Ein Artikel und seine Folgen...
...... Fazit: Nur direkte und vertrauensvolle Kontakte zu den Betroffenen garantieren echte Solidarität; erst recht, wenn die sonst als Vermittler notwendigen Stellen (Bischof etc.) ausfallen. Ein anderes Beispiel ist das „Gold von Cajamarca“. Bei Cajamarca werden die ergiebigsten und profitabelsten Goldminen der Welt betrieben. Ergebnis: Campesinos werden von ihrem Land vertrieben, das Trinkwasser enthält zunehmend giftige Stoffe (von Schwermetallen bis Zyanid), die wasserführenden Gesteinsschichten werden abgetragen und Wasserläufe durchtrennt. Der Bevölkerung droht eine Katastrophe. Alle Proteste verhallen ungehört, vor allem weil die offizielle Kirche von Cajamarca eng mit den Betreibern der Goldmine (auch finanziell) verbunden ist. Der Pfarrer der am meisten betroffenen Pfarrei, der die Interessen der Campesinos vertrat, wurde versetzt. Zu den festlichen Gottesdiensten in der Kathedrale werden die ersten Bänke für die ausländischen Betreiber und Spezialisten der Goldmine reserviert, die Campesinos werden (polizeilich abgesichert) am Betreten der Kathedrale gehindert. Wer teilt hier mit wem das Brot? Und mit wem hat Jesus das Brot geteilt? Wer ist hier der Kirche Jesu Christi untreu und wer schließt wen aus?....
A) Ein Herxheimer gestaltet Kirchengeschichte mit
1. Teil, erschienen am 08. 12. 2000 im Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde Herxheim
Aus vielen Gemeinden in ganz Deutschland zieht es Männer und Frauen in die Ferne, um an Ort und Stelle in Afrika, Asien oder Lateinamerika etwas gegen die Armut zu tun und durch ihren Einsatz zu Gunsten der Armen das Evangelium zu verkünden. Diese Arbeit in der Ferne könnten sie aber meist nicht leisten, hätten sie nicht die Unterstützung von zuhause. Und die allermeisten (Kirchen-) Gemeinden helfen auch tatkräftig „ihrem“ Missionar oder „ihrer“ Krankenschwester. Dies hat auch viele Vorteile für die Heimatgemeinde: Man weiß, wohin das Geld kommt, was mit dem Geld gemacht wird, man erhält glaubwürdige Rückmeldungen, man kann vor Ort Besuche machen und mit eigenen Augen sehen, was mit den Spenden geschehen ist. Und bei dem jeweiligen Heimatbesuch erfährt man anschaulich, um welche Probleme es geht und wie man am besten wirklich helfen kann. Angesichts zunehmender Spendenskandale ist es um so besser, wenn man „eigene“ Leute vor Ort hat, die das Vertrauen der Spender und der Adressaten besitzen und die zudem durch ihr lebendiges Zeugnis einen unschätzbaren Beitrag zur Einheit der Kirche leisten. Auch viele Herxheimer zog es in die Ferne und man könnte sicherlich sehr viel über all das schreiben, was jeder je nach seine Möglichkeiten geleistet hat und noch leistet. Doch ist es sehr selten, dass ein Herxheimer derart entscheidend in der Entwicklung nicht nur einer gesamten Region, sondern auch eines ganzen Landes und noch darüber hinaus maßgeblich beteiligt war. Es handelt sich um Alois Eichenlaub, Pfarrer der Diözese Speyer und seit 1962 in der Diözese Cajamarca, Peru. Dies gilt es näher zu begründen:
Der Aufbruch der Kirche (Bischof Dammert)
„In den Anden im Norden Perus begann vor fast vierzig Jahren in den Herzen der Gedemütigten eine Hoffnung zu keimen: Eine Hoffnung auf ein Leben in Würde, in Gerechtigkeit und dass alle Menschen als Kinder des Einen Vaters ein Leben in Fülle haben mögen. Durch das Evangelium, das sie zum ersten Mal hörten, entdeckten sie, dass Gott selbst, Jesus Christus, mitten unter ihnen geboren wurde, um alle ihre Leiden und Hoffnungen mit ihnen zu teilen. Dies geschah in der gleichen Region, in der ein spanischer Priester eine Schlüsselrolle bei der Gefangennahme und Ermordung des Inkas Atahualpa spielte. Und so begann damals die grausamste Epoche in der Jahrtausende alten Geschichte unseres Volkes von Cajamarca. Nach 430 Jahren voller Massaker, voller Verachtung, die wir erleiden mussten und in der man uns all das geraubt hatte, was uns gehörte, kam wieder ein Priester. Es kam ein Guter Hirte, der ein offenes Herz für die Campesinos (Indios) hatte. Er lehrte sie mit seinem persönlichen Zeugnis der Bescheidenheit und Demut die authentische Botschaft von Jesus dem Christus.
Seine Ankunft in Cajamarca fiel zusammen mit dem Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils, zu dessen Eröffnung Johannes XXIII. zum ersten Mal von der Notwendigkeit einer Kirche mit den Armen und der Armen gesprochen hatte und dies als die einzig authentische Art bezeichnete, die wahrhaftige Kirche Jesu Christi zu sein. Das Entstehen und der Weg dieser „Kirche mit Poncho und Sombrero“ zog sogar die Aufmerksamkeit von Christen in den reichen Ländern auf sich und weckte in ihnen ein Interesse und eine Solidarität mit den Ärmsten. Aber das Wichtigste war, dass sich die seit jeher Ausgestoßenen zum ersten Mal gehört und respektiert fühlten, sie fühlten sich als Gestalter ihres eigenen Schicksals. ‚Wir entdeckten, dass wir auch wer sind’. Der erste ‚Indiokatechet’ der Welt (mit der päpstlichen Erlaubnis zu taufen und die Botschaft vom beginnenden Reich Gottes zu verkünden) drückt es so aus: „Bischof Dammert hat mich gelehrt, dass ich eine Person bin, dass ich Christ bin und Peruaner.“ Oder mit den Worten des Dichters Arguedas: „Er hat mich gelehrt, dass ein Christenmensch mehr Wert ist als ein Tier.“
So beginnt ein Zeugnis der Christen von Cajamarca. Die Hauptrolle spielt Bischof Dammert, von 1962 - 1992 Bischof von Cajamarca. Bischof Dammert, zuletzt Präsident der peruanischen Bischofskonferenz, spielte bereits eine wichtige Rolle im Zweiten Vatikanischen Konzil. Er war Mitbegründer und Motor einer Gruppe von Bischöfen, die sich verpflichtet haben, freiwillig auf allen Besitz zu verzichten um so den Menschen, besonders den Armen, nahe sein zu können (Katakombenpakt). Danach spielte er eine noch wichtigere Rolle in den Gremien der lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) und war maßgeblich an der Vorbereitung der Vollversammlung aller Bischöfe Lateinamerikas 1968 in Medellín (Kolumbien) beteiligt. Er brachte die bereits in seiner Diözese gemachten reichen Erfahrungen mit ein. Die Dokumente von Medellín gelten als der große Meilenstein und Wegweiser für die Kirche in Lateinamerika. Dammert war ein enger Vertrauter von Papst Paul VI., seine engsten bischöflichen Freunde und Weggefährten waren u.a. Dom Helder Camara sowie Leonidas Proaño, der in Ekuador seit seinem Tod von den Armen wie ein Heiliger verehrt wird.
Alois Eichenlaub als Motor der Entwicklung und rechte Hand des Bischofs
Und was hat „unserem Alois“ damit zu tun? Nach persönlichen Zeugnissen von Dammert und dem Studium aller Quellen in Peru wäre die erwähnte Entwicklung in Cajamarca nicht möglich gewesen, wenn Alois Eichenlaub nicht seit 1962 in Cajamarca gewesen wäre. Er war seit den Anfangsjahren 1962 quasi die rechte Hand des Bischofs. Bereits auf der ersten Pastoralkonferenz in Cajamarca - Dammert war gerade von der ersten Sitzung des Konzils aus Rom zurückgekehrt - setzte Alois Eichenlaub entscheidende Wegemarken. Er betrieb die Liturgiereform, vor allem aber war er es, der sich immer wieder auf den Weg machte zu den abgelegenen und bisher völlig vernachlässigten Indios in den Bergen um Cajamarca. Diese waren zwar alle getauft, aber sie hatten noch nie etwas vom Evangelium gehört, Jesus Christus und seine Botschaft waren ihnen unbekannt. Priester und Bischöfe nämlich saßen in der Regel „am Tisch der Reichen und aßen deren Brot“ (Aussage peruanischer Bischöfe). Durch diesen Einsatz von Dammert und seinen engsten Mitarbeitern entstand zuerst in Cajamarca ein Aufbruch, der zu dem geführt hat, wie es weiter oben zitiert wird. Wesentlich dazu beigetragen haben auch die didaktischen Mittel und die Einführung neuer Methoden der Verkündigung, die von Alois Eichenlaub ausgingen. So erwies sich z.B. seine von ihm aufgebaute Medien und Bildstelle mit dem entsprechenden Material als idealer Zugang zu den Indios. Diese Medienstelle wurde zu einem Vorbild in ganz Peru (und Bolivien, Ekuador etc.).
Denn es geht nicht nur um Cajamarca, eine kleine Diözese in den Anden. Durch das Prestige von Dammert wurde diese Arbeit zu Gunsten der Armen und einer Kirche auf der Seite der Armen in ganz Peru bekannt und sie wurde zum Vorbild für andere Diözesen und über die Grenzen von Peru hinaus. Die von Alois Eichenlaub und dem Bischof selbst gemachten positiven Erfahrungen der Neuevangelisierung fanden ihren Eingang in die erwähnten Dokumente von Medellín und hatten damit eine internationale Wirkung. So erreichte das Glaubensbuch der Campesinos der Gemeinde Bambamarca auch in Deutschland viel Aufmerksamkeit und wurde selbst in theologischen Fakultäten gelehrt bzw. behandelt. (Alois war auch bei dem Aufbruch in Bambamarca, der „Mustergemeinde Dammerts“, von Anfang an entscheidend dabei, sein Bruder Rudi führte diese Arbeit von 1971 - 1977 als Pfarrer von Bambamarca fort. Letzter Ausländer im pastoralen Dienst war dort von 1976 - 1980 Wilhelm Knecht, ebenfalls aus Herxheim).
Dieser Aufbruch der lateinamerikanischen Kirche, ihr „Stellungswechsel“ von einer Kirche auf der Seite der Mächtigen hin zu einer Kirche der „kleinen Leute“, wurde auch in Europa und Nordamerika besonders von jungen Menschen und engagierten Christen als ein Zeichen der Hoffnung erfahren und führte auch in den reichen Ländern zu neuen Impulsen und zu einer vermehrten Solidarität mit den Armen. Natürlich ist dies alles nicht das Werk von Alois Eichenlaub, Abertausende haben dabei mitgewirkt und viele mussten gar ihr Leben lassen. Doch es waren Menschen wie Alois Eichenlaub, ohne die dieser Weg nicht möglich gewesen wäre. Auch die finanzielle Unterstützung seitens der Diözese Speyer und vieler Freunde in Deutschland (teilweise auch aus Herxheim) war mit entscheidend für das Gelingen dieser Arbeit. Doch was ist aus dieser Arbeit geworden? Wie geht es weiter bzw. geht es überhaupt weiter? Und was können wir dazu beitragen, damit es weitergeht - im Sinne der Menschen, die am meisten unsere Solidarität brauchen, heute mehr als je zuvor?
PS: Nähere Informationen zu der exemplarischen Arbeit in Peru sind im Internet zu finden unter der Webadresse „www.cajamarca.de“. Über diese Arbeit - im Kontext der kirchenpolitischen Entwicklung weltweit und auch der politisch-weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen - entsteht eine breit angelegte wissenschaftliche Studie. Träger der Studie sind die kath. Fakultäten der Universitäten Tübingen und Würzburg in Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität Lima, Peru. Unterstützt und mitfinanziert wird die Studie von einigen deutschen Diözesen und von Misereor. Koordinator und Verfasser der Studie ist Wilhelm Knecht, Diplomtheologe aus Herxheim.
Ein Herxheimer gestaltet Kirchengeschichte mit (2. Teil, 15. 12. 2000)
Nachdem in einem ersten Teil die Arbeit von Alois Eichenlaub und dessen Bedeutung für die kirchliche und soziale Entwicklung in Peru vorgestellt wurde, geht es heute um Gegenwart und Zukunft. Am Ende des ersten Artikels standen die Fragen: Was ist aus dieser Arbeit geworden? Wie geht es weiter bzw. geht es überhaupt weiter? Und was können wir dazu beitragen, damit es weitergeht? Darauf soll nun näher eingegangen werden.
Ein Bischofswechsel und seine Folgen
Deutsche Kirchengemeinde haben diese „Kirche mit Poncho und Sombrero“ (eine Kirche auf der Seite der Ärmsten, der Campesinos, der Indios) auf ihrem Weg begleitet. Es gab bis 1997 in der Diözese Cajamarca fünfzehn Gemeinden, die mit deutschen Gemeinden das Wagnis einer Partnerschaft eingegangen waren. Die deutschen Gemeinden wurden im Dezember 1992 von der Nachricht überrascht, dass Bischof Dammert als Bischof von Cajamarca und Präsident der peruanischen Bischofskonferenz überraschend schnell nach Vollendung seines 75. Lebensjahres zurücktreten musste. Noch größer war die Überraschung, als sie im Januar 1993 vom Apostolischen Administrator, Bischof Francisco Simón Piorno (seit 1995 auch Bischof von Cajamarca), die Nachricht erhielten, ab sofort alle Partnerschaftsgelder ausschließlich auf sein Konto in Deutschland zu überweisen. Die Gemeinden reagierten erst bestürzt und dann abwartend. Als sich darauf immer deutlicher herausstellte, dass der Nachfolger ein anderes Verständnis von Partnerschaft, Kirche und Rolle der Laien hatte und die Spenden für eigene Zwecke verwenden wollte, entstand das Bedürfnis, nach neuen Wegen zu suchen.
Bisherige langjährige Mitarbeiter und Vertrauenspersonen wurden vom neuen Bischof von heute auf morgen entlassen. Frauen durften keine verantwortliche Rolle mehr ausüben, selbst die Vorbereitung für die Erste Hl Kommunion durften sie nicht mehr durchführen, weil sie angeblich als Frauen dazu nicht in der Lage und nicht würdig sind. Doch es geht an dieser Stelle nicht darum, über theologische Konzepte zu diskutieren. Entscheidend ist, dass das Volk Gottes (in Cajamarca sind das überwiegend die Armen, die 90% der Bevölkerung stellen) nach einer Zeit der Hoffnung und des Aufbruchs nun wieder ausgegrenzt wird. Die Zeit wird zurückgedreht - zurück in die Zeiten weit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Diese Armen sagen übereinstimmend „Wir sind sehr bekümmert über den neuen Bischof, für ihn zählen die Campesinos nicht. Er ist ein Bischof der Reichen, nicht der Armen. Aber wir haben begriffen: die Kirche, das sind nicht nur die Priester, sondern auch wir, die Campesinos. .. Vor allem die monatliche Beichte ist Pflicht und wer dies nicht tut, dem wird die Hölle angedroht. .. Wir werden nicht unterstützt, von keinem Pfarrer und keinem Bischof. Es gibt keine Pastoralarbeit mehr, es gibt keinerlei Hilfe unseres Bischofs. Sie besuchen uns nicht, sondern sitzen am Tisch der Reichen. Wir haben Priester, die nur für sich selbst sorgen und für uns nicht. Unsere einzige Hoffnung heutzutage sind unsere Brüder und Schwestern aus Deutschland, hoffentlich vergessen sie uns auch nicht!“
Und ein Zitat der Mütterklubs von Cajamarca: „Die Kirche erfüllt so nicht ihre Aufgabe und die Konsequenz wird sein, dass die Kirche verlassen sein wird. Und sie werden Christus vergessen haben, unseren Erlöser, der sich um die Armen kümmerte.“ Und wenn wie geschehen eine Delegation der Mütterklubs zum Bischofshaus, das vom neuen Bischof zu einem Palast umgebaut wird, geht und beim dritten Versuch erreicht, wenigstens in das erste Vorzimmer einzutreten, wirft man sie dann sofort hinaus und schreit sie an, sie würden mit ihren dreckigen Füßen die Teppiche, die gerade frisch aus Spanien importiert wurden, verschmutzen. Und wenn sie zu ihrer Pfarrkirche gehen, um an der Aussetzung des Allerheiligsten Altarsakramentes teilzunehmen, wirft man sie ebenfalls hinaus und man sagt ihnen, sie sollen nicht die vornehmen Damen mit ihrer Anwesenheit belästigen. Wem kommen daher in Zukunft unsere Spenden wirklich zugute?
Auch für Alois Eichenlaub brachen nach dem Bischofswechsel harte Zeiten an. Trotzdem versuchte er immer wieder, mit dem Bischof im Gespräch zu bleiben, versuchte ihn zu verstehen und hoffte, dass auch dieser Bischof sich vielleicht eines Tages bekehren würde, wenn er erst die Armut um sich herum sehen und den tiefen Glauben der Armen entdecken würde. Doch es half alles nichts. Weil er sich nicht „kaufen“ ließ, musste Alois auf Drängen des Bischofs die Diözese verlassen (er war für ein Jahr im „Exil“ in den USA) und er wurde kurz darauf auf eigenen Wunsch von der Diözese Speyer in den Ruhestand versetzt. Seither setzt Alois (auch als Priester, aber als „Pensionär“) seine ganze Kraft dafür ein, das Überleben seiner Werke zu sichern. Dazu gehören vor allem die Medienstelle, die für die Evangelisierung und Ausbildung von großer Bedeutung ist; eine Druckerei, die zu günstigen Preisen religiöse und pädagogische Schriften druckt und verkauft sowie die Arbeit mit den Straßenkindern. Diesen Straßenkindern wurde z.B. vom Bischof und seinen Helfern verboten, in unmittelbarer Nähe der Kathedrale Schuhe zu putzen, denn durch ihre schäbige Kleidung würden sie die Würde der Kathedrale besudeln. Bischof Dammert aber war ein Freund dieser Kinder, sie gingen bei ihm ein und aus, sie bekamen eine Ausbildung und ein Zuhause. Dammert sagte in Anlehnung an den Apostel Paulus, dass diese Menschen der wahre Tempel Gottes sind. Und mitten unter ihnen wird Jesus Christus geboren, auf dem Lehmboden in einer elender Hütte....
Alois Eichenlaub ist aber nicht allein. Es gibt noch einige Priester und engagierte Laien, die im Geiste des Konzils und des Evangeliums mit den Armen leben und durch ihr lebendiges Zeugnis die Frohe Botschaft verkünden. Doch dies ist unter den gegebenen Umständen schwerer als je zuvor. Zwei Beispiele mögen dies illustrieren: Als es im Frühjahr 1998 wegen dem Klimaphänomen „El Niño“ zu verheerenden Überschwemmungen kam und besonders die Campesinos darunter zu leiden hatten (u.a. wurde die Ernte vernichtet), gab es keine Hilfsprogramme für Cajamarca. Auf Nachfrage u.a. bei Caritas International (Freiburg) hieß es, dass keine Meldungen aus Cajamarca vorliegen. Des Rätsels Lösung: Caritas und andere große Hilfswerke reagieren nur auf konkrete Hilferufe. Doch die Diözesanleitung in Cajamarca zeigte kein Interesse, sie nahm die Not noch nicht einmal wahr. Erst als Caritas von Partnergemeinden über die wahre Situation informiert wurde, reagierte diese sofort und positiv.
Fazit: Nur direkte und vertrauensvolle Kontakte zu den Betroffenen garantieren echte Hilfe; erst recht, wenn die sonst als Vermittler notwendigen Stellen (Bischof etc.) ausfallen. Ein anderes Beispiel ist das „Gold von Cajamarca“. Bei Cajamarca werden die ergiebigsten und profitabelsten Goldminen der Welt betrieben. Ergebnis: Campesinos werden von ihrem Land vertrieben, das Trinkwasser enthält zunehmend giftige Stoffe (von Schwermetallen bis Zyanid), die wasserführenden Gesteinsschichten werden abgetragen und Wasserläufe durchtrennt. Der Bevölkerung droht eine Katastrophe. Alle Proteste verhallen ungehört, vor allem weil die offizielle Kirche von Cajamarca eng mit den Betreibern der Goldmine (auch finanziell) verbunden ist. Der Pfarrer der am meisten betroffenen Pfarrei, der die Interessen der Campesinos vertrat, wurde versetzt. Zu den festlichen Gottesdiensten in der Kathedrale werden die ersten Bänke für die ausländischen Betreiber und Spezialisten der Goldmine reserviert, die Campesinos werden (polizeilich abgesichert) am Betreten der Kathedrale gehindert. Wer teilt hier mit wem das Brot? Und mit wem hat Jesus das Brot geteilt? Wer ist hier der Kirche Jesu Christi untreu und wer schließt wen aus? (Fragen, die auch anderswo ihre Bedeutung haben).
Die Kirche von Herxheim und ihre Verantwortung
Im Sommer 1998 war Besuch aus Herxheim in Cajamarca. Die Besucher konnten mit eigenen Augen sehen, wo die (auch pastorale) Not am größten ist und welche Prioritäten zu setzen sind. Sie konnten feststellen, dass angesichts der beschriebenen Umstände es wichtiger als je zuvor ist, gerade jetzt den Menschen treu zu bleiben, die Jesus bevorzugt zum „Festmahl“ einlädt. Vor allem zu diesen Menschen möchten - so das Ergebnis von Befragungen - Christen und Spender hierzulande direkten Kontakt haben. Die Spender möchten, dass eine Kirche unterstützt wird, die auf der Seite der Benachteiligten steht, in der Frauen und Laien allgemein mit Verantwortung übernehmen und die zu einem Zeichen der Hoffnung in einer orientierungslosen Welt wird. Denn es geht nicht nur um Cajamarca, es geht vor allem um die Glaubwürdigkeit der Kirche - auch der Kirche von Herxheim!
Vom 22. 9. - 24. 9. fand bei Aachen ein Treffen von deutschen Partnergemeinden statt. Auch Vertreter von Misereor waren anwesend. Dabei wurde mit ungläubigen Erstaunen festgestellt, dass ausgerechnet die wegen ihrer Katholizität berühmte Herxheimer Kirchengemeinde keine geregelten Kontakte zu dem „einheimischen“ Priester pflegt, der sich über die Grenzen Perus hinaus um die Glaubwürdigkeit der Kirche verdient und den Ruf Herxheims als „missionarische“ und weltoffene Gemeinde in weiten Kreisen bekannt gemacht hat.
Also, liebe Herxheimer, welche Kirche wollen wir denn und sind wir nicht selbst auch Kirche? Es liegt an uns selbst, ob wir etwas bewegen wollen oder können!
Ein Buchtipp: Infos zu Bischof Dammert und der Entwicklung in Cajamarca in: „Die Armen zuerst! 12 Lebensbilder lateinamerikanischer Bischöfe“ (M. Grünewald - Verlag, 39,80 DM). Und wie schon im 1. Teil erwähnt: Ausführliche Informationen auf den Webseiten: www.cajamarca.de
PS: Cajamarca ist kein Einzelfall; Bischöfe wie der in Cajamarca sind in Peru inzwischen in der Überzahl; die Sekten haben enormen Zulauf; der Kirche drohen die Menschen wegzulaufen. Adveniat arbeitet bisher noch mit dem jetzigen Bischof zusammen (obwohl das Priesterseminar, für das Adveniat über eine Million DM überwiesen hat, vom Bischof geschlossen worden ist, weil es zu „primitiv“ sei). Misereor arbeitet aus wohl überlegten Gründen nicht mit diesem Bischof zusammen. Alle diese Angaben (und viele darüber hinaus) sind objektiv nachprüfbar.
B) Die Reaktion der Pfarrgemeinde, erschienen am 22. 12. 2000 im Mitteilungsblatt: Pfarrgemeinde St. Maria Himmelfahrt Herxheim
Stellungnahme des Vorstandes des Pfarrgemeinderates zur Veröffentlichung des „Freundeskreises Cajamarca/Peru“ im Mitteilungsblatt der VG Herxheim vom 15. 12. 2000 unter der Rubrik „Die Kirche von Herxheim und ihre Verantwortung“, Verfasser Wilhelm Knecht (Ulm).
Die Kirche aus Herxheim besteht aus mündigen Christen und bedarf keiner manipulierten Verhaltensbelehrung von außen, um Glaubwürdigkeit und „Katholizität“ zu erlangen bzw. sich darin zu bewähren. Das Kirchenvolk von Herxheim hat seine Glaubwürdigkeit immer wieder mit starken Bilanzen guter Taten bewiesen. Diese Kirche folgt dem Ruf ihrer Hirten in der offiziellen Hierarchie und unterstützt seit Jahrzehnten die offiziellen kirchlichen Hilfsaktionen in beispielhafter Weise. Ihre Spendenergebnisse bestätigen dies immer wieder. Unsere Pfarrgemeinde weis sich dem Gebot Christi verpflichtet: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“. Wohl keine andere Pfarrei in der Diözese Speyer hat schon soviel für die Mission, für die Armen und Notleidenden in der 3. Welt getan wie unsere Pfarrgemeinde.
Die Herxheimer Gläubigen sind sich ihrer christlichen Verantwortung und Tat von jeher bewusst. In ihrer Glaubwürdigkeit und in ihrem christlichen Bewusstsein lässt sie sich nicht irreführen und auch von keinem Spaltpilz infizieren. Mit Befremden haben sie von dem Unterfangen des Herrn Knecht Kenntnis genommen, ihre Glaubwürdigkeit als Kirche von Herxheim in Misskredit zu bringen, d.h. das gute Ansehen ihrer Gemeinde herabzuwürdigen. Die Methode, durch abschätzige Verletzung von Ehrgefühlen und Verächtlichmachung der Kirchengemeinde Herxheim für „Cajamarca“ unseres Landsmannes zu werben und Preise zu erlangen, halten wir für unqualifiziert und verwerflich. Ihr gutes Ansehen im In- und Ausland und ihre Glaubwürdigkeit hat sich die Kirche von Herxheim bereits vor „Cajamarca“ verdient.
Die Kirche von Herxheim handelt im Einvernehmen mit den Optionen unserer Mutter Kirche. Sie unterstützt zuvörderst die universalen Interessen, Sorgen, große Anliegen und Aufgaben der Weltkirche. Die Spendengelder der Herxheimer Katholiken für die offiziellen kirchlichen Hilfswerke wie Adveniat, Misereor und Sternsinger sind bisher immer dorthin gegangen, wohin sie gehören. Das Pfarramt hat sie vollständig und pflichtbewusst den zuständigen kirchlichen Stellen zugeleitet. So wird es auch weiterhin gehalten ganz im Sinne des spendenden Kirchenvolkes und der einheitlichen Kompetenz der katholischen Kirche. Die Kirche von Herxheim braucht von Herrn Knecht keine Belehrung darüber, wem und in welcher Höhe ihr finanzielles Engagement zu gelten hat. Noch nie ist für einen Herxheimer Missionar aus den großen Kollekten etwas abgezweigt worden. Das Gegenteil kann ebenso wenig Herr Knecht wie Pfarrer i.R. Alois Eichenlaub beanspruchen. Allen wurde anderweitig Unterstützung zuteil, wie es auch Alois Eichenlaub bisher erfuhr.
Das bischöfliche Hilfswerk Adveniat - hier beispielsweise auch für die anderen Hilfswerke der Kirche angeführt - unterstützt die Kirche in Lateinamerika, die ja nicht nur aus Cajamarca besteht. Mit der Hilfe aus Deutschland wird den Menschen dort „Zukunft und Hoffnung“ eröffnet, sagt Bischof Schlembach (Speyer). Adveniat fördert jährlich etwas 5.000 Projekte mit rund 130 Millionen Mark. Unterstützt werden sowohl die Seelsorge - und Bildungsarbeit als auch soziale Initiativen, die etwa Straßenkindern oder den Bewohnern von Elendsvierteln zugute kommen. Die Herxheimer Kirche kann stolz sein auf ihre Spendenbereitschaft, die in ihrem Glauben, in ihrer Hilfswilligkeit und ihrem Solidaritätsbewusstsein gründet, und mit der sie am gleichen Strang mit der Gesamtkirche zieht. Jedenfalls hilft sie mit, dass auch die Kirche in Peru aus dem großen „Spendentopf“ der deutschen Katholiken partizipieren kann. Im großen Rahmen der kirchlichen Hilfs- Organisationen trägt die Kirche von Herxheim auch ihr Scherflein für die Kirche in Peru bei.
Es ist mehr als beschämend, in welcher Weise in der Darstellung des Herrn Knecht ein Bischof, der sich nicht zur Wehr setzen kann, an den Pranger gestellt wird. Bevor man ein solches vernichtendes Urteil fällt, sollte zuerst auch die Gegenseite zu Wort kommen. In der beschriebenen Situation eröffnet Herr Knecht dem Leser die Vermutung, dass Pfarrer i.R. Alois Eichenlaub jetzt als „freier Priester“ in Peru gegen den Bischof arbeitet und er als Streiter Christi nicht in der Kirche seines Herrn, sondern neben der Kirche steht. Der kritische Leser weiß, was er davon zu halten hat. Herr Knecht hat der Kirchengemeinde Herxheim keine Anerkennung zugedacht, seinen Herxheimer Freunden von Cajamarca aber gewiss auch keinen Dienst erwiesen.
Die Pfarrgemeinde Herxheim hat ein anderes ,Kirchenverständnis: Christus hat nur eine Kirche gestiftet, in der sowohl Arme und Reiche ihren Platz haben. Unsere Pfarrgemeinde hat in den zurückliegenden Jahren ihre Verantwortung für die Armen in überzeugendem Maße wahrgenommen. Deshalb braucht sie in dieser Frage keinen Nachhilfeunterricht. Oder sollte im Hinblick auf die anstehende Adveniatkollekte die Kirche noch mehr polarisiert und gespalten werden? Ohne Einheit mit dem Bischof kann man schwerlich von Glaubwürdigkeit der Kirche sprechen.
Seit Alois Eichenlaub als Priester in Peru wirkt, funktionieren die Kontakte. Gelegentlich seiner Heimataufenthalte wird Pfarrer Eichenlaub von den Angehörigen seines Schuljahrganges finanzielle Hilfe zuteil. Er bekam also aus Herxheim schon Spenden, da war ein „Freundeskreis Cajamarca“ noch nicht in Sicht. Bei seinem letzten Aufenthalt vor kurzem haben ihm seine Herxheimer Schulkameraden wieder 1.100 Mark mitgegeben. Bei seinen Besuchen im Pfarramt Herxheim ist Pfarrer Alois Eichenlaub noch nie ohne finanzielle Unterstützung fortgegangen. Darüber hinaus geben Gläubige unserer Gemeinde ihre Spenden direkt an Pfarrer i.R. Alois Eichenlaub.
C) Persönliche Antwort von Wilhelm Knecht (Brief an Diözese Speyer, 12. 1. 2001) Kopien: an alle Mitglieder des PGR, an HH. Pfarrer B. Bohne und an Bürgermeister E. Weiller
Lieber Herr ...... (GV)
Vor einiger Zeit wandte ich mich im Namen aller Beteiligten vertrauensvoll an Sie mit der Bitte, die Studie über die Partnerschaftsbeziehungen deutscher Gemeinden speziell mit Cajamarca finanziell zu unterstützen (zur Studie siehe Anhang). Sie haben damals sehr schnell und positiv reagiert und ich konnte Ihnen dafür auch bereits danken. Nicht im direkten Zusammenhang mit dieser Studie, eher als „Nebenprodukt“, kam es in der Pfarrgemeinde Herxheim durch die Veröffentlichung eines Artikels über die Arbeit von Pfr. Alois Eichenlaub in Cajamarca (Peru) zu einer gewissen Unruhe und zu Missverständnissen, die mir zu Herzen gegangen sind.
Auf Wunsch und im Namen des im Entstehen begriffenen „Freundeskreis Cajamarca“ schrieb ich anlässlich einer Ausstellung in Herxheim mit Bildern eines bekannten peruanischen Künstlers und Freundes von Alois Eichenlaub einen Artikel für das Gemeindeblatt (Kommune) über die wegweisende und in Herxheim inhaltlich nicht so bekannte Arbeit von A. Eichenlaub in Cajamarca. Der Artikel erschien wie üblich bei Vereinsnachrichten, ohne meine persönliche Unterschrift, sondern als Artikel des Freundeskreises, der den Artikel geprüft hatte und ihn sehr gut fand. Dabei musste ich ehrlicherweise auch über die jetzige Situation in der Diözese Cajamarca schreiben. Und diese Situation ist so, dass all das, was in den Jahren im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils entstanden ist (auch mit Hilfe von Adveniat, besonders von Speyer und auch aus Herxheim) nun Gefahr läuft, zerstört zu werden. Dies mag hart klingen, die Berichte aus den Partnergemeinden - sei es hier oder dort - lassen aber keinen anderen Schluss zu.
Anlässlich der Reaktion des Vorstandes des PGR Herxheim auf meinen Artikel halte ich es für meine Pflicht, diese Reaktion nicht einfach so stehen zu lassen.
Anmerkung: Ich selbst bin Herxheimer, war fünf Jahre lang Priesteramtskandidat der Diözese Speyer und wurde im Auftrag der Diözese Speyer nach Cajamarca entsandt, als erster Laientheologe im pastoralen Dienst). Der damalige Pfarrer von Herxheim, Dekan Geraldy, gab mir vor der Abreise nach Peru seinen Segen. Über die derzeitigen Verhältnisse in der Pfarrei bin ich aus erster Hand - u.a. von Mitgliedern des PGR und Familienangehörigen - gut informiert. Diese haben mir auch bestätigt, dass der Vorstand des PGR nicht von dem Brief des Pfarrers wusste geschweige dies ein gemeinsamer Brief des PGR sei.
Es ist hier aber nicht der Ort, um mich theologisch-pastoral mit dem Schreiben des Vorstandes des PGR (genauer: allein des Pfarrers) auseinander zu setzen. Ich möchte Ihnen vielmehr einige sehr persönliche Eindrücke vermitteln:
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Ohne sich mit dem Inhalt des Artikels und den entsprechenden Fakten auseinander zu setzen, reagiert man auf eine persönlich diffamierende Art und Weise. Der Stil ist aggressiv und verletzend und nicht von einem christlichen Geist geprägt. Wovor hat man Angst?
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Ich sprach anerkennend von den Herxheimern Mitchristen, erwähnte ihre weithin bekannte Spendenbereitschaft - vor allem aber: Ich traue den Herxheimer Christen viel zu. Wie sonst hätte ich erwarten können, dass sie „auf dem Weg“ sind, will heißen: Offen sind für Veränderungen, offen für die Probleme der Armen etc.? Die entsprechenden Ausdrücke wie „Verächtlichmachung“ etc. sind mir ein Rätsel. Wie kann man nur so denken? Ist es nicht ein Grundprinzip des kirchlichen Selbstverständnisses "auf dem Weg" zu sein?
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In der Antwort des PGR scheint die Auffassung durch, dass Mission eine Sache des Geldes ist. Mir ging es darum, dass ich die Spendenbereitschaft zwar hoch einschätze, dass es aber auch um etwas mehr geht (siehe Anhang). Anscheinend aber denkt man nur in den entsprechenden Kategorien und versteht daher automatisch alles dementsprechend.
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In keinem Moment war daran gedacht, Spenden für Adveniat etc. für Cajamarca „abzuzweigen“. Im Gegenteil: die Erfahrung (siehe kirchliche Studien) lehrt, dass in einer Gemeinde, die z.B. eine Partnerschaft mit einer armen Gemeinde pflegt, zusätzlich zu den Aufwendungen für die Partnerschaft auch die Höhe der Spenden für die Hilfswerke zunimmt, weil das spirituelle Fundament und das Bewusstsein von Weltkirche gestärkt wird.
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Am meisten bestürzt mich aber, dass die Stimme der Betroffenen, die so sehr unter der gegenwärtigen Ausgrenzung leiden, von dem Vorstand (Pfarrer) des PGR nicht nur nicht gehört werden - sie werden geradezu verhöhnt. Im Namen der Einheit mit einem Bischof, der von sich selbst sagt, dass er sich zu schade ist, um sich mit „Indios“ abzugeben, wird das gläubige Volk Gottes allein gelassen und ist nun wieder um so mehr der Willkür der Mächtigen ausgeliefert. Wie lässt sich dies mit der Botschaft Jesu und seiner Einladung vereinbaren?
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Den Vorwurf, dass sich der Bischof nicht verteidigen kann, verstehe ich zum Teil. Aber er trifft so nicht zu. Ich habe Bischof Simón nicht persönlich angegriffen. Ich habe das zitiert, was mir einhellig von den Betroffenen berichtet wurde, was er mir sogar selbst oder auch immer wieder in aller Öffentlichkeit gesagt hat. Seit 1993 habe ich mehrere lange und persönliche Gespräche mit Bischof Simón in Cajamarca geführt. Er spricht ganz offen davon, was er vorhat, dass ihn die Campesinos (80% der Bevölkerung) nicht interessieren usw. Dazu habe ich auch unzählige Ansprachen, Festpredigten u.ä. analysiert, die z.B. im Radio oder TV Cajamarca gesendet und gespeichert wurden.
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Meine Verbundenheit und Einheit (!) mit der Kirche von Cajamarca zeigt sich u.a. darin, dass ich von Verantwortlichen der Diözese eingeladen wurde, um an dem diözesanen Treffen der kirchlichen Gruppen und Gemeinden am 23. - 26. 01. 2001 teilzunehmen, wo ich als Referent und Ansprechpartner gefragt bin. Einladende sind u.a. die Leiter der Diözesanstellen für Pastoral (das ist nach dem Bischof die wichtigste Stelle, Leiter Pfr. Rolando Estela), für Jugend (Pfr. F. Centurión), der Studentenpfarrer (Pfr. Marco Arana) weitere Priester, die Verantwortlichen der Katecheten, die Leiterinnen aller Frauengruppen u.v.m. Auch Alois Eichenlaub nimmt daran teil. Er steht als Priester mitten im Volk Gottes und in Einheit mit der Mehrzahl der Priester. Ich bin gerne bereit, über dieses Treffen in Speyer und Herxheim nach meiner Rückkehr zu berichten (eventuell auch audiovisuell).
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Ich weiß, dass ich bei meinem erneuten Besuch in Cajamarca auf eine lebendige Kirche treffen werde, in der es allerdings auch Probleme gibt. Diese Kirche ist glaubwürdig, weil sie mitten im Herzen des Volkes lebt, die Nöte und Sorgen der Menschen ernst nimmt und mit den Menschen den Beginn des Reiches Gottes feiert, das mitten unter ihnen begonnen hat. Dazu sind alle eingeladen. Doch wer spaltet hier und grenzt aus....?
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Und zum Schluss: Nicht ich verweigere den Dialog. Vielmehr müssen andere sich dies fragen lassen - erst recht, wenn dabei mit Drohungen und Einschüchterungen gegenüber „mündigen Christen“ gearbeitet wird. In jahrelanger Arbeit in vielen Gemeinden in der Diözese Rottenburg habe ich erfahren, dass sich die Wahrheit auf Dauer nicht unterdrücken lässt, dass man mit Angstmache, Panik und sich Einbetonieren nicht weiterkommt. Man wird dadurch höchstens zu einer Sekte ohne jede Bedeutung. Ich glaube an die Zukunft der Kirche, weil ich an die befreiende Kraft des Evangeliums glaube.
Nun bin ich vielleicht doch etwas zu theologisch geworden... Andererseits ist es ja keine Schande, sich auf das Evangelium zu berufen und von seinem eigenen Glauben zu sprechen. Vielmehr bin ich überzeugt, dass wir das viel zu wenig tun bzw. dies gar nicht richtig gelernt haben. Wenn ich mich in dieser Angelegenheit auch an Sie wende, dann nicht nur deswegen, weil Speyer nun einmal auch etwas mit Cajamarca zu tun hat, auch dankenswerter Weise etwas mit dieser Studie, sondern auch weil ich sicher bin, dass man in den Diözesanstellen die Zeichen der Zeit erkannt hat (Papst Johannes XXIII sagte sinngemäß, dass er die Fenster der Kirche öffnete, um frischen Wind einzulassen....) und das Mögliche tun wird, dass sich immer mehr Gemeinden von dem Geist anstecken lassen, der auch die ersten Christen bewegt hat, der die Menschen in Cajamarca bewegt und der - Gott sei Dank - auch in dem so materialistischem Deutschland noch einiges bewegen kann und wird. Gott und viele Menschen guten Willens mögen Ihnen bei dieser so wichtigen Aufgabe helfen!
Anmerkung für „Auswärtige“ und nicht im Brief: Die Kopie geht auch deswegen an alle Mitglieder des PGR, weil die Mitglieder nichts von der "Stellungnahme des PGR" erfahren haben, geschweige denn gefragt wurden. Die Sitzungen des PGR sind grundsätzlich (!) nie öffentlich, die Mitglieder sind über ihre fundamentalsten Rechte und Pflichten nicht informiert.... Doch wen kümmert es?
D ) Reaktion von anderen Partnergruppen und Gemeinden (stellvertretend für weitere Zuschriften). Von der Gemeinde Herxheim bzw. den von mir angeschriebenen Mitgliedern des PGR erhielt ich keine Reaktion. In der Gemeinde Herxheim wird man die Sache aussitzen bzw. unter dem Teppich lassen.... Auch die Diözese reagiert (bisher) nicht.
Sehr geehrter Herr Knecht,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihren Bericht über Alois. Wir verfolgen mit Interesse die Situation und den Prozess in Herxheim. Bei unserem Peruaufenthalt haben wir über Alois viel erfahren, wie enttäuschend die kirchliche Situation in Cajamarca sich zur Zeit zeigt. Die Rückwärtsentwicklung von einem befreiungstheologischen Ansatz und die Hilfe für die einfache Bevölkerung sind auch für uns, die sich mit diesen Themen befassen, ein Ärgernis und machen eine Fehlentwicklung deutlich. Wir haben uns in unserem Eine-Welt-Arbeitskreis in unserer Pfarrgemeinde über Ihr Schreiben unterhalten und finden es gut, dass durch Ihren Anstoß in Herxheim und auch Ihre Klarstellung in Speyer, ein Prozess angestoßen werden kann.
Bei verschiedenen Begegnungen in Herxheim konnten wir verschiedene Leute kennen lernen, die die kirchliche Situation in Herxheim auf stärkste bedauern, aber nicht wissen, wie sie diese Verkrustung aufbrechen können. Durch den Brief des Herxheimer Pfarrers und durch seine Sprache wird auch deutlich, welches Kirchenbild er der Pfarrei in Herxheim verordnen will. Scheinbar hat dieser Pfarrer auch nicht verstanden, dass es weniger auf große Sammelergebnisse ankommt, sondern auch auf die Bewusstseinsbildung und auf das Befassen mit dieser anderen Welt. Er hätte ja die Chance, durch einen Missionar, der aus dieser Gemeinde schon so lange in Peru arbeitet, die Brücke zu Herxheim herzustellen und somit die Pfarrei stärker vom Sammelkorb hin zum Problem zu führen.
Wir bedanken uns noch einmal für die Nachricht und freuen uns, dass Sie den Mut haben, gerade auch als Herxheimer ein Weiterdenken anzustoßen. Mit freundlichen Grüßen, Theo und Walburga Lehmann
Anhang: Studie
In Zusammenarbeit mit dem „Instituto Bartolomé de Las Casas“ und der Kath. Universität in Lima, der Mitarbeit von 15 Pfarrgemeinden in Deutschland und ihren jeweiligen Partnergemeinden in Cajamarca und der Professoren Elmar Klinger (Würzburg) und Ottmar Fuchs (Tübingen), entsteht eine Studie mit folgenden Zielsetzungen:
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Ausgehend vom 2. Vat. Konzil sollen die Aufbrüche der Kirche am Beispiel der Diözese Cajamarca dokumentiert werden (im Kontext der peruanischen Kirche und der Weltkirche).
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Das „Verwickeltsein“ der deutschen Kirche in diese Aufbrüche, wechselseitige Impulse, Entstehen von Partnerschaften, deren Herausforderungen usw.
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Die meist partnerschaftlichen Beziehungen bilden das Fundament einer wahrhaft universellen Kirche. Die Studie soll das begründen und dokumentieren (theol. Teil).
Die Studie entsteht in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden hier und dort. Hier wie dort werden Gemeinden befragt, begleitet, motiviert. Dazu werden Archive ausgewertet (Briefwechsel etc.), ebenso die entsprechenden Dokumente der Kirche, Erfolge und Misserfolge der Partnerarbeit sollen analysiert werden und nicht zuletzt soll am Ende auch eine Art Orientierungs- und Handlungsrahmen für Partnerschaften entstehen. Alle befragten Partnergemeinden (vertreten durch ihre Partnerschaftsgruppen bzw. die Ausschüsse MEF) betonen in den Befragungen, dass sie vor allem drei Ziele verfolgen:
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Sie wollen zuerst den am meisten Bedürftigen in ihren jeweiligen Partnergemeinden helfen und und sie wünschen sich möglichst direkte Kontakte mit diesen Partnern.
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Sie wollen sich dafür einsetzen, dass es zu einem echten Dialog und Austausch kommt, weil man hofft (und konkrete Erfahrungen wurden schon gemacht), dass der lebendige Glaube der Armen auch unseren Gemeinden hilft, das Evangelium immer wieder neu zu entdecken und aus dem Glauben heraus unser Leben als Gemeinde zu gestalten.
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Diese Gemeinden wünschen sich übereinstimmend eine Kirche, in der Laien mehr Verantwortung übernehmen, die sich den Problemen dieser Zeit zuwendet und versucht, im Lichte des Evangeliums den Menschen in ihren Problemen eine Orientierung zu bieten.
In diesen drei Zielen fühlen sie sich unterstützt und getragen von den entsprechenden Beschlüssen vieler Diözesansynoden, den Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils und vor allem von dem Glaubenszeugnis ihrer Partner, die trotz allem Elends sich nicht „unterkriegen“ lassen und aus dem Glauben heraus die Kraft finden, sich für eine bessere und gerechtere Welt einzusetzen. Gemeinsame Aussage der deutschen Gemeinden: „Im Kontakt mit vielen Campesinos haben wir erfahren, dass sie es vor allem sind, die nicht vergessen (werden) wollen und die überzeugt sind, dass sie als Kirche auf dem richtigen Weg sind und die diesen Weg zusammen mit den Bischöfen und ihren Pfarrern weitergehen wollen.“
Doch was tun, wenn manche Hirten diesen Weg nicht mitgehen wollen? Die Erfahrung zeigt, dass dies so eintreten kann. Die Betroffenen in Cajamarca haben immer wieder den Bischof eingeladen, sie möchten nicht von ihren Hirten verlassen werden - doch ohne Erfolg. Wie verhalten sich angesichts einer solchen Situation die deutschen Partnergemeinden? In langen Diskussionen, in Gesprächen mit dem Bischof, Priestern und den Gruppen in den Partnergemeinden kamen sie zu folgendem Ergebnis: Wir dürfen in Gottes Namen unsere Partner, d.h. die vielen Gruppen in den Partnergemeinden, die das Fundament der jeweiligen Gemeinde sind, nicht auch noch im Stich lassen. Sie sind unsere Partner, sie sind Gemeinde, sie sind die Kirche vor Ort, weil sie im Geiste Jesu das Evangelium verkünden, indem sie wie „Brüder und Schwestern“ zusammenleben und ihr tägliches Brot (ihre Sorgen, Ängste und Hoffnungen) mit einander teilen. Sie sind es, die Jesus der Christus vorrangig - nicht ausschließlich - zum gemeinsamen Mahl des Lebens einlädt. Im Kontakt mit solchen Gemeinden (im Brot- Teilen) sind wir wahrhaft katholische Kirche.