wertvollen Dokumenten etc., seit den Zeiten der Eroberung bis 1992. Dammert war ein leidenschaftlicher Historiker, sein diesbezügliches Archiv ist über die Grenzen der Diözese hinaus von großer Bedeutung. Von peruanischen Historikern und Theologen wird dieses Archiv als „nationales Kulturerbe“ bezeichnet. 
 
Der Koordinator der Studie wurde inzwischen zu einem internationalem Colloquium eingeladen, um die Ergebnisse der Studie (hier besonders der Teil über die sozialpastorale Arbeit von Bischof Dammert) vorzustellen, mit anschließender Veröffentlichung. Dieses Colloquium fand vom 28. - 31. Oktober 2002 in Cuernavaca, Mexiko, statt. Einberufen wurde es von der CEHILA, der bischöflichen Kommission der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz für Kirchengeschichte in Lateinamerika. Dabei wurde die sozialpastorale Arbeit (1962 - 1992), in der Diözese Cajamarca sowohl als beispielhaft für die Entwicklung einer befreienden Pastoral in Lateinamerika als auch als notwendig und richtungsweisend für die zukünftige kirchliche Entwicklung herausgestellt und im Schlussdokument entsprechend gewürdigt. Die vorliegende Studie ist die erste wissenschaftliche Arbeit (zumindest für Peru) auf diesem Gebiet. 
 
Nicht zuletzt werden Teile der Studie von dem Koordinator der Studie als Dissertation an der Kath. Fakultät der Universität Würzburg, Institut für Systematische Theologie, Prof. Dr. Klinger, eingereicht werden. Der Titel der eingereichten Arbeit lautet: „Theologie und Globalisierung - die Herausforderung einer Option für die Armen in Peru“. Diese Arbeit besteht aus vier Kapiteln. Im ersten Kapitel wird die Diözese Cajamarca vorgestellt: der geschichtliche Kontext, der weltwirtschaftliche und nationale Kontext, die Strukturen der Kirche von Cajamarca sowie deren Beziehungen zur Weltkirche bzw. als lokale Teilkirche der globalen Gemeinde Jesu Christi. Im zweiten Kapitel stehen die Menschen der Diözese Cajamarca im Mittelpunkt, ihre Kultur und ihr Glaube. Hier ist besonders auf die noch lebendige andine Kosmovision hinzuweisen, auf das Gottes- und Menschenbild und die bestehenden religiösen Traditionen (Volksreligiosität). Am Beispiel der Heiligenverehrung lässt sich zeigen, dass eine „Vermischung“ von andinen und spanisch-katholischen Elementen eine „neue“ Religion hervorgebracht hatte, die im kolonialen und feudal-kapitalistischen Kontext zu einer Bestätigung und Rechtfertigung des jeweiligen Status quo geführt hat. Das dritte Kapitel hat die sozialpastorale Arbeit von Bischof Dammert zum Inhalt. Ausgehend von einer Analyse der in Cajamarca vorgefundenen Situation und auf der Basis des Zweiten Vatikanischen Konzils setzt der Bischof seine Vision von einer befreienden Kirche zusammen mit den Betroffenen in die Praxis um. Im vierten und mit Abstand größten Teil der Arbeit wird am Beispiel der Pfarrei Bambamarca, dem „Pilotprojekt“ von Bischof Dammert, die Umsetzung und die Auswirkungen dieser sozialpastoralen Arbeit gezeigt. Hier wird im besonderen aufgezeigt, wie die Campesinos von Bambamarca als „die Hirten von Bethlehem“ (gegenüber der politisch-wirtschaftlichen Macht des „Zentrums“) den Weg von einem „Gott der Weißen“ zu einem „Gott mit uns“ fanden. Die Bibel ist dabei der Ausgangspunkt und das Fundament und dieses Weges. Die gelebte Erfahrung einer neuen Gemeinschaft wird anhand konkreter Projekte aufgezeigt. Diese Erfahrungen finden ihren Höhepunkt und ihre Deutung in dem „Kreuzweg von Bambamarca“, der die Arbeit abschließt.  
 
Es handelt sich hierbei um den ersten Teil des geplanten Gesamtwerkes, bzw. der Studie insgesamt. Der zweite Teil wird als zentrales Thema die Rolle der Ausländer (speziell der Deutschen) innerhalb dieses Prozesses der Befreiung behandeln (Priester, pastorale Mitarbeiter, Entwicklungshelfer, wirtschaftliche Hilfe, Projekte, die Rolle der Hilfswerke etc.). Schließlich geht es dann um die Frage nach der Partnerschaft (Anspruch - Wirklichkeit), die Auswirkungen auf deutsche Gruppen und Gemeinden, Auswirkungen des Bischofswechsels etc.
Der dritte Teil untersucht die Möglichkeit einer wahrhaften katholischen Kirche innerhalb des bestehenden Kontextes einer Art und Weise von Globalisierung, in der die Mehrheit der Menschen sich immer mehr als ausgegrenzt erfährt. 
 
Außerwissenschaftliche Ergebnisse: 
 
Wie schon weiter oben erwähnt, kam es im Verlauf und im Gefolge der Studie zu einem Zusammenschluss von Basisgruppen in der Diözese Cajamarca. Gerade die Rückbesinnung auf die Ursprünge des kirchlichen Aufbruchs seit 1962 führte zu einer Bestärkung der eigenen Position und dient als Orientierung für die Zukunft. Auch das Bewusstsein einer notwendigen Vernetzung ist gewachsen und diese Vernetzung geschieht auch bereits in der Praxis. Dies wiederum hat seine Auswirkungen auf die Partnerschaften insgesamt. Die nach dem Bischofs- und Richtungswechsel eher versprengten und eingeschüchterten Gruppen finden nun auf der Basis der ursprünglichen Motive wieder neu zusammen. Die deutschen Partnergruppen gewinnen dadurch wieder verstärkt positive Rückmeldungen und werden ihrerseits selbst in ihrer Arbeit ermutigt (wenn sie die Veränderungen in Cajamarca wahrnehmen können). Ausgehend von ihrer ursprünglichen Motivation, der „Option für die Armen“, hat dadurch die Partnerschaft wieder „einen Boden unter die Füße“ bekommen und ist daher auch leichter in die eigene Gemeinde hinein zu vermitteln (auch im Bezug auf Spenden). Nicht in allen deutschen Gemeinden werden diese positiven Möglichkeiten erkannt oder wahrgenommen. Eine weiterführende Arbeit wäre (aber eher im pädagogisch-pastoralen Bereich) notwendig, um auf der Basis neuer Entwicklungen in den peruanischen Partnergemeinden nun entsprechende Konsequenzen für die eigene Gemeinde oder zumindest für eine neue Gestaltung der Partnerschaft zu nutzen. 
 
Als ein wesentliches Ergebnis der Studie kann das neue Interesse an der eigenen Geschichte in den peruanischen Gemeinden festgehalten werden. Dies ist umso bedeutsamer als es sich in der Mehrheit um „Indiogemeinden“ handelt (Campesinos). Denn die Campesinos haben Geschichte bisher überwiegend „erlitten“ und waren ohne Stimme geblieben. Nun aber wollen sie selbst „Geschichte schreiben“. Dies freilich ist kein Verdienst der Studie, sondern wurde in den Jahren 1962 - 1992 (Bischof Dammert) grundgelegt. Es ist aber der Verdienst der Studie, die Menschen ermutigt zu haben, diesen seit 1992 gewaltsam unterbrochenen Prozess wieder aufzunehmen und mit neuer Kraft zu gestalten. 
 
Forschungsstand, Anwendungsperspektiven und denkbare Folgeuntersuchungen
 
Im Blick auf die deutschen Partnergruppen können hinsichtlich deren Motivation, Problematik und Zielsetzungen Schlussfolgerungen gezogen werden, die im weiteren Sinne z.B. mit der Studie von Gabriel/Nuscheler übereinstimmen. Während jedoch deren Studie „Handeln in der Weltgesellschaft: Christliche Dritte-Welt-Gruppen“ (1995) eher in „die Breite“ ging, zielt die vorliegende Studie auf eine kleine Gruppe von (15) Pfarreien, in der dann allerdings alle denkbaren Dimensionen von Partnerschaft untersucht werden. Vor allem die Nachprüfung der Wirkung bei den Adressaten (sowohl was die materielle Hilfe als auch die damit verbundene Zielsetzungen oder Ideologien betrifft) ist in dieser intensiven Form noch nicht wissenschaftlich behandelt worden. 
Entscheidend zum Verständnis von Partnerschaft (auch Entwicklungsarbeit) ist die Einbeziehung des weltwirtschaftlichen und jeweiligen nationalen politischen Kontextes. Bei Partnerschaften zwischen Kirchengemeinden spielt zudem der kirchenpolitische Rahmen eine entscheidende Rolle. Diesen gilt es unbedingt zu berücksichtigen, geschieht aber bisher kaum. Es geht um entscheidende strukturelle Fragen: wer und was ist Kirche (bzw. Gemeinde), wer repräsentiert die Gemeinde, wer sind die Ansprechpartner und wer kommuniziert mit wem und mit welchem Interesse? Konkret: wenn ein Bischof (oder Pfarrer) in massiver Weise Spendengelder unterschlägt oder veruntreut, muss dies als kriminelle Handlung auch so benannt werden. 
Wenn stattdessen deutsche Hilfswerke und Vertreter der Amtskirche meinen, sich aus „strukturellen“ Gründen (und nicht, weil sie dies gut finden) mit kriminellen Handlungen identifizieren zu müssen, dann ist die Frage nach den Strukturen zu stellen. Hier stößt die Wissenschaft (als Theologie) an ihre (ebenfalls strukturbedingten) Grenzen. 
 
Dennoch würden sich denkbare (und notwendige) Folgeuntersuchungen anbieten. In Peru selbst ist zur Zeit eine wissenschaftliche (und publizistische) Arbeit, die sich z.B. mit den Aufbrüchen der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil befasst, für peruanische Theologen nicht möglich (konkrete Beispiele und Aussagen dafür liegen vor). Gerade solche Arbeiten aber könnten den christlichen Gemeinden landesweit Impulse geben. Wichtige zeitgeschichtliche Dokumente und Archive drohen verloren zu gehen. Konkrete Aufgabe: Erarbeiten einer Biographie (Leben und Werk) von Bischof Dammert und dem verstorbenen Kardinal Landázuri (Lima).
 
In Deutschland bieten sich folgende Aufgabenfelder an (bisher „jungfräuliche“ Felder, gemessen an den Maßstäben dieser Studie - interne Erfolgsstatistiken gibt es zuhauf).
  • Evaluierung der Arbeit kirchlicher (bischöflicher!) Hilfswerke
  • Untersuchung der Wirksamkeit diözesaner Projekte in der „Dritten Welt“
  • Theologische Analyse und Auseinandersetzung mit den zunehmend fundamentalistischen Strömungen in den „offiziellen“ peruanischen Partnergemeinden (und der peruanischen Kirche insgesamt)
  • Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Pfarrgemeinden und den Hilfswerken einerseits und den zuständigen Diözesanstellen andererseits
  • Leitfaden für Partnerschaften (Orientierungshilfe für Partnergemeinden)
  • Deutsche Anteile an den Entwicklungen in Peru (exemplarisch) 
  • Konkrete Auswirkungen von Partnerschaften auf Theorie und Praxis deutscher Gemeinden und Kirche - als reichste Kirche der Welt im Kontakt mit den Opfern
  • Theologische Aufarbeitung der These: Partnerschaft als Sakrament von Weltkirch
Wer hat zu den Ergebnissen des Projekt beigetragen? 
  • Die deutschen Partnergruppen (sie gaben den eigentlichen Anstoß zur Studie)
  • Die peruanischen Partnergruppen (durch Mitarbeit über die Befragungen hinaus)
  • Das Instituto Bartolomé de las Casas, Lima, als eigentlicher Projektpartner
  • Die Verfasser der Beiträge in dem Sammelband „Die globale Verantwortung“: Gustavo Gutiérrez, Luigi Bettazzi, Luís Mujica, Leonardo Herrera, Miguel Garnett, u.a.
 
3.  Zusammenfassung - Darstellung der wichtigsten wissenschaftlichen Fortschritte 
  • Durch Partnerschaften mit Pfarreien in der „Dritten Welt“ werden deutsche Kirchengemeinden konkret mit Auswirkungen der Weltwirtschaft (Globalisierung) konfrontiert. Dies kann ihnen helfen, sich des eigenen Standpunktes bewusst zu werden (und mit den Armen den „Weg des Volkes Gottes“ zu gehen.  
  • In den Partnerschaftsgruppen (und Gemeinden insgesamt) ist die Trennung zwischen Pastoral und Sozial („geistlich und weltlich“) noch sehr lebendig. Laien fühlen sich eher nicht für Pastoral (und Kult) zuständig bzw. nicht für fähig. 
  • Die weltweite (eigentlich katholische) Dimension von Weltkirche führt in katholischen Gemeinden de facto ein Schattendasein (ebenso in der Kirche insgesamt). 
  • Im Vergleich zu engagierten Christen in Peru können oder wollen engagierte Christen in Deutschland ihr Christsein nicht hinreichend (z.B. biblisch) begründen.
  • Persönliche Begegnungen sind der Schlüssel für dauerhafte Partnerschaften
  • Deutsche Gemeinden (und deren Pfarrer) sind eher nicht konfliktfähig (Konflikte werden ausgeklammert, sowohl nach innen als auch nach außen). Dies hat (u.a.) seinen Grund in einer bestimmten Auffassung und Wahrnehmung von „Einheit“.
  • Werden Konflikte dennoch aufgegriffen (z.B. in der Auseinandersetzung mit dem Bischof von Cajamarca) werden deutsche Partnergruppen  von deutschen Amtsträgern (ihren „Hirten“) im Stich gelassen oder gar der Kirchenspaltung bezichtigt. Entmutigung und Rückzug ist meist die Folge.
  • Kirchlichen Gruppen „vergreisen“, jüngere Menschen finden in den Gruppen kein Zuhause - obwohl die Gruppen offen sein wollen und sich Mühe geben.  
  • Die konkrete Praxis der Partnerschaft ist von großem Engagement aber auch großer Naivität geprägt, z.B. gibt es wenig Kontrolle der Verwendung der Spendengelder und Rückmeldungen über die Wahrnehmung der Adressaten. 
  • - Ein offener Dialog mit den Adressaten der Spenden findet kaum statt. Meist ist noch nicht einmal die Kommunikation „mit den Ärmsten“ möglich. Hauptursache ist die Dominanz kirchlicher (klerikaler) Strukturen. Dadurch wird die Lernfähigkeit („Hören“) stark beeinträchtigt, der „Andere“ wird kaum wahrgenommen. 
  • Durch ihr Amt geschützt können peruanische „Partner“ ungestraft Spenden veruntreuen und unliebsame Christen massiv bedrohen. Dies kann für die Betroffenen (meist in Basisgruppen) lebendgefährdende Folgen haben. Deutsche Amtsträger solidarisieren sich dann im Zweifelsfall eher mit den Tätern als mit den Opfern.
  • Trotzdem hat sich in der Praxis gezeigt: Kirchliche Strukturen ermöglichen Partnerschaften. Partnerschaften bilden eine Chance, den bestehenden Abgrund zwischen Arm und Reich zu überwinden. Die Förderung und aktive Begleitung der Partnergruppen erweist sich als dringend notwendig. In Partnerschaften realisiert sich (potenziell) Weltkirche. Verzichtet die Kirche auf diese Chance, verliert sie an Glaubwürdigkeit und an Kompetenz. Sie verliert ihre Katholizität.
„Überraschungen“ im Projektverlauf und bei den Ergebnissen: Als größte Überraschung stellte sich heraus, dass mindestens zwei Pfarreien die Ergebnisse der Studie als „persönlichen Angriff“ auf ihre Partner oder die Partnerschaft insgesamt interpretiert haben und sich von den ursprünglichen Zielen distanzieren. 
 
Hinweise auf mögliche Erfolgsberichte in den Publikationsmedien (auch Internet): Neben den genannten Artikeln ist auf die Webseite „www.cajamarca.de“ hinzuweisen, in der die Studie vorgestellt wird. Sie wurde bisher knapp 40.000 mal „angeklickt“. Auf diese Adresse  wird bereits in anderen wissenschaftlichen Artikeln verwiesen. 
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Ulm, den 05.11.2002
 
Willi Knecht, bis zum 31. 08. 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fundamentaltheologie bzw. Institut für systematische Theologie der katholischen Fakultät der Universität Würzburg (Prof. Dr. Elmar Klinger).
 

Die Kirche von Cajamarca

– die Herausforderung einer Option für die Armen in Peru -

Besprechung und Beurteilung von Prof. Dr. Elmar Klnger

Die Kirche in Lateinamerika hat für die Profilbildung wissenschaftlicher Theologie im 20. Jahrhundert eine Reihe von theoretischen Entwürfen vorgelegt, die für die Programmatik der Theologie insgesamt grundlegend und richtungweisend sind. In der europäischen Rezeption wird jedoch zu wenig beachtet, dass sich hinter dem Sammelbegriff „Theologie der Befreiung“ eine Reihe sehr differenzierter Konzeptionen verbergen, die in je unterschiedlichen kulturellen Kontexten die Evangelisierung thematisieren. Der Fokus der vorliegenden Arbeit richtet sich auf die andine Region Nordperus und insbesondere die Diözese Cajamarca unter der Amtszeit des Bischofs José Dammert Bellido (1962-1992). Cajamarca ist ein geschichtsträchtiger Ort mit hoher symbolischer Bedeutung. Hier wurde der letzte Inkakönig Atahualpa von den spanischen Konquistadoren gefangen genommen und trotz Lösegeld 1533 getötet. Hier befindet sich seit 1993 die größte Goldmine der Welt.

Die vorliegende Arbeit von Herrn Wilhelm Knecht ist im Rahmen eines Gesamtprojekts „Partnerschaftsarbeit der Kirche in Deutschland und in Peru. 30 Jahre Pastoral in Cajamarca“, das von 1997-1999 von den Bistümern Bamberg, Eichstätt und Würzburg und anschließend bis 2002 von der DFG gefördert wurde, entstanden. Ziel dieses Projekts war es, die wechselseitige Bedeutung von Partnerschaften zwischen Deutschland und Peru exemplarisch herauszuarbeiten, ihre Entstehungsgeschichte nach dem Konzil zu dokumentieren und die Veränderungsprozesse zu analysieren. Einschneidende Zäsur war hierbei der altersbedingte Amtsrücktritt von Bischof Dammert 1992 und die theologische und kirchliche Neuorientierung seines Nachfolgers, die sich auch auf die deutschen Partnergemeinden auswirkte. Knecht war bereits von 1977 - 1980 als „agente pastoral“ Mitarbeiter von Bischof Dammert. Literarische Grundlage der vorliegenden Arbeit ist neben den vor allem kirchengeschichtlichen Publikationen Bischofs Dammerts, umfangreiches unveröffentlichtes Archivmaterial, besonders aus dem Dammert-Archiv am Instituto Bartolomé de Las Casas in Lima, sowie von Knecht durchgeführte Umfragen. Der Arbeit ist ein eigener Band beigefügt, der die ausgewerteten unpublizierten Dokumente enthält.

Der Verfasser stellt einleitend die Entstehung des Gesamtprojekts, den theologischen und kirchlichen Standort seiner Dissertation sowie ihre methodische Vorgehensweise dar. Das Ziel, das er verfolgt, wird von ihm so umschrieben: „Der wissenschaftliche Anspruch dieser Arbeit und deren Bedeutung besteht darin, dass sie eine authentische Dokumentation des kirchlichen Aufbruchs in Lateinamerika seit 1962 ist. Sie dokumentiert einen Prozess der Befreiung und der danach folgenden Theologie der Befreiung. Dies wird am konkreten Beispiel einer Diözese gezeigt – ausgehend von der Praxis und den handelnden Personen.“ (33)

Kapitel II „Cajamarca – eine Diözese in den Anden“ (41 - 92) erstellt eine Situationsanalyse des 1908 gegründeten Bistums Cajamarca unter Einbeziehung geografischer, historischer, politischer, ökonomischer und kirchlichen Gegebenheiten. Die statistischen Angaben, die hier im Zentrum stehen, machen die gesellschaftliche und kirchliche Differenz der andinen Region innerhalb Perus deutlich und zeigen die soziale und religiöse Marginalisierung der Landbevölkerung. Knecht unterstreicht besonders die Abhängigkeit von der internationalen Politik und die Auswirkungen, die sie auf die Bevölkerung von Cajamarca insbesondere die Campesinos hat. Ökonomisches Paradebeispiel ist hierfür die Goldmine Yanacocha. Kirchlicherseits sind es vor allem die ausländischen Priester, die für die Umsetzung des Konzils in Cajamarca tätig waren und die kirchlichen Hilfswerke, die dies durch Projekte finanziell unterstützen. Die Partnerschaften zwischen Deutschland und Peru sind hierfür ein weiteres Beispiel. Während die ökonomische Globalisierung negativ bewertet wird, wird die Bedeutung internationaler kirchlicher Aktivitäten für den nachkonziliaren Aufbruch unterstrichen.

Kapitel III „Der Glaube und die Kultur der Menschen von Cajamarca“ (93 - 145) behandelt die andine vorchristliche Kosmovision, deren fundamentales Charakteristikum die Relationalität aller Wirklichkeit bildet, in die auch der Mensch eingebunden ist. Europäische Dualismen wie Transzendenz und Immanenz, Subjekt und Objekt sind ihr fremd, die Reziprozität des Gebens und Nehmens und die Vorstellung von den Orten und Knotenpunkten dieser Wechselseitigkeit jedoch sind in ihr zentral. Bei der ersten Evangelisierung seit 1532 wird sie beeinflusst von Elementen der spanischen Volksreligiosität, besonders der Heiligenverehrung und dem Marienkult. Das Christsein der andinen Bevölkerung ist daher bis ins 20. Jahrhundert hinein von der Heiligenverehrung geprägt, was in den Prozessionen und bei den Patronatsfesten besonders greifbar wird. Volksreligiosität und andine Kosmovision konnten zur Legitimierung politischer und kirchlicher Herrschaft dienen und sich wechselseitig stützen.

Kapitel IV behandelt „Die soziale und pastorale Arbeit von Bischof Dammert“ (146 - 197). Er war die charismatische Figur der zweiten Evangelisierung in Cajamarca. Dammert steht aber darüber hinaus auch exemplarisch für die kirchliche Erneuerung in Peru und Lateinamerika nach dem Konzil überhaupt. Er war maßgebend an der Konferenz von Medellín beteiligt und Präsident der peruanischen Bischofskonferenz. Konsequent hat er nach seinem Amtsantritt das Konzept der Sozialpastoral in seiner Diözese durchgesetzt und mit der „Re-Evangelisierung“ begonnen. Ihr theologisches Kennzeichen ist die Betonung einer bis dahin fehlenden Christologie mit den Polen Inkarnation und Auferstehung. Nicht mehr die hierarchischen Vorgaben, sondern die Comunidades, die Lebens- und Glaubensgemeinschaften der Campesinos auf dem Land, bilden das Rückgrat der Pfarrei. Eine herausragende Bedeutung haben in ihr Katecheten und Katechetinnen, die neben der Katechese auch liturgisch-sakramentale Funktionen bis hin zur Taufspendung und Assistenz bei der Eheschließung übernehmen. Sie sind Repräsentanten der Pfarrei.

Kapitel V „Das Evangelium der Campesinos von Bambamarca“ (198 - 330) behandelt die Umsetzung des neuen Pastoralkonzepts in der Pfarrei San Carlos de Bambamarca. Sie hatte Vorbildfunktion und war das Vorzeigeprojekt der Diözese. Erstmals seit 400 Jahren lag der Schwerpunkt pastoraler Tätigkeit bei der einheimischen Landbevölkerung, die von den Kolonialherren und ihren Nachfahren seit eh und je vernachlässigt war. Der erste Pastoralkurs 1963 ist der Beginn einer Befreiungsgeschichte. In ihrem Zentrum stand die biblische Botschaft. Die religiöse und soziale Selbstorganisation der Campesinos wurde von den Priester veranlasst und geleitet, von den Katecheten aber weiter getragen und durchgeführt. In der ersten Phase (1961 - 1969) sind einheimische Priester für die Ausbildung von Katecheten und die Bildung von Comunidades verantwortlich. In der zweiten Phase sind ausländische Priester tätig, die in der 3. Phase (1979 - 1993) durch einheimische Priester wieder abgelöst werden. Die Neuevangelisierung verändert das soziale Ordnung der Campesinos, den Umgang der Generationen und nicht zuletzt auch das Verhältnis der Geschlechter.

Publizistisch findet dieser Aufbruch in der Zeitung „El Despertar de los Campesinos“ (dt. Das Erwachen der Campesinos) seinen Niederschlag. Als Informationsorgan dient sie der religiösen Bildung, aber auch der Aufdeckung sozialer Missstände, die vor allem der Stadt-Land-Konflikt mit sich brachte. International Aufsehen erregte das von den Campesinos verfasste Glaubensbuch „Vamos Caminando“. Eine weitere Neuerung stellt die Institution der Ronda dar, die zunächst als gemeinsame Nachtwache der Comunidad gegen Viehdiebstahl, dann ein Bollwerk gegen den „Sendero Luminoso“ war und sich aber zu einer Instanz demokratischer Selbstverwaltung der Comunidad entwickelte. Eine bildungspolitische Errungenschaft ist die Einrichtung der Campesinoschule Alcides Vásquez, die den Campesinos seit 1985 einen formellen Schulabschluss ermöglicht.

Die vorliegende Dissertation von Knecht wird ihrer Zielsetzung, eine authentische Dokumentation der nachkonziliaren Neuevangelisierung in der Diözese Cajamarca zu leisten, in hervorragendem Maße gerecht. Die aufgeführten Detailinformationen sind äußerst umfangreich und belegen sachhaltig und kenntnisreich die Tragweite des Pastoralkonzepts von Bischof Dammert. Dessen Bedeutung wird nicht zuletzt dadurch belegt, dass Gustavo Gutiérrez diese befreiende Pastoral vor Augen hatte, als er die „Theologie der Befreiung“ verfasste. Knecht gelingt es hervorragend, die Differenz zwischen der ersten und zweiten Evangelisierung anschaulich zu beschreiben. Die Vielfältigkeit des von ihm herangezogenen Materials ist beeindruckend. Bei einer eindeutigen Positionierung bleiben auch die Schwierigkeiten und Konflikte nicht unthematisiert. Hier wird insgesamt das spezifische Profil einer auf andiner Grundlage verfassten Ortskirche zur Sprache gebracht. Die kirchengeschichtliche Bedeutung Bischof Dammerts nicht nur für Peru, sondern für ganz Lateinamerika ist eindrucksvoll dargelegt. Die von Knecht hervorgehobene eigenständige Praxis der andinen Basisgemeinschaften ist in dieser Ausführlichkeit bisher nicht behandelt worden.