Seit 1963 bestehen Verbindungen deutscher katholischer Kirchengemeinden mit Kirchengemeinden der Diözese Cajamarca in Peru. Zu Beginn der Studie, im September 1997, waren es 15 deutsche Kirchengemeinden bzw. Gruppen, die mit Gemeinden bzw. Gruppen der Diözese Cajamarca in Beziehung standen. Alle deutschen Gruppen nahmen an der Befragung teil. Ebenso wurde alle Partnergruppen in Cajamarca intensiv befragt.
Die Fragen wurden gemeinsam mit den Partnergruppen entworfen.

Gemeinsam auf dem Weg: Partnerschaft deutscher Kirchengemeinden mit Gemeinden der Diözese Cajamarca -  Anspruch und Wirklichkeit

Einleitung

Bereits in der Überschrift des Artikels werden zwei Aspekte herausgehoben, um die es hier vorrangig gehen soll. „Gemeinsam auf dem Weg“ weist auf die spezielle Beziehung zur Diözese Cajamarca hin, der Titel ist gewählt in Anlehnung an  „Vamos Caminando - Machen wir uns (gemeinsam) auf den Weg“. Dem liegt das biblische Bild des Volkes Gottes zugrunde, das den Ruf Gottes hört und das sich unter seiner Führung auf den Weg aus der Sklaverei in das Gelobte Land macht. Im Neuen Testament ist es u.a. das Bild von den Jüngern von Emmaus, die sich enttäuscht von Jerusalem abwenden und denen auf dem Weg mit einem Fremden, Unbekannten ein Licht aufgeht. Sie erkennen den auferstandenen Christus, als er mit ihnen das Brot bricht. Gemeinsam als Volk Gottes auf dem Weg sein (Umkehr, Aufbruch), miteinander teilen, was der Mensch zum Leben braucht und die österliche Erfahrung der bleibenden Gegenwart Gottes sind die tragenden Fundamente christlichen Glaubens und von „Kirchesein“. Sie sind auch die Fundamente einer christlich verstandenen Partnerschaft (sowohl einer Partnerschaft zwischen zwei Menschen als auch einer Partnerschaft zwischen christlichen Gemeinschaften).

Das Volk Gottes ist stets als Gemeinschaft unterwegs. Dieses Volk ist in (mitunter sehr) verschiedenen Gruppen organisiert, den Gemeinden weltweit. Die Gemeinde als überschaubare Gemeinschaft von Menschen, die den Ruf Gottes hören, sich (mit anderen Gemeinden) auf den Weg machen und sich als Tischgemeinschaft erfahren, repräsentiert stets auch die gesamte Kirche, sie ist Kirche im Vollzug, sie ist Kirche. Sie ist diese Kirche um so authentischer, wenn sie in ihrem Vollzug und in ihrer Praxis die anderen Gemeinden in der Welt nicht ausschließt (was sie per definitionem gar nicht kann), sondern wenn sie gerade diejenigen in ihr konkretes Leben mit einschließt, die sonst weltweit nach den global herrschenden ökonomischen Gesetzmäßigkeiten dieser Welt ausgeschlossen werden.

Wenn von Gemeindepartnerschaften die Rede ist, dann ist so selbstverständlich die Partnerschaft zweier Gemeinden in allen ihren Dimensionen (inhaltlich und strukturell) gemeint. Schließlich verstehen die befragten Gemeinden auch selbst ihre Partnerschaft als Gemeindepartnerschaft. War der Begriff (erst recht Verstehen) der Gemeindepartnerschaft vor noch nicht allzu langer Zeit nur selten anzutreffen, so ist es vor allem seit den beginnenden 80er Jahren zu einer inhaltlichen Vertiefung gekommen. Die Zahl der Gemeindepartnerschaften hat sehr zugenommen. Das hat allerdings auch zu einer wahren Inflation und damit zu einer Gefahr der Verfälschung des Begriffes beigetragen, so daß heute die Verwirrung eher größer geworden ist. Unter dem Titel Partnerschaft werden von immer mehr Gemeinden in Eigenregie kleinere Projekte finanziert bzw. bisherige Spendenaktivitäten weitergeführt. Alle an der Befragung teilnehmenden Gemeinden wollen jedoch über dieses (Anfangs-) Stadium ihrer Partnerschaft hinaus, sie befinden sich auch in dieser Hinsicht „auf dem Weg“. Dieser Weg soll im Folgenden beschrieben  werden.  

Zuerst werden die deutschen Gruppen vorgestellt, ihre Entstehungsgeschichte, ihre Schwerpunkte und in einem Vorgriff auf die Auswertungen werden stichwortartig bestehende Probleme benannt. Danach werden peruanische Partnergemeinden im Kontext der pastoralen und sozialen Entwicklung der Diözese Cajamarca vorgestellt. Die größten und wichtigsten Partnergruppen wurden befragt. Diese befragten Gruppen repräsentieren gleichzeitig die seit 1962 von Bischof Dammert begonnene „Öffnung der Kirche“ im Sinne des II. Vatikanischen Konzils. Die deutschen Partnergruppen, ihre Entstehungsgeschichte, ihre Erfolge und Mißerfolge, ihre Probleme und Hoffnungen sind auf dem Hintergrund der Entwicklung in Cajamarca zu sehen - nicht nur weil das II. Vatikanum noch nicht durch ein neues Konzil überholt ist und es deswegen den Rahmen für Gruppen hier und dort abgibt, sondern weil es zum Selbstverständnis aller Gruppen gehört, mit den Ärmsten in Kontakt treten zu wollen und  Partner zu sein. Die Partnerschaftsarbeit der Gruppen ist von diesem Maßstab (bzw. Zielvorstellung) her zu deuten.

In einem zweiten Schritt steht zunächst die Auswertung der Fragebögen im Mittelpunkt. Bei der Präsentation der Ergebnisse geht es nicht nur um rein statistische Daten, sondern es geht auch um die Beschreibung eines lebendigen Prozesses. Die Daten und Aussagen werden innerhalb ihres jeweiligen Kontextes (hier und in Peru) gesehen. Zudem werden sie ergänzt - und sind dadurch oft erst verständlich - durch statistisch nicht erfaßbare Rückfragen, Gespräche und Begegnungen mit den Betroffenen. Auf Wunsch der Gemeinden wurden getrennte (aber aufeinander bezogene) Fragebögen für die Gruppe, die einzelnen Gruppenmitglieder und die Pfarrer erstellt und ausgewertet. Die Auswertung der individuellen Fragebögen der einzelnen Mitglieder und der Pfarrern würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. 

I. Die Partnerschaftsgruppen

1.) Die deutschen Gruppen

Seit 1963 bestehen Verbindungen deutscher katholischer Kirchengemeinden mit Kirchengemeinden der Diözese Cajamarca in Peru. Zu Beginn der Studie, im September 1997, waren es 15 deutsche Kirchengemeinden bzw. Gruppen, die mit Gemeinden bzw. Gruppen der Diözese Cajamarca in Beziehung standen. Alle deutschen Gruppen nahmen an der Befragung teil. Der besseren Übersicht wegen werden die 15 Gruppen in drei Themengruppen eingeteilt:

  1. Die Gruppe der Pfarreien, die mit eigenen Beiträgen in der Studie zu Wort kommen.
  2. Die Gruppe der Freiburger Pfarreien, die im Zusammenhang der Freiburger Diözesanpartnerschaft mit der Kirche in Peru zu sehen sind.
  3. Die sonstigen Pfarreien.

Die Gemeinden stellen sich selbst vor. Im Kontext der Fragestellung nach den Zielvorstellungen von Partnerschaft weisen die Antworten der Gruppen auf entsprechende Probleme hin. Die Präsentation der Gemeinden wird aus der Kenntnis der Gemeinden und ihrer Partnergemeinden heraus ergänzt und es wird auf spezielle Probleme eigens hingewiesen, falls sich diese aus den Antworten der Gruppen nicht eindeutig ergeben. Eine pointiertere Darstellung der Probleme ist problematisch, falls die jeweilige Gruppe dies nicht von sich aus wünscht oder bestimmte Vorgänge und Verhaltensweisen nicht als Problem sieht.

a) Die Gruppe der Pfarreien, die mit eigenen Beiträgen in dieser Studie zu Wort kommen.

Die Pfarrei St. Josef in Herzogenrath - Straß (Partnerschaft zur Gemeinde San Pedro in La Encañada). „Die Gruppe umfaßt 5-10 Personen, Frauen und Männer etwa zu gleichen Teilen, das Alter ist derzeit 50 Jahre im Schnitt und es gibt zwei peruanische Mitglieder. Der Peru - Arbeitskreis wurde 1987 gegründet und hat keine besondere Vereins- oder Rechtsform. Auslöser für die Entstehung der Gruppe war der Besuch des vorherigen Pfarrers Konrad Mohr im Jahre 1983 in Peru, der damals 8 Monate in Cajamarca blieb. So entwickelten sich zunächst lose Aktivitäten, die dann durch die Gründung des AK in eine festere Form umgewandelt wurden. Die Pfarrgemeinde wurde informativ auf dem Laufenden gehalten, spielte aber keinen aktiven Part z.B. seitens des Pfarrgemeinderates.
Der Kontakt zur Gemeinde San Pedro entwickelte sich aus dem Wunsch des Peru - AK, eine konkrete Partnerschaft anzustreben, um über eine persönliche und strukturelle Verankerung der Arbeit exemplarisch zu lernen. Bischof Dammert empfahl uns die Gemeinde San Pedro und den Kontakt zu Padre Efraín, da sich hier gemeindliche wie auch spezifische Pastoralelemente (Sozialarbeit, Menschenrechtsarbeit usw.) über die pfarrliche wie auch die persönliche Schiene des Gemeindeleiters bündeln ließen. Der Weggang von Pfarrer Konrad Mohr veränderte den gemeindlichen Kontext der Arbeit des Peru AK, auch wenn der neue Pfarrer keineswegs die Arbeit in irgendeiner Weise behindert.

Identitätsstiftend wirkte sich allerdings die Beteiligung von Jorge Trigoso auf den AK aus, da er als Cajamarquino eine Integrationsfigur wurde, der sowohl qua Person und seiner Authenzität, wie auch durch das Verwurzeltsein in zwei Kulturen eine Brückenkopffunktion übernahm. Projekte werden hauptsächlich von den PartnerInnen eingebracht. So ging es bei den Spenden wesentlich um den Auf- und Ausbau eines Gemeindehauses, Geld für die juristische Unterstützung von Entrechteten und zu Unrecht Verhafteten in Sachen Goldmine, Unterstützung zum Aufbau einer Druckerei zur Erhaltung usw. ... Im Schnitt haben wir in den zurückliegenden Jahren 5.000 - 7.000 DM jährlich an Spenden transferiert“. Spätestens nach einem längeren Aufenthalt von Jorge Trigoso im Verlauf des Jahres 1998 hat sich herausgestellt, daß die bisherige Art der Beziehung nicht weitergehen kann. Die Beziehung zu dem Gemeindepfarrer Efraín mußte abgebrochen und der direkte Kontakt zu einer Frauengruppe konnte initiiert werden. Hauptprobleme dieser Partnerschaft: die veränderte Lage nach dem Bischofswechsel, die Unzuverlässigkeit des Pfarrers der Partnergemeinde bzw. der ausschließliche Kontakt allein mit ihm, der damit fehlende Kontakt zu den Gruppen der Partnergemeinde.  

Die Pfarrei St. Gallus in Tettnang (Partnerschaft zur Gemeinde „Cristo Ramos“ in Porcón, eine reine Campesinogemeinde): „Der Arbeitskreis Peru ging aus dem KGR - Ausschuß ‚Mission, Entwicklung, Frieden‘ hervor. Er wurde 1992 gegründet. Wir haben derzeit 20 Mitglieder, 10 Frauen, 10 Männer. Der Altersdurchschnitt beträgt 38 Jahre. Wir treffen uns alle 4-6 Wochen. Der Ausschuß MEF suchte nach Beendigung einer Projektpartnerschaft mit Quiché, Guatemala, nach einer intensiveren, direkten Beziehung zu einer Gemeinde in einem spanischsprachigen Land Südamerikas, da zwei Mitglieder bereits über einige Spanischkenntnisse verfügten. Über Kontakte mit Pfarreien in näherer und weiterer Umgebung stießen wir auf die Idee der Gemeindepartnerschaft, begeisterten uns dafür und kamen durch Vermittlung des Ulmer Partnerschaftskreises (Willi Knecht) in Kontakt mit Bischof Dammert von Cajamarca, der uns mit unserer heutigen Partnergemeinde Porcón in Verbindung brachte. Wir erhielten Post vom jungen Pastoralteam der neu gegründeten Gemeinde, zwei neu ordinierten Pfarrern und einem Diakon. Der Briefkontakt bestand zu Anfang ausschließlich zwischen einem der beiden Pfarrer - Marco Arana - in Porcón und dem AK. Erst nach dem persönlichen Kennenlernen beim ersten Besuch in Peru schrieb auch der zweite Pfarrer - Alex Urbina - regelmäßig Briefe. Die Partnerschaftsidee hatte für ihn ‚konkrete Gesichter’ bekommen.

Die Gemeinde hier wurde von Anfang an mit einbezogen, beim ersten ‚Perusonntag‘ wurden Mitglieder für den zu gründenden AK Peru gesucht, dem erweiterten Ausschuß MEF. Der KGR stimmte der Partnerschaft zu und teilte ihm eine von der Diözese für weltkirchliche Aufgaben zur Verfügung gestellte Geldsumme zu. Schwierig wurde die Situation in unserer Partnerschaft, als 1994 der erste, 1995 auch der zweite Pfarrer von Porcón nach Rom zu weiterführenden Studien geschickt wurden, vom 1993 neu eingesetzten Bischof. Der einzige treue Ansprechpartner blieb nun der Direktor des pfarreigenen Colegios. Die spirituelle Ebene der Partnerschaft wurde stark vernachlässigt, zumindest gab es keine Kommunikation darüber. In der Gruppe gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie ‚politisch‘ unsere Arbeit sein soll/muß/darf - z.B. bei der Produktinformationen für ‚Dritte-Welt-Waren‘, bei Solidaritätsaktionen für die Geschädigten der Goldminen in Porcón, Unterschriftenaktionen zur Entschuldungskampagne, Seminar- und Vortragsangebote zu Themen wie ‚Geld und Zinsen‘, ‚Jugendarbeitslosigkeit‘ u.a.. In der Gemeinde gibt es immer wieder Stimmen, die den Arbeitskreis als ‚elitär‘ bezeichnen und uns als selbsternannte ‚Lehrmeister‘ empfinden, was nicht unserem Selbstverständnis entspricht“.

Die Projekte werden hauptsächlich von der Partnergemeinde eingebracht. Sie bestehen im wesentlichen in der Hilfe beim Bau und Ausbau des pfarreigenen Colegios, der Übernahme der laufenden Kosten wie z.B. Lehrergehälter. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Gesundheitsförderung, ein Gesundheitsfond für anfallende Krankenhauskosten und Solarenergie für das Colegio. Die gegenwärtigen Probleme bestehen in der mangelnden Kommunikation, von der Gruppe werden direktere Kontakte mit den Betroffenen gewünscht; es herrscht Unklarheit über die Linie in der Pastoralarbeit (die Rolle des Pfarrer Alex Urbina und sein Verhältnis zum Bischof ist für die Gruppe hier unklar, er steht zudem im Streit mit einer Schwesterngruppe, die im Sinne von Bischof Dammert arbeitet, zu der aber wiederum die Gruppe in Tettnang keinen Kontakt hat, weil die Kommunikation mit den Schwestern nicht funktionieren will). Die Campesinos der Pfarrei Porcón sind besonders stark von den Auswirkungen der Goldminen betroffen, doch ist unklar, ob die Pfarrei (Pfarrer) die Frage der Menschenrechte weiterverfolgt, wie mit den Campesinos gearbeitet wird etc. Die Unklarheiten sind auch der Grund, warum in dem Artikel der Gruppe über die Goldminen nicht näher auf den kirchlichen Rahmen eingegangen wird.

Die Pfarrei St. Magdalena in Herzogenaurach (Partnerschaft mit der Pfarrei „Nuestra Señora del  Carmen“ in Tembladera). In Herzogenaurach besteht die Besonderheit, daß es zwei Vereine gibt, die mit Gruppen der Diözese Cajamarca in Verbindung stehen. Beide Vereine gehen auf die gleiche Person zurück, auf Hans Meister, der von 1970 - 1973 als Entwicklungshelfer in Cajamarca war. Er ist der Verfasser des Beitrages über den Staudamm Gallito Ciego. Da dieser Beitrag im Zusammenhang mit der Partnerschaft des „Freundeskreises Cajamarca e.V.“ zu verstehen ist, wird an dieser Stelle der Freundeskreis Cajamarca vorgestellt. „Der Freundeskreis Cajamarca hat ca.15 – 20 Mitglieder, ein Großteil über 60 Jahre alt; er wurde 1983 als nicht eingetragener Verein gegründet und
ist hervorgegangen aus dem Sachausschuß MEF. Die Begrenzung im Sachausschuß war zu eng, ein weiterer Grund war der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit. Wir treffen  uns 4-5 mal im Jahr.

In Herzogenaurach gibt es seit 1975 ein relativ aktives Grüppchen von etwa 10 Leuten, die mehrere Eine-Welt-Initiatven (u.a. Freundeskreis Cajamarca der Pfarrei St. Magdalena) begannen und bis heute betreiben. Die Initiative kam von Hans Meister. Im Sachausschuß wurde schon lange über die Arbeit der kirchlichen Hilfswerke diskutiert. Wichtigstes Thema war der Aufbruch in der 3. Welt. Nun sollte eine konkrete Partnerschaft mit einer Gemeinde der Diözese Cajamarca gesucht werden. Bischof Dammert wurde um Vermittlung gebeten, der dann während eines Besuches 1980 einen Bettelbrief des neu ernannten Pfarrers von Tembladera aus der Tasche zog. 1981 kam es zum ersten Briefwechsel. Die Anbindung an die Kirchengemeinde war von Anfang an gewünscht und gegeben. Wir haben immer die Öffentlichkeit (Zeitungsberichte, Pfarrbrief, Briefe an BMZ u.a.) einbezogen, gleichzeitig wurden auch jeweils die Partner verständigt“. Zur aktuellen Situation ein Auszug aus einer Predigt (am Missionssonntag im Oktober 1998): „Seit 1981 bestehen Kontakte zur Pfarrei in Tembladera. Mitte der 80-er Jahre wurde Herzogenaurach dadurch sogar - zumindest bei Insidern - bundesweit bekannt. In einem beispielhaften Engagement gelang es, vielen Menschen in Tembladera, die durch den Bau eines Staudamms Land, Arbeit und damit ihre gesamte Lebensgrundlage verloren haben, zu helfen, neu anzusiedeln, neue Perspektiven zu ermöglichen. War das damals nicht eher das Anliegen einer kleinen Gruppe, eher am Rande der Gemeinde?“ Im Gemeindebrief und auch in einer Titelgeschichte des Kirchenblattes der Erzdiözese Bamberg wurde der Gedanke einer Gemeindepartnerschaft in die Öffentlichkeit getragen: die gesamte Gemeinde soll als Gemeinde mit der Kirchengemeinde  in Tembladera die Partnerschaft neu beginnen (weitere Informationen in dem Artikel von Hans Meister). Hauptprobleme: die Spaltung der eigenen Gruppe, wer sind die Ansprechpartner in der Partnergemeinde, die Rolle des Bischofs und des ehemaligen Pfarrers in Tembladera.  

Die Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit in Freiburg
(Partnerschaft mit der Pfarrei „San Marcos“ in San Marcos). „Einen eigenen Perukreis hat es nie gegeben. Streckenweise hat der Friedenskreis (bestehend aus 8-10 Leuten aber in Auflösung begriffen aus Altersgründen) am häufigsten über die Vorgänge in der Partnergemeinde geredet. Wichtig ist die Vorgeschichte der Partnerschaft. Georg Hüßler, Präsident des DCV und Hannes Kramer, Leiter des Referates der Überseehilfe, haben schon Mitte der 60er Jahre (Konzil und Nachkonzil) guten Kontakt zu Bischof Dammert. Von Freiburg werden Entwicklungshelfer nach Cajamarca entsendet. Bischof Dammert war mehrmals auch in der Pfarrei zu Gast und hat großes Interesse geweckt. Aus dieser Zeit ist zu nennen das Ringen um Basisgemeinde bei uns. Dabei war der Kontakt mit Bischof Dammert und mit der Befreiungstheologie ein wichtiger Teil der Motivation. Anne Sumser aus unserer Gemeinde war seit 1987 zusammen mit Rudi Eichenlaub in der Pfarrei San Marcos tätig.

Nach einem Besuch von Hannes Kramer und dem damaligen Gemeindepfarrer Paul Sumser, dem Bruder von Anne Sumser, in San Marcos, wurde die Partnerschaft der Pfarrei vorgeschlagen und vom Pfarrgemeinderat beschlossen, obwohl schon vorher Partnerschaften bestanden zu Molinos in Argentinien und zu Dresden, die damit auch nicht aufgegeben wurden. .. Die äußere finanzielle Hilfe kann sich bis heute mit  etwa 1.000 Dollar im Monat halten, weil sie in direkter Hilfe zur Selbsthilfe begründet und gut verwaltet ist. Projekte wie die Nähschule, Strick- und Webwerkstatt, Zucht von Kleintieren und Gartenbau zur Unterstützung der Mittagtische für Arme usw. werden vor Ort von dem Komitee seit Jahren weitergeführt“. Problemlage: Die Partnerschaft besteht in der direkten Unterstützung einer Partnergruppe unter Umgehung der Pfarrer. Die Gruppe wird von einem gewählten Komitee geleitet. Bischof Simón versuchte 1998 dieser Gruppe das Gelände und die Räumlichkeiten zu nehmen, da es sich um Besitz der Pfarrei handelt. Die Gruppe in Freiburg hatte das Gelände und die Räumlichkeiten in den 80-er Jahren zu dem oben genannten Zweck gekauft und setzte sich nun zur Wehr.

Bischof Simón bot darauf dem Leiter der Gruppe in San Marcos eine gut dotierte Stelle am entgegengesetzten Ende der Diözese an, die dieser auch annahm. Außer dem genannten „Zwischenfall“ findet mit der pastoralen und theologischen Linie des Bischofs und der Pfarrer keine inhaltliche Auseinandersetzung statt. Die Partnerschaftsgruppe (hier und dort) stößt sich z.B. nicht an der Absetzung der alten Katecheten, weil beide Gruppen in der Pastoral nicht ihren Schwerpunkt sehen, sondern sich auf soziale Projekte beschränken.  

Die Pfarrei St. Georg in Ulm (Partnerschaft mit der Pfarrei San Pedro in Cajamarca). „Zunächst wurde 1979 der MAK (Missionsarbeitskreis) gegründet, mit vier Mitgliedern. Die Anregung kam von Pfarrer Vögele, Anlaß: der Abschluß der Innenrenovierung der St. Georgskirche (‚Investitionen in Menschen, nicht nur in Stein‘). 1982 Beschluß des KGR, die Beziehung nach Cajamarca zur Partnerschaft zu vertiefen. Den Anstoß zur Partnerschaft gab Willi Knecht. Heute besteht die Gruppe aus 14 Mitgliedern  (7 Männer und 7 Frauen), der Altersdurchschnitt liegt weit über 50 Jahre, die Gruppe nennt sich und ist der ‚Ausschuß für Mission, Entwicklung, Frieden‘. Durch den Wechsel von Pfarrer Vögele zu Pfarrer Keller kam es zu keiner Veränderung“. Die Gemeinde St. Georg stellt ihre Partnerschaft mit allen ihren Problemen in einem eigenem Beitrag selbst vor.   

b) die Gruppe der Freiburger Pfarreien, die im Zusammenhang der Freiburger Diözesanpartnerschaft mit der Kirche in Peru zu sehen sind. Davon ausgeklammert ist die schon beschriebene Partnerschaft der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit, die wesentlich ältere Wurzeln hat und die auch durch ihre spezielle Kontakte zu Bischof Dammert nicht mit den folgenden Pfarreien verglichen werden kann. Die folgenden Pfarreien haben außer ihrer Zugehörigkeit zur Diözese Freiburg gemeinsam, daß sie keine sehr engen Beziehungen zu Bischof Dammert und seiner Arbeit und Pastoral aufbauen konnten, weil ihre partnerschaftlichen Beziehungen erst in der „Endphase“ der Ära Dammert entstanden
sind. Ihre Erfahrungen mit der Diözese Cajamarca beruhen somit zum überwiegenden Teil auf der Zeit nach dem Bischofswechsel Ende 1992. Es werden ihre jeweilige Ausgangs- und Problemlage geschildert.   

Die Pfarrei St. Pankratius in Ostrach (Partnerschaft mit Nuestra Señora de Guadalupe“, Cajamarca). „1989 erste Kontaktaufnahme mit Freiburg mit der Bitte um Vermittlung einer Partnerschaft. Am 15. Dezember 1991 schlägt uns das Ordinariat die Pfarrei „Nuestra Señora de Guadelupe“ in Cajamarca als Partnergemeinde vor. Im Februar 1992 stimmt der Pfarrgemeinderat diesem Vorschlag zu und im März geht der 1. Brief nach Peru. Am  26. 2. - 6. 3. 1994 findet das 1. Partnerschaftswochenende statt. 19. März 1995: Pfarrer Perales tritt in den Ruhestand. Seine Nachfolger sind: Segundo Alarcón als Pfarrer und Francisco Centurión als Vikar“. Zur Pfarrei Ostrach gehören noch weitere vier Teilgemeinden. Diese Teilgemeinden sind zu Beginn nicht in die Partnerschaft mit einbezogen. Die Gemeinde finanziert ein Waisenhaus in Cajamarca, das von Pfarrer Perales (geb.1918) gegründet wurde und bis heute als sein Werk von ihm geleitet wird. Eine Kontaktaufnahme mit der Pfarrei Guadalupe und deren Pfarrern gelingt nicht. 1997 meldet sich Pfarrer Perales zu einem Besuch an („Ankündigung per Fax 2 Tage vor dem Besuch“), der in der Gemeinde Ostrach viel bewegt. Als Reaktion auf den Besuch entsteht ein Arbeitskreis mit dem Namen „Peruteam Ostrach“ mit sieben Frauen und dem Pfarrer. Der Gruppe und Gemeinde sind die Verhältnisse in der Partnergemeinde und der Diözese nicht bekannt. Pfarrer Perales, der nichts mehr mit der Pfarrei Guadalupe zu tun hat, bleibt der einzige Ansprechpartner der Partnerschaft mit Guadalupe.

Die Mitglieder der Gruppe sind „geschockt“ (das Gespräch hat mich geschockt!!! Ich frage mich, ob es überhaupt gut war, eine Partnerschaft zu beginnen“), als sie von Ulm erfahren, daß z.B. niemand in der Pfarrei Guadalupe etwas von der Partnerschaft weiß. Der Schock ist heilsam, nun wird versucht, mit der Pfarrei Guadalupe und den Pfarrern Kontakt aufzunehmen. Durch einen Ulmer Vermittler und dessen Gespräche mit Pfarrer Perales, den beiden Pfarrern und den Gruppen von Guadalupe gelingt ein neuer Anfang, von Gemeinde zu Gemeinde. Auch Pfarrer Perales wünscht, daß anstelle des Waisenhauses nun die Pfarrei Guadalupe unterstützt werden soll. Auch die vier Teilgemeinden zeigen Interesse an der Partnerschaft und wollen mitmachen.

Die Pfarrei St. Maria Magdalena in Tiefenbronn (Partnerschaft  „Santa Maria Magdalena in Magdalena). Aus den Stichworten aus dem Fragebogen: „Die Gruppe besteht aus 12 Mitgliedern (je sechs Männer und Frauen, dazu sieben Pfarrgemeinderäte. Gründung als Freundeskreis durch Beschluß des Pfarrgemeinderates aus Anlaß eines Berichtes aus dem Ordinariat. Die neu gegründete Pfarrei versandte ein Bewerbungsschreiben nach Freiburg, das an uns weitergereicht wurde“. Die Projekte bestehen in der Unterstützung von Kirchenbauten, Wasserzisternen und Mittagstischen. Alleinige Ansprechpartnerin war eine von Bischof Dammert als Gemeindeleiterin eingesetzte Ordensschwester. Sie wurde vom neuen Bischof abgesetzt und verließ die Pfarrei, die Kommunikation brach ab. Ein Besuch des Vorsitzenden des Freundeskreises in Cajamarca 1998 führte zu einem Neubeginn mit dem inzwischen von Bischof Simón ernannten Pfarrer (dieser wurde zwischenzeitlich zum Studium der Theologie der Neokatechumenaten nach Lima geschickt). Bischof Simón bezeichnete diese Partnerschaft als die am besten gelungenste Partnerschaft der Diözese und versprach die Förderung dieser Partnerschaft. Die Projekte (z. B. Aufforstung) können intensiviert werden. Der größere Teil der Landzonen von Magdalena gehörte bis 1987 zur Pfarrei San Pedro. Die Katecheten dieser Landzonen orientieren sich bis heute nach San Pedro, besuchen dort Kurse etc. Sie haben keinen Kontakt zur Pfarrei Magdalena und umgekehrt.  

Die Pfarrei St. Johannes in Emmendingen (Partnerschaft mit „San Miguel Arcáncel“ in San Miguel): „Der Ausschuß Mission, Entwicklung, Frieden des Pfarrgemeinderates St. Johannes, Emmendingen hat 9 Mitglieder (sechs Frauen, drei Männer, zwei ausländische Mitglieder). Das Durchschnittsalter liegt bei über 50 Jahren. Der Ausschuß wurde 1983 gegründet. Das Thema Peru steht seit 1988 in Anlehnung an die Peruarbeit der Erzdiözese Freiburg auf der Tagesordnung. Der erste Brief nach San Miguel wurde 1989 geschrieben. Von Anfang an war die Arbeit wesentlich innerhalb und an der Gemeinde gedacht, mit der Absicht, bei uns in der Pfarrgemeinde den Blick nach außen zu lenken“. Es gibt keine durchgehende Projektunterstützung, Hauptprojekt bisher war der Bau und der Unterhalt des Pfarrzentrums. In 10 Jahren wurden etwa 40.000 DM überwiesen. „Zur Zeit besteht Sendepause, verursacht durch den Umbruch in der Partnergemeinde und Wechsel des Pfarrteams“.  

Die Pfarrei St. Johann in Freiburg (Partnerschaft mit „San Lorenzo“ in Namora und Matara). Aus der Geschichte der Partnerschaft: „Herbst 1990: Ein Vortrag von Prälat Dr. Zwingmann begeistert uns, den ‚Arbeitskreis für Eine Welt‘, für die Diözesanpartnerschaft mit der Kirche von Peru. Im Frühjahr 1991 entscheiden wir uns für die Pfarrgemeinde Namora - Matara. Mit dem Pfarrer Padre Rolando Estela beginnt eine ziemlich lebhafte Korrespondenz, die aber die Gemeinde noch nicht mit einbezieht, da P. Rolando aus Furcht vor den Terroristen des ‚Sendero Luminoso“ nicht wagt, die Gemeinde zu informieren“. Die Projekte bestehen in dem Kauf eines Geländewagens für den Pfarrer, der Versorgung einer Nähgruppe mit Nähmaschinen, Ausbildung von Katecheten und den Ausbau eines Gesundheitsdienstes. 1994 verläßt Rolando Estela die Pfarrei. Ordensschwestern sind das Rückgrat der Gemeinde. „Im März 1996 wird Américo Becerra, ein junger Priester, zum  Pfarrer ernannt. Beim Besuch unserer Delegation im Herbst 1996 konnten wir ihn kennenlernen.
Die Partnerschaft wird sich mit ihm weiterentwickeln. Leider haben zum Jahresende 1996 die Schwestern die Pfarrei wegen Unstimmigkeiten mit dem Bischof verlassen“. Américo Becerra wurde 1998 von Bischof Simón zum diözesanen Koordinator für die Partnerschaft mit den Freiburger Gemeinden ernannt. Die Nähgruppe (u.a.) löste sich inzwischen auf.  

Pfarrei St. Michael in Grenzach-Wyhlen
(Partnerschaft mit „Nuestra Señora del Carmen“ in Celendín). „Der Freundeskreis Peru der kath. Kirchengemeinde in Grenzach zählt zur Zeit (noch) sieben Mitglieder im Alter zwischen ca. 30 und 65 Jahren. Ein Mitglied stammt aus Peru. Der Arbeitskreis wurde 1989 gegründet. Ein Vortrag von Pfarrer Woitschek gab den Anstoß zur Gründung des Perukreises. Das Ordinariat gab uns einige Adressen von möglichen Partnergemeinden. Wir haben uns dann für Celendín entschieden. Zunächst hatten wir Kontakt zu Pfarrer Mundaca, aber schon bald bildete sich ein ständiger Kontakt zu den spanischen Schwestern heraus, der noch heute besteht, während alle anderen Kontakt wieder abgebrochen sind“. Die Projekte bestehen aus der Unterstützung einer Volksküche, Bau einer Wasserleitung, Ernährungsprogramme, Räumlichkeiten für die Gruppen. Die jährlichen Spenden betragen etwa 4.000 Dollar“.  

Celendín gehört zu den drei größten Pfarreien der Diözese. Schon in den 60-er Jahren wurde mit der Ausbildung von Katecheten begonnen. Durch den Besuch des Gemeindepfarrers Antero Mundaca in Deutschland im Jahre 1981 bahnte sich in der Folge eine Beziehung mit einer Gruppe in Bamberg bzw. Bayreuth an. 1982 wurde die ersten Projektpläne mit der Bitte um Unterstützung nach Deutschland geschickt. Die Beziehungen waren aber auf Dauer wegen der mangelnden Kommunikation und fragwürdiger Projekte nicht aufrecht zu erhalten. So war man in Bamberg/Bayreuth froh, als 1989 die Gemeinde Grenzach einsprang und einen neuen Versuch wagte. Die Bamberger - Bayreuther Gruppe überwies bis 1998 einen monatlichen Betrag von zuletzt 250 DM nach Grenzach. 1998 stellte sich die Situation in Celendín folgendermaßen dar (aus der Sicht der Pfarrer und Katecheten von Celendín): Pfarrer Mundaca ist krank und wird nicht mehr in Celendín arbeiten können. Die beiden anderen Pfarrer sind seit 1994 in Celendín, einer der beiden als Diakon schon seit 1990.

Beide Pfarrer fühlen sich einer befreienden Landpastoral verpflichtet. Sie haben das volle Vertrauen der Landkatecheten, seit 1994 versuchen sie ohne Unterstützung von außen und seitens der Diözese eine entsprechende Pastoral aufzubauen. Für die Durchführung von Kursen fehlen die elementarsten Mittel wie z.B. Matratzen für die Übernachtungen. Die Gemeinde in Deutschland unterhält keinen Kontakt zu den Pfarrern und Katecheten. Niemand von den Katecheten und den kirchlichen Gruppen der Stadt weiß etwas von der Partnerschaft mit Grenzach. Die spanischen Schwestern erhalten neben der Unterstützung von Grenzach noch erhebliche Hilfe aus Spanien und werden vom Bischof massiv unterstützt (z.B. mit 85.000 Dollar für den Kauf eines Hauses). Sie widmen sich der Gesundheitsfürsorge und der Ausbildung entsprechender Promotoren, die mehrheitlich verschiedenen Sekten angehören. Katecheten der Pfarrei wird Geld angeboten, wenn sie nicht mehr mit der Pfarrei zusammenarbeiten und statt dessen Promotor werden wollen. Der Bischof besucht die Schwestern regelmäßig, während er auf verschiedene Einladungen der Katecheten nie reagiert hat. Ein Brief an die Gruppe in Grenzach im Auftrag der Katecheten über die Verhältnisse in Celendín (d.h. wen sie in Wirklichkeit unterstützten und wen nicht), wurde mit einer Verweigerung des Dialogs beantwortet, darin bestärkt vom Ordinariat in Freiburg (Prälat Sauer), das sich jede Einmischung verbat (die darin bestand, dem Wunsch der Katecheten nachzukommen, die Partnergemeinde mit deren eigenen Worten zu informieren, siehe auch Fragebogen der Katecheten).

c) die sonstigen Pfarreien (darunter die älteste und die jüngste Partnerschaft).

Die Pfarrei St. Martin in Dortmund (Partnerschaft mit „San Carlos“ in Bambamarca). Der „Dritte - Welt - Kreis St. Martin“ ist mit Abstand die älteste Gruppe. Die Beziehung mit Bambamarca geht auf einen Besuch von Padre Bartolini zurück, der 1962 von Rom kommend in den Sommerferien als Aushilfe (Ferienvertretung) zufällig nach Dortmund vermittelt wurde. Anfangs 1963 wurde Bartolini Pfarrer in Bambamarca. Auch wenn der Kontakt in den ersten Jahren nicht sehr intensiv war, so war die Gemeinde Bambamarca seit 1963 fest im Bewußtsein der Gemeinde St. Martin verankert. Die Gruppe hat heute 12 Mitglieder, das Durchschnittsalter liegt bei über 65 Jahren und es gibt keinen „Nachwuchs“. Lange Zeit war St. Martin über die Partnerschaft mit Bambamarca hinaus der einzige beständige deutsche Ansprechpartner für die Diözese Cajamarca und Bischof Dammert.
Ende der 60-er Jahre wurden die „Informationen aus Cajamarca“ ins Leben gerufen, die aus der „Inkahilfe“ hervorgegangen waren, die wiederum ihren Ursprung in den Rundbriefen von Alois Eichenlaub hatten, der seit 1962 ausführlich und sehr anschaulich und regelmäßig über die Verhältnisse in Cajamarca und in Peru berichtete. Zuerst die einzige, bis heute eine wichtige Plattform für alle Kontakte von und nach Cajamarca, steht heute die Partnerschaftsarbeit von St. Martin vor einer ungewissen Zukunft, zuerst aus Altersgründen, aber auch aufgrund der Veränderungen in Bambamarca und in der gesamten Diözese Cajamarca (siehe auch Fragebogen aus Bambamarca).

Die Pfarrei Hl. Kreuz in Castrop-Rauxel (Partnerschaft seit 1998 mit Mollepampa in Cajamarca). „Der ehemalige Perukreis wurde 1972 gegründet, hatte ca. 15 Mitglieder und traf sich monatlich. Das Alter der Mitglieder lag zwischen 18 und 50 Jahren. Der damalige Vikar der Gemeinde, Richard Rademacher, war vor seiner Tätigkeit in Castrop-Rauxel in der Gemeinde St. Martin in Dortmund tätig. Dort bestand schon Kontakt zu Bischof Dammert und seiner Diözese. Herr Rademacher motivierte Herrn Dr. Hülshoff mit ihm nach Peru zu fahren um vor Ort zu sehen, wo Hilfe durch eine Kirchengemeinde möglich sei. Nach der Reise bauten beide eine Partnerschaft zu Bischof Dammert und seiner Diözese auf. Die Perugruppe etablierte sich in der Gemeinde, sie wurde dort anerkannt und geschätzt. Der Pfarrer und einige Mitglieder der KV versuchten nach einiger Zeit die Arbeit zu verhindern und die Mitglieder des Perukreises zu verleumden. Erstaunlicherweise gelang das aber nicht, denn die Gemeinde steht noch heute zu ihrer Partnerschaft. Nach dem Tod von Dr. Hülshoff ging die Partnerschaft nach und nach auseinander.

Seit über 10 Jahren gibt es keine Perugruppe mehr in der Gemeinde. Ein Mitglied des damaligen Kreises hält briefliche Kontakte zu einigen ehemaligen Mitarbeitern von Bischof Dammert und leitet die immer noch aufkommenden Spenden der Gemeinde nach Peru weiter“. So konnten noch 1998 etwa 20.000 DM nach Cajamarca überwiesen werden. 1997/8 zeigte der Pfarrgemeinderat Interesse an einer konkreten Gemeindepartnerschaft mit einer Gemeinde in der Diözese Cajamarca. Bisher wurde Bischof Dammert unterstützt (keine konkrete Gemeinde), danach einige seiner ehemaligen Mitarbeiter. Dies war  nun aber nicht mehr möglich, andererseits war der Gedanke an Cajamarca in der Gemeinde noch sehr lebendig. So erschien es ratsam, angesichts der kirchenpolitischen Umbrüche in Cajamarca nun gezielt eine Gemeinde zu suchen und zu unterstützen, die gegen den Strom schwimmend an einer Option für die Armen festhalten will. Eine solche Gemeinde wurde gefunden und seither gibt es eine lebendige Gruppe in der Gemeinde Hl. Kreuz, voll und bewußt unterstützt von den Gremien der Gemeinde. Durch die Partnerschaft wird auch das Bewußtsein einer Option für die Armen in der Diözese Cajamarca vor Ort gestärkt oder zumindest wachgehalten.

Die Pfarrei Maria Frieden in Hannover (Partnerschaft mit „San Nicolás de Tolentino“,  Cajabamba). Aus der „Geschichte der Partnerschaft“: „1981 besuchte Pfarrer Buffo seinen Studienkollegen Rudi Eichenlaub in Cajabamba. Sein Reisebericht löste großes Interesse in Maria Frieden aus. 1983 wurden der Erlös des Weihnachtsbasar 1982 in Cajabamba 25 Alpacas gekauft. Seit damals wird regelmäßig ein Teil des Basarerlöses für unsere Partnergemeinde verwendet. Am 1.1. 1984 begann  die Partnerschaft mit Cajabamba. Ende 1985 verließ Pfarrer Rudi Eichenlaub Cajabamba und übernimmt in Peru eine neue Gemeinde (San Marcos)“. Die wichtigsten Projekte waren: Solarmodule für Cajabamba, Lebensunterhalt der Priester, Ausbau des Pfarrhauses. „Seit zwei Jahren sind wir nur noch zu zweit. Aktionen und Treffen finden nicht mehr statt. Durch das Ausscheiden fast aller Mitglieder durch Umzug etc. veränderte sich die Zielsetzung, denn die beiden verbliebenen Mitglieder sahen sich nicht mehr in der Lage, Aktionen durchzuführen. Die Partnerschaft wird von der Gemeinde kaum noch wahrgenommen. Die Gemeinde legt, wie die Diözese Hildesheim, den Schwerpunkt auf die Bolivienarbeit“. Die Kontakte liefen bis zuletzt über Rudi Eichenlaub.

Im Jahre 1997 wurden noch 1.250 Dollar für eine Gesundheitsstation transferiert. Die Gruppe wurde bis zuletzt nicht über die Situation in Cajabamba informiert, auch der Besuch der beiden Pfarrer, Jorge Drago und Tomás Abanto im Jahre 1993 brachte nichts. „Vor einigen Jahren hatten wir die beiden Pfarrer für mehrere Wochen zu uns in die Gemeinde eingeladen, was aber für die Vertiefung der Partnerschaft gar nichts brachte, da sie sofort nach ihrer Rückkehr nach Peru in eine andere Gemeinde versetzt wurden“. Der „Cajabamba - Kreis“ ist sicher diejenige Gruppe, die mit den härtesten Problemen konfrontiert war: Auseinanderbrechen der Gruppe, Terrorismus in der Partnergemeinde (Cajabamba war bis Ende1992 die vom Terror des Sendero Luminoso am meisten betroffene Zone der Diözese Cajamarca), das völlige moralische und pastorale Versagen der einheimischen Pfarrer (die beiden genannten Pfarrer sind inzwischen aus dem Priesteramt ausgeschieden), keine direkten Kontakte (z.B. keine Besuche, keine Spanischkenntnisse), die mangelnde und falsche Unterstützung durch „Experten“ (die Gruppe wurde nie über die skandalösen Vorgänge in Cajabamba u.a. über den Umgang mit Spenden informiert), der mangelnde Rückhalt in der eigenen Gemeinde und schließlich die Orientierung der Gemeinde und Diözese auf Beziehungen nach Bolivien.  

Pfarrer Michael Hergl, Pfarrer in Neuhofen - Ludwigshafen (Partnerschaft mit „San Pablo“, San Pablo). Sein Porträt der Partnerschaft: „Auf meine Anfrage hin vermittelte Pfr. Alois Eichenlaub einen Kontakt über die "Hermanas Doroteas" (Gemeindeleiterinnen) zu San Pablo: Das war im Mai 1991. Die Basarerlöse (Frauengemeinschaft, Kindergarten, Jugend) sollten so ganz konkreten Menschen zugute kommen. Regelmäßig wurde in der etwa monatlich erscheinenden Gottesdienstordnung, vor allem zu Weihnachten und Ostern aus Peru-Briefen zitiert (von den Schwestern in San Pablo oder von Alois Eichenlaub. Pfr. Eichenlaub war mehrmals auch am Pfarrfest an Fronleichnam zu Besuch und predigte, ebenso andere Gäste aus Peru, Priester aus der Diözese Cajamarca oder CAJ-ler, die über die Freiburger Partnerschaften im Raum Mannheim zu Besuch waren. Interesse war immer vorhanden, aber es zeigte sich doch, dass ohne eine feste Gruppe, die sich das Aniegen zu eigen macht (participatio actuosa), es nicht zu einer wirklichen Verbindung kommt. Es war mir ein wichtiges Anliegen, ging aber in der vielen Arbeit einfach unter. Da zu viel an mir hing und sonst niemand Briefe schreiben oder übersetzen  konnte/wollte, gab es trotz relativ vieler Briefe von San Pablo fast keine tieferen persönlichen Kontakte und bei den meisten keine Weiterentwicklung des Verständnisses von Partnerschaft (über das Geldsammeln hinaus). Den Herren des Verwaltungsrates war es bis 1998 nicht einmal aufgefallen, dass die Opferkerzenerlöse bei der Gottesmutter in der Kirche für Kinder in Peru gespendet werden (ca. 2500 DM/Jahr). Der vorhandene ökumenische Eine - Welt - AK hatte seine eigenen Projekte und konnte nicht eingebunden werden, weil die Terminplanung dieses AK immer so kurzfristig war, dass ich nie Zeit hatte, an den Treffen teilzunehmen und San Pablo einzubringen.

1993 machte ich eine persönliche Besuchsreise in Lateinamerika; ein paar wenige Tage verbrachte ich dabei in der Diözese Cajamarca und wir feierten einen schönen Partnerschaftsgottesdienst. Das Interesse danach an der Reise war gleich Null: Fünf Personen erschienen zu einem Diaabend. In Cajamarca entstand auch die Idee, das neu begonnene Projekt "Haus für die arbeitenden Kinder" (Manthoc - Cajamarca) durch die Sternsingeraktion zu unterstützen, was auch sehr gut ankam. So war ein zweites Partnerprojekt entstanden, das seitdem regelmäßig mit großem Enthusiasmus und Einsatz unterstützt wird: Kinder und Jugendliche helfen Kindern dort. Hier ist allerdings das briefliche Echo der Verantwortlichen von Manthoc immer etwas schwierig, weil auch andere das Projekt unterstützen, so dass sie scheinbar nicht mehr unterscheiden können, was von wem aus welchem Ort kommt. Für 1997 lud ich schließlich zu einer Studienreise ein, die durch monatliche Treffen ab Dezember vorbereitet wurde. Bezeichnenderweise zog sich die einzige interessierte Frau aus Neuhofen schon in der Vorbereitungsphase zurück, so dass von meiner zweiten Gemeinde 5 Personen und zwei weitere dabei waren. Bedingt durch die Versetzung oder den Rückzug der Schwestern von San Pablo, als Bischof Simón einen spanischen Pfr. dort einsetzte, beschränkte sich der Besuch dort auf einen Tag. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen. Es waren allerdings sehr starke Spannungen zwischen der mittlerweile autonomen Frauengruppe und dem Pfr. zu spüren, die ich durch einen Gottesdienst mit allen zusammen versuchte abzubauen. Ich hielt mich dann vor weiteren Kontakten zurück und wir unterstützten nur noch ein wenig die Frauengruppe. Für einen gewünschten größeren Umsatz ihrer Waren konnten wir nicht helfen“. Der spanische Pfarrer hat inzwischen Unterstützung von spanischen Schwestern bekommen, die ihre Pastoralarbeit - laut eigenem Pastoralplan und in Abstimmung mit den neuen Leitlinien der Diözese - an folgenden Schwerpunkten orientieren: Bekehrung der Herzen; das Beispiel der Himmelskönigin Maria; die Verehrung des Allerheiligsten Altarsakramentes; das Gebet.

Der Förderkreis Cajamarca e.V., Perugruppe Herzogenaurach
(ohne feste Partnerschaft mit einer bestimmten Gemeinde). „Der Arbeitskreis hat 19 Mitglieder, sieben Männer und zwölf Frauen im Alter zwischen 27 und 65 Jahren. Er wurde im August 1990 gegründet und ist hervorgegangen aus dem persönlichen Bekanntenkreis. Eine feste Partnergruppe in Peru gab es anfangs nicht. Es wurden Projekte des DAS, der Frauengruppe um Segunda Torres, der Campesino-Schule Apalín und im Gesundheitswesen unterstützt. Der Besuch verschiedener Mitglieder bei Segunda Torres, Hans Hillenbrand, Christa Stark, Anita Torres (Anthropologin) und verschiedenen Gruppen in Cajamarca festigte und vergrößerte die Perugruppe. Seit 1994 konzentriert sich die Beziehung auf die Frauengruppen der Region Bambamarca“. Die Entstehungsgeschichte dieses Kreises ist nicht zu verstehen ohne die Person von Hans Meister und dessen Engagement in der „Herzogenauracher Szene“ seit Ende der 60-er Jahre (siehe sein Beitrag ...) Sein Austritt 1990 aus dem Freundeskreis Cajamarca der Kirchengemeinde Herzogenaurach war eine logische Konsequenz der nicht mehr überbrückbaren Spannungen innerhalb der Gruppe. Diese Spannungen wurden u.a. hervorgerufen durch die völlig entgegengesetzte Bewertung der Rolle des Pfarrers Pedro Cáceda aus der Partnergemeinde Tembladera und die damit verbundene unterschiedliche Betrachtungsweise entwicklungspolitischer, sozialer, kirchlicher und pastoraler Fragestellungen - sowohl in der Partnergemeinde, als auch in Herzogenaurach selbst. Zusammen mit einigen Weggefährten (ebenfalls entwicklungspolitisch und ehemals kirchlich engagiert) gründete er den Förderkreis, der unabhängig von kirchenpolitischen Rahmenbedingungen hier und in Cajamarca mit Basisgruppen in direktem Kontakt steht.

Während an die Gemeinde gebundene Gruppen unter Rechtfertigungsdruck geraten, wenn sie zu kirchlichen Basisgruppen - die vom Ortsbischof nicht mehr als kirchliche Gruppen anerkannt werden - direkte Kontakte aufrechterhalten wollen, kann die nichtkirchliche Gruppe ihre Kräfte ohne Rücksicht auf kircheninterne Streitigkeiten auf die Zusammenarbeit und Unterstützung von Basisgruppen konzentrieren. Dies läßt die Gruppe nach außen als sehr attraktiv und glaubwürdig erscheinen, was sich auch in einer zunehmenden Mitgliederzahl manifestiert.  

Aus den Antworten der Gruppen werden folgende Probleme in den Gruppen und in ihrer Beziehung zur Partnergemeinde deutlich. Probleme, die in der Mehrzahl der Gruppen auftauchen: die mangelnde Kommunikation auf allen Ebenen (qualitativ und quantitativ) und die damit einhergehende (Un-) Kenntnisse über die Partner; die Frage nach den Ansprechpartnern, deren Zuverlässigkeit und Repräsentanz; damit verbunden die Frage, wer denn eigentlich die Partner sind und wer die Gemeinde vor Ort repräsentiert; die (meist strukturelle) Schwierigkeit, mit den Bedürftigen (den Adressaten der Spenden) in Kontakt zu treten und so u.a. auch deren eigentliche Bedürfnisse erfahren zu können; die Bedeutung des Bischofswechsel; die Frage nach den pastoralen Schwerpunkten (Option) in den Partnergemeinden; auf die eigene Gruppe bezogen: das eigene Selbstverständnis; die Stellung der Gruppe und der Partnerschaftsarbeit in der eigenen Gemeinde.  

2.)  Die peruanischen Gruppen (mit wem haben es die deutschen Gruppen zu tun?)

a) Übersicht über die peruanischen Partnergemeinden im diözesanen Kontext. In der Liturgischen Agenda der Diözese Cajamarca von 1998 sind 30 Pfarreien aufgeführt, von denen in sieben Pfarreien die Stelle des Pfarrers nicht besetzt ist. Aber alle Pfarreien, mit denen die 14 deutschen Kirchengemeinden Beziehungen unterhalten, haben (mindestens) einen Pfarrer.  Drei peruanische Partnergemeinden sind  in der Stadt Cajamarca zuhause (San Pedro, Mollepampa, Guadalupe), sind aber dennoch keine typischen städtischen Gemeinden, denn sie legen den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Randzonen der Stadt (Armenviertel), die hauptsächlich von Campesinos „bewohnt“ werden. Zudem haben diese Gemeinden ein weites Hinterland mit rein ländlichen Zonen.

Die beiden typischen Stadtgemeinden, die Domgemeinde und die Pfarrei San Sebastian mit Pedro Cáceda als Pfarrer, haben keine Partnergemeinde im Ausland. Sie betreiben eine Pastoral, die auf die Interessen und Bedürfnisse der städtischen bürgerlichen Mittel- und Oberschicht zugeschnitten ist. Unter Bischof Dammert gehörten auch zu diesen beiden Pfarreien Randbezirke der Stadt und Landzonen, inzwischen wurden diese Gebiete abgetrennt. Während die beiden „Armengemeinden“ Mollepampa und Guadalupe von zusammen drei Priestern betreut werden, die das volle Vertrauen der Armen und aktiver Basisgruppen besitzen und vom Bischof mit großem Mißtrauen bestenfalls geduldet werden, besitzen die beiden typischen Stadtpfarreien und ihre Pfarrer die volle Unterstützung des Bischofs. Sie bilden zusammen mit den Pfarrern von Bambamarca (dort gibt es vier Priester) den stärksten Rückhalt für den Bischof.

Die drei größten Pfarreien der Diözese sind die Pfarreien in Bambamarca, Celendín und Cajabamba, bezogen sowohl auf die Ausdehnung als auch auf die Bevölkerungszahl (jeweils ca.100.000 E., davon über 90% Campesinos). Die drei genannten Orte sind je etwa 100 - 120 km von Cajamarca entfernt und bilden für die jeweilige ländliche Region das städtische Zentrum mit einem ländlichen Hinterland von der Größe der Pfalz (etwa 100 km Durchmesser). Die sechs Partnergemeinden San Miguel (am unzugänglichsten), Namora und San Marcos (an der Straße und halbe Wegstrecke nach Cajabamba), Magdalena und  San Pablo (auf der Straße an die Küste, Tembladera) und Encañada (auf der Straße und halbem Weg nach Celendín) sind von der Struktur her mit den drei größten Pfarreien vergleichbar, nur sind das jeweilige Zentrum und das Hinterland kleiner.

Eine Sonderrolle nehmen die Pfarreien Tembladera und Porcón ein. Tembladera unterscheidet sich darin von den übrigen Gemeinden, daß die gesamte Region mehr auf die Küste hin orientiert ist als nach Cajamarca, was sich z.B. neben unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen auch in der unterschiedlichen Mentalität und Religiosität der Landbevölkerung bemerkbar macht (im Unterschied zu den Campesinos des Hochlandes). Porcón ist die einzige „reine“ Campesinogemeinde, will heißen, daß es in Porcón kein dörflich/städtisches Zentrum gibt. Porcón gehörte bis 1991 zur Gemeinde San Pedro in Cajamarca und wurde stets von der Stadt aus betreut. Porcón war bis in die 60-er Jahre eine Hazienda. Eine Besonderheit besteht auch darin, daß in Porcón Quetschua gesprochen wird und aufgrund der Herkunft (von den Inkas um 1.500 von Ekuador nach Cajamarca umgesiedelt) noch eigenständige Traditionen und Gebräuche überlebt haben (wie sonst nur noch in Chetilla).

b) Die Stimme von  Campesinos aus den Partnergemeinden.

Vorbemerkung: Die nachfolgenden Umfragen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. darauf, repräsentativ für alle Gemeinden der Diözese Cajamarca zu sein. Sie wurden in den größten Pfarreien der Diözesen durchgeführt, San Pedro ist zudem die älteste und größte Pfarrei der Stadt Cajamarca. Die drei Pfarreien (in erster Linie Bambamarca) spielten in der Zeit von 1962 bis 1992 eine entscheidende Rolle im Pastoralkonzept von Bischof Dammert. Bambamarca war das Pilotprojekt von Bischof Dammert, andere Gemeinden der Diözese orientierten sich an Bambamarca, die Campesinos von Bambamarca und deren Organisationen (z.B. die Rondas) werden von den übrigen Campesinos der Diözese als richtungsweisend anerkannt.  

Es ist keine theologische Auseinandersetzung bzw. ein systematischer Vergleich mit deutschen Gruppen beabsichtigt. Die Anmerkungen sollen lediglich zum besseren Verständnis (Kontext, Hintergrund der Antworten) beitragen. Die Aussagen sprechen ansonsten für sich, ebenso die damit verbundenen Problemstellungen. Die Antworten aller Gruppen beruhen auf einem Kompromiß, d.h. daß man sich nach langen Diskussionen und dem Erzählen von Beispielen auf eine gemeinsame Aussage einigte. Daher kommen sehr plastische Beispiele kaum in den Antworten vor, die Sprache ist im Vergleich zur Diskussion sehr gemäßigt und zurückhaltend. Voraussetzung für die Beantwortung der Fragen war ein hohes Maß an Vertrauen, denn mit Außenstehenden spricht man nicht über interne Probleme und auch die Besucher aus den Partnergemeinden will man aus Höflichkeit nicht unnötig belasten. Allen befragten Gruppen war aber bekannt, daß ihre Aussagen (evtl. auch in Cajamarca selbst) veröffentlicht werden.  

A (Celendín): Zur Befragung in Celendín mit Katecheten aller Zonen: Die Befragung wurde anläßlich eines Fortbildungskurses vom 10.-12. September 1998 für Landkatecheten aller Zonen (Thema: Der Heilige Geist) durchgeführt. Padre Rolando Estela, der Verantwortliche für die Katechese auf Diözesanebene, war Hauptexponent des Kurses. Er wurde für diesen Kurs von den beiden Pfarrern von Celendín, Lázaro Jara und Segundo Valladares, eingeladen. Er führte auch in den Fragebogen ein, die Ergebnisse wurden gemeinsam ausgewertet und anschließend im Plenum besprochen. Die Beantwortung der Fragen geschah in drei Gruppen a zwölf Personen.  
B (Bambamarca): Fragebogen an die leitenden Katecheten des ZK (Zentralkomitee) in Bambamarca: Die Befragung wurde am 17. 9. 1998 durchgeführt. Die „amtierende“ Leitung der Katecheten (Don Neptalí, Don Concepción und acht weitere Katecheten) beantwortete die Fragen gemeinsam.
C (Bambamarca): Der gleiche Fragebogen wurde von den Leitern der Rondas und den Leiterinnen der 105 Frauengruppen auf einem gemeinsamen Kongreß der Rondas und Frauengruppen am 24./25. Mai 1999 beantwortet. An dem Kongreß nahmen 861 Delegierte und Padre Rolando Estela teil. Die Rondas und Frauengruppen antworten „politischer“, sie sind nach ihrem eigenen Selbstverständnis und von ihrer Entstehungsgeschichte her kirchliche Gruppen und sie repräsentieren zusammen mit den Katecheten die Kirche Bambamarca. Der Kongreß konnte nicht in kircheneigenen Räumen stattfinden, obwohl die Campesinos mit ihren eigenen Händen z.B. das Kurszentrum gebaut haben. Padre Rolando Estela wurde, obwohl Diözesanbeauftragter, vom Bischof, ebenso wie weiteren ehemaligen Mitarbeitern Bischof Dammerts, verboten, Versammlungen und Kurse in Bambamarca zu besuchen, was ihn aber nicht an seiner Arbeit hindert. Er stammt aus einer Comunidad von Bambamarca und war von 1981 - 1988 Pfarrer von Bambamarca.  
D (San Pedro): Umfrage unter 36 Verantwortlichen und den Katecheten von acht Comunidades der Pfarrei San Pedro, die vom 28. - 30. 8. 1997 zur monatlichen Jornada (Weiterbildungskurs) zusammengekommen waren. Diese acht Gemeinschaften bilden den Kern der Landzone von San Pedro. Mit den anderen Comunidades von San Pedro und deren Verantwortlichen besteht ein Erfahrungsaustausch, die Katecheten der Kernzone sind Multiplikatoren auch für die anderen Comunidades.  
E (San Pedro): Die verantwortlichen Frauen der Mütterclubs der Pfarrei San Pedro treffen sich jede Woche einmal nachmittags. In den einzelnen Mütterclubs finden wöchentliche Treffen statt. Zum Fragebogen (Oktober 1997): Bei der Bearbeitung des Fragebogens wurden drei Gruppen gebildet, es waren die gewählten Vertreterinnen aller Mütterclubs, insgesamt 35 Frauen, beteiligt. Die Mehrzahl der Frauen sind Campesinas. Die Frauengruppen leben in den Randzonen der Stadt (vier Gruppen) oder in nächster Umgebung der Stadt auf dem Land, an die Randzonen unmittelbar angrenzend und ohne erkennbaren  Übergang (drei Gruppen).
Erläuterungen zu San Pedro (aus den Unterlagen von St. Georg): „Zum Hintergrund der Gemeindepartnerschaft:  Seit 1982, vorher praktisch keine Pastoralarbeit auf dem Land. Danach kontinuierlicher Aufbau (pastoral - sozial) mit Zustimmung Bischof Dammerts. Ende 1992 drastischer Einbruch: unsere (und der Campesinos) Vertrauensleute wurden hinausgeworfen, zeitgleich mit Bischofswechsel. Einfrieren der Kontakte und ‚Neubeginn‘ mit direkten Beziehungen zu den Comunidades, Mütterclubs etc. Den jetzigen Mütterclubs (7) wird seit 1993 der Zugang zur Pfarrkirche San Pedro verwehrt. Bitten um ein Gespräch mit dem Pfarrer, mit Caritas und dem Bischof blieben unbeantwortet. Einzig in der Nachbarpfarrei Guadalupe (Pfarrer: Segundo Alarcón, Francisco (Panchito) Centurión fanden sie ‚Asyl‘. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Landkatecheten. Die Partnerschaft ‚funktioniert‘ ohne Hauptamtliche, sowie ohne institutionelle Unterstützung und Fremdgelder (außer der Partnerschaft). Vorläufiges Ergebnis: Allein Partnerschaft ermöglicht pastorales Leben (Kirche)“.  

1.  Wie sehen (bewerten) wir die Präsenz der Kirche in unserer Comunidad?

A     -   In einigen Comunidades gibt es Sekten, aber in der Mehrheit sind wir katholisch.
-   Zu etwa 40% in den Comunidades versammeln wir uns und sind vereint.  
-   In unseren Comunidades ist die Kirche nicht präsent. Vielerorts fühlen wir uns verlassen und wir können nur mit der raren Unterstützung rechnen, die uns die Pfarrei bietet.

B        Die Kirche ist in unserer Comunidad präsent, denn wir werden unterstützt durch
die Laien. In letzter Zeit will man uns eine Linie aufzwingen, die nicht dem Volke
zugute kommt -  die nur befehlen will in der Art einer Diktatur.

C        Wir registrieren den Versuch, uns verschiedene Ideen aufzuzwingen, die mit un-
serer Realität  nichts zu tun haben. Sie optieren mehr für die persönlichen Vortei-
le anstelle des Gemeinwohls.  

D     -  Ja, wir versammeln uns und wir sprechen über das Wort Gottes, denn dies ist die  
Quelle unseres spirituellen Lebens. Und so bilden wir Kirche.
-  Zuerst, wir selbst tun nicht genug, wir erfüllen nicht die Gebote Gottes und uns  
interessiert oft zuerst das Vergnügen.
-  Die Kirche ist in unseren Comunidades einigermaßen präsent. Dank der Ausbildung,
die wir erhalten haben als Katecheten, versammeln wir uns regelmäßig, feiern einen
Wortgottesdienst zusammen mit der Comunidad.
-  Die Präsenz der Kirche in unserer Comunidad ist positiv, denn wir bilden Kirche,
wenn wir uns zusammentun in Versammlungen und in der Arbeit.

E       -   Die Repräsentanten der Kirche sind nicht in unseren Gemeinschaften; sie
besuchen uns nicht, vielmehr lassen sie sich bitten; sie wollen Bequemlichkeiten, daß
man sie gut bezahle, daß man ihnen zu essen gebe. Wann wir einen Kranken in Agonie haben, müssen wir sie anflehen, daß sie ihn besuchen. Sie wissen nicht, daß es auf dem Lande ein großes Bedürfnis gibt, das Wort Gottes zu hören.
-   Die Präsenz der Kirche in unserer Gemeinschaft ist nicht vollständig, denn es sind nur bestimmte Gruppen, die an unseren Versammlungen teilnehmen und so Kirche bilden; die Mehrheit nimmt nicht teil. Denn es gibt keine ausreichende Orientierung, damit alle teilnehmen.
-   Die Kirche der Autoritäten („Amtskirche“ - Red.) kennen wir nicht, weder den Bischof
noch den Pfarrer - nur zwei: Panchito und Segundo aus der Nachbargemeinde.
Wir hingegen als Kirche lesen das Wort Gottes in unseren Gruppen; wir sind auch Kirche, wenn wir uns gut verhalten zu den Müttern, wenn wir ihnen ein gutes Beispiel geben, sie korrigieren und die Dinge des Lebens untereinander teilen.

Anmerkungen
: Gleich in der ersten Antwort wird deutlich, daß Kirche einerseits als die eigene Gemeinschaft, andererseits als ein Gegenüber angesehen wird. Es wird im Sinne von „wir sind Kirche“ gesprochen, wenn der eigene Glaube und die religiöse Praxis in der eigenen Gemeinschaft gemeint sind. Die Kirche der Autoritäten (iglesia de las autoridades) bilden die Amtsträger, die außerhalb der eigenen Gemeinschaft stehen und die entweder als solidarisch oder auch nicht solidarisch erlebt werden. Die Defizite der Amtsträger werden deutlich genannt, man leidet darunter und erwartet immer noch viel von ihnen. Die eigene Praxis wird als eigentliche kirchliche Praxis verstanden („Wir hingegen als Kirche..“). In der Antwort aus Bambamarca (B) wird deutlich (andeutungsweise auch bei San Pedro), daß sich die Katecheten als „institutionelle“ Kirche (aber im Dienste des Volkes) fühlen, die von den Laien unterstützt wird und die daher selbstverständlich unter den Campesinos präsent ist, weil sie von Campesinos repräsentiert wird. Die Gruppen von Bambamarca, von einer langen Erfahrung geprägt, antworten sehr knapp, präzise und souverän. (In der Folge wird auch weniger auf deren Aussagen eingegangen, weil sie eindeutig sind.)

Die Katecheten von Celendín sind verunsichert, weniger selbständig. Sie haben auch keine kontinuierliche Begleitung und Ausbildung erfahren. Die Frauen der Mütterclubs haben unterschiedlich lange und intensive Erfahrungen mit der Arbeit in einer Gruppe, die Antworten fallen entsprechend unterschiedlich aus.  Die eigene Praxis wird als mangelhaft erlebt bzw. es wird zuerst an sich selbst appelliert, das Evangelium auch wirklich zu leben. Die aktiven Gruppen erfahren sich als engagierte Minderheit innerhalb ihrer (politischen) Kommune. Der Anteil der „aktiven Gläubigen“ innerhalb der jeweiligen Kommune ist sehr unterschiedlich. So lag ihr Anteil z.B. in den „Hoch - Zeiten“ Bambamarcas zwischen 1/3 bis 2/3 der jeweiligen Comunidad („aktiv gläubig“ meint mehr als „praktizierender Katholik“, die Orthopraxis spielt eine wesentlich größere Rolle).  

2.  Fühlen Sie sich von der Kirche (Bischof - Pfarrer) unterstützt in dem Bestreben,
in Würde und als Kinder Gottes zu leben?


A     -  Ja, wir fühlen uns unterstützt um unseren Glauben zu leben als Kinder Gottes.  
-   Wir werden von den Pfarrern unterstützt soweit es in deren Kräften steht, vom Bischof werden wir heute nicht unterstützt.
-   Wir werden unterstützt von den Priestern unserer Pfarrei, wir fühlen uns im Stich gelassen durch unseren Bischof.  

B       Anstatt uns zu helfen, spalten sie. Sie entziehen den Laien die Verantwortung
und führen so die Laien zur Passivität und nicht zur Teilnahme.

C       Nein, denn die Offiziellen der Kirche wollen ihre privilegierten Machtpositionen
auf Kosten der Armen erhalten. Wir fühlen uns verraten, weil wir nicht mehr die
Rückendeckung der offiziellen Kirche spüren.  

D     -  Im Bezug auf den Bischof und den Pfarrern zu dem wir gehören, erhalten wir keinerlei Unterstützung im Bereich der Religion.  
-  Wir werden nicht unterstützt - vor allem wir Campesinos nicht, von keinerlei Pfarrer  und keinerlei Bischof, denn es gibt keinen.  
-   In den letzten Jahren haben wir keinerlei Unterstützung mehr von unserem Pfarrer
und dem jetzigen Bischof  erhalten. Es scheint, daß sie uns Campesinos zur Seite  geschoben marginalisiert) haben.
-  In letzter Zeit werden wir von keinerlei Pfarrer in unserer Comunidad unterstützt,  
dagegen aber in den monatlichen Kursen in der Stadt.

E     -   Die Priester unterstützen uns nicht und am wenigsten der Bischof, den wir nicht kennen, vielmehr unterstützen uns unsere Brüder und Schwestern in Deutschland, die so weit entfernt leben. Sie kümmern sich um unsere Bedürfnisse und sie lieben uns, genau wie auch Padre Panchito. Aber wir denken auch, daß es nicht notwendig ist, von dieser Kirche unterstützt zu werden um in Würde als Kinder Gottes zu leben, denn wir lesen die Bibel und praktizieren sie in unseren Gemeinschaften und besonders in unseren Gruppen.
-  Wir haben keine Unterstützung um wie Kinder Gottes in Würde leben zu können; denn hätten wir sie, unsere Lage wäre anders, es gäbe keinen so großen Egoismus, Neid, Übel und vor allem keine Spaltung, die in unseren Gruppen entsteht, wenn wir nicht mehr das Wort Gottes hören.  
-   Nein, denn sie haben kein Interesse, sie vergessen uns. Die Pfarrer wollen, daß wir sie für einen Dienst bezahlen und um Kranke zu betreuen, müssen wir ebenfalls bezahlen. Sie erfüllen nicht Gottes Gebote, denn sie helfen uns nicht; sie denken nur an Geld.

Anmerkung: Die Katecheten von Celendín beziehen ihre Antwort auf die beiden Gemeindepfarrer. Sie sind dankbar, daß sie seit 1994 wieder von der offiziellen Pfarrei unterstützt werden (spirituell, in der Ausbildung). Der Bischofswechsel macht sich nur indirekt negativ bemerkbar, in Bambamarca schlägt er voll durch, weil die Pfarrer als Vollstrecker des bischöflichen Willens erlebt werden. Die Gruppen von San Pedro unterscheiden streng zwischen den Pfarrern von San Pedro („zu denen wir gehören“, zur Zeit der Umfrage drei Pfarrer) und den Pfarrern der Nachbarpfarrei Guadalupe. Wenn sie sagen „es gibt keinen“ (Bischof und Pfarrer), dann meinen sie, daß diese nicht für sie da sind. Die Frauen von San Pedro erleben die Partnergemeinde als Kirche auf ihrer Seite, als Kirche mit ihnen. Die Katecheten von Bambamarca sprechen von einer Spaltung der Kirche, die von oben ausgeht. Die Hierarchie schließt sich selbst vom Volk Gottes aus (ex-comunio).   

3.  Kennen Sie ein positives Beispiel von der Arbeit der Kirche auf dem Land?

A     - Wir sehen das Positive in der Evangelisation, in der Vorbereitung auf die Firmung, die
Taufe und Erstkommunion.
-  Ja, wir kennen ein positives Beispiel, nämlich die pastorale Arbeit der Katecheten, deren Vorbereitung auf die Firmung etc.  
-  Es gibt einige vollbrachte Arbeiten, die mit der Hilfe der Pfarrei verwirklicht wurden,
sonst gibt es kein klares Zeugnis seitens der Kirche.  

B         Das Kennenlernen der Bibel, die Ausbildung und die Organisation.

C       Noch vor zwei Jahren war die Arbeit der Kirche auf dem Land sehr in unserer
Realität verwurzelt, in Übereinstimmung mit unseren Sitten und Traditionen.  

D     -  Ja, kennen wir, wir haben es erhalten und nun teilen wir das, was wir erhalten haben, mit anderen. Und so sind wir Kirche, indem wir das Erlernte nun anderen weitergeben.
-  Ein positives Beispiel der kirchlichen Arbeit auf dem Land, ja: indem wir uns einander lieben wie Geschwister.
-  Ja, wir kennen ein positives Beispiel der Arbeit der Kirche auf dem Land. Denn in den
Zeiten Bischof Dammerts hatten wir Bibelkurse auf dem Land, es gab diözesane  
Versammlungen und wir hatten  materielle Unterstützung für unsere Comunidades.  
-  Ja, kann positiv sein. Denn mit der Kirche gibt es Versammlungen, Arbeit und jeder  
lernt, bewußter zu leben. Aber ja, es gibt Leute, die nicht mitmachen wollen.  

E     -  Nein, wir haben keine Arbeit der Kirche auf dem Land gesehen, denn sie identifizieren  sich nicht mit uns. Vielmehr ist die Unterstützung, die wir von den Geschwistern der Pfarrei St. Georg, Ulm, erhalten, etwas sehr wichtiges für uns.
-   Wir kennen kein positives Beispiel der Arbeit der Kirche auf dem Land, denn das Land ist verlassen; Ausnahme ist die Pfarrei „Nuestra Señora de Guadalupe“ mit ihren Pfarrern Segundo Alarcón und Francisco (Panchito) Centurión.  
-   Nein, keinerlei Unterstützung seitens des Pfarrers und des Bischofs von Cajamarca. Die Kirche von Ulm hilft uns. Dank ihrer Hilfe lernen wir wichtige Dinge des Wortes Gottes kennen, wir erhalten spirituelle und materielle Hilfe.

Anmerkung: Bei allen Gruppen steht als positives Beispiel das Kennenlernen der Bibel an erster Stelle, daraus ergibt sich alles weitere. Die Frauen von San Pedro beziehen sich in ihrer Antwort wieder auf die Pfarrer von San Pedro. Die Gemeinde in Ulm wird als Kirche erfahren. Kirche heißt: sich identifizieren mit den Armen. Die Katecheten von San Pedro erfahren Kirche auf dem Land in der Solidarität untereinander. Die Katecheten von Celendín beziehen sich in ihrer Antwort eher auf die Vorbereitung auf die Sakramente. Für eine deutsche Gemeinde wäre es daher leichter, mit ihnen eine Partnerschaft aufzunehmen als z: B. mit den Gruppen von San Pedro. Die Arbeit der Kirche, wie sie in dem Sinne der Gruppen verstanden wird, bedeutet auch eine Gewähr für den Zusammenhalt der gesamten Kommune und ist unentbehrlich für die Aufrechterhaltung der Moral (siehe auch Antwort der Frauen schon in Frage zwei und weiter unten). In Bambamarca (C) wird der Respekt vor der andinen Kultur und Tradition der Campesinos betont.

4.  Falls ja: Wer gab den Anstoß? In welcher Zeit geschah dies?
Worin bestand ihr gutes Beispiel

A    -  Vor etwa 30 Jahren gab es das Beispiel von Padre Vicente Aragón (Spanier), der aufs  Land ging um zu evangelisieren.  
-   Den Anstoß gab Padre Vicente Aragón. Das geschah im Jahre 1965. Seine Arbeit bestand darin, daß er uns lehrte als Christ zu leben, sei es auf dem Lande sei es in der Stadt.  
-   Den Anstoß gaben einige Priester, Seminaristen und Bischof Dammert. Ihr gutes Beispiel bestand darin, Katecheten auszubilden.  

B       Es begann mit einem Team von jungen Priestern, um das Jahr 1962, die von Bschof Dammert geschickt wurden. Damals wurde mit der sozialen Lehre der Kirche im Licht des Evangeliums begonnen.

C       Bis 1996 (außer 1991 - Ende 1993) haben in unseren Comunidades Pastoren
gearbeitet, die sich in unsere Kultur integriert und die Menschen auf dem Land
von gleich zu gleich behandelt haben. Sie haben sich engagiert und sie haben in
Übereinstimmung mit der Pastoral und den Organisationen in den Comunidades
gearbeitet. Dadurch haben sie in uns selbst in den schwierigsten Situationen Mut
gemacht.

D     - Das haben wir von Bischof José Dammert Bellido erhalten, zu Zeiten, als er noch  
existierte. Etwas religiöse Unterweisung aber, in diesen Zeiten, haben wir nicht mehr. 
-  Es geschah durch Herrn Bischof Dammert Bellido, der die Campesinos liebte und  
durch die Pfarrei San Pedro.  
-  In unserer Pfarrei San Pedro seit dem Jahre 1988; Frau Olivia Velarde; man sah eine
Verbesserung der Präsenz der Kirche, denn es gab eine bessere Koordination mit  
Padre Lorenzo Vigo. Es gab Ausbildungskurse, sie halfen  uns mit Saatkartoffeln,  
Aufforstung, dem Bau einiger Kapellen und Gemeindehäusern (casas comunales).  
-  Den Anstoß gab die Pfarrei San Pedro unter der Mitarbeit von Pfarrer Lorenzo Vigo
in den zurückliegenden Jahren. Das gute Beispiel bestand im Wort Gottes, das wir in
den Versammlungen hörten.

E        -  In unserem Ausnahmefall war es Padre Panchito. Als wir am 24. 8. in Alto Hualanga mit der Ausstellung unserer Arbeiten an der Reihe waren, machte er einen so weiten Weg, um mit uns die Messe zu feiern und das Wort Gottes zu verkünden. Es war dies (eine Messe - Red.) das erste Mal an diesem Ort.
- Nein, niemals helfen sie uns. Wir haben eine Promotora, Frau Olivia, die unsere Gruppen betreut, seid sie in der Pfarrei arbeitet. Ohne sie wüßten wir nichts.

Anmerkung: In der Antwort der Katecheten von Celendín wird ein spanischer Priester genannt, obwohl er nur ein knappes Jahr (zusammen als Team von drei Priestern aus Valladolid, Spanien) in Celendín war. Danach haben sie keine Priester (außer Bischof Dammert) mehr erlebt, die eindeutig auf ihrer Seite standen, dann in Ansätzen seit 1994. Bischof Dammert wird mehrfach als der entscheidende Impulsgeber genannt. In den Frauengruppen von San Pedro ist die Erinnerung an die Anfänge (1982) sehr verblaßt, nur insgesamt fünf Frauen sind seit 1982 dabei. Lorenzo Vigo wird als Pfarrer genannt, weil er von 1982 - 1992 die Arbeit auf dem Land und die Partnerschaft sehr wohlwollend betrachtete. Eine Frauengruppe erlebte 1997 zum ersten Mal eine Eucharistiefeier in
ihrer Comunidad. Die Tatsache, daß ein Priester zu Fuß und unentgeltlich drei Stunden unterwegs ist, um mit einer Frauengruppe hoch oben in den Bergen unter aktiver Beteiligung aller die Eucharistie zu feiern, ist ein dauerhaft prägendes und Glauben bildendes Erlebnis (Zeugnis). Von ähnlichen Erlebnissen wird immer wieder auch in anderen Gruppen berichtet. Das Volk Gottes „schreit“ nach Priestern, die mit ihnen den Weg gehen, „„Vamos Caminando...“). Dennoch geht die Mehrheit der aktuellen Priester einschließlich des Bischofs unter den genannten „Bedingungen“ nicht aufs Land und zu den Menschen. Dies hat neben allen möglichen Gründen und Begründungen auch einen theologischen Hintergrund: der Priester (die Kirche) ist im Besitz aller Gnadengaben, die der Mensch zu seiner Rettung braucht. Wenn der Laie gerettet werden will, muß er zum Priester gehen und um diese Gnadengaben bitten. Der Priester gewährt sie ihm unter entsprechenden Bedingungen.   

5.  Stellten Sie eine Änderung in der ländlichen Pastoralarbeit in den letzten
Jahren fest? Welche?

A     -   Wir stellen eine positive Veränderung fest, denn wir nehmen an der Gemeinschaft als wirkliche Christen teil.  
-   Ja, wir stellen einen Wechsel in der pastoralen Arbeit in den letzten Jahren fest, z. B.
gibt  es keine Zusammenarbeit mit dem Bischof und unseren Comunidades.  
-   Man merkt eine Krisis bei den Katecheten; viele haben sich zurückgezogen wegen fehlender geistiger und materieller Unterstützung.  

B        Ja, wir haben eine Änderung bemerkt, eine Änderung in der Pastoralarbeit und
der Sozialarbeit insgesamt, eine Änderung bei den Priestern, den Laien und dem
Volk.

C        In der Pastoralarbeit der letzten Jahre haben wir einen Wechsel erlebt. Anstatt
uns noch mehr zu einen, wollen sie uns spalten. Sie bilden neue exklusive (ande-
re ausschließende) Gruppen und wollen uns isolieren. Immer mehr werden wir zu
Objekten der Erniedrigung, weil wir uns der aktuellen Situation nicht anpassen
wollen. Sie fordern unsere Unterwerfung.  

D     -  Es gibt keinerlei Hilfe unseres Bischofs in Cajamarca. Er hat uns, die Campesinos     
vergessen.
-  Wir erhalten in den letzten Jahren keine Unterstützung mehr von der Pfarrei.
Wir haben nur die Unterstützung durch uns selbst und durch „Assessorin“ Olivia.
-  Ja, wir stellen einen Wechsel der ländlichen Pastoralarbeit in den letzten Jahren fest. Es gibt keine mehr, weder von unserem Pfarrer, weder vom Herrn Bischof. Es gibt sie nur dank der Geschwister der Pfarrei St. Georg in Ulm und unserer Koordinatorin Olivia.  
-  Es gibt sie nicht mehr.  

E    -  Pastoralarbeit auf dem Land - wir denken, es gibt sie nicht. Die uns das Wort Gottes lehren sind die Padres Panchito und Segundo, Frau Olivia und die Lehrerinnen (der Alphabetisierung - Red.). Denn durch das Wort Gottes bereuen die Menschen und beginnen Gott zu respektieren.
-   Es gibt keinen Wechsel in der Pastoralarbeit in den Landzonen in der letzten Zeit. Ausgenommen, daß wir an den Treffen donnerstags mit Frau Olivia teilnehmen und den Alphabetisatorinnen, die zu den Clubs gehen;es unterstützen uns die Geschwister aus Ulm.
-   Ja, denn sie (Olivia - Red.) lehrt uns, wie wir uns in der Familie zu betragen haben

-   mit den Eltern, den Kindern und Ehegatten. Wir haben Veränderungen in der Organisation, der Einheit, in der Arbeit in den Gruppen, in der „Brüderlichkeit“ mit den anderen Schwestern und in der Verantwortlichkeit, z.B. die Kredite, die wir aus der Gemeinschaftskasse erhalten, zu bezahlen. Wir haben gespürt, was Kirche ist in unserem Bruder Willi, in seiner Einfachheit, in seiner Liebenswürdigkeit.  

Anmerkung: In Celendín wird einerseits festgestellt, daß in den letzten Jahren die Pfarrer sich verstärkt um die Comunidades gekümmert haben, aber dennoch die Verunsicherung zunimmt, weil die Hauptstütze (der Bischof, der mindestens einmal im Jahr die Campesinos besucht hat) nicht mehr da ist und auch beobachtet wird, daß die beiden Pfarrer ob ihrer Option einen sehr schweren Stand innerhalb des Klerus und auch gegenüber den Ordensschwestern aus Spanien haben, die mit viel Geld operieren können. In San Pedro wird bei den Katecheten festgestellt, daß es keine „offizielle“ Pastoralarbeit mehr gibt, es gibt sie nur dank der von der offiziellen Pfarrei verstoßenen Personen und der Partnergemeinde. Bei den Frauen bezieht sich die Veränderung auf die Fortschritte innerhalb der Gruppen und auf die sich vertiefende Partnerschaft, die als Zeichen und Präsenz von Kirche gedeutet wird. Viele Frauen kennen nicht die frühere Pastoralarbeit auf dem Land bzw. gehen von ihrer eigenen Comunidad oder Armenviertel aus, wo es auch keine Katecheten gibt. Die Comunidades in denen die Katecheten leben und wirken sind weiter außerhalb auf dem Land, bis zu acht Stunden Fußweg entfernt. In Bambamarca wird die Machtprobe offen angesprochen: es geht um Unterwerfung bzw. um die Machterhaltung einer autoritären Kirche (diese Frage wird in der Diskussion in Deutschland meist mit theologischen Mätzchen überspielt).  

6.  Welches wäre - Ihrer Meinung nach - die wichtigste Aufgabe der Kirche?

A     -   Die Einheit und der Dienst, den wir Gott und unserer Comunidad leisten.  
-   Die wichtigste Aufgabe der Kirche: Wir wollen mehr Verantwortung, mehr Anerken-
nung, mehr Einheit, etc.  
-   Sie besteht darin, die Menschen zu motivieren, sich christlich und moralisch immer  weiter zu entwickeln, ohne jede Marginalisierung.  

B       Die Aufgabe wäre eine ständige integrale Weiterbildung, Arbeitsgruppen zu bil-
den und die Befreiung anzustreben, damit dies uns zu einem immer tieferen so-
zialen und befreienden Engagement führt.  

C       Für uns besteht die wichtigste Aufgabe der Kirche darin, daß wir uns als Frauen
und Männer befähigt fühlen, an der Arbeit einer integralen Entwicklung jedes
Menschen weiterzuarbeiten. Zu dieser integralen Entwicklung gehört die Zusammenarbeit mit Priestern, die im Volk verwurzelt sind und das Eintreten für eine offene und demokratische Kirche.

C     -  Die wichtigste Aufgabe in unserer Kirche ist das Lesen des Wortes Gottes innerhalb
unserer Organisation, die wir aufgebaut haben.  
-  Die wichtigste Aufgabe als Kirche ist, daß wir die Bibel lesen, die uns Gott geschickt  
hat, einen guten Weg im Leben zu gehen, daß wir als Kirche mit den Bedürftigsten
teilen, daß wir mit unserer Organisation weitermachen um die Ursachen der Armut
zu verstehen.  
-  Die wichtigste Aufgabe der Kirche wäre, mit der Evangelisierung weiterzumachen
-  Die wichtigste Aufgabe der Kirche wäre, dem Wort Gottes zu folgen, indem wir  
Gruppen bilden in unseren Comunidades und unseren Glauben feiern

D    -  Das Wort Gottes verkünden; um die Lebensweise vieler Personen zu verändern, die sich auf dem schlechten Weg befinden; uns die Lesungen der Bibel zu erklären; unsere Gemeinschaften zu besuchen, aber ohne Interesse (ohne pers. Vorteile - Red.); sich unseren Gemeinschaften zu nähern, um das Wort Gottes zu säen, denn wir haben das Bedürfnis, es zu hören.  
-  Die wichtigste Aufgabe der Kirche wäre es, uns in der Kirche (templo) zu versammeln, alle, ohne Unterschied von Klassen, wie eine einzige Familie im Haus Gottes.
-  Wir brauchen ihre Präsenz, vor allem auf dem Land; sie sollte sich um die Unwissenden kümmern, die Analphabeten. Unsere Aufgabe wäre es, unseren Kindern das Wort Gottes vorzulesen. Das Verständnis unter uns, den Charakter ändern, geduldig sein mit denen, die um uns sind.

Anmerkung: Wie schon bei der Antwort auf die 3. Frage steht die Verkündigung des Wort Gottes als wichtigste Aufgabe der Kirche an erster Stelle. Daß die Campesinos zuerst das (freilich durch das persönliche Beispiel authentisch bezeugte) Wort Gottes hören wollen, wird von Amtsträgern ignoriert oder nicht geglaubt. Mit der Verkündigung des Wortes Gottes ist automatisch die Vorstellung verbunden, daß sich dadurch das eigene Leben und das der Gemeinschaft ändert, daß es mehr soziale Gerechtigkeit gibt, mehr Würde und Anerkennung und daß das gemeinschaftliche Leben vom Beispiel Jesu inspiriert ist (besonders das Teilen). Eine wichtige Rolle spielt auch die Organisation in Gruppen als Folge des Evangeliums (Kirchenbildung im ursprünglichen Sinne). In den Antworten aus Bambamarca wird deutlich, daß das Materielle und Spirituelle, das Soziale und Pastorale, eine nicht trennbare Einheit bilden. Ohne das Wort Gottes (und Kirche) wäre jede Entwicklung zum Scheitern verurteilt, weil eindimensional. Die Kirche steht im Dienste einer integralen Befreiung, die als Menschwerdung verstanden wird - oder sie ist nicht Kirche, sondern eine beliebige Institution, die zum Vorteil einiger Privilegierter Macht ausübt, wie andere weltliche Institutionen auch. Über die Einheit von Sozial und Pastoral überhaupt zu diskutieren, ist von diesem Verständnis her völlig abwegig und eine diesbezügliche Frage an die Campesinos würde auf Unverständnis stoßen.

Solche Fragen werden in Gesellschaften und Glaubensgemeinschaften gestellt, denen die Ganzheit (und der biblische Glaube) abhanden gekommen ist. In Celendín wird die Einheit als wichtigstes Gut angesehen. Dies ist auf dem Hintergrund der Spaltung in Schwestern und Bischof einerseits und den Pfarrern andererseits zu deuten. Einheit bedeutet bei den Campesino - Katecheten, daß sich die (Amts-) Kirche zu den Armen bekehrt, sie nicht ausgrenzt und ansonsten ihren selbstverständlichen Pflichten nachkommt: das Wort Gottes zu verkünden und entsprechend zu leben. So sind auch die wiederholten aber vergeblichen Einladungen an den Bischof zu verstehen. Wenn die Campesinos von Einheit sprechen, meinen sie ansonsten zuerst die Einheit untereinander, in der Gemeinschaft. Denn sie haben durch die Verkündigung des Wortes gelernt, daß sie nur gemeinsam die Ursachen der Armut bekämpfen können und daß sie nur in der Gemeinschaft und in der gemeinschaftlichen Arbeit die Gegenwart Gottes erfahren.  

7.  Erfüllt die Kirche ihre Aufgabe und falls nicht:  Welche Konsequenzen hätte dies?

A     -   Die Kirche würde in eine Dekadenz fallen und die Sekten würden stärker werden.  
-   Die Kirche erfüllt ihre Aufgabe im Rahmen ihrer geringen Möglichkeiten. Wenn sie ihre Aufgabe nicht erfüllen würde, käme es zur totalen Destruktion.  
-   Die Kirche erfüllt nicht ihre Aufgabe. Die Konsequenz ist, daß sie ihre Mitglieder ver-
liert und so Raum gibt für den Vormarsch der Sekten.     

B        Sie erfüllt diese Aufgabe nicht mehr. Es käme zu einem Zusammenbruch der
Pastoralarbeit, die Armut würde verstärkt zurückkehren, ebenso die Ungerechtig-
keiten und die Unterdrückung.

C        In der Gegenwart erfüllt sie nicht ihre Aufgabe. Wenn sie diese Aufgabe nicht
erfüllt, wird es immer mehr Individualismus und Zersplitterung geben. Man wird
um so deutlicher die Hierarchie der kirchlichen Autoritäten spüren.  

D     -  Wir wären sehr traurig. Wenn wir keine Unterstützung in unserem pastoralen Leben
hätten, würden wir uns vereinzelnen (verstreuen) und wir würden zurückfallen.  
-  Die Kirche, Pfarrer und Bischof, erfüllt nicht ihre Aufgabe. Wir würden nichts wissen,  
würden in der Unwissenheit bleiben und immer mit demselben weitermachen.  
-  Die Kirche, in Teilen, erfüllt ihre Aufgabe, und falls wir unsere Aufgabe nicht erfüllen,  
überfluten uns protestantische Sekten.  
-  Ja, sie tut es normal. Die Konsequenzen wären, daß wir Gott und unsere Brüder und  Schwestern vergessen würden und daß so auch das Verbrechen sich ausbreiten würde.

E    -  Die Kirche tut dies nicht; aber wir bemühen uns, jeden Tag uns zu verändern, indem  wir unseren Freunden helfen und unserem Nächsten. Wenn die Kirche uns weiterhin nicht unterstützt, werden die Leute das Vertrauen und den Glauben an die Kirche verlieren und sie werden zu den Sekten gehen, denn diese besuchen die Leute auf dem Land.  
-  Sie erfüllt sie nicht und die Konsequenz wird sein, daß die Kirche verlassen sein wird,  
ohne Unterstützung durch niemanden. Und sie werden Christus vergessen haben, unseren  Erlöser, der sich um die Armen kümmerte, der ihnen vergab und sie einte.  
-  Wenn wir unsere Aufgabe nicht erfüllen, gäbe es Unordnung, wir würden vor nichts Respekt haben und wir würden in der Unwissenheit verbleiben.  

Anmerkung:
Anhand der negativen Antworten läßt sich leicht aufzeigen, was geschieht, wenn die Kirche ihre Aufgaben erfüllt bzw. was diese Menschen von der Kirche erwarten. Wie schon in anderen Antworten ist die enge Verknüpfung von Evangelium, Kirche und sozialer Ordnung, Moral und Gerechtigkeit auffallend. Wenn das Bewußtsein vorhanden ist, daß es an ihnen selbst liegt, diese Aufgaben anzupacken, so fühlen sie sich dennoch verunsichert und fürchten die Kraft zu verlieren, wenn sie auf Dauer von der offiziellen Kirche nicht unterstützt werden würden. Eine deutsche Partnergemeinde kann den Partnern die Erfahrung einer solidarischen Kirche des Volkes zwar durch ihr Beispiel vermitteln (oder auch nicht), aber auf Dauer kann sie nicht das lebendige Zeugnis vor Ort ersetzen. In Bambamarca wird der Zusammenhang zwischen Vereinzelung und gleichzeitig zunehmender Klerikalisierung (im Weltlichen: Schaffung neuer Autoritäten) gesehen. Der Einzelne, der nicht mehr getragen ist von einer Gemeinschaft, ist anfälliger für „Autoritäten“. Dies zeigt sich u.a. in der Furcht vor einer Ausbreitung von Sekten, die mehrfach genannt und als Gefahr betrachtet wird. Unter Sekten verstehen die Campesinos Gruppierungen, die die irdische Wirklichkeit ausblenden, die an das baldige Ende der Welt glauben, die sich auf die eigene Errettung vorbereiten, die nicht an die Heiligen und die Jungfrau Maria glauben und die daher keine Feste feiern. Ein Vordringen der Sekten wird mit Spaltung der Gemeinschaft und Abkehr von gemeinschaftlichen und sozialen Aufgaben gleichgesetzt.  

8. Wenn Sie einen Wunsch an die Kirche hätten, was würden sie wünschen?


A     -   Daß die Priester uns weiterhin so unterstützen und begleiten, wie sie es bisher tun.  
-   Wir bitten die Verantwortlichen der Kirche um Hilfe bei der Besorgung von  Bibeln und Gesangbücher, ebenso bei der notwendigen Ausstattung des Pfarrzentrums und der Unterstützung der Landkatecheten.  
-  Wir bitten um die notwendigen Arbeitsmaterialien (Bibel, Gesang- und Gebetbücher, Instrumente, etc.) sowie die Präsenz von mehr Priestern.  

B        Daß der Laie das volle Recht erhalte, als wahrhafter Verkünder des Evangeliums
tätig sein zu dürfen, um so die sozialen Probleme zu entdecken, die den Armen
unterdrücken.
C        Wir bitten darum, daß die Ausbildung und Auswahl der Priester sich an ihrer Be-
rufung zum Dienst an ihrem Volk gemäß dem Projekt Gottes ausrichte und nicht
daran, sich des Volkes zu bedienen.

D     -  Wir brauchen viel Beistand im Geistigen (Spirituellen) und Materiellen.
-  Wir würden die Kirche um mehr geistigen Beistand bitten, um so Christus immer
näher zu werden.  
-  Wir bitten die Kirche um ein Vorwärtskommen in unserer Arbeit, sei es im Materiellen
als auch in der Bibelarbeit (Bibeln, Gesangbücher) - für jede unserer Comunidades.
-  Wir bitten die Kirche, daß uns die Priester unterstützen mit dem Wort Gottes in den
Comunidades.  

E    -   Daß sie Jemanden in unsere Gemeinschaften schickt, uns zu lehren, echte Katholiken zu sein. Das Fest Fronleichnam (Corpus Christi) gehört den Leuten vom Land, denn wir haben viel mehr Glauben als diejenigen, die nur aus Pflicht gehen. Aber uns weisen sie zurück, wenn wir zur Kirche gehen. Wir bitten, daß dies nicht mehr geschehe. Denn Jesus war immer mit den Bedürftigsten, den Ärmsten.  
-  Wir würden bitten, daß es mehr Kommunikation mit den Landzonen gäbe, daß sie sich
der Armen erinnern, der Alten, der verlassenen Kindern, der Kranken und derer, die das Wort Gottes in die Praxis umsetzen.
-   Daß sie hinausgehen zu uns, um uns vorzubereiten, um uns klar vom Evangelium zu sprechen, daß sie uns anhören, daß sie uns betreuen.

Anmerkung: Außer den Gruppen von Bambamarca, die zuerst von den Rechten und Pflichten der Laien und der rechten Auswahl der Priester sprechen, hoffen die anderen Gruppen zuerst auf die Präsenz und Begleitung der Amtsträger (auch die Katecheten aus Bambamarca wünschen sich dies, aber sie nennen es nicht an erster Stelle). Die Gruppen haben eine klare Auffassung von dem, was ein Priester eigentlich tun müßte. Ihr Kriterium, um dies beurteilen zu können, ist die Bibel als ganzes und das Beispiel Jesu im besonderen. Und sie erwarten, daß ihnen die Institution Kirche eine Infrastruktur zur Verfügung stellt, den materiellen Rahmen. Das Materielle steht aber nicht an erster
Stelle, sondern der „geistige Beistand“ und die religiöse Unterweisung.   

9.  Was wäre Ihre stärkste Kritik - oder wichtigste Empfehlung - an der heutigen Kirche?


A   -  Heutzutage gibt es eine starke Kritik seitens der Jugend und auch von vielen Sekten.
-  Die stärkste Kritik wäre, wenn die augenblickliche Zerrissenheit uns entmutigen würde,
in unserer Arbeit fortzufahren. Wir wünschen mehr Unterstützung und mehr Koordination um das Beispiel einer wahrhaften Kirche geben zu können.  
-  Daß es wieder Seminare für die Ausbildung geben sollte (auf Diözesanebene für Katecheten und für Priester), sowie eine ständige Ausbildung von Pastoralagenten unter Einbeziehung und Einladung immer mehr Leute.  

B    Sie ist zurückgefallen in die alten Zeiten, wo man die Realität nicht wahrgenommen hat, eine Realität der so großen sozialen Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft. Sie sollte soziales Gewissen sein, Zeuge der Wahrheit und der Gerechtigkeit.  

C        Wir empfehlen, daß die Religion nicht zum Opium des Volkes werde, die einzig
dazu dient, das Volk „einzuschläfern“ und uns glauben machen will, daß wir hier
auf dieser Erde nichts zu sagen haben und daß wir im Himmel für unser Stillhal-
ten belohnt werden. Wir empfehlen auch, daß die Kirche aus dem Volk heraus
wächst, daß sie den Ärmsten dient, daß sie das Bewußtsein entwickelt, eine ma-
terielle und spirituelle Arbeit nur in Einheit zu sehen und zu realisieren.  

D   -  Wir haben Hirten (pastores), die sich nur für sich selbst vorbereiten (sorgen) und für uns nichts. Unsere einzige Hoffnung heutzutage sind unsere Brüder und Schwestern aus Ulm, hoffentlich vergessen sie uns auch nicht!
-  Die stärkste Kritik an die heutige Kirche ist, daß es keinerlei Unterstützung für uns, die
Campesinos, gibt und alles, was sie (die Pastoren) erhalten, ist nur für sie selbst.
-  Unsere stärkste Empfehlung ist, daß unser Pfarrer und Bischof sich der Campesinos
erinnern und uns nicht an den Rand drängen (marginalisieren).   
-  Die stärkste Kritik an der Kirche ist, daß der Bischof nicht den Armen hilft.  

E   -  Für einige Priester ist es ein Geschäft aufs Land zu gehen, denn sie verlangen dafür sehr hohe Geldsummen. Die Länge der Messe hängt davon ab, wieviel wir bezahlt haben. Sie lassen uns nicht an der Messe teilnehmen, denn sie sagen, wir seien Campesinos.  Danksagung: Wir danken unseren Geschwistern aus Ulm, Deutschland, weil sie sich um
uns kümmern; ebenso danken wir den Padrecitos Panchito und Segundo, daß sie uns an der Messe teilnehmen lassen und auch dafür, daß sie uns in der Pfarrei Guadalupe aufnehmen. Gott segne sie!
-  Kritik: daß sie sich der Armen nicht erinnern, daß es keine Gleichheit gibt; sie erinnern sich nicht der Gemeinschaften, die am weitesten entfernt sind, ebensowenig der Armenviertel; daß sie sich nicht annähern - weder spirituell noch materiell.
-  Daß sie nicht egoistisch sind, nicht eingebildet auf ihren Titel, auf ihren Beruf. Die Messen machen sie draußen, damit die Campesinos nicht den Teppich beschmutzen.

Anmerkung: Die wichtigsten Kritikpunkte sind die Ausgrenzung der Armen, Priester, die nur an sich denken, Rückfall in die Praxis vergangener Jahrhunderte, Zerrissenheit (siehe Einheit) und das Einstellen bewährter Programme zugunsten der Campesinos. Die Kirche sollte statt dessen soziales Gewissen und Zeuge der Wahrheit und Gerechtigkeit sein; sie sollte teilhaben am Schicksal der Armen, diese sollten die Mitte der Kirche sein bzw. aus ihrer Mitte heraus soll Kirche wachsen. Die gegenwärtige Kirche von oben wird als eine Macht erfahren, die Kirche im Geiste Jesu verhindert.

10.  Wie sieht man - oder macht sich bemerkbar - die Partnerschaft mit der deutschen Kirchengemeinde


A    -  Wir wollen und erhoffen ab sofort eine Zusammenarbeit mit der deutschen Pfarrei.*
-  Wir wissen, daß Cajamarca Hilfe bekommt von der deutschen Pfarrei. Wir dagegen in
Celendín erhalten keine Hilfe. Wir machen unsere Versammlungen dank der Anstrengung unserer Priester. Ihrer Anstrengung verdanken wir auch eine kleine Apotheke, die eine Hilfe für die am meisten Bedürftigen darstellt. Außerdem haben wir ein Solidaritätskomitee, das ebenfalls eine große Hilfe für die Ärmsten unserer Comunidades darstellt.
-  Unsere Pfarrei erhält  keine Hilfe von außen. Wir haben ein Solidaritätskomitee, ein Büro für Menschenrechte, eine kleine Pfarrapotheke. Das haben wir dank unserer eigenen Anstrengungen oder der einiger Personen.       

B      Man bemerkt, daß sie - ohne sehr gut unsere Realität zu kennen - solidarisch sein
wollen und  sich als Brüder und Schwestern fühlen.

C      Wir spüren die Begleitung von Freunden, die sich von einer hohe Sensibilität für
die Armen leiten lassen und dies auch in der Praxis zeigen. Sie geben ihre
Kenntnisse an andere weiter und wissen, die Organisationen des Volkes in ihren
wahren Bedeutung zu schätzen, deren Ziel ein gerechteres, menschlicheres und
solidarischeres Leben für alle ist.

* Analyse von Rolando Estela: „Alle Katecheten, die Vertreter aller Zonen, hörten zum erstenmal von der ‚Partnerschaft‘ mit einer deutschen Pfarrei und reagierten entsprechend verwundert. Auch die beiden Pfarrer Lázaro und Segundo wissen keinerlei Details über die ‚Partnerschaft‘. Padre Antero ist zur Behandlung seiner Krankheit (Parkinson) in Lima. Auch die Pfarrgruppen der Stadt wissen nichts von einer Partnerschaft. Mit wem hat demnach die Pfarrei Grenzach eine Partnerschaft? Die Arbeit der Pfarrei gibt Anlaß zu großer Hoffnung. Doch sie sind völlig auf sich allein gestellt und erhalten weder materielle noch spirituelle Unterstützung, weder vom Bischof noch von der Partnergemeinde. Bei entsprechender Unterstützung könnte die Pastoralarbeit, insbesondere auf dem Land, erheblich an Kraft gewinnen. (Falls nicht .... siehe Aussagen der Katecheten)“.  

Anmerkung: Die letzte Frage wurde den Katecheten und den Mütterclubs von San Pedro 1997 nicht gestellt, dennoch ergeben sich aus deren vorhergegangenen Antworten Hinweise auf den Stellenwert der Partnerschaft. Das Problem der Partnerschaft in Celendín stellt Rolando Estela in seinem Kommentar am Ende des Kurses heraus (die Analyse wurde von ihm an die Tafel geschrieben). Der Kommentar zur Partnerschaft fällt bei den Katecheten von Bambamarca sehr zurückhaltend aus. Dies hängt mit der Situation zusammen, wie sie zur Zeit der Befragung in Bambamarca herrschte.

Die Situation im Spätsommer 1998, wie sie von den Frauengruppen, der Katecheten und der mit ihnen zusammenarbeitenden Ordensschwestern geschildert wurde, kann und will nur eine Momentaufnahme sein. Die kirchlichen Gruppen der Gemeinde Bambamarca waren wegen der Haltung ihrer Partnergemeinde St. Martin in Dortmund stark verunsichert. Denn Dortmund überwies Spenden an ein Komitee, das inzwischen ausschließlich von den Pfarrern kontrolliert wurde. Mit diesem Geld wurden die Gehälter der drei (danach vier) Pfarrer und zwei weitere Gehälter für deren Helfer bezahlt. Der größte Teil der Gelder wurde aber für einige städtische Jugendliche verwendet, die zur Weiterbildung nach Lima geschickt wurden, wo sie Kurse Opus Dei - naher Organisationen besuchten (das Opus erscheint im Vergleich dazu als eine liberale Organisation). Es bestand vorher ein Komitee aus vier Personen, dem verantwortlichen Pfarrer, einer Ordensschwester und zwei Katecheten. Dortmund überwies das Geld an dieses Komitee mit der Absicht, weiterhin eine „Kirche mit Poncho und Sombrero“ zu unterstützen. Um guten Willen zu beweisen und um nicht mit den Pfarrern und Bischof Simón zu brechen, sollten davon auch an 2 Priester Gehälter bezahlt werden.

Inzwischen waren aber die Campesinos aber aus dem Komitee verdrängt worden. Als die Katecheten diese Nachrichten nach Dortmund per Brief übermitteln wollten, wurde in der Nacht in das im Kurszentrum reservierte Zimmer für die Leiter der Katecheten (die Vertrauensleute der Partnergemeinde) eingebrochen, der Brief und andere Gegenstände entwendet, die Schlösser wurden ausgetauscht und ein Hausverbot ausgesprochen. Dortmund erfuhr davon nichts. In vorausgegangenen Briefen der Katecheten an Dortmund wurden die Veränderungen durch die Priester, die seit dem 1.März 1997 in Bambamarca sind, sehr vorsichtig angesprochen. Deswegen glaubten die Katecheten, daß Dortmund sich eigentlich hätte denken können, was nun in der Pfarrei los sei. Und deswegen verstanden sie nicht, daß Dortmund weiterhin Geld an die Pfarrer überweist. Da zudem während des Besuches einer Delegation 1997 aus St. Martin (mit dem Pfarrer von St. Martin) die Campesinos den Eindruck hatten, die Besucher würden fast nur mit den damals noch neuen Pfarrern Kontakt haben wollen, begannen sie an der Solidarität der Partner zu zweifeln. Dies führte gar zu der Aussage, „besser gar keine Partnerschaft, als diese Partnerschaft. Denn von Dortmund wird nun alles finanziert, was zur Zerstörung dessen führt, was in 30 Jahren aufgebaut wurde“. Die Dortmunder hingegen vertrauten den Abmachungen, die sie mit den Pfarrern getroffen hatten und während des Besuches 1997 war es ihre Absicht, die Pfarrer (und Bischof) von der Notwendigkeit einer Landpastoral, wie sie seit 1962 begonnen wurde, zu überzeugen. Und dies kann man nur erreichen, wenn man den Kontakt hält und nie die Hoffnung verliert, daß auch ein Bischof bekehrt werden kann - so die Hoffnung der Dortmunder. Nachdem man in Dortmund aus erster Hand erfahren hat, wie es wirklich in Bambamarca aussieht, wurden sofort alle Zahlungen an das „Komitee“ eingestellt. Die Zweifel der Gruppen in Bambamarca wichen neuer Zuversicht. Dies zeigt sich auch in der Antwort der Gruppen (C) im Mai 1999.  

Mit dem Beispiel praktischer Theologie und real existierender Kirche endet die Vorstellung peruanischer Gruppen. Wie reagieren deutsche Partnergemeinden auf solche Vorgänge bzw. können und wollen sie dies überhaupt erfahren? (Eine weitere Frage: wie reagieren darauf deutsche Amtsträger bzw. mit welchen kirchlichen Argumenten verharmlosen oder ignorieren sie die Realität?)

II.  Auswertung der Fragebögen (deutsche Partnergruppen)

Umfrage bei den deutschen Gruppen

Vorbemerkung: Die Ergebnisse der Gemeindebefragungen werden in ausgewählten Schwerpunkten vorgestellt: Ort in Gemeinde; Pastorales Verständnis; Kommunikation; Konflikte und Frage der Einmischung - was bedeutet Partnerschaft? Die Auswahl dieser Schwerpunkte richtet sich einerseits nach den von den Gruppen selbst genannten häufigsten Schwierigkeiten, andererseits berücksichtigt sie den Rahmen des II. Vatikanums und damit verbundene Fragestellungen wie: wer und was ist Gemeinde (Kirche)?

Ausgangspunkt dieser Studie war, die veränderte Situation nach dem Bischofs- und Richtungswechsel in Cajamarca und dessen Konsequenzen für die Partnerschaft im allgemeinen und die betroffenen Menschen im besonderen, im Lichte von Glaubenserfahrungen und einer damit verbundenen Option für die Armen, zu deuten. Diese Ausgangssituation der Studie war den Gruppen bekannt bzw. sie waren es, die angesichts einer veränderten Situation in den Partnergemeinden nach einer gemeinsamen Basis und Orientierung suchten. Der Fragebogen wurde gemeinsam mit den Partnergruppen entworfen. Auf dem Ulmer „Cajamarcatreffen“ im September 1997, an dem Vertreter von zehn Gruppen teilnahmen, wurde ein Rohentwurf zur Diskussion gestellt. In Gruppenarbeiten wurden Anregungen, Ergänzungen usw. erarbeitet, darauf wurde im Plenum der Fragebogen „verabschiedet“. Ein einheitlicher Wunsch war, den Fragebogen aufzuteilen in einen gemeinsamen Teil für die Gruppe und einen individuellen Teil. Die Befragungen und die Beantwortung durch die Gemeinden fanden um die Jahreswende 1997/98 statt.

Die Gruppen berichten von einer lebhaften, teilweise auch kontroversen Diskussion beim Ausfüllen. Insgesamt wurde die Beantwortung der Fragen als eine positive Gelegenheit betrachtet, über die Anfänge, Grundlagen, Erfolge, Enttäuschungen, Zielsetzungen usw. der Partnerschaft zu diskutieren. Allerdings mußten in den meisten Gemeinden gewisse Anfangshemmnisse überwunden werden, was nur durch ständiges Nachfragen und Motivieren gelang. Bei Nachfragen kam auch immer wieder zur Sprache (oft verschlüsselt), daß man es nicht gewohnt sei, über eigene Erfahrungen, erst recht über eventuelle Schwierigkeiten oder gar Mißerfolge, „öffentlich Rechenschaft“ abzulegen. Auch war eine gewisse Scheu davor festzustellen, „sinnlose Grundsatzdebatten“ zu führen oder auch „alte Geschichten aufzuwärmen“, wo man sich doch in erster Linie als Praktiker sehen möchte. Um so mehr waren die Gruppen selbst überrascht, wie fruchtbar und anregend das gemeinsame Ausfüllen war.

Der sich an die Antworten anschließende Kommentar geht zuerst von den Antworten der Gruppe aus, d.h. die getroffenen Aussagen sind Aussagen der Gruppen. Wichtig sind aber auch die Aussagen, die nicht getroffen, Fragen, die übergangen und Probleme und Schwierigkeiten, die ausgeklammert wurden. Entsprechende Ergänzungen ergaben sich aus Rückfragen an die Gruppen (auch in Peru) und einer Einordnung in einen größeren Zusammenhang auf der Basis der oben genannten Ausgangsfragen. In Zusammenfassung und Kommentar wird auf alle im Fragebogen (siehe Anhang) aufgeführten Fragen eingegangen, die Schwerpunkte sind unterstrichen. 

1.      Die Stellung der Gruppen innerhalb der Gemeinden (Kirche)

Ort in der Kirche (ohne Berücksichtigung des nichtkirchlichen „Förderkreis Cajamarca“)

-  Sieht sich die Gruppe bewußt als kirchliche Gruppe (warum - warum nicht)?
-  Wie wirkt die Gruppe in die Gemeinde, welche Aktivitäten gibt es auf Gemeinde hin?
-  Gehört pastorale Arbeit zum Selbstverständnis der Gruppe? Warum?  
Wenn ja: wie äußert sich dies?
-  Was blieb bisher hinter den Erwartungen zurück  -  
bzw. welche Erwartungen und Hoffnungen hatten wir?   
-  Welchen Stellenwert hat die Partnerschaft in der Gemeinde, in der Kirche allgemein?  

Zusammenfassung der Antworten:
Als kirchliche Gruppe: „Alle Mitglieder der ersten Stunde waren in ihren Pfarrgemeinden aktiv. Die Gruppe ist aus Kirchenmitgliedern erwachsen und kann sich hier am besten entfalten. Die Treffen und Veranstaltungen der Gruppe finden in kirchlichen Räumlichkeiten statt. Die Gruppe arbeitet an der Gestaltung von Gottesdiensten mit. Der Verkauf von Dritte-Welt-Waren findet im Rahmen der Gottesdienste statt. Die Kassenführung erfolgt über die Kirchenpflege. Die Kontakte zur Partnergemeinde laufen hauptsächlich über Priester und Nonnen in Peru. Wir feiern regelmäßige Gottesdienste. Die Gruppe sieht sich bewußt als Gruppe der Gemeinde. Wir sind eine kirchliche Gruppe, wir wollen eine gemeinsame Basis haben. Der AK Peru sieht sich bewußt als kirchliche Gruppe, weil sie zum einen aus dem kirchlichen Kontext stammt und weil die Fragen von „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ kirchlich konstitutive Fragen sind. Von ihm gehen viele Impulse in die Gemeindearbeit ein, z. B. Gottesdienste, Predigten, Informationsveranstaltungen, Ausstellungen, Feste. Als kirchliche Gruppe sind wir für die Erfüllung des weltkirchlichen Auftrags verantwortlich. Der Perukreis ist Teil der Pfarrgemeinde und nimmt am Leben der Pfarrgemeinde teil, ebenso sind unsere Partner in Celendín Teil der Pfarrgemeinde“. Eine Gruppe macht eine Einschränkung: „Nur zum Teil. In erster Linie geht es darum, für die Menschen in der Partnergemeinde etwas zu tun. Dies sehen wir in erster Linie als eine Aufgabe von uns als Menschen an, erst in zweiter Linie als einen kirchlichen Auftrag“.  

Aktivitäten der Gruppe in der Gemeinde: Einmal jährlich Partnerschaftssonntag, darüber hinaus vereinzelt Fürbitten für die Partner. Ein Perugottesdienst jährlich mit Fastenessen und Programm. Verkauf von 3.Welt - Waren zweimal jährlich und Gestaltung eines Perusonntages mit entsprechenden Gottesdiensten. Essen im Gemeindezentrum, Verkauf, Diashows, Infotafeln, etc. Vorträge, Seminare, Veröffentlichungen im Kirchenanzeiger und in der lokalen Presse. Zweimal jährlich Peruwochenende mit Ausstellungen, Bazar, Informationsveranstaltungen, Vorträge, Bausteinaktionen, regelmäßige Berichte über Briefe in Gottesdiensten, Aushänge am Schwarzes Brett. „Geschwisterlich teilen“, Verkauf von Kaffee, Tee, Honig. Vorträge für die Gemeinde und einzelne Gruppen. In der Gemeinde gestalten wir jährlich zum Patrozinium der Partnergemeinde den Sonntagsgottesdienst, bringen Nachrichten in den PGR und in den Pfarrbrief, sammeln Unterschriften zu Menschenrechtsfällen, die wir über das Ordinariat von AI bekommen, Vesper in der Fastenzeit, Kreuzweg am Karfreitag. Unsere Aktivitäten: Beteiligung beim Pfarrfest mit einem inhaltlichen Aspekt und zuweilen auch mit einem spezifisch peruanischen Essensbeitrag, regelmäßige Beteiligung an Aktionen von AI unter Beteiligung der Gemeinde. Solidaritätsabend mit einfachem Essen in der Fastenzeit, Beteiligung an Protestaktionen anderer Partnerschaftsgemeinden zu Peru, z.B. in Sachen Goldmine, Beteiligung an der Entschuldungskampagne, Verkauf von GEPA - Produkten, auch wird der Erlös des Pfarrfestes seit neun Jahren immer exakt geteilt“. Verkündigungen im Gottesdienst, Veröffentlichungen im Gemeindeblatt, Berichte PGR und bei den kirchlichen Einrichtungen, Gruppen und Vereinen. Der Perukreis veranstaltet pro Jahr 2 – 3 Apéros respektive Diavorträge und lädt dazu öffentlich ein, der Perukreis hat auch bereits aktiv an Pfarrfesten teilgenommen und dabei über die Situation in Peru informiert, die Resonanz ist normalerweise - wie auch bei Aktivitäten anderer Gruppen - klein, das ‚Erfolgserlebnis‘ also relativ bescheiden, immerhin wird unsere Partnergemeinde Celendín im Gottesdienst regelmäßig erwähnt, einmal jährlich wird in einem Gottesdienst speziell zu Celendín Stellung genommen“.  

Zum pastoralen Selbstverständnis: „Nein, weil die wenigen Mitglieder aus mehreren Pfarreien kommen. Ja, wir möchten den AK innerhalb der Gemeinde bekanntmachen und den Gedanken der Partnerschaft bewußt machen. Wir gestalten den Gottesdiensten an Perusonntagen. Ja, wir beteiligen uns an Glaubensseminaren und an der Gestaltung von Gottesdiensten. Eine kirchliche Gruppe ist pastoral (im weitesten ‚peruanischen‘ Sinne) ausgerichtet oder es ist keine kirchliche Gruppe. Ja, als Stütze für die Motivation. Alle oben geschilderte Aktivitäten werden aus dem Selbstverständnis einer ureigen pastoraler Tätigkeit heraus gemacht. Gottesdienst einmal im Jahr speziell und sonst innerhalb der Gottesdienste in Form von Gebeten, Spenden, Fürbitten“. Folgende Enttäuschungen werden in der Reihenfolge der Häufigkeit von den Gemeinden genannt:

  • fallende statt steigende Mitgliederzahlen, zu kleine Gruppe, keine neuen Mitglieder;
  • das Interesse seitens anderer Gemeindegruppen und der Gesamtgemeinde ist gering;
  • die Zusammenarbeit in Fragen der Partnerschaft mit anderen Gemeinden ist schwierig;
  • die Entwicklung in der Partnergemeinde bedrückt, vor allem weil keine direkten Kontakte zu Basisgruppen möglich sind.
  • zu wenig inhaltliche Arbeit in der Gruppe möglich, zu wenig Interesse für Seminare und  Fortbildung;
  • keine systematische Einbindung in die Gesamtplanung der Gemeinde durch die   Gemeindeleitung, (Partnerschaft am Rande)

Stellenwert der Partnerschaft: „Schattendasein. Keinen zentralen Stellenwert. Allgemeine Auffassung: ‚Gut, daß das jemand macht!‘ Wir sehen uns etwas auf verlorenem Posten. Wir machen zwar unsere Aktivitäten verschiedener Art, aber erhalten dazu kein Feetback seitens der Gemeinde. Wir stehen etwas isoliert da und koordinieren unsere Aktivitäten im Alleingang nach unseren Vorstellungen. Partnerschaft wird von manchen als Sache der Gruppe, nicht der Gemeinde angesehen. Nur bei Wenigen Interesse an Förderung des Gedankens. Um die Idee zu verwirklichen, wurde schon einiges versucht, aber kaum Resonanz (z. B. sonntägliche Fürbitten). Das Interesse der anderen Gemeindemitgliedern an unserer Arbeit ist sehr gering. Der AK Peru bleibt eine ‚Randgruppe‘ im Gesamt der gemeindlichen Aktivitäten, das liegt auch daran, daß Peru weit weg ist. In der Kirche allgemein: Projektarbeit ist wichtiger als Partnerschaftsarbeit. Die Gruppe wird kaum zur Kenntnis genommen, die Gemeindeleitung ist aber wohl gesinnt.“

Kommentar: Die Gruppen sehen sich nicht zuletzt deswegen alle als kirchliche Gruppe, weil ihr Ansprechpartner in der Partnergemeinde der Pfarrer ist. Zudem nutzen alle Gruppen die kirchliche Infrastruktur (z.B. Räumlichkeiten usw.). Inhaltliche Gründe werden nur vereinzelt und zögerlich genannt. Sich selbst als Kirche fühlen und aus diesem Bewußtsein heraus (innengeleitet), einen Auftrag verspüren, das Evangelium zu verkünden, das Brot zu teilen und aus einer biblisch begründeten Option für die Armen heraus die Begegnung mit den Armen zu suchen - eine solche Begründung (oder mit ähnlichen Worten), läßt sich in den Antworten der Gruppen nicht finden, vereinzelt aber in den individuellen Fragebögen. Die Kirche wird eher als eine Organisationsform gesehen, die bestimmte Dienste anbietet und eine manchmal hilfreiche Infrastruktur besitzt, weniger dagegen als eine „immaterielle“ Größe, z.B. als sichtbares Zeichen des Reiches Gottes oder als Sakrament der Gemeinschaft mit den Ausgegrenzten. Es herrscht ein soziologisches Verständnis von Kirche vor.

Alle Gruppen berichten von einer gewachsenen Akzeptanz in der Gemeinde (sowohl der Gruppe als auch der Idee). Aversionen sind durchgehend geringer geworden. Die Beziehung zur Gemeindeleitung hat sich insgesamt positiv verändert, wird aber mehrheitlich als noch nicht ausreichend bewertet. Einige Male besteht eine sehr enge Verknüpfung (oder gar in Personalunion) zwischen Perugruppe und KGR. Von den Kirchenleitungen fühlt man sich generell nicht behindert, weder bedrängt noch belästigt, aber auch nicht bestärkt. Das Dekanat (spielt nie eine Rolle) und Diözese (zweimal negativ erwähnt) spielen in der konkreten Arbeit der Partnerschaft laut Aussagen der Gruppen ansonsten keine Rolle. (Diese und andere Aussagen stimmen so nicht - so erwähnt z.B.  eine Gruppe, die auf eine sehr enge und fruchtbare Zusammenarbeit auf Dekanats- und Diözesanebene zurückblicken kann, diese Zusammenarbeit nicht. Dies läßt nur indirekt darauf schließen, daß diese Zusammenarbeit nicht stark im Bewußtsein verankert ist bzw. die betreffende Person mit den ehemals meisten Außenkontakten nicht mehr in der Gruppe ist oder bei der Beantwortung nicht anwesend war).

Die Gruppen sind bekannt in der Gemeinde. Sie werden meist als aktive Gruppe anerkannt und als selbstverständlicher Teil der Gemeinde betrachtet. Dennoch sehen sie sich ganz überwiegend eher als eine Gruppe am Rande, zweimal gar auf verlorenem Posten. Dies ist deswegen kein Widerspruch (aktiv, anerkannt - am Rande), weil die Gemeinden und Pfarrer die Existenz einer solchen Gruppe gerne sehen, weil „Mission“ eben gemacht werden muß und man dankbar dafür ist, daß dies einige in engagierter Weise betreiben. Nur dürfen diese dann sich nicht zu wichtig nehmen oder gar Aufregungen verursachen. Geklagt wird allgemein über mangelndes Feetback in Form von Mitarbeit, Impulsen, Anregungen. Allgemeines Motto: „Gut, daß es Einige gibt, die das tun“.

Die Gruppen sehen mehr Möglichkeiten für ihre Arbeit, wenn die Gemeinde als Plattform und Forum zur Verfügung steht. Zu beachten ist, daß überall dort, wo sich die gesamte Gruppe oder einzelne Mitglieder allzu „solidaritätsbewegt“ (will heißen, sich auch mit politisch brisanten Themen) engagiert haben, die Konflikte insofern beigelegt werden konnten, daß die „Unruhestifter“ die Gruppe verließen. In den Anfangsjahren waren mehr Menschen bereit, in den Gruppen mitzuarbeiten, die nicht primär vom kirchlichen Milieu geprägt waren. So gab es in den Anfangszeiten der Gruppen mehr Reibereien und Auseinandersetzungen mit der Gemeinde. Als „Gemeinde“ wurde hier von den Gruppen meist der Kirchenrat wahrgenommen, der parteipolitisch ausgerichtet war oder auch die Gottesdienstgemeinde, die von angeblich rein politischen Themen nichts wissen wollte. In allen Gemeinden, in denen es innerhalb der Gruppe zu Konflikten kam, wurden die Konflikte dadurch gelöst, daß sich ein Teil der Gruppe (meist der „politischere“ Teil) zurückzog, resignierte oder sich anderswo engagierte. Der Kirche sonst Fernstehende sind in den kirchlichen Gruppen nicht (mehr) zu finden. Die Integration in die Gemeinde ist selbstverständlich leichter, wenn die Gruppe sich der Gemeinde anpaßt. Die Lust zur konstruktiven Herausforderung oder Provokation (auf der Basis der Erfahrungen mit den Partnern) ist den Gruppen weitgehend fremd.

Die Vernetzung der Gruppen ist insgesamt schwach (kaum gemeinsames „Cajamarca - Bewußtsein“). Dennoch ist diese ansatzweise Vernetzung der Gruppen für die jeweiligen Pfarrgemeinden der einzige oder intensivste Bezugspunkt zu anderen Gemeinden, da allgemein die Zusammenarbeit von Gemeinden sehr wenig entwickelt ist. Partnerschaftsgruppen haben bessere und auch mehr Außenkontakte als sonstige Gruppen der Gemeinde. Ein Ansatz von Vernetzung findet sich in den folgenden drei Schwerpunkten: Seit 1995 kommt es zu einem jährlichen „Cajamarca-Treffen“ in Ulm. Die Mehrzahl der Gruppen nimmt daran teil (zuletzt 10 Gruppen). Die „Cajamarca-Treffen“
entstanden, um gemeinsam über die veränderte Situation in Cajamarca nachzudenken. Die Treffen werden als sehr hilfreich angesehen.

Die sechs Freiburger Gemeinden treffen sich bei dem jährlichen Partnerschaftstreffen der Erzdiözese; (dreimal wird angegeben, daß von dort keine konkreten Impulse mitgenommen wurden, einmal wird dieses Treffen als alleinige Informationsquelle genannt); Freiburg kann als Katalysator für die Partnerschaft (im Prinzip, aber mit zu hohen Erwartungen belastet) bezeichnet werden. Als dritter Schwerpunkt sind die Dortmunder „Informationen aus Cajamarca“ zu nennen, die seit etwa 30 Jahren kostenlos an Interessenten und Spender verschickt werden und vom „Dritte-Welt-Kreis St. Martin, Dortmund“ herausgegeben werden. Davon abgesehen war und ist die Dortmunder Gruppe bis heute stets angefragt bei Fragen der technischen Abwicklung von Hilfsendungen, Geldüberweisungen etc. Zusätzlich wurde auf dem letzten Ulmer Treffen Ende September 1998 beschlossen, einen Informationsaustausch innerhalb der Partnergemeinden zu organisieren. Mit dieser Aufgabe wurde die Dortmunder Gruppe beauftragt. Nachrichten aus Peru und den eigenen Partnergemeinden, die auch für andere interessant sein könnten, sollen zentral nach Dortmund geschickt und von dort an alle Partnergruppen verteilt werden.  

Auf die eigene Gemeinde hin kommt es natürlich zu mehr Aktivitäten. Außer Fürbitten und besonderen Anliegen in den speziellen Gottesdiensten handelt es sich in der Regel um Informationen über die Partnergemeinden und Spendenaktivitäten. Informationen und Spenden sind die Säulen der Partnerschaften. Bei den Informationen steht im Vordergrund, Verständnis für die Probleme der Partner zu wecken, an zweiter Stelle steht die Motivation für die Spenden. Pastorale Impulse, die ausgehen von den Erfahrungen in der Partnerschaft, werden für die eigene Gemeinde nicht intendiert. Keine Gruppe steht im Zentrum der Gemeindeaktivitäten. Das bedeutet auch, daß keine Gemeinde die Partnerschaft in den Mittelpunkt ihrer Gemeindepastoral stellt.  

Auf die Frage nach dem pastoralen Selbstverständnis der Gruppe wurde nur von sechs Gruppen geantwortet. Alle Freiburger Gruppen gehen nicht auf die Frage ein. Bei Nachfragen wurde gar Unverständnis geäußert, was die Frage denn soll. Im Vergleich der deutschen und peruanischen Gruppen besteht im Verständnis von Pastoral ein eklatanter Unterschied zwischen den peruanischen Partnergemeinden (nicht unbedingt peruanische Pfarrer) und den deutschen Gemeinden. Während in Peru (zumindest in den Gruppen und Gemeinschaften, mit denen alle deutschen Gemeinden ja einen möglichst direkten Kontakt wünschen) die Einheit von Glaube - Alltag, Kult - Praxis und Feier des Glaubens - Gemeinschaft selbstverständlicher geworden ist, scheint es bei uns nicht zu gelingen, diese Einheit herzustellen. Die peruanischen Partner werden geradezu bewundert wegen ihrer Fähigkeit, ganzheitlich zu glauben und zu leben, während gleichzeitig die eigene Praxis als mangelhaft erlebt wird. Um so bemerkenswerter ist die Ablehnung eines pastoralen Auftrags im Selbstverständnis der meisten Gruppen.

Pastoral wird in den Gruppen (und zu vermuten erst recht in der Gesamtgemeinde) als Aufgabe der Hauptamtlichen betrachtet. Vor allem aber wird Pastoral auf Kult reduziert (Sakramente, Gottesdienst). Dafür aber sind Spezialisten zuständig, die nicht nur dafür ausgebildet wurden, sondern die auch dafür bezahlt werden. Selbst sonst sehr engagierte und fähige Mitarbeiter, ohne die in unseren Gemeinden wenig laufen und die in einigen Bereichen noch gerne mehr Verantwortung übernehmen würden,  erklären sich für die Pastoral nicht zuständig und/oder nicht kompetent. Wie ist es zu erklären, daß in unserer „aufgeklärten“ Gesellschaft und Kirche die alten Muster von „Kult- und Opferpriestertum“, die Trennungen von Leib und Seele, von Spiritualität und Engagement (usw.) offenbar noch wirksamer sind als z.B. in Campesinogemeinschaften, die über Jahrhunderte hinweg mit aller Gewalt gerade in diese Muster hineingepreßt wurden?  Ersetzt vielleicht ein schwärmerisches Verständnis von Basisgemeinden, in die alle vor Ort unerfüllten Hoffnungen auf eine lebendige Gemeinde und erneuerte Kirche hinein projektiert werden, das konkrete Auseinandersetzen mit den Verhältnissen vor Ort, so daß sich gerade deswegen so wenig verändert?  Wie noch zu sehen sein wird, sind die meisten Gemeinden nicht in der Lage, auf veränderte Situationen in den Partnergemeinden angemessen (die Frage, was angemessen ist bzw. ob überhaupt reagiert werden kann und soll, bleibt vorerst offen) zu reagieren, weil die Partnerschaft von vorne herein nicht als pastorale, theologische Herausforderung gesehen wurde und es deshalb auch nicht ausreichend zu positiven, d.h. auch sich selbst in Frage stellenden Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe und der eigenen Gemeinde gekommen ist.

Bei den wenigen Gruppen, die ihre Arbeit auch als einen pastoralen Auftrag verstehen, wird die Auseinandersetzung mit den Veränderungen in den Partnergemeinden zu einer Klärung der eigenen Standpunkte genutzt, sowohl innerhalb der eigenen Gemeinde als auch gegenüber den Partnern. Eine offensive pastorale Auseinandersetzung führt zu einer Stärkung der Partnerschaft sowohl innerhalb der eigenen Gemeinde als auch zu einer Bestärkung der Gruppen in den Partnergemeinden, die eine entsprechende Option der deutschen Gemeinde als Zeichen der Solidarität verstehen, das ihnen Mut macht, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.

Die Gruppen, die einen pastoralen Auftrag zurückweisen, ziehen sich angesichts der Veränderungen in den Partnergemeinden - nun auch argumentativ - auf reine Projektarbeit zurück, sehen die kirchenpolitischen Veränderungen als gegeben an und/oder arrangieren sich mit den „kirchlichen Autoritäten“, oft ohne zu wissen, was dies für ihre Partner bedeutet (alle Gruppen geben ja an, daß sie den Ärmsten helfen wollen, auch die Spender gehen davon aus).  

Bei der Frage der Erfolgserlebnisse und Enttäuschungen überwiegen die Enttäuschungen. Die Erfolgsergebnisse auf die eigene Gemeinde hin sind insgesamt eher bescheiden. Es werden vor allem ein gesteigerter Kauf von Produkten aus der Dritten Welt genannt und die Akzeptanz der mittlerweile regelmäßigen Perugottesdienste. Zwar wird von allen Gruppen gewünscht, mehr in die Gemeinde hineinwirken zu können, doch wie das geschehen könnte, bleibt meist sehr vage. Von der Gemeindeleitung sehen sie sich dabei bis auf zwei Ausnahmen nicht unterstützt. In der Mehrheit der Gruppen wird heute eher ein Rückgang von Veränderungsmöglichkeit in der Gemeinde und auch im gesellschaftlichen Umfeld festgestellt als zu Beginn der Partnerschaft. Von einer Aufbruchstimmung in den Gruppen oder gar Gemeinden ist nicht viel (mehr) zu spüren, unabhängig von den Ereignissen in der Partnergemeinde (deren veränderte Situation verstärkt natürlich noch die zur Zeit eher pessimistische Stimmung).

Im Prinzip weiß man, daß „eigentlich“ eine bessere Koordination mit anderen Gemeinden in Fragen der Partnerschaft notwendig wäre, daß man junge Menschen in die Gruppe integrieren müßte, daß man einfach mehr über die Partner und auch gesellschaftliche und kirchliche Zusammenhänge wissen müßte, doch alle Gruppen fühlen sich in diesen Fragen vor allem deswegen hilflos, weil sie sich in ihrem Engagement nicht ausreichend von „der Kirche“ unterstützt fühlen. In Ermangelung eines eigenen pastoralen, theologischen Fundaments und einer Orientierung aus sich heraus, führt der Ausfall einer geistlichen Orientierung durch Pastoren zur Gefahr einer spirituellen Leere und Orientierungslosigkeit.  Die Vermittlung des Partnerschaftsgedanken wird als sehr schwierig empfunden, vor allem deswegen, weil man nicht sehen kann, was diese Arbeit einbringen soll. Viele Gemeindemitglieder sehen die Partnerschaft hauptsächlich als eine einseitige Spenden - Patenschaft. Dazu kommen noch äußere Faktoren. Durch terminliche Schwierigkeiten bei den Mitgliedern der Gruppen bleibt die Arbeit oft bei Wenigen hängen. Die wenigen Mitglieder sind oft auch in anderen Kreisen der Pfarrei aktiv und beruflich zudem sehr belastet. Andere Gemeindemitglieder erwarten Aktivitäten von der Gruppe, machen aber selbst nicht mit.

Die bereits in der Gemeinde Engagierten haben sich um andere Themen zu kümmern, als daß sie noch ein neues Thema aufnehmen könnten (Überlastung der Kerngemeinde). Die Laien sind einerseits immer mehr gefordert, sie werden gebraucht, weil sonst das Gemeindeleben zusammenbricht, gleichzeitig spüren sie, daß sie bei den entscheidenden Fragen nicht ernst genommen werden.

Exkurs: Das Hauptargument der fehlenden Zeit und der damit zusammenhängenden Überlastung läßt darauf schließen, daß sich die Rangfolge der Prioritäten verschoben hat. Während hier bei uns die Menschen wenig Zeit benötigen, um für den existentiellen Lebensunterhalt zu sorgen, aber dennoch keine Zeit haben, weil sie mit Dingen beschäftigt sind, die über das Existentielle hinausgehen, ist es in Peru anders herum: Die Menschen brauchen viel Zeit, um das Überleben zu sichern, haben aber darüber hinaus mehr Zeit - Zeit, die sie in die Gemeinschaft investieren, in die Verbesserung ihrer Beziehungen aber auch in die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse. Es stellt sich die Frage, was für die Menschen hier existentiell so wichtig ist, daß sie trotz immer noch steigendem Wohlstand (auf die Mehrzahl der Gruppenmitglieder bezogen) in immer größeren Druck geraten bzw. sich immer mehr selbst unter Druck setzen. Im Grunde ist diese Frage nach den Prioritäten eine Frage nach dem Ersten Gebot, eine Frage nach Gott. Diese Frage wird von den Basisgruppen in Cajamarca eindeutig beantwortet: Ohne Gott kein menschenwürdiges Leben (siehe Fragebogen).

Wichtig wäre vor allem zu fragen, was es für die Verkündigung der Botschaft Jesu bedeutet, wenn selbst für engagierteste Gemeindemitglieder (die eigentlich nicht ums Überleben kämpfen müssen und Zeit hätten) die Verkündigung der Botschaft Jesu bzw. ein Ausrichten an seiner Botschaft entweder nicht mehr absolute Priorität hat oder (innerhalb bestimmter gesellschaftlicher und kirchlicher Strukturen) für utopisch, d.h. für nicht realisierbar, angesehen wird. Umgekehrt: nimmt man die Verkündigung der Botschaft von Jesus dem Christus ernst, bleibt eine verschwindend kleine Zahl von Menschen, die unter den Bedingungen dieser Gesellschaft und der heutigen Zeit bereit und auch in der Lage wären, den Anbruch der Herrschaft Gottes zu verkünden und dies zeichenhaft in Gemeinschaft zu leben (als Kirche). Diese kleine Gemeinschaft hätte dann mit der zu noch 70% christlichen Gesellschaft wenig gemein. (In jeder Gemeinde gibt es engagierte Christen, die bis an den Rand der Erschöpfung sich für die Gemeinde bzw. die Partnerschaftsarbeit einsetzen. Diese gilt es zu stützen und zu ermutigen. Dieser Exkurs richtet sich nicht kritisch an den Einzelnen, sondern an den gesellschaftlichen Kontext, es geht um strukturelle Anfragen an Gesellschaft und Kirche).

Nach Einschätzung aller Gruppen besitzt die Partnerschaftsarbeit (noch weniger die Solidaritätsarbeit) keinen hohen Stellenwert, weder in der Gemeinde, noch in der Kirche insgesamt. Projektarbeit wird von kirchlichen Stellen als wichtiger angesehen (so der Eindruck der Gruppen) als Partnerschaftsarbeit, das wird von den Gruppen selbst aber als Mangel oder gar Verkürzung der christlichen Botschaft gewertet. Besonders in den Referaten Weltkirche der Diözesen (außer Freiburg) und auch den Hilfswerken (was hier verständlicher ist, denn dies ist deren Hauptaufgabe) geht es nach Auffassung der Gruppen zuerst um vorzeigbare Projekte und entsprechende Statistiken. Allgemein wird festgestellt, daß es leichter wäre, reine Projektarbeit zu machen (was dann auch viele tun, weil sie sich darüber hinaus von niemand unterstützt fühlen). Partnerschaftsarbeit wird innerhalb der Gemeinde als notwendige „Hilfe für die Armen“ eingestuft und als Angelegenheit und Aufgabe der entsprechenden Gruppe angesehen. Die Gruppe wird innerhalb der Gemeinde dann auch noch kritisiert, wenn sie zu wenig informiert und sie wird auch kritisiert, wenn sie schon wieder informieren will. Wie soll aber die Bedeutung der Partnerschaftsidee der Gemeinde (einschließlich einer Option für die Armen etc.) vermittelt werden können, wenn die Partnerschaft selbst nicht vom Innersten des eigenen Glaubensverständnisses her und nicht als zentral für das eigene Kirchesein begründet werden kann?

Selbst die Pfarrer, die die Partnerschaftsgruppen mit der größten Sympathie begleiten, sehen die weltkirchliche (katholische) Dimension der Kirche bestenfalls als Zusatz (Anhang), nicht aber als konstitutiv für (katholische) Kirche. Der römischen Dimension von Kirche (dem abendländisch inkulturierten Teil von Weltkirche mit entsprechender Rechtsform und Hierarchie) wird eine ungleich höhere Bedeutung beigemessen. Diese äußere, geschichtliche Form wird so zur Mitte, die universelle und auf Jesus Christus zurückgehende Form von Kirche als Gemeinschaft aller Menschen, die an Jesus den Christus glauben, wird zur Peripherie oder verkommt gar zu exotischer Folklore.


2.  Das Gestalten der Partnerschaft (Kommunikation, Besuche, wer Partner mit wem)

Gestaltung der Partnerschaft (Partner zu Partner)
-  Wer sind die Ansprechpartner dort - Bischof, Pfarrer, KGR, Einzelpersonen?   
-  Wie transparent ist die Kommunikation?  Welche Kommunikationsschwierigkeiten  
(außer Sprache)?
-  Kam es zu Besuchen und wie verliefen Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung?  
Welchen Stellenwert und welche Nachwirkungen auf beiden Seiten haben die Besuche?

Zusammenfassung der Antworten

Ansprechpartner: „Gemeindeleitung (Ordensschwestern); Pfarrer, Gemeindeleiterin (Ordensschwester), Schuldirektor. Bis 1992: Consejo parroquial (wg. Partnerschaft gegründet), Pfarrer, Gemeindereferentin, Bischof, Einzelpersonen (persönlich bekannt), Katecheten, Präsidentinnen der Clubs, seit 1993: direkter Kontakt zu allen Gruppen (Directiva der Mütterclubs, Comunidades, Asosación der Campesinogemeinschaften mit eigener Leitungsstruktur, Alphabetisadoras, Coordinadora Olivia. Ansprechpartner ist die „equipo pastoral“, dies war in den ersten Jahren im wesentlichen ein Pfarrer, ein spanischer Missionar, leider gelang es uns nicht, dauerhafte weitere Kontakte zu bauen, wegen zweimaligem Pfarrerwechsel in den letzten 2 Jahren lange ‚Sendepause‘ aus Peru, jetzt ist in San Miguel Pfarrer Walter Cruz, der bisher einmal geschrieben hat. Wir versuchen dort, einen Ausschuß für Partnerschaft zu initiieren. Ansprechpartner in San Marcos: Victor Acosta Sánchez, die Pfarrer Thomas und Marcos halten sich völlig bedeckt, eher ablehnend in der Partnerschaft. Ansprechpartner dort sind in Tembladera der Ortspfarrer. Ansprechpartner in Peru: Provinzkomitee der Frauengruppen Bambamarca, früher Bischof Dammert, DAS. Ansprechpartner ist im Moment nur Padre Ephraím, was für uns als AK zu dünn ist, wir arbeiten derzeit  an einer Verbreiterung und Intensivierung der Kontakte. Ansprechpartner war der Bischof und seine europäischen Mitarbeiter, erst in einer späteren Phase kamen Kontakte zu Peruanern zustande. Ansprechpartner dort: Walter Perales, Alois Eichenlaub. Pfarrer, Schwestern, Einzelpersonen“.

Transparenz der Kommunikation: „Sinn der Frage ist unklar. Hier: Briefe nach und aus Porcón werden veröffentlicht (im Kirchenanzeiger und am Infobrett des AK in der Kirche), dort: der Fami- lienkatechese werden unsere Briefe vorgelesen, Geldsummen werden nicht bekannt gegeben. Die Kommunikation gestaltet sich oft schwierig, da oft wenig konkrete Information vorliegt. Rückmeldungen lassen manchmal oft lange auf sich warten, wir sind manchmal zu direkt: Voll transparent innerhalb der Gruppe, Berichte im KGR, auszugsweise an Gemeinde, Schwierigkeiten: Mentalitätsunterschiede, verschiedene Auffassungen über Gemeindeleitung (1993, jetzt nicht mehr), Vorwurf der Einmischung in innere Angelegenheiten (nach Bischofswechsel seitens des Pfarrers und Bischofs). Vorwurf der Beeinflussung der Partnergemeinde mittels Geld. Unser Problem seit zwei Jahren ist der Umbruch in der Partnergemeinde, der uns ohne festen Ansprechpartner ließ, wir fangen daher fast wieder von vorne an, die Kommunikation über Briefe wird immer wieder der Gemeinde transparent zu machen versucht. Schwierig ist wie gesagt der Kontakt mit Bischof Simón und den Pfarrern Tomás Abanto und Marcos Rodríguez, ihre Situation (unsinniges Zölibatsversprechen, fehlende finanzielle Unterstützung durch die Diözese) können wir zwar verstehen, aber nicht ändern, Bischof Dammert konnte früher vermitteln, das geschieht heute nicht mehr, unseres Wissens. Die Kommunikation innerhalb der Gruppe könnte noch verbessert werden. Die Kommunikation ist transparent: jeder darf wissen, was wer geschrieben hat, jedoch ist nicht jede Information für die Öffentlichkeit außerhalb der Perugruppe gedacht. Briefe werden übersetzt, ebenso Vorträge und Gespräche mit Besuchern, die Kommunikation ist transparent. Es geht darum, sich kennenzulernen und seine Probleme zu kommunizieren. Es ist innerhalb der Partnergemeinde noch zu wenig bekannt, daß es uns gibt. Der Personenkreis, mit dem wir kommunizieren, ist noch zu gering. Unsere Ziele, die wir mit der Partnerschaft verfolgen, sind zu wenig bekannt, das Geld steht immer sehr im Vordergrund“.

Stellenwert der Besuche: (Jahreszahlen, Namen etc, werden weggelassen):
Motivationsschub für Freundeskreis. Stellenwert: sehr wichtig für beide Seiten, persönliche Beziehungen tragen die Partnerschaft hier und dort. Stellenwert: sehr hoch, Verteilung der "Lasten" hier auf mehrere Schultern, Vertiefung der Beziehungen, persönliche Erfahrungen, Berufsentscheidung (u.a. Entscheidung zum Priesterberuf), Nachwirkungen in der Gemeinde sehr positiv, Motivationsschub, Partner bekommen Gesichter, Partner sehen unsere Probleme (u.a. wie mühsam, Spenden zu bekommen).  Besuche etwa alle drei Jahre, weniger als Kontrollfunktion, sondern als Mut machende Vertrauensbildung. Die Besuche hier fanden Beachtung, sind bei manchen Leuten in guter Erinnerung, haben aber kein dauerhaftes zusätzliches Engagement gebracht; die Besuche dort brachten außer Interesse und Beachtung ein neues Mitglied im Ausschuß. Den Stellenwert der Besuche schätzt die Gruppe sehr hoch ein, bisher wurden aber die Besuche nicht genügend vorbereitet, die Nachbereitung war jedoch immer intensiv. Im Zentrum der Reisen standen Begegnungen und das Kennenlernen der Welt der Partner, nach der Rückreise gab es jedesmal Berichte und Gespräche über die gemachten Erfahrungen. Die Besuche sind das feste Bindeglied zwischen uns und den Partnern und das fruchtbarste Lernfeld in der Partnerschaft. Leider gab es trotz guter Ansätze hier bei uns seitens der Partner keine weiteren Schritte mehr nach dem Besuch hier, wir sehen hier auch die Konsequenz aus der eindimensionalen Kontaktschiene. Es kam von beiden Seiten zu Besuchen, die für die Partnerschaft sehr wichtig waren und das Interesse an der Arbeit verstärkten, Nachwirkungen: hat einiges bewegt, hat konkrete Formen angenommen, die Partnerschaft ist ‚Mensch‘ geworden und ist den Leuten bewußt geworden. Hat zur Gründung unseres Teams geführt. Durch die Besuche kann man sich ein besseres Bild machen über die reale Lebensweise der Menschen in der Partnergemeinde und Probleme und daraus resultierende Wünsche besser in konkrete Projekte umsetzen, bei denen man nicht nur mithelfen, sondern auch konkrete Ziele definieren kann. Wir halten gegenseitige Besuche für eine der besten Möglichkeiten, sich kennenzulernen“.

Kommentar: Überall, wo es keine direkte Kontakte zu Gruppen bzw. wo es überhaupt keine aktiven Gruppen in der Partnergemeinde gibt, gibt es zur Zeit wenig oder keine Kommunikation. Dies ist in mindestens sieben Partnergemeinden der Fall. Über den jetzigen Bischof gibt es keinen Primärkontakt, aber gelegentlich werden Briefe ausgetauscht. Wunsch aller Gruppen ist ein direkter Kontakt zu den Partnern, zu den Gruppen der Partnergemeinde und zur Partnergemeinde insgesamt. Es besteht ein wachsendes Mißtrauen, daß der jeweilige Pfarrer der Partnergemeinde nicht (mehr) die dortige Gemeinde repräsentiert und das verbreitete und anerzogene Bild vom Pfarrer als Verkörperung und Repräsentant der Einheit einer Gemeinde gerät ins Schwanken. Besonders die Freiburger Gemeinden sind hier betroffen, sie werden aber vom zuständigen Referat Weltkirche bestärkt, Vertrauen in die kirchlichen Strukturen in Cajamarca zu haben und die Einheit mit dem Bischof und damit der Kirche nicht zu gefährden. Als Hauptproblem der Partnerschaften stellt sich so die Frage der Ansprechpartner in den Partnergemeinden heraus. Der Wunsch nach direkten Kontakten deutscher Gemeinden zur „Basis“ (zu den Ärmsten) kommt in Konflikt mit der realexistierenden Gemeindesituation in den Partnergemeinden, in denen mehrheitlich die Pfarrer allein „Besitzer“ der Partnerschaft sind oder nicht behilflich sind, Kontakte zu den einzelnen Gruppen zu ermöglichen bzw. solche Gruppen überhaupt nicht wollen (besonders nicht auf dem Land, was wiederum für die deutschen Gemeinden am attraktivsten wäre). Die sich zu stellende Frage, wer und was denn nun Gemeinde ist, wer die Träger der Partnerschaft und wer und was die bleibende und konstitutive Konstante in der Beziehung zweier Gemeinden ist, wird eher verdrängt. Oder die Probleme mit den „Ansprechpartnern“ werden als spezifisches Lokalkolorit Cajamarcas angesehen, was im Grunde nichts mit uns zu tun hat und was letztlich so akzeptiert werden muß. Bei der Frage nach dem Bischof als Repräsentant der Kirche in Cajamarca verhält es sich ähnlich. Es kann nur in seltenen Fällen wahrgenommen werden, daß die Partnergruppen erwarten, daß die deutschen Gemeinden Stellung beziehen und sie angesichts der Anmaßungen der offiziellen Kirche nicht im Stich lassen.

In den deutschen Gemeinden ist bis auf eine Ausnahme die Kommunikation transparent, sowohl innerhalb der Gruppe, als auch auf die Gemeinde hin (letzteres nur im Prinzip, denn viele Gruppensind der Meinung, daß man nicht alle Tatsachen und Berichte aus den Partnergemeinden, zumindest nicht sofort, der Gemeinde z. B. im Gottesdienst mitteilen kann). Der Inhalt der Briefe besteht aus Absprachen zu gemeinsamen Vorhaben, Berichten über die Projektarbeit (dort) und unsere Aktivitäten (um Spenden zu sammeln) hier. Weiterhin sind Absprachen über Besuche, persönliche Anliegen, gegenseitige Informationen um sich kennenzulernen, persönliche Mitteilungen aus dem Alltag, der Familie, der Politik o.ä. Themen der Briefe. Das Hauptinteresse der deutschen Gemeinden ist das gegenseitige Kennenlernen, das Kennenlernen der Lebensumstände der Partner, ihres Alltag etc. - auch im Kontext der nationalen Situation. In der Regel ist auf deutscher Seite die gesamte Gruppe an der Kommunikation beteiligt, auch die Gemeinde wird mit einbezogen. Der Pfarrer steht dabei nicht im Mittelpunkt. Auf peruanischer Seite ist die Kommunikation in der Mehrzahl der Gemeinden auf eine Person beschränkt (meist Pfarrer, Schwester).  

Seit dem Bischofswechsel wird eine starke Zunahme der Kommunikationsschwierigkeiten registriert, weil der Bischof als Vermittler und „Notanker“ ausfällt. Seither schreiben die peruanischen Priester noch weniger oder auch gar nicht mehr. Ausländische Priester, die vorher eine große Hilfe waren und oft als Vermittler eingesprungen sind, sind außer einem Pensionär nicht mehr in der Diözese. Am besten funktioniert noch die Kommunikation mit den Schwestern (die aber immer mehr durch kontemplative Schwestern aus Spanien ersetzt werden). Der Wunsch, die Sprache der Partner zu verstehen und zu lernen, ist auf deutscher Seite stark ausgeprägt. Auf peruanischer Seite spricht niemand deutsch oder hat wegen der Partnerschaft begonnen, deutsch zu lernen. Auf beiden Seiten wird dieser ungleiche Zustand als selbstverständlich angesehen.

Als ebenfalls selbstverständlich wird angesehen, daß die deutschen Partner sich auf eigene Initiative über das Partnerland informieren, während umgekehrt dies nicht erwartet wird und auch selten geschieht. Im Grunde wird dadurch eine gleichberechtigte Partnerschaft von vorneherein in Frage gestellt. Bei den wenigen deutschen Gemeinden, in denen systematisch versucht wurde, die Partner auch über das eigene Gemeindeleben, über soziale und politische Entwicklungen hier und über Kirche und Glaube in Deutschland zu informieren, stießen diese Informationen auf großes Interesse. Kommunikationsprobleme über die Sprache hinaus werden nicht thematisiert, höchstens geahnt oder in die gängigen Muster einsortiert. Dabei werden immer wieder diese beiden Bewertungen genannt: seitens der Deutschen, daß die Peruaner schreibfaul seien und seitens der Peruaner, daß die Deutschen zu rational (gemeint ist ohne Gefühl) und zu wenig flexibel seien. Die Antworten der Gruppen lassen darauf schließen, daß  von einem Kulturschock und von der Fremdheit und Andersartigkeit der Partner gesprochen wird. Inwieweit diese Erfahrung zu einer grundsätzlichen Infragestellung der eigenen Person (Lebensstil, Glaube, Glaubenspraxis usw.) oder der pastoralen und sozialen Praxis der Gemeinden führt wird im Fragebogen der Gruppe nicht beantwortet, im individuellen Fragebogen stellt sich eine Minderheit dieser Frage und kommt zu einer positiven Antwort.  

In allen Gemeinden kam es zu Besuchen, bis auf zwei Gemeinden kam es auch zu einem Gegenbesuch aus Peru (Besuche Bischof Dammerts nicht mitgezählt). Das persönliche Kennenlernen ist für alle Gemeinden ein unverzichtbarer Bestandteil der Partnerschaft. Persönliches Kennenlernen bedeutet auch, die Verhältnisse, Lebensumstände etc. der Partner kennenzulernen. Die Besuche werden einstimmig als entscheidend und wegweisend für die Partnerschaft genannt, ohne Besuche geht es nicht. Vorbereitung, Organisation und Erfolg der Besuche hängen entscheidend von dem Selbstverständnis der Gruppe, dem festgelegten Schwerpunkt der Reise und von den entsprechenden Ansprechpartnern ab. Wenn es wenig Ansprechpartner gibt oder nur der Pfarrer die Gruppe empfängt, erschwert dies ein Kennenlernen der Partnergemeinde und der jeweiligen negativen und positiven Seiten der Lebensumstände der Partner. Deren Probleme, einschließlich der Ursachen, kommen nicht authentisch zur Sprache.

Besuche der peruanischen Partner in Deutschland sind viel problematischer, auch weil oft nur der Pfarrer zu Besuch kommen kann. Die meisten Pfarrerbesuche führten nicht oder nur für kurze Zeit zu einer Belebung der Partnerschaft. Peruanische Pfarrer sehen in ihrer Mehrheit den Besuch eher als „Lohn“ der Partnerschaft und weniger als Möglichkeit, mit neuen Ideen in die eigene Gemeinde zurückzukehren. Aus zwei Gemeinden wird berichtet, daß der Besuch den peruanischen Besucher verändert hat und daß nun mehr Verständnis z. B. dafür besteht, daß wir für unser Spendenaufkommen hart arbeiten müssen und das Geld nicht auf der Straße liegt. Man erwartet aber in der Regel viel mehr von einem Besuch, weiß aber keine Lösung, wie man dies erreichen könnte. Die Mehrzahl der Gemeinden ist daher mit Einladungen sehr vorsichtig, ist sich aber gleichzeitig bewußt, daß die Ungleichheit der Besuche die generelle Schieflage (von arm zu reich) eher noch bestärkt. Campesinos waren noch nicht zu Besuch. Einladungen an die direkt Betroffenen (z. B. Campesino-Katecheten) werden diskutiert, im Prinzip auch für wünschenswert erachtet, doch wegen der zu großen sozialen und kulturellen Unterschiede nicht ausgesprochen.

Ergänzung aus „Individueller Fragebogen“:

Das schönste Erlebnis war mit weitem Abstand der Besuch in Peru. Mehrheitlich sind es die Besuche auf dem Lande, die in Erinnerung bleiben. Wo es nicht zu diesen Besuchen auf dem Lande kam, wurde dies schmerzlich vermißt. Das bedeutet, daß man gerne auf das Land gegangen wäre, dies aber z.B. vom Pfarrer der Partnergemeinde nicht vorgesehen war. Die Besucher möchten das Leben der Ärmsten (nicht nur auf dem Lande) aus der Nähe kennenlernen, sie möchten deren Hütten sehen, wissen, was sie essen und wie und von was sie leben. Von diesen Armen eingeladen zu werden, ist für alle Besucher das schönste Erlebnis bzw. wäre der größte Wunsch. Man erinnert sich zuerst an die überschwängliche Gastfreundschaft, an die Freude und Begeisterung der Menschen und an die gemeinsamen (Wort-) Gottesdienste. Je ärmlicher dabei die Umgebung und um so ärmer die Menschen, desto nachhaltiger ist die Erinnerung. Diese so entstandene, stark emotionale Verbindung ist es, die viele Besucher heute zum Durchhalten befähigt.

Das Band der Zärtlichkeit ist das Fundament einer stabilen und echten Beziehung und es ist diese zärtliche Verbundenheit, die über alle Unterschiede hinweg trägt und so auch Rückschläge verkraften kann. Allerdings sind es genau diese Menschen, die sich auf diese Ebene der Beziehung eingelassen haben, die dann auch am meisten (mit-) leiden, wenn die Partner der Willkür von sogenannten „Autoritäten“ ausgeliefert sind. Sie können dann auch ihre Betroffenheit - selbst in der eigenen Gruppe - nur sehr schwer denen vermitteln, die diese Erfahrungen nicht gemacht haben oder rein formalistisch und legalistisch z. B. von den nun mal so vorhandenen kirchlichen Strukturen sprechen.

Allein theoretische (theologische, wirtschaftliche etc.) Erkenntnisse oder moralische Appelle vermögen vielleicht Einsichten zu schaffen, geben aber allein nicht die Kraft und bewirken keine Veränderung. Verhaltensänderungen, von denen vereinzelt berichtet wird, beruhen auf dem direkten Erleben von Elend und Unterdrückung im Zusammenhang der Begegnung mit den Partnern (vor allem Campesinos). Verhaltensänderung wird hier im Sinne von Bekehrung und Umkehr verstanden. Ist man bereit, diese Begegnungen und Verhaltensänderungen als religiöse Ereignisse ersten Ranges zu sehen, dann wird deutlich, daß es (auch im übertragenen Sinne) farbenfrohe, sinnliche und bewegende Momente sind, die den Menschen in seinem Innersten bewegen und Religion (Offenheit für das Andere) konstituieren.

Eine Begegnung mit dem ‚Anderen‘ kann die Voraussetzung dafür schaffen, dem ganz ‚Anderen‘ begegnen zu können (und umgekehrt). Daß es sich dabei auch um tiefe mystische Erlebnisse handelt, damit auch um sehr spirituelle Erlebnisse, wird allerdings von den Betroffenen kaum so erfahren, da man nicht gelernt hat, in diesen Kategorien zu denken, zu sprechen und zu fühlen. Man wird überwältigt ohne zu wissen, was wirklich geschieht. Die Erschütterung, im notleidenden Nächsten das Antlitz des gekreuzigten Christus zu entdecken, ist der entscheidende Moment einer persönlichen Bekehrung und Umkehr - und um so wichtiger, als diese „grenzüberschreitenden“ Glaubenserfahrungen in den eigenen Gemeinden nicht gemacht werden (können).

Auch der „normale“ Gemeindegottesdienst als eigentlich dichteste Form der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen bietet keinen Raum für solche Erfahrungen. Es sind dagegen gerade die erlebten Gottesdienste mit Campesinos, die für einige zum ersten Mal erahnen lassen, was es heißt, mit den Armen das Brot zu teilen und gerade so die Gegenwart Gottes zu spüren. Selbst etliche Männer berichten von Tränen, derer sie sich erstmals nicht schämten. In den Gruppen sind diejenigen die aktivsten, die von solchen Erlebnissen erzählen können. Sie sind mit dem Herzen dabei, weil sie sich anrühren ließen und sich geöffnet und „ausgeliefert“ haben. Wo die Beziehung aber nur auf rein rationaler Basis besteht, finden sich auch bald rationale Argumente, um die Beziehung abzubrechen.   

3. Projekte

In der Vorstellung der Gemeinden wurden schon die Projektschwerpunkte der einzelnen Gemeinden mit genannt. Daher schließt sich eine kommentierte Zusammenfassung an.  

Kommentar: Die deutschen Gemeinden möchten in keiner Weise den Eindruck erwecken, den Partnern bestimmte Projekte aufzuzwingen. Tatsächlich werden in keiner Gemeinde die Projekte von hier aus vorgegeben, sondern alle Projektvorschläge kommen von den Partnern. Hier wird dann lediglich geprüft, ob diese Projekte finanzierbar sind oder nicht. Auch wird peinlichst vermieden, den Partnern inhaltliche Vorgaben zu machen, außer - aus deutscher Sicht als selbstverständlich vorausgesetzt - daß die Arbeit und das Geld den Armen zugute kommt. Man vertraut dem Partner (meist Pfarrer), daß dieser am besten weiß, was zu tun sei. Dennoch wäre es allen Gruppen lieber, wenn die Vorschläge von den Bedürftigen selbst kämen, diese mindestens aber mit einbezogen würden. Aber das traut man sich, wenn überhaupt, nur sehr zaghaft zu formulieren, da es sonst als Zeichen des Mißtrauens ausgelegt werden könnte.

Da, wie schon festgestellt, die pastorale Komponente nicht stark ausgeprägt ist, wird wenig nach dem pastoralen Konzept gefragt. Bedauert wird sehr, daß von den Betroffenen selbst keine Rückmeldungen kommen und auch von den Verantwortlichen kommt wenig. Dennoch möchte man nicht kontrollieren, um nicht als „Kolonisator“ zu erscheinen. Die meisten Gruppen stehen aber in dem Dilemma, einerseits sich den Spendern verantwortlich zu fühlen und diese auch entsprechend zu informieren und Rechenschaft abzulegen und andererseits den Partnern gegenüber äußerst verständnisvoll zu sein (sein zu müssen) und keine unnötigen bürokratischen Hürden einzubauen. Denn gerade darin möchte man sich von den großen Hilfswerken unterscheiden, ohne sich allerdings mit deren Arbeitsweise, Form der Projektbegleitung, Grundlagen und Zielvorstellungen intensiver befaßt zu haben. Eine entschiedenere Begleitung der Projekte seitens der deutschen Gemeinden wäre wünschenswert. Dabei könnten die Erfahrungen der Hilfswerke (Misereor) von großem Nutzen sein, doch werden diese Erfahrungen aus verschiedenen Gründen wenig genutzt bzw. es besteht ein Informationsdefizit (beiderseits), was seitens der Gemeinden schnell zu Vorurteilen führt („wir handeln unbürokratisch, aber die Hilfswerke..“)  

Auch wenn rein technische Projekte, Bauten, Landwirtschaft usw. überwiegen und als leichter abwickelbar angesehen werden, möchten doch alle Gemeinden, daß in den Partnergemeinden mehr Gruppen entstehen, daß Katecheten mehr Verantwortung übernehmen und auch pastorale Fortschritte (einheimische Kirche, Rolle der Laien, Basisgemeinschaften) sichtbar werden. Diese Wünsche werden aber erst auf Rückfragen geäußert und sind eher unterschwellig vorhanden. Man findet keine Möglichkeit (oder ist nicht in der Lage), dies deutlich zu formulieren und auch den Partnern gegenüber zu vertreten, was zudem von der Mehrzahl der Gruppen als unzulässige Bevormundung betrachtet würde und deshalb unterlassen werden sollte.

Über die Hälfte der  befragten Gemeinden geben nur zögerlich Auskunft über Projekte, vor allem wenn es um Probleme im Zusammenhang mit Projekten oder um die Höhe der Spenden geht. Noch zögerlicher ist man, wenn es um die Information in der Partnergemeinde geht. Aus Angst, den peruanischen Pfarrer bloßzustellen, nutzt man nicht die Gelegenheit, z. B. bei Besuchen in der Partnergemeinde, in der Partnergemeinde öffentlich über die Partnerschaft, konkret über die Höhe der geschickten Spenden, zu informieren. Man fürchtet - neben der evtl. Bloßstellung - Neid und Streit zu verursachen, ohne zu bedenken, daß gerade eine mangelnde Information zu Unfrieden führen kann.

Die Mehrzahl der peruanischen Gemeindemitglieder (bezogen auf die Gesamtheit der Gläubigen im statistischen Sinne und nicht bezogen auf die aktiven Gruppen) geht selbstverständlich davon aus, daß jeder Pfarrer, der Besuch aus Deutschland bekommt oder gar selbst schon in Deutschland war, seinen Teil erhält. Die wenigen Gemeinden mit direkten Beziehungen haben dank der vorhandenen Transparenz nicht diese Probleme. Ein peruanischer Pfarrer, dem die Partnerschaft ein großes Anliegen ist, müßte in seinem eigenen Interesse und zu seinem eigenen Schutz für Transparenz sorgen.

In den deutschen Gemeinden ist Transparenz selbstverständlich, ebenso eine demokratische Entscheidung über die Spenden. In mindestens zwei Gemeinden haben aber die jeweiligen Pfarrer damit ihre Probleme. Alarmierend ist, daß kaum wahrgenommen wird, was die Gelder bei den eigentlichen Adressaten bewirken oder welche Empfindungen sie auslösen können. Neben den schon erwähnten mangelnden Direktkontakten spielt hier auch die Unkenntnis der Mentalität der Empfänger eine Rolle. Es wird sehr schwer sein, sich als Außenstehender in die Mentalität der Empfänger einfühlen zu können. Dies sollte aber zumindest als Herausforderung erkannt und als Ziel, dem man sich nur annähern kann, nicht aus dem Auge verloren werden. Denn von diesem Bemühen hängen nicht nur so grundsätzliche Fragen ab, ob es überhaupt möglich (oder auch sinnvoll) ist, sich dem Fremden (analog dem „Anderen“) so zu öffnen, daß dieser weder vereinnahmt noch die eigene Identität gefährdet, sondern stabilisiert wird. Es geht um auch praktische Fragen der Wahrnehmung, der Rückmeldung und damit der Möglichkeit eines Dialogs.

Es ist auf Dauer nicht durchzuhalten, einerseits den Ärmsten helfen zu wollen, gar in einen konstruktiven Dialog „von Angesicht zu Angesicht“ eintreten zu wollen, andererseits aber ständig mit der „Unmöglichkeit“ eines direkten Kontaktes konfrontiert zu werden. Auch kann durch die kaum vorhandene Wahrnehmung der Empfindungen der Betroffenen nicht überprüft und notfalls korrigiert werden, ob der eingeschlagene Weg der Partnerschaft und Projektarbeit nicht doch zuletzt nur die bisherigen Muster der Abhängigkeit verstärkt oder nicht. So kann z. B. durch „vorschnelle“ Geldüberweisungen ohne begleitende Kontakte die Haltung bei den Adressaten verstärkt werden, daß die reichen Deutschen als reine „Geldesel“ betrachtet werden (wollen) und daß es sehr dumm sei, dies nicht auszunutzen. Ist eine solche Haltung erst einmal im Bewußtsein verankert, verhindert sie eine echte Partnerschaft und kann nachträglich nur sehr schwer korrigiert werden.  

4. Konflikte und die Frage der Einmischung - was bedeutet Partnerschaft?

Mischen wir uns in Konflikte der Partnergemeinde ein? Wenn ja: auf welche Weise? „Ja, durch Erarbeiten und Mitteilen unserer Sicht der Dinge, durch entschiedene Parteinahme zugunsten der Bedrängten, durch Verweigerung finanzieller Unterstützung einer ‚Kirche gegen das Volk‘. Einmischung in Konflikte der Partner: nein! Einmischung ist vorgegeben durch unsere wirtschaftliche Hilfe. Bei unterschiedlichen Meinungen würden wir zuerst dezent nachfragen, bei wich- tigen Entscheidungen aber eindeutig intervenieren. Die bedeutendste Einmischung ist z.Z. der Zusammenhalt mit dem dortigen Partner gegen die „Macht von oben“, d.h. auch gegen die Macht, die von der neuen Diözesanleitung kommt. Solche Einmischungen sind eine Frage der Wahrhaftigkeit, des Gewissens  - aber auch des Überlebens der dortigen Partnerschaftsgruppen“.

Worin liegen die Ursachen vieler Konflikte?

Konfliktursachen: Unterschiedliches Verständnis von Amtskirche und Klerus, unterschiedliche Bewertung der bisher geleisteten Arbeit (auf der Linie Medellíns usw., Rolle Dammerts), unterschiedliches Verständnis von Verwendung der Spendengelder; anderes Gemeinde- und Kirchenverständnis (zwar stets in Übereinstimmung unsererseits mit den eigentlichen Partnern aber im Konflikt mit Klerus.) Allgemein: verschiedene Denkweise (wir: zu logisch - dort: zu spontan). Konflikte werden zu wenig diskutiert. Diese Sprachlosigkeit ist sicher auch ein Grund dafür, daß wir von Konflikten in der Gemeinde Celendín wenig mitbekommen, wir wissen nur, daß zwischen Pfarrern (Peruaner) und Schwestern (Spanierinnen) eine gewisse Spannung besteht bzw. bestand, die möglicherweise darauf zurückzuführen ist, daß die Schwestern Kontakte zu Europa (nicht nur zu uns!) haben und daher Unterstützung bekommen. Positiv sind nach wie vor die persönlichen Kontakte. Konflikte: ablehnende, fast feindliche Haltung der Amtskirche. Probleme: Unsichere Zukunft der Partnerschaft: wer leitet weiter?  wer trägt sie? wo gibt es verläßliche Informationen, wenn die jetzige Leitung weggeht? Der fast eingeschlafene Briefkontakt, nachdem die Pfarrer nicht mehr mit der Gemeindeleitung betraut sind.

Dürfen wir uns überhaupt einmischen?  (nur 5 Antworten, darunter ein längerer Text  St. Georg). „Nicht direkt, wir glauben an die Macht des Gebets.Nein, eine Einmischung als ‚guter Rat‘ kann als Bevormundung mißverstanden werden. St. Georg: Ja, wir müssen uns einmischen, wollen wir unseren Partnern nicht untreu werden, sie nicht im Stich lassen - aus Treue zu unseren gemeinsamen Prinzipien und zu unserem Glauben an die befreiende Botschaft Jesu Christi, aus Gewissensgründen und als Frage der Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit. Verantwortung für unsere Partner: wir sind Teil der selben Kirche und lesen das gleiche Evangelium. Unsere Partner wünschen dringend unsere Parteinahme, sie setzen ihre ganze Hoffnung darauf. Durch uns erfahren sie, was Kirche weiterhin sein kann und das gibt ihnen die Kraft weiterzumachen. Leib Christi: Wenn ein Glied leidet...

Niemand kann uns verbieten, mit unseren Partnern zu kommunizieren, das wäre die Aufkündigung der Einheit und die Verweigerung, sich mit den Armen und Ausgestoßenen an einen Tisch zu setzen (nur weil einige „Hohe Priester“ dies nicht gerne sehen). Mit wem setzte sich Jesus an einen Tisch? Doch wir möchten auch den Bischof einladen. Begegnung und Kommunion als Grundsakrament der Kirche - ohne die Begegnung und Comunio mit den „Auserwählten Gottes“ wären wir nicht mehr die Kirche Jesu Christi. Aus Verantwortung unseren Spendern gegenüber und der eigenen Gemeinde. Aus Interesse an den Partnern müssen wir uns einmischen; aufgrund von Teilen der dortigen Gemeinden, Landlosen von außerhalb.  Das Anforderungsprofil für eine Welt und ein Leben in Fülle und für alle Menschen muß fundamentaler Bestandteil unseres christlich partnerschaftliches Handeln sein. Davon gilt es keine Abstriche zu machen!“

Welche Ziele für die weitere Arbeit, Wünsche, Träume, wie sollte es sein?
Daß wir von der Vorstellung wegkommen, daß wir uns durch Spenden freikaufen können, aber auch nicht mutlos werden, ob der ach so kleinen Schritte. Ziele, Wünsche, Träume: Damaskuserebnis für Bischof Simón, Theologie der Befreiung (insbesondere die „Option für die Armen“), solle wieder mehr Gewicht bekommen, Gemeindeleitung sollte wieder Teil der Partnerschaft sein, mehr junge Mitglieder im Ausschuß MEF, Begeisterung junger Menschen für die Partnerschaft.

Ziele: persönliche Kontakte, Aufbau eines Partnerschaftsausschusses dort. Probleme für die Kontakte: Geld und Sprache. Mehr Kommunikation mit den Partnern, mehr direkte Ansprechpartner.  Hier gilt es sicher auch mehr Geduld zu haben, ohne jedoch die christlich - visionären Gedanken zu Grabe zu tragen. Jeder von uns hat sicher in unterschiedlicher Weise von der Partnerschaft gewonnen. Wir wünschenuns, daß Gemeindemitglieder eine Reise nach Peru machen, um vor Ort mit den Partnern nach Wegen zu suchen, die Partnerschaft auszubauen und zu beleben. Wir arbeiten, setzen uns ein  - in der Hoffnung, daß unser Tun Früchte trägt, alles andere lassen wir auf uns kommen. Welches Ziel hat unser Perukreis? Diese Frage stellen wir uns immer wieder. Und wir haben keine befriedigende Antwort, zumal wir immer wieder lesen und hören, „Geld ist nicht alles in der Partnerschaft“! Unser Minimalziel ist es, weiterhin (materiell) zu helfen und den Kontakt nicht abreißen zu lassen, denn in Celendín wäre die Enttäuschung groß!

Kommentar:  


Insgesamt läßt sich eine verbreitete Angst, Konflikte zu benennen und Stellung zu beziehen, feststellen. Man ist in der Defensive, hat Angst vor Spendenverlusten oder gar vor dem Ende der Partnerschaft. Alle (bis auf eine Gemeinde, inzwischen zwei) beklagen sich hinter vorgehaltener Hand über den Bischof, aber selten öffentlich. Es kommt daher auch in den meisten Gemeinden nicht zu einer offensiven, positiven und öffentlichen Darstellung der eigenen Handlungsgrundlagen (z.B. Konzil, Medellín) und Orientierungen (vorrangige Option für die Armen) - auch nicht der eigenen Gemeinde gegenüber und noch weniger in kontroverser, konstruktiver Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen in Cajamarca oder deren Amtsbrüder in Deutschland. Die Frage der Einmischung wird sehr kontrovers gesehen, die meisten Gemeinden antworten nicht auf diese Frage. In Rückfragen wird deutlich, daß dieses Thema zu heikel ist und man sich dazu nicht öffentlich äußern dürfe. Bei den Gruppen (und auch innerhalb der Gruppen) lassen sich zwei entgegengesetzte Verhaltensweisen beobachten. Einige Gruppen stellen die Erfolge ihrer Partnerarbeit besonders heraus, leben und zehren noch von diesen Erfolgen auch wenn in mindestens drei Gemeinden die Realität in den Partnergemeinden heute ganz anders ist.

Es besteht die Versuchung, in der Vergangenheit stehen zu bleiben (Nostalgie) und die Veränderungen nicht wahrzunehmen. So berichteten diese drei Gruppen noch begeistert von ihren Kontakten (Briefe, vergangene Besuche) und schildern alles in bunten Farben, während zu gleicher Zeit die Basis dieser Kontakte bereits weggebrochen ist. Dennoch kann diese Begeisterung als „gefährliche Erinnerung“ über die jetzige Situation hinaus weisen und sie so auch überstehen helfen. Sie bewahrt so auch die ursprünglichen Ziele und ist letztlich Ausdruck eines großen Vertrauens. Andere Gruppen dagegen sehen vor lauter Problemen nicht mehr den gemeinsam zurückgelegten Weg mit allen seinen vielen positiven Erlebnissen, Erfolgen und Freuden. Hier besteht die Gefahr, daß die Kraft der ausgesäten Samenkörner unterschätzt, die Macht der (Kirchen-) Strukturen aber überschätzt wird. Nicht zuletzt werden auch die eigenen Möglichkeiten unterschätzt bzw. es wird gar nicht mehr nach Auswegen gesucht. Dies wirkt sich auch negativ auf das konkrete Verhalten und das Engagement in der eigenen Kirchengemeinde aus. Man hat keine großen Hoffnungen mehr, in der eigenen Gemeinde etwas zu bewegen, sondern ist eher auf das Festhalten des Bestehenden fixiert.  

Die Gruppen äußern sich zur Problematik der Einmischung vor allem aus zwei Gründen sehr zurückhaltend oder auch gar nicht. Der erste Grund liegt in der Gruppe selbst. Eine begründete Stellungnahme zur Entwicklung in der Diözese Cajamarca und in den einzelnen Partnergemeinden und die damit verbundene Option setzt eine gründliche Auseinandersetzung über theologisch - pastorale Grundfragen in der eigenen Gruppe und der eigenen Gemeinde voraus. Dabei ist nicht an wissenschaftliches Expertenwissen gedacht, sondern an „einfache“ Fragestellungen wie die nach den Prioritäten der eigenen Aktivitäten, der pastoralen Fundamente, Zielsetzungen und Schwerpunkte in der eigenen Gemeinde, nach dem Selbstverständnis der Gruppe als Teil der Gemeinde und der Kirche.

Erst eine eigene, begründete Positionsbestimmung ermöglicht es, pastorale (Fehl-) Entwicklungen nicht nur zu erkennen, sondern auch Stellung zu beziehen und Standpunkte zu vertreten. Konkret: wenn für alle Gruppen die Option für die Armen an erster Stelle steht, die Rolle der „Laien“ - ins- besondere der Frauen, die qua sexo alle Laien sind - hier und auch in den Partnergemeinden als wichtig angesehen wird und alle eine Kirche als gleichberechtigte Gemeinschaft aller Gläubigen wollen (usw.), dann müßten sie auch laut aufschreien, wenn in den Partnergemeinden und anderswo diese Grundsätze mit Füßen getreten werden. Fühlt man sich dabei auf sicherem Boden („abgesichert“ durch kirchliche Dokumente wie das Vatikanum II, Medellín, deutsche Synodenbeschlüsse etc.), erst recht aber bestärkt durch die überaus positiven Erfahrungen der „Kirche mit Poncho und Sombrero“ in Cajamarca, dann kann man auch in aller Gelassenheit und Entschiedenheit seinen Standpunkt vertreten und Anmaßungen und Verirrungen einiger kirchlicher und auch vatikanischer Amtsträger als „antikirchlich“ (weil gegen die Gesamtheit des Volkes Gottes gerichtet) denunzieren. Aber während in den peruanischen Partnergruppen diese Grundsatzfragen ein stetes Thema sind, tauscht man sich in deutschen Gemeinden über pastorale Prioritäten nicht ausreichend aus.  

Der zweite Grund liegt in der Art der Beziehung der Partner, sei es die mangelnde Kommunikation, fehlende oder falsche Ansprechpartner, ambivalente und widersprüchliche Informationen etc. Dabei ist den deutschen Gruppen kein Vorwurf zu machen, wenn sie sich streng an den „Dienstweg“ halten bzw. solange sich daran klammern, bis auch diese Stricke reißen. Wie sollen die Gruppen angemessen reagieren, wenn sie oft gar nicht (genau) wissen (können), was in der Partnergemeinde wirklich geschieht?

Das Hauptproblem liegt darin, daß zwischen den eigentlichen Partnern ein (institutioneller) Vorhang gezogen ist, der den Blick auf das Wesentliche verhindert. Österliche Erfahrungen werden diesen Vorhang in der Mitte zerreißen und neues Leben ermöglichen. Besuche bei den Partnern können dabei helfen, weil sie den Blick freimachen und eine Begegnung von „Angesicht zu Angesicht“ ermöglichen.

Ergänzung aus „Individueller Fragebogen“ zur gleichen Problematik:

Wie schon in der Gruppe, so spricht man auch in den individuellen Antworten nicht gerne von Konflikten oder man behält die Informationen lieber für sich. Einige (ältere und sehr auf die Gemeinde bezogene) Gruppenmitglieder sprachen gar davon, daß solche Fragen sehr intim seien und nicht in die Öffentlichkeit gelangen dürften. Konflikte in den Partnergemeinden werden zumindest geahnt und werden als sehr belastend empfunden. Über die persönliche Belastung durch die Konflikte scheint in den Partnergruppen nicht genügend gesprochen zu werden, so daß Einzelne sich allein gelassen fühlen. Da auch innerhalb einer Gruppe der Grad der Betroffenheit sehr unterschiedlich ist, fühlen sich die sensibleren Mitglieder unverstanden und müssen überwiegend allein mit der Belastung fertig werden. Sie finden dabei auch kein Verständnis bei ihrem Pfarrer. So kommt es auch in zehn Fällen vor, daß die Gruppe noch nicht einmal ahnt, wie sehr der Einzelne leidet (berichtet aus der Sicht der Betroffenen). Auf jeden Fall wird aus keiner Gruppe berichtet, daß diese Belastung in der Gruppe zum Thema gemacht wird.

Die größte (seelische) Belastung ist das aus der Sicht der Betroffenen veränderte Verhalten der Pfarrer in den Partnergemeinden, meist verbunden mit dem enttäuschenden Verhalten des neuen Bischofs. Dieses als klerikal, machtbesessen oder wie auch immer genannte Verhalten, wird teils als persönliche Niederlage empfunden, als Demütigung, die man ohnmächtig ertragen muß. Die Mehrzahl geht aber anders mit den Konflikten um. Die am meisten anzutreffende Strategie (vielleicht auch die „gesündeste“, rationalste) ist es, die Konflikte in der Partnergemeinde als innerkirchliche Probleme in Cajamarca anzusehen, die zwar die Partnerarbeit betreffen, aber sonst nichts mit uns zu tun haben, denn in unseren Gemeinden können wir ja (noch) ungestört arbeiten. Der zweithäufigste Ausweg ist die Konzentration auf die Projekte und so lange die nicht unterbunden werden, ist die Partnerschaft nicht in Gefahr.

Wünsche für die Zukunft (und Schlußwort):  An erster Stelle stehen bei den Wünschen bessere, direkte Kontakte und eine bessere Kommunikation. Dabei haben die Besuche und die persönlichen Begegnungen eine herausragende Bedeutung. Von der Möglichkeit wirklicher Begegnungen - inklusive die Chance einer damit verbundenen Bekehrung - mit den „Ausgeschlossenen“, hängt die Zukunft der Partnerschaften ab - und damit eventuell auch die Glaubwürdigkeit und Zukunft der Gemeinden. Aus den geäußerten Wünschen und Träumen wird deutlich, daß diese Zukunft nicht erreicht werden kann, durch ein Zurück in die „glorreichen Zeiten“ einer triumphalistischen und theokratisch strukturierten Kirche - im Gegenteil. Alle, die durch die Kontakte mit der „Kirche mit Poncho und Sombrero“ in Cajamarca eine Kirche erlebt haben, die zu „neuen Ufern aufbricht“, möchten diese Erfahrungen nicht nur nicht missen, sondern würden sich auch verstärkt in einer Kirche weiter engagieren, die sich „auf den Weg macht“. 

Anhang: 
Individueller Fragebogen sowei ein Fragebogen für die Pfarrer der Partnergemeinden

Diese beiden Fragebögen können im Rahmen dieses Artikels nicht vorgestellt und ausgewertet werden. Sie liefern aber eine wertvolle Vertiefung bzw. Ergänzung der Fragebögen an die Gruppen. In einem späteren zweiten Abschnitt der Studie werden diese Antworten in ihrer jeweiligen Beziehung zur Gruppe, zum Stand der Partnerschaft insgesamt, des theologischen und kirchenpolitischen Kontextes und im Hinblick auf die Aussagen der peruanischen Partnergruppen untersucht werden.  

a) Von den insgesamt 15 Gemeinden beantwortete in sechs Gemeinden niemand den individuellen Fragebogen. Es sind die Gemeinden, die schon Mühe hatten, den gemeinsamen Fragebogen in der Gruppe zu bearbeiten. Insgesamt antworteten 52 Personen aus 9 Gemeinden. Auch in diesen neun Gemeinden sind es in der Regel die aktivsten Teilnehmer, die auf die Fragen antworten. Die meisten Antworten kommen aus den beiden Gruppen aus Herzogenaurach und aus Ulm. Deshalb ist zu beachten, daß die Antworten auf die individuellen Fragebogen von den aktivsten Gemeinden und hier wiederum von den aktivsten Mitgliedern kommen. Deutlich ist zu beobachten, daß die individuellen Antworten offener sind, während in der gemeinsamen Beantwortung ein Konsens gesucht werden mußte. Die individuellen Antworten wurden in der Regel auch individuell abgegeben, ohne daß die übrigen Gruppenmitglieder über den Inhalt informiert wurden. Einige Gruppenmitglieder legten ausdrücklichen Wert darauf, daß sie ihre persönliche, auch abweichende Einschätzung einbringen durften.

Die stärkste Abweichung besteht darin, daß die Gruppen als Gruppe sich nur noch vereinzelt zu mehr Weiterbildung, politischen Engagement, verstärkten öffentlichen Aktionen usw. aufraffen können. Viele einzelne Mitglieder der Gruppen wären dagegen (oder sind es auch) bereit, sich aufgrund ihrer Erfahrungen in der Partnerschaft noch mehr zu engagieren, wenn sie von ihrem kirchlichen und gesellschaftlichen Umfeld mehr angeregt würden.   

b) Von den 16 angeschriebenen Pfarrern (darunter drei Pfarrer, die nun nicht mehr als Pfarrer in einer Partnergemeinde tätig sind, aber für die Partnerschaft eine wichtige Rolle spielten) reagierten acht Pfarrer entweder überhaupt nicht. Trotzdem gelang es mit vier dieser Pfarrer direkten telephonischen Kontakt aufzunehmen und auch die Gründe zu erfahren, warum sie sich nicht beteiligen wollen. Von den restlichen vier Pfarrern berichten die Gruppenmitglieder einhellig, daß kein Interesse an der Partnerschaft seitens ihres Pfarrers vorhanden ist, außerdem er jetzt schon völlig überlastet sei, er die Gruppe aber gewähren ließe. Bei diesen acht Pfarrern lassen sich aufgrund eigener Aussagen und der Aussagen der Gruppen folgende Gründe für die Absage nennen: Das Gefühl völliger Überlastung, verbunden meist noch mit der Aussage, von den jeweiligen Ordinariaten mit Papieren zugedeckt und ständig mit neuen Aufgaben zugehäuft zu werden (per Verordnung von oben) und dies noch bei gestiegener und auch kritischerer Erwartungshaltung der Laien.

Zwei Beispiele, von den betreffenden Pfarrern selbst im persönlichen Gespräch berichtet: Beiden Pfarrern wurden, natürlich unabhängig von einander, per Dekret und ohne persönliche Rücksprache mit ihnen, drei bzw. zwei weitere Pfarreien als Teilgemeinden zugeteilt, übrigens auch gegen den Willen der Gemeinden. Die beiden Pfarrer wollen laut eigener Aussage spätestens seit dieser Zeit nichts mehr von „frommen Sprüchen“ wissen (gemeint sind wohlklingende Papiere über Dialog, Mitbestimmung der Laien usw.) und machen nun „Dienst nach Vorschrift“, weil sie sich von ihren Oberen ausgenutzt, im Stich gelassen und menschlich sehr schlecht behandelt fühlen. Auch die anderen Pfarrer - wenn auch nicht in dieser extremen Form - berichten von ähnlichen Erfahrungen bzw. die Gruppen bestätigen dies.

Zugespitzt formuliert kann man sagen, daß die Pfarrer heftiger die Kirchenpolitik (Bürokratie, Verwaltungen, Vorschriften statt Pastoral) kritisieren als dies die Laien tun. Sie sind auch stärker betroffen und sie sitzen zwischen allen Stühlen. Diese Kritik üben sie aber nicht in der Öffentlichkeit, erst recht nicht in der nichtkirchlichen Öffentlichkeit. Acht Pfarrer bearbeiteten den Fragebogen, sechs von ihnen zeigten darüber hinaus ein großes Interesse an dieser Studie. Darunter sind auch die Pfarrer der Gemeinden, die die längsten und bis heute intensivsten partnerschaftlichen Beziehungen unterhalten (Dortmund, Ulm, Herzogenaurach, Tettnang)