Taufe unseres Sohnes – Ostern 1984

Unsere Kinder können noch nicht sagen, ob und wann sie getauft werden wollen. Deshalb wollen wir Eltern sagen, warum wir unsere Kinder taufen lassen. Der Frage nach der Taufe geht schon die Frage voraus, warum wir überhaupt Kinder haben wollen. Wir sollen und können nur dann Kinder haben, wenn wir selbst wissen, wofür wir leben, welchen Sinn unser Leben hat. Unser Leben hat einen Sinn – und das hängt entscheidend mit Ostern zusammen.

Der Glaube an Jesus und seine Auferstehung bedeutet, dass unser Leben nicht sinnlos ist. Wir alle sind zu einem neuen und erfüllten Leben berufen – hier und jetzt. Gewiss, uns umgibt viel Dunkelheit, die Mächte des Todes scheinen oft übermächtig. Und wir selbst und unser Glaube gleichen oft eher Menschen, die im NT als „übertünchte Gräber“ bezeichnet werden. Es ist der „alte Mensch“, der zuerst nach Sicherheit, Besitz, Ruhe, und vor allem nach Durchsetzung seinen eigenen Interessen trachtet. Auch sonst sind wir vom Tod umgeben: wir rüsten uns zu Tode und wir richten andere zu Tode, weil wir immer mehr haben wollen.

Aber von Jesus und seit Jesus wissen wir, dass dieser Tod der Feind des Lebens ist, das uns verheißen ist. Dieser Tod ist nicht das letzte Wort, dieser Tod ist nicht unsere Bestimmung. Unsere Berufung ist es, zu leben, anders zu leben. Siehe, wir waren tot und nun leben wir! Wir leben, weil wir als Gemeinschaft derer, die an Jesus den Christus glauben, das tägliche Brot miteinander teilen, d. h. all dessen, was der Mensch zum Leben braucht. Wir leben, weil es die Liebe ist, die uns Menschen frei von Angst macht, von der ständigen Sorge um uns selbst. Diese Liebe lässt uns von den Gräbern auferstehen, in denen wir es uns in unserer Verzweiflung bequem gemacht hatten. Unsere Kinder sind die Frucht dieser Liebe und unser Auftrag ist, unseren Kindern den Weg in dieses neue Leben zu zeigen und sie zu begleiten. Deshalb taufen wir sie. Wir als Eltern, als getaufte Christen, sind dazu berufen, dieses neue Leben zu bezeugen und unseren Kindern so den Weg zu weisen. Wir können dies deswegen, weil wir die Zusage und die Verheißung Jesu haben, weil er uns berufen hat, ihm zu folgen.

Und wir haben diesen Auftrag nicht nur für unsere eigenen Kinder. Es hängt auch von uns ab, ob diese Welt und wir selbst zugrunde gehen. Gott hat uns diese Welt als seine Schöpfung in die Hände gegeben, auf dass wir sie in seinem Geiste, im Geist der Liebe und Gerechtigkeit, gestalten und zu einer Heimat für alle Menschen werden lassen. Wir möchten, dass unsere Kinder uns auf diesem Weg begleiten - und umgekehrt.

Wir versprechen, dass wir für unsere Kinder alles tun wollen, was in unserer Macht steht, dass wir für sie Zeugen Jesu werden, Zeugen des neuen Lebens. Den Rest wird uns Gott dazugeben.

Wir möchten aus Sie als Gemeinde ermutigen, Zeugen der österlichen Hoffnung zu werden. Die Feier der Auferstehung Jesu kann uns die Kraft geben, die Umkehr zu wagen. Vor uns liegt die Verheißung eines neuen Lebens und einer neuen Gesellschaft. Jesus ist uns vorausgegangen und begleitet uns auf dem Weg. Gewiss, es ist ein Weg durch die Wüste, über Karfreitag und oft werden wir verzagen und zurück wollen zu unseren alten Gewohnheiten und Bequemlichkeiten. Mit der Feier der Taufe und der Eucharistie bekennen wir unseren Glauben, dass ein „neuer Himmel und eine neue Erde“ möglich sind, dass eine Gemeinschaft und eine Gesellschaft möglich sind, in der jeder Mensch in Würde leben kann und dem anderen Schwester und Bruder ist.


Die Tauffeier fand in St. Georg, Ulm statt, im Rahmen der Osternachtsfeier. Ich sprach im Namen der Gemeinde und 4 weiterer Eltern (Taufversprechen), die ihr Kind zur Taufe brachten. Zelebrant war Pfr. Alfred Vögele