Auswertung Fragebogen bei und mit deutschen Partnergemeinden

1. Entstehungsgeschichte, äußerer Rahmen, erste Kontakte
2. Motivation, theologische Grundlage der Partnerschaft
3. Ort in Kirche und Gemeinde, in Gesellschaft
4. Gestalten der Partnerschaft (Kommunikation, Besuche, wer Partner mit wem)
5. Projekte
6. Weiterbildung
7. Lernprozesse, Bewusstseinsveränderungen, Impulse (z.B. Gemeindeerneuerung),
8. Probleme, Erfolge, Konflikte, Perspektiven,

Vorbemerkung: Der Fragebogen wurde gemeinsam mit den Partnergruppen entworfen. Auf dem Ulmer “Cajamarcatreffen” im September 1997, an dem Vertreter von zehn Gruppen teilnahmen, wurde ein Rohentwurf zur Diskussion gestellt. In Gruppenarbeiten wurden dann Anregungen, Ergänzungen erarbeitet, darauf wurde im Plenum der Fragebogen “verabschiedet”. Ein einheitlicher Wunsch war, den Fragebogen aufzuteilen in einen gemeinsamen und einen individuellen Teil.

In zehn Gemeinden (nicht identisch mit den oben erwähnten zehn Gemeinden) wurde der gemeinsame Fragebogen auch tatsächlich in einer gemeinsamen Sitzung (teilweise in Extrasitzungen) ausgefüllt. Diese Gruppen berichten von einer lebhaften, teilweise auch kontroversen Diskussion beim Ausfüllen. Insgesamt wurde von diesen Gruppen die Beantwortung der Fragen als eine positive Gelegenheit betrachtet, endlich (wieder) einmal über die Anfänge, Grundlagen, Erfolge, Enttäuschungen, Zielsetzungen usw. der Partnerschaft zu diskutieren.

Allerdings mussten in den meisten Gemeinden gewisse Anfangshemmnisse überwunden werden, was nur durch ständiges Nachfragen und Motivieren gelang. Haupthindernisse waren die Auffassungen, dass dies doch nichts bringt und dass es zeitlich zu aufwendig sei. Bei Nachfragen kam auch immer wieder zur Sprache (oft verschlüsselt), dass man es nicht gewohnt sei, über eigene Erfahrungen, erst recht über eventuelle Schwierigkeiten oder gar Misserfolge, “öffentlich Rechenschaft” abzulegen. Auch war eine gewisse Scheu davor festzustellen, “sinnlose Grundsatzdebatten” zu führen oder auch “alte Geschichten aufzuwärmen”, wo man sich doch in erster Linie als Praktiker sehen möchte. Um so mehr waren die Gruppen dann selbst überrascht, wie fruchtbar und anregend dann das gemeinsame Ausfüllen war.

In fünf Gemeinden war es der jeweils Verantwortliche der Gruppe (bzw. drei dieser “Gruppen” bestehen nur aus einer Person), der allein und auch sehr knapp, über die Partnerschaft berichtete. In einer Gemeinde schickte der Pfarrer (obwohl nicht der Adressat) die Fragebogen zurück mit der Bitte, ihn nicht weiter mit vielen Papieren zu belästigen. Dennoch hat danach die Gruppe den Fragebogen intensiv besprochen und bearbeitet. Die Befragungen und die entsprechende Beantwortung durch die Gemeinden geschahen im Zeitraum zwischen Ende 1997 und Anfang 1998. Im Laufe des Jahres 1998 gab es neue Entwicklungen. So kam es zum Beispiel am 11. Juli 1998 auf Anregung des Partnerschaftsbüros der Erzdiözese Freiburg in Lima zu einem Treffen der Freiburger Partnergemeinden in Cajamarca.

Auch durch Besuche bei den Partnergemeinden im Rahmen dieser Studie sowohl in Deutschland als auch den Gemeinden in Peru, wurden in einigen Gemeinden neue Entwicklungen angestoßen. Diese neuen Entwicklungen werden in diesem Rahmen nur dann ansatzweise berücksichtigt, wenn dies von den betroffenen Gruppen auch im Hinblick auf Öffentlichkeit so gewünscht wurde (z.B. auf dem Ulmer Treffen im September 1998).

1. Entstehungsgeschichte, äußerer Rahmen, erste Kontakte

Äußerer Rahmen: Die Größe der Gruppen beträgt bis zu 20 Mitglieder; es sind mehr Frauen als Männer (dreimal ausgeglichen) aktiv. Nur drei Gruppen sind Ausschüsse (MEF) ihrer Kirchengemeinde, sonst nennen sie sich eher unverbindlich Perukreis, Perugruppe, Eine - Welt - Kreis etc.; der Name “Partnerschaft” kommt in der Gruppenbezeichnung nicht vor. Das Alter geht von 15 Jahren (ein Mitglied insgesamt mit weniger als 25 Jahren) bis über 70 Jahre. Die Gefahr der Überalterung (“zunehmender Vergreisung”) wird bis auf eine Gruppe immer genannt. Jüngste (Durchschnitt 37 Jahre) und gleichzeitig größte Gruppe (20) ist Tettnang. Nur vier Gruppen haben regelmäßige monatliche Treffen, sonst entweder alle vier bis sechs Wochen, bei Bedarf oder unregelmäßig. Bis auf eine Ausnahme berichten die Gruppen von einer schwindenden Mitgliederzahl. Knapp über die Hälfte der Gruppen wurde zwischen 1988 - 92 gegründet, älteste Gruppe ist Dortmund (1963), auch was den Altersdurchschnitt von über 60 Jahren betrifft. Drei “Gruppen” bestehen aus nur einem Mitglied, wobei zwei davon 1998 wieder zur echten Gruppe wurden. Einmal ist die Gruppe als e.V. organisiert und bewusst nicht Gemeinde bezogen. Diese Gruppe kann als einzige eine zunehmende Mitgliederzahl aufweisen und hat in der Partnerschaftsbeziehung auch die geringsten Probleme. Insgesamt sind sechs ausländische Mitglieder in vier Gruppen - einmal als Stütze - dabei.

Die Mitglieder der Gruppen gehören nahezu ausnahmslos der (eher gehobenen und gebildeten) Mittelschicht an und sind in dem jeweiligen katholischen Milieu zu hause. Was Bildung und Einkommen betrifft, dürften sie eher noch über dem ohnehin schon sehr bürgerlichen Milieu der Gottesdienstgemeinden liegen. Der Anteil der Akademiker ist überdurchschnittlich, in den meisten Gruppen stellen sie die Mehrheit. Aus zwei Gruppen wird berichtet, dass dies die Akzeptanz der Gruppe in der Gemeinde eher erschwert.

Der Anstoß zur Perupartnerschaft kam in fünf Gemeinden auf Anregung der Erzdiözese Freiburg  (Diözesanpartnerschaft mit Peru). In zwei Gemeinden war der Anlass eine teure Renovierung der eigenen Pfarrkirche bzw. Orgel (aus Protest bzw. Kompensation gegen teure Renovierung), sechs mal war Bischof Dammert der Grund der Beziehung und zweimal kam die Partnerschaft durch die Vermittlung einer anderen Gemeinde zustande. Fünfmal ging der Wunsch nach einer Partnerschaft vom KGR aus (man wollte konkrete Projekte und direkte Beziehungen), viermal vom Pfarrer (wegen einer persönlichen Verbindung zu Dammert).

Die Idee der Gemeindepartnerschaft wird in zwei Gemeinden als wichtigstes Motiv genannt. Sechs mal war allein der persönliche Kontakt zu Bischof Dammert das Motiv. Weiterhin wurden genannt: Anregung durch die Theologie der Befreiung, lebendige Gemeinde sein wollen und Verantwortung gegenüber den armen Ländern. In drei Gemeinden waren Rückkehrer (EH) aus Cajamarca die Initiatoren. In fünf Gemeinden hat man ohne inneren oder vorherigen Bezug zu Cajamarca oder Peru die Adresse von Freiburg erhalten. Diesen fünf Gemeinden ist die fehlende Verankerung in Cajamarca anzumerken, wenn dies auch durch große Anstrengungen und vor allem Besuche bei den Partnern teilweise kompensiert werden konnte. Von der Erzdiözese Freiburg fühlen sie sich für ihre spezielle Beziehung zu Cajamarca nicht ausreichend unterstützt.

Erste Bezugspersonen in Peru waren immer entweder die Pfarrer oder zumindest Ordensschwestern. Sechs mal kam zuerst ein “Bewerbungsschreiben” aus Peru (Brief des Pfarrers aus Peru). Dreimal gab es bereits einen direkten Kontakt (Rückkehrer), davon zweimal mit schon vorhandenem direkten Kontakt zu Partnergruppen in Peru (aber auch in diesen Fällen war der erste, aber dann nicht ausschließliche Ansprechpartner der jeweilige Pfarrer bzw. “man schickte ihn vor”). Eigentliche Partnerschaftskomitees in Cajamarca sind aufgrund der Partnerschaft nicht entstanden (Im Laufe des Jahres 1998 veränderte sich die Situation). In drei Partnergemeinden treten Schwestern nachträglich an die Stelle der Pfarrer, d.h. der Kontakt zu den Pfarrern ist hier abgebrochen. Einmal kam es zur Gründung eines KGR in Peru aufgrund der Partnerschaft, angeregt von der deutschen Gemeinde.

Die Partnerschaft wurde in allen Gemeinden mindestens im Einvernehmen mit der Gemeinde und dem Pfarrer hier begonnen. In neun Gemeinden wurde die Partnerschaft von Anfang an bewusst als Angelegenheit der gesamtem Gemeinde betrachtet (viermal Beschluss des KGR). Eine Gruppe hat sich inzwischen von der Gemeinde gelöst (e.V.). In drei Gemeinden kam es durch den Wechsel wichtiger Personen zu großen Problemen, weil die Hauptträger oder gar Initiatoren der Partnerschaft die Gruppe verließen (Tod, Umzug, Austritt). Sonst werden keine Veränderungen genannt (Wechsel in Peru ausgeklammert). Pfarrer und KGR versuchten in einer Gemeinde, die Mitglieder der Gruppe als Kommunisten zu verunglimpfen und aus der Gemeinde zu drängen (die Gruppe gibt es heute noch, die Probleme diesbezüglich sind ausgeräumt weil der Pfarrer die Pfarrei wechselte und der neue Pfarrer gewähren lässt).

In fünf Gemeinden kam es immer wieder zu heftigen Diskussionen um politische Fragen. “Wie politisch dürfen wir sein”? (Entschuldung, Jugendarbeitslosigkeit etc.). Konflikte um die Theologie der Befreiung wurden in der Gruppe, teilweise auch in der Gemeinde kontrovers diskutiert. Das Engagement in der Friedensbewegung führte zu weiteren Konflikten, einmal gar zum Ende als MEF. In drei Gemeinden kam es zu Spannungen zwischen “Machern und Betern”, in zwei Gemeinden wurden die Spannungen durch den Auszug der “Macher” bereinigt. Pastorale Konflikte wurden nicht genannt (außer Streit um Theologie der Befreiung).

Zusammenfassung: Alle Gruppen verstehen sich - mit einer Ausnahme - als kirchliche Gruppe, als eine Gruppe von vielen in ihrer Pfarrei. Dennoch ist bei der Mehrheit eine gewisse Scheu vorhanden, im Namen der Gruppe - und damit nach außen hin - als kirchliche Gruppe wahrgenommen zu werden. Die meisten Mitglieder der Gruppen sind noch in anderen Gruppen der Pfarrei tätig. Frauen bilden die Mehrheit. Die Organisationsform (Name, Treffen etc.) ist sehr unterschiedlich. Alle Gruppen leiden - mit einer Ausnahme - unter Mitgliederschwund und Überalterung (kein “Nachwuchs”, “Vergreisung”). Zur Partnerschaft kamen die Gemeinden mehrheitlich durch einen Anstoß von außen, entweder über einen Kontakt mit Bischof Dammert oder durch Vermittlung des Referats Weltkirche der Erzdiözese Freiburg. Nur eine Gemeinde hat sich ihre Partnerschaft bewusst selbst ausgesucht.

So ist auch verständlich, dass die ersten Ansprechpartner (oft die einzigen) in Peru die Pfarrer sind, während in den deutschen Partnerschaftsgruppen die Pfarrer meist nicht die dominierende Rolle, manchmal auch gar keine Rolle spielen. Eine den Partnerschaftsgruppen entsprechende Gruppe in der Partnergemeinde gibt es in keinem Fall, würde aber von allen deutschen Gemeinden sehr begrüßt werden. Man sieht aber kaum eine Möglichkeit, dies den Partnern zu vermitteln. Konflikte innerhalb der Gruppe sind selten bzw. werden nicht genannt. Es gab eher Konflikte der Gruppe mit den Pfarrern und/oder meist konservativen Gruppen in der Gemeinde. Anlass war stets der Verdacht politischer Einseitigkeit, mangelnder Kirchlichkeit und Kirchenkritik (Theologie der Befreiung). Heute spielen diese Konflikte bis auf eine Ausnahme keine (große) Rolle mehr.

2. Motivation und theologische Grundlage der Partnerschaft

Folgende Motivationen werden von den Gruppen genannt: Viermal der Wunsch nach direkter Beziehung zu den Menschen; einmal der Wunsch, am kirchlichen Aufbruch in der Dritten Welt mitwirken zu dürfen; zweimal “Dritte-Welt-Arbeit und der Blick nach draußen. Auch die Option für die Benachteiligten und das Bestreben, die “Sünden der Vergangenheit” wieder gutzumachen werden je einmal genannt. Dazu kommen noch viermal die persönliche Kontakte; der Anstoß durch das Ordinariat und die allgemeine Ansicht, dass direkte Hilfe effizienter und vertrauenswürdiger sei.

Zusammenfassung: Mit einer Ausnahme ist in jeder Gruppe zumindest ein “Dritte-Welt-Bewegter”, der schon entsprechende Erfahrungen gemacht hat (sei es direkt in Dritter Welt oder in anderer Dritte-Welt-Gruppe). Die Motive sind zuerst religiös geprägt, teils als notwendige Pflicht einer christlichen Gemeinde, teils verbunden mit dem Wunsch, durch die Partnerschaft den Horizont der Gemeinde und auch seinen eigenen Horizont zu erweitern. Der Anstoß kommt mehrheitlich von außen (Ordinariat Freiburg, Bischof Dammert, Rückkehrer), und/aber auch aus Unzufriedenheit mit anonymen Spenden einerseits und andererseits mit Großprojekten (Renovierungen, Baumaßnahmen) innerhalb der eigenen Gemeinde, die als zu aufwendig angesehen wurden. Eine explizit theologische (theoretische) Motivation stand mit einer Ausnahme nicht am Anfang der Partnerschaft.

3. Ort in der Kirche und Gemeinde und in der Gesellschaft

Die Gruppen sehen sich nicht zuletzt auch deswegen alle (eine Ausnahme) als kirchliche Gruppe, weil ihr Ansprechpartner in der Partnergemeinde der Pfarrer ist. Zudem nutzen alle Gruppen die kirchliche Infrastruktur (z.B. Räumlichkeiten usw.). Weitere Begründungen: wir haben einen weltkirchlichen Auftrag, sind aus der Mitte der Gemeinde gewachsen und Teil der Pfarrgemeinde, wollen Impulse in die Gemeinde geben, wir haben eine gemeinsame religiöse gemeinsame Basis. Eine Gruppe ist bewusst nicht gemeindebezogen, deren Gründer und andere Mitglieder sind aber kirchlich sehr engagiert.

Alle berichten von einer gewachsenen Akzeptanz in der Gemeinde (sowohl der Gruppe als auch der Idee). Aversionen sind durchgehend geringer geworden. In Tettnang kommt es öfter zur Diskussion in der Gemeinde (“zu viel Peru”?) und über (zu politische ?) Gottesdienstthemen. Die Beziehung zur Gemeindeleitung hat sich insgesamt positiv verändert, könnte aber besser sein. Einige Male besteht eine enge Verknüpfung oder Personalunion Perugruppe - KGR. Von den Kirchenleitungen fühlt man sich generell nicht behindert, weder bedrängt noch belästigt, aber auch nicht bestärkt. Das Dekanat (spielt nie eine Rolle) und Diözese (zweimal negativ erwähnt) spielen ansonsten keine Rolle.

Die Gruppen sind bekannt in der Gemeinde. Sie werden meist als aktive Gruppe anerkannt und als selbstverständlicher Teil der Gemeinde betrachtet. Dennoch sehen sie sich eher als eine Gruppe am Rande, zweimal gar auf verlorenem Posten. Dies ist deswegen kein Widerspruch (aktiv, anerkannt - am Rande), weil die Gemeinden und Pfarrer die Existenz einer solchen Gruppe gerne sehen, weil “Mission” eben gemacht werden muss und man ist dankbar dafür, dass dies einige in engagierter Weise betreiben. Nur dürfen diese dann sich nicht zu wichtig nehmen oder gar Aufregungen verursachen. Geklagt wird allgemein über mangelndes Feedback in Form von Mitarbeit, Impulsen, Anregungen. Motto: “Gut, dass es Einige gibt, die das tun”. Die Gemeindeleitung ist der Gruppe wohlgesinnt, neutral, ist voll integriert oder unterstützt sehr. Nirgendwo gibt es eine generelle Ablehnung der Gruppe insgesamt (aber einiger Mitglieder) durch die Gemeinde oder Gemeindeleitung. Die Integration in die Gemeinde ist nirgends ein Problem, eher eine Erleichterung. Die Gruppen sehen mehr Möglichkeiten für ihre Arbeit, wenn die Gemeinde als Plattform und Forum zur Verfügung steht.

Zu beachten ist, dass überall dort, wo sich die gesamte Gruppe oder einzelne Mitglieder allzu “solidaritätsbewegt” (will heißen, sich auch mit politisch brisanten Themen) engagiert haben, die Konflikte insofern beigelegt werden konnten, dass die “Unruhestifter” die Gruppe verließen. In den Anfangsjahren waren mehr Menschen bereit in den Gruppen mitzuarbeiten, die nicht primär vom kirchlichen Milieu geprägt waren. In allen Gemeinden, in denen es innerhalb der Gruppe zu Konflikten kam, wurden die Konflikte dadurch gelöst, dass sich ein Teil der Gruppe (meist der aktivere Teil) zurückzog, resignierte oder sich anderswo engagierte. Die Integration in die Gemeinde ist selbstverständlich leichter, wenn die Gruppe sich der Gemeinde anpasst. Die Lust zur konstruktiven Herausforderung oder Provokation (auf der Basis der Erfahrungen mit den Partnern) ist den Gruppen weitgehend fremd, war aber bei allen älteren Gruppen in deren Anfangszeit ausgeprägter.

So gab es in den Anfangszeiten der Gruppen mehr Reibereien und Auseinandersetzungen mit der Gemeinde. Als “Gemeinde” wurde hier von den Gruppen meist der Kirchenrat wahrgenommen, der parteipolitisch ausgerichtet war oder auch die Gottesdienstgemeinde, die von angeblich rein politischen Themen nichts wissen wollte.  In der Folge haben sich einerseits einige Engagierte zurückgezogen oder sind in nichtkirchlichen Gruppen aktiv, andererseits wurden die Konflikte bereinigt und es ist Ruhe eingekehrt (im Hinblick auf die eigene Gemeinde). In einem Fall ist die Gruppe wegen nicht überbrückbarer religiöser Konzepte noch völlig blockiert. Zweimal wird Kritik laut, dass die Gruppe eine elitäre Gruppe von Akademikern und “Eingeweihten” sei, nicht offen für alle.

Die Vernetzung der Gruppen ist insgesamt schwach (kaum gemeinsames “Cajamarca - Bewusstsein”). Dennoch ist diese ansatzweise Vernetzung der Gruppen für die jeweiligen Pfarrgemeinden der einzige oder intensivste Bezugspunkt zu anderen Gemeinden, da allgemein die Zusammenarbeit von Gemeinden sehr wenig entwickelt ist. Partnerschaftsgruppen haben bessere und auch mehr Außen - Kontakte als sonstige Gruppen der Gemeinde. Ein Ansatz von Vernetzung findet sich in den folgenden drei Schwerpunkten: Seit 1995 kommt es zu einem jährlichen “Cajamarcatreffen” in Ulm. Die große Mehrzahl der Gruppen nimmt daran teil (zuletzt 10 Gruppen). Die “Cajamarcatreffen entstanden, um gemeinsam über die veränderte Situation in Cajamarca nachzudenken und werden als sehr hilfreich angesehen.

Die 6 Freiburger Gemeinden treffen sich bei dem jährlichen Partnerschaftstreffen der Erzdiözese; dreimal wird angegeben, dass von dort keine konkreten Impulse mitgenommen wurden, einmal wird dieses Treffen als alleinige Informationsquelle genannt; Freiburg kann als Katalysator im Prinzip, aber mit zu hohen Erwartungen belastet) bezeichnet werden. Als dritter Schwerpunkt sind die Dortmunder “Informationen aus Cajamarca” zu nennen, die seit etwa 30 Jahren kostenlos an Interessenten und Spender verschickt werden und vom “Dritte-Welt-Kreis St. Martin, Dortmund” herausgegeben werden. Davon abgesehen war und ist die Dortmunder Gruppe stets angefragt bei Fragen der technischen Abwicklung von Hilfsendungen, Geldüberweisungen etc. Zusätzlich wurde auf dem letzten Ulmer Treffen Ende September 1998 beschlossen, einen Informationsaustausch innerhalb der Partnergemeinden zu organisieren. Mit dieser Aufgabe wurde die Dortmunder Gruppe beauftragt. Nachrichten aus Peru und den eigenen Partnergemeinden, die auch für andere interessant sein könnten, sollen zentral nach Dortmund geschickt und von dort an alle Partnergruppen verteilt werden.

Zu Diözesanrat und Dekanatsrat gibt es nur höchst selten und vereinzelt, zu den Referaten Weltkirche (außer Freiburg) keinen Kontakt - außer zweimal als negative Erfahrung (mehr Misstrauen als Ermutigung). Die Tendenz geht dahin, dass heute weniger Treffen stattfinden und es weniger Außenbeziehungen (außer Ulmer Treffen) und Kontakte als zu Beginn gibt. Gründe sind eine dünne Personaldecke, Ermüdung und Resignation. Es gibt daneben vereinzelte und individuelle briefliche Kontakte zu anderen Gruppen (Einzelpersonen) und Info-Austausch. Auf die eigene Gemeinde hin kommt es natürlicher zu mehr Aktivitäten. In fünf Gemeinden gibt es regelmäßige Perugottesdienste bzw. Peruwochenenden (1-2 mal jährlich). Außer den speziellen Perugottesdiensten wird der Partnerschaftsgedanke hin und wieder in die normalen Gemeindegottesdienste eingebracht, am häufigsten in der Form von Fürbitten (aber nur einmal regelmäßige Fürbitten).

Informationsveranstaltungen, Bazare, Verkauf von Dritte-Welt-Waren, Unterschriftensammlungen, (Dia-) Vorträge, Pfarrbrief mit Nachrichten aus Peru, Vorlesen von Briefen der Partner im Gottesdienst, Fastenessen, monatliches “Geschwisterlich Teilen” und ähnliche Aktivitäten kennt jede Gemeinde, d.h. in jeder Gemeinde kommt es zu mindestens einer der genannten Aktionen. Drei Partnergruppen berichten regelmäßig dem KGR, es ist eine “institutionelle” Information an den KGR.

Außer Fürbitten und besonderen Anliegen in den speziellen Gottesdiensten handelt es sich in der Regel um Informationen über die Partnergemeinden und Spendenaktivitäten. Informationen und Spenden sind die Säulen der Partnerschaften. Bei den Informationen steht im Vordergrund, Verständnis für die Probleme der Partner zu wecken, an zweiter Stelle die Motivation für die Spenden. Keine Gruppe steht im Zentrum der Gemeindeaktivitäten. Das bedeutet auch, dass keine Gemeinde die Partnerschaft in den Mittelpunkt ihrer Gemeindepastoral stellt.

Auf die Frage nach dem pastoralen Selbstverständnis der Gruppe wurde nur von fünf Gruppen geantwortet. Bei Nachfragen wurde gar Unverständnis geäußert, was die Frage denn soll. Zwei Gruppen (die gleichen Gruppen, die als einzige gezielt von Beginn an eine Gemeindepartnerschaft angestrebt haben) beantworten die Frage positiv: eine kirchliche Gruppe ist pastoral (im weiten “peruanischen" Sinne) ausgerichtet oder es ist keine kirchliche Gruppe; Die anderen beiden Gruppen beantworten die Frage negativ (ohne Begründung). Eine Gruppe antwortet sehr vage: “pastoral ja, weil Glaube als Motivation”.

Zusammenfassung/Kommentar: Im Verständnis von Pastoral besteht ein eklatanter Unterschied zwischen den peruanischen Partnergemeinden (nicht unbedingt peruanische Pfarrer) und den deutschen Gemeinden. Während in Peru (zumindest in den Gruppen und Gemeinschaften, mit denen alle deutschen Gemeinden ja einen möglichst direkten Kontakt wünschen) die Einheit von Glaube - Alltag, Kult - Praxis und Feier des Glaubens - Gemeinschaft selbstverständlicher geworden ist, scheint es bei uns nicht zu gelingen, diese Einheit herzustellen. Die peruanischen Partner werden geradezu bewundert wegen ihrer Fähigkeit, ganzheitlich zu glauben und zu leben, während gleichzeitig die eigene Praxis als mangelhaft erlebt wird. Um so bemerkenswerter ist die Ablehnung eines pastoralen Auftrags im Selbstverständnis der meisten Gruppen. Pastoral wird in den Gruppen (und zu vermuten erst recht in der Gesamtgemeinde) als Aufgabe der Hauptamtlichen betrachtet.

Vor allem aber wird Pastoral auf Kult reduziert (Sakramente; Gottesdienst). Dafür aber sind Spezialisten zuständig, die nicht nur dafür ausgebildet wurden, sondern ja auch dafür bezahlt werden. Selbst sonst sehr engagierte und fähige Mitarbeiter, ohne die in unseren Gemeinden wenig laufen und die in einigen Bereichen noch gerne mehr Verantwortung übernehmen würden, erklären sich für die Pastoral nicht zuständig und/oder nicht kompetent.

Wie ist es zu erklären, dass in unserer “aufgeklärten” Gesellschaft und Kirche die alten Muster von “Kult- und Opferpriestertum”, die Trennung von Leib und Seele, von Spiritualität und Engagement (usw.) offenbar noch wirksamer sind als z.B. in Campesinogemeinschaften, die über Jahrhunderte hinweg mit aller Gewalt gerade in diese Muster hineingepresst wurden? Ersetzt vielleicht ein schwärmerisches Verständnis von Basisgemeinden, in die alle vor Ort unerfüllten Hoffnungen hinein projektiert werden, konkretes Auseinandersetzen mit den Verhältnissen vor Ort, so dass sich gerade deswegen so wenig verändert? Partnerschaftsarbeit könnte so zu einer risikolosen Flucht und risikolosem Ausstieg werden. Denn statt einem Ausstieg aus der Gemeindemitarbeit (und Kirche) wegen tatsächlicher oder nur vermuteter Unmöglichkeit, sich mehr einbringen zu können, wegen Resignation und mangelnder Perspektiven, bietet sich in der Partnerschaftsarbeit die Möglichkeit (oder auch nur Illusion), an einer besseren Gestalt der Kirche mitarbeiten zu können ohne sich in die Mühen des hiesigen Alltags zu begeben. Um so schrecklicher ist es dann aber, wenn sich herausstellen sollte (was man aber konsequenterweise möglichst lange nicht wahrhaben möchte), dass in der Partnergemeinde alles noch viel schlimmer als hier ist oder dort das Rad wieder zurückgedreht wird.

Wie noch zu sehen sein wird, sind die meisten Gemeinden nicht in der Lage, auf veränderte Situationen in den Partnergemeinden angemessen zu reagieren, weil eben die Partnerschaft von vorne herein nicht als pastorale, theologische Herausforderung gesehen wurde und es deshalb auch nicht ausreichend zu positiven, d.h. auch sich selbst in Frage stellenden Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe und der Gemeinde gekommen ist. Andererseits bieten Veränderungen die Chance, endlich über Grundlagen und Perspektiven gemeinsam nachzudenken - im Interesse der Partner und der Gruppen selbst.

Bei der Frage der Erfolgserlebnisse und Enttäuschungen überwiegen die Enttäuschungen, einmal gar wird ein Erfolgserlebnis kategorisch bestritten. Sonst werden zweimal der Besuch des Pfarrers der Partnergemeinde genannt, einmal dass der Partnerschaftsgottesdienst gut besucht ist, ebenfalls einmal die erfolgreiche Organisation zweier Perukonzerte und mehr missionarisches Verständnis, Offenheit und Interesse, gesteigertes Interesse für mehr fair gehandelte Waren und gute Verkaufsergebnisse. Von der nichtkirchlichen Gruppe werden genannt: wachsende Mitgliederzahl, inhaltliche Vertiefung und menschlicher Zusammenhalt. Die Erfolgsergebnisse auf die eigene Gemeinde hin sind insgesamt eher bescheiden. Zwar wird von allen Gruppen gewünscht, mehr in die Gemeinde hineinwirken zu können, doch wie das geschehen könnte, bleibt meist sehr vage. In der Mehrheit der Gruppen wird heute eher ein Rückgang von Veränderungsmöglichkeit in der Gemeinde und auch im gesellschaftlichen Umfeld festgestellt als zu Beginn der Partnerschaft.

Folgende Enttäuschungen werden in der Reihenfolge der Häufigkeit von den Gemeinden genannt:

  • fallende statt steigende Mitgliederzahlen, zu kleine Gruppe, keine neuen Mitglieder;
  • das Interesse anderer Gemeindegruppen ist gering;
  • die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden ist schwierig;
  • die Entwicklung in der Partnergemeinde bedrückt, vor allem weil keine direkten Kontakte zu Basisgruppen möglich sind.
  • zu wenig inhaltliche Arbeit in der Gruppe möglich, zu wenig Interesse für Seminare und Fortbildung;
  • keine Einbindung in Gesamtplanung der Gemeinde (Partnerschaft am Rande).

Von einer Aufbruchstimmung in den Gruppen oder gar Gemeinden ist nicht viel (mehr) zu spüren, unabhängig von den Ereignissen in der Partnergemeinde (deren veränderte Situation verstärkt natürlich noch die eher pessimistische Stimmung). Hauptprobleme und Ursachen der Enttäuschung: Durch terminliche Schwierigkeiten bei den Mitgliedern der Gruppen bleibt die Arbeit oft bei Wenigen hängen. Die Vermittlung des Partnerschaftsgedanken ist recht schwierig.

Viele Gemeindemitglieder sehen die Partnerschaft hauptsächlich als eine einseitige "Spenden" - Patenschaft. Die Partnerschaftsidee ist vor allem deswegen schwer vermittelbar, weil man nicht sehen kann, was diese uns bringen soll. Die wenigen Mitglieder sind oft auch in anderen Kreisen der Pfarrei aktiv und beruflich zudem sehr belastet. Andere erwarten Aktivitäten, machen aber selbst nicht mit. Dazu kommen noch vage Zielvorstellungen (was wollen wir?). Solidaritätsthemen werden nicht angenommen (nur spenden, aber sonst in Ruhe gelassen werden, hochkarätige Info - Veranstaltungen bleiben oft fast ohne Resonanz). Innerhalb der Gruppen liegt die gesamte Arbeit meist bei 1 - 4 Leuten. Die in der Gemeinde Engagierten haben sich zu viel um andere Themen noch zu kümmern, als dass sie noch ein neues Thema aufnehmen könnten (Überlastung der Kerngemeinde).

Zusammenfassung: Das Hauptargument der fehlenden Zeit und der damit zusammenhängenden Überlastung lässt darauf schließen, dass sich die Rangfolge der Prioritäten verschoben hat. Niemand hat Zeit. Während hier die Menschen wenig Zeit benötigen, um für den existentiellen Lebensunterhalt zu sorgen, aber dennoch keine Zeit haben, weil sie mit Dingen beschäftigt sind, die über das Existentielle hinausgehen, ist es in Peru anders herum: Die Menschen brauchen viel Zeit, um das Überleben zu sichern, haben aber darüber hinaus mehr Zeit - Zeit, die sie in die Gemeinschaft investieren, in die Verbesserung ihrer Beziehungen aber auch in die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse. Es stellt sich die Frage, was für die Menschen hier existentiell so wichtig ist, dass sie trotz immer noch steigendem Wohlstand (auf die Mehrzahl der Gruppenmitglieder bezogen) in immer größeren Druck geraten bzw. sich immer mehr selbst unter Druck setzen.

Wichtig wäre vor allem zu untersuchen, was dies für die Verkündigung der Botschaft Jesu bedeutet, wenn selbst für engagierteste Gemeindemitglieder (die eigentlich nicht ums Überleben kämpfen müssen und Zeit hätten) die Verkündigung der Botschaft Jesu bzw. ein Ausrichten an seiner Botschaft entweder nicht mehr absolute Priorität hat oder (innerhalb bestimmter gesellschaftlicher und kirchlicher Strukturen) für utopisch, d.h. für nicht realisierbar, angesehen wird. Dies wird verstärkt durch die Aussagen der Pfarrer, die mehrheitlich sich daran gehindert fühlen - und dies immer mehr - sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich die Verkündigung der Botschaft Jesu Christi. Umgekehrt: nimmt man die Verkündigung der Botschaft Christi ernst, bleibt eine verschwindend kleine Zahl von Menschen, die unter den Bedingungen dieser Gesellschaft und der heutigen Zeit bereit und auch in der Lage wären, den Anbruch der Herrschaft Gottes zu verkünden und dies zeichenhaft in Gemeinschaft zu leben (als Kirche).

Stellenwert der Partnerschaft: Nach Einschätzung aller Gruppen besitzt die Partnerschaftsarbeit (noch weniger die Solidaritätsarbeit) keinen hohen Stellenwert, weder in der Gemeinde, noch in der Kirche insgesamt. Projektarbeit ist wichtiger als Partnerschaftsarbeit, das wird von den Gruppen aber als Mangel oder gar Verkürzung der christlichen Botschaft angesehen. Besonders in den Referaten Weltkirche der Diözesen (außer Freiburg) und auch den Hilfswerken (was hier verständlicher ist, denn dies ist deren Hauptaufgabe) geht es zuerst um vorzeigbare
Projekte. Allgemein wird festgestellt, dass es leichter wäre, reine Projektarbeit zu machen (was dann auch viele tun, weil sie sich darüber hinaus von niemand unterstützt fühlen).

Partnerschaftsarbeit wird in der Gemeinde als notwendige (“muss halt gemacht werden”), “Hilfe für die Armen” eingestuft und als Angelegenheit und Aufgabe der entsprechenden Gruppe angesehen. Diese wird dann auch noch kritisiert, wenn sie zu wenig informiert und sie wird auch kritisiert, wenn sie schon wieder informieren will. Es gibt zwar keine Probleme mit den lokalen kirchlichen Institutionen, aber auch keine inhaltliche und konzeptionelle Unterstützung oder Zusammenarbeit. Eine intensive Zusammenarbeit (Projekte und inhaltlich) mit den Hilfswerken gibt es nur in zwei Gemeinden und auch hier nur mit Misereor (Überweisung und Abrechnung über die Hilfswerke nicht mitgezählt).

Einmal wurde allerdings eine Zusammenarbeit mit Misereor als äußerst hinderlich empfunden (“Bürokratie verhindert Projekt”). Sporadische Kontakte zu Misereor und Adveniat werden häufiger genannt. Fast alle Gruppen halten ihre “direkte” Hilfe für besser und zukunftsorientierter (“progressiver”) als die der Hilfswerke. Andererseits ist selbst in einigen MEF - Ausschüssen die unterschiedliche Zielsetzung von Misereor und Adveniat nicht bekannt.

4. Gestalten der Partnerschaft (Kommunikation, Besuche, wer Partner mit wem)

In drei Gemeinden sind die Ansprechpartner Gruppen (Campesinos, Comunidades, Mütterclubs, Frauengruppen). Sonst sind es der Pfarrer oder Ordensschwestern (dreimal als Gemeindeleitung), einmal bis heute noch Bischof Dammert (Ende 1998 entstand aber auch in dieser Gemeinde eine Gemeindepartnerschaft über den dortigen Pfarrer). Überall, wo keine direkte Kontakte zu Gruppen bzw. wo es überhaupt keine aktiven Gruppen in der Partnergemeinde gibt, gibt es zur Zeit wenig oder keine Kommunikation. In einer Gemeinde in Peru wurde aufgrund der Partnerschaft ein KGR gebildet, der die Verantwortung für die Partnerschaft trug. Über den jetzigen Bischof gibt es keinen Primärkontakt, aber gelegentlich werden Briefe ausgetauscht. Allgemeiner Wunsch aller Gruppen ist der direkte Kontakt zu den Partnern, zu den Gruppen der Partnergemeinde und zur Partnergemeinde insgesamt.

Es besteht ein wachsendes Misstrauen, dass der jeweilige Pfarrer der Partnergemeinde nicht (mehr) die dortige Gemeinde repräsentiert und das verbreitete und anerzogene Bild vom Pfarrer als Verkörperung und Repräsentant der Einheit einer Gemeinde gerät ins Schwanken. Besonders die Freiburger Gemeinden sind hier betroffen, sie werden aber vom Referat Weltkirche bestärkt, Vertrauen in die amtskirchlichen Strukturen in Cajamarca zu haben (was aber de facto bedeutete, sich von der ursprünglichen Idee von Partnerschaft zu verabschieden.

Zusammenfassung: Die Vorbereitung der Partnerschaft Ulm - San Pedro ist in seinem Umfang und Aufwand sicher extrem (siehe Extrakapitel). Intensive Kenntnisse der dortigen Verhältnisse, vertrauensvolle Ansprechpartner und ein klares Konzept kann man nicht überall von Anfang an voraussetzen. Der Aufwand hat sich aber bewährt. Das andere Extrem war, wenn Bischof Dammert den (Bettel-) Brief eines Pfarrers aus der Tasche zog und ihn auf einem Deutschlandbesuch einer Gemeinde übergab - ohne geringste Vorbereitung und Überlegung, was daraus werden könnte und wohl auch in dem Wissen, dass der entsprechende Pfarrer für eine Partnerschaft, wie sie eine deutsche Gemeinde eigentlich wünscht, in keiner Weise geeignet war. Dies war der Anfang mehrerer “Partnerschaften”. Wie weit Bischof Dammert noch in den 80- er Jahren von einem sachgemäßen Verständnis von Partnerschaft entfernt war und überhaupt überblicken konnte, welche Verantwortung er beim “Vermitteln” einer Partnerschaft übernahm, kann an dieser Stelle nicht näher beleuchtet werden. Sicher ist, dass es auch für Bischof Dammert ein langer Prozess war, die eigentlichen Dimensionen einer Partnerschaft zu sehen.

Als Hauptproblem der Partnerschaften stellt sich die Frage der Ansprechpartner in den Partnergemeinden heraus. Der Wunsch nach direkten Kontakten deutscher Gemeinden zur “Basis” (zu den Ärmsten) kommt in Konflikt mit der real existierenden Gemeindesituation in den Partnergemeinden, in denen mehrheitlich die Pfarrer allein “Besitzer” der Partnerschaft oder zumindest nicht behilflich sind, Kontakte zu den einzelnen Gruppen zu ermöglichen bzw. solche Gruppen überhaupt nicht wollen (besonders nicht auf dem Land, was wiederum für die deutschen Gemeinden am attraktivsten wäre). Die sich zu stellende Frage, wer und was denn nun Gemeinde ist, wer die Träger der Partnerschaft und wer und was die bleibende und konstitutive Konstante in der Beziehung zweier Gemeinden ist, wird eher verdrängt. Oder die Probleme mit den “Ansprechpartnern” werden als spezifisches Lokalkolorit Cajamarcas angesehen, was im Grunde nichts mit uns zu tun hat und was letztlich so akzeptiert werden muss.

Bei der Frage nach dem Bischof als Repräsentant der Kirche in Cajamarca verhält es sich ähnlich. Man ist froh, wenn man “seine” Partnerschaft unabhängig vom Bischof (bzw. unabhängig von dessen kirchenpolitischer und pastoraler Linie) weiterführen kann ohne sich mit den machtpolitischen Ansprüchen und Möglichkeiten des Bischofs grundsätzlich auseinanderzusetzen. Erst wenn z. B. die vertraute Ordensschwester aus der Partnergemeinde versetzt wird oder aus “unerfindlichen Gründen” oder “freiwillig” die Gemeinde verlässt, nimmt die Nachdenklichkeit zu - so geschehen in mindestens fünf Gemeinden. Hauptakteur in der Partnerschaft ist in den deutschen Gemeinden immer die Gruppe (egal wie sie sich nennt) bzw. deren Leitung, meist aber nur ein sehr enger “Kernkreis”. Die Befähigung ergibt sich aus Dritte - Welt - Erfahrungen verbunden mit ausgezeichneten Spanischkenntnissen (sechs mal). In vier Gemeinden hatte niemand Erfahrung, weder mit spanisch, mit Partnerschaft noch mit irgendeiner Art von Dritte-Welt-Arbeit (diese vier Gemeinden sind auch am hilflosesten). In zwei Gemeinden ist der Gemeindepfarrer der “Motor” der Partnerschaft.

In Peru entsprechen die Hauptakteure den Ansprechpartnern (siehe oben). In keiner peruanischen Gemeinde gibt es jemand mit Eine-Welt-Erfahrung bzw. Erster - Welt - Erfahrung, allerdings kam es zu verschiedenen Besuchen hier. Auf Diözesanebene gab und gibt es keine Orientierung in Bezug auf Partnerschaftsarbeit (unabhängig vom jeweiligen Bischof), ebenso wenig eine ausgewiesene Befähigung der Ansprechpartner hierfür (wenn man von der Priesterweihe absieht). Das Partnerschaftsbüro der Diözese Freiburg in Lima wollte 1997 ein Partnerschaftstreffen in Cajamarca organisieren, doch es kam nicht zustande. In der Diözese Cajamarca ist den einzelnen Gemeinden nicht bekannt, welche weitere Gemeinde ein Beziehung nach Deutschland hat. Ein Austausch von Erfahrungen ist daher auch unbekannt. Es besteht eher die Tendenz, bestehende Beziehungen zu verheimlichen. Ein neue Situation (die noch nicht in den Antworten der Partnergruppen berücksichtigt sein kann) entstand im Verlauf des Jahres 1998, so zum Beispiel durch das schon erwähnte Partnerschaftstreffen der Freiburger Partnergemeinden in Cajamarca.

Kommunikation mit der Partnergemeinde:

Die Voraussetzung für jede Kommunikation ist die Sprache. Das Bemühen aller Gruppen die spanische Sprache zu lernen ist sehr stark. Etwa die Hälfte der aktiven Mitglieder wollte oder will noch spanisch lernen, bei einem Drittel sind Grundkenntnisse vorhanden. Fünfmal sind in Deutschland lebende Spanier oder Peruaner Mitglieder und/oder Übersetzer. In zwei Gemeinden verfügt niemand über Spanischkenntnisse (“Fremdübersetzung” der Briefe). Sonst gibt es in jeder Gemeinde zumindest eine Person, die gut bis sehr gut spanisch spricht. (Quetschua wird in der Diözese Cajamarca außer zwei kleineren Teilgemeinden nicht gesprochen). Die Kommunikation (Briefe) in den deutschen Gemeinden ist bis auf eine Ausnahme völlig transparent, sowohl innerhalb der Gruppe, als auch auf die Gemeinde hin (letzteres nur im Prinzip, denn viele Gruppen sind der Meinung, dass man nicht alle Tatsachen, zumindest nicht sofort, der Gemeinde z.B. im Gottesdienst mitteilen kann). Zweimal werden die Briefe exklusiv von der Gruppenleiterin geschrieben, sonst aber sind es wechselnde Briefschreiber. Meist wird in der Gruppe über den Inhalt des Briefes beraten. Die Pfarrer schreiben in vier Gemeinden öfters Briefe. In einer Gruppe sind es zehn Personen, die regelmäßig Briefe schreiben.

Der Inhalt der Briefe besteht in der Regel aus Absprachen zu gemeinsamen Vorhaben, Berichten über die Projektarbeit (dort) und unsere Aktivitäten (um Spenden zu sammeln) hier. Weiterhin sind Absprachen über Besuche, persönliche Anliegen, gegenseitige Informationen um sich kennen zu lernen, persönliche Mitteilungen aus dem Alltag, der Familie, der Politik o.ä. Themen der Briefe. Das Hauptinteresse der deutschen Gemeinden ist das gegenseitige Kennen lernen, das Kennen lernen der Lebensumstände der Partner, ihres Alltag etc. - auch im Kontext der nationalen Situation.

Briefe aus Peru werden in der Regel veröffentlicht (Pfarrbrief, Gottesdienst, schwarzes Brett etc., mindestens aber in der Gruppe). Der Inhalt der Briefe aus Peru besteht in der Hauptsache aus Projektbeschreibungen, Anforderungen und Berichten, vereinzelt auch Berichte über das Land, Politik, allgemeine Nachrichten, Feste. Beklagt werden allgemein die schlechten technischen Möglichkeiten (unzuverlässige Post, aber auch "Schreibfaulheit" der Partner). Eine Kommunikation per E-Mail gibt es noch nicht, aber viermal über Fax, doch selbst dies ist unzuverlässig, da es meist abgeschaltet ist. Vereinzelt und in dringenden Fällen wird auch telephoniert. Seit dem Bischofswechsel wird eine erhebliche Zunahme der Kommunikationsschwierigkeiten registriert, weil der Bischof als Vermittler und “Notanker” ausfällt. Seither schreiben die peruanischen Priester noch weniger oder auch gar nicht mehr. Ausländische Priester, die vorher eine große Hilfe waren, sind nicht mehr in der Diözese (außer einem “Rentner”). Am besten funktioniert noch die Kommunikation mit den Schwestern.

Allgemein wird festgestellt, dass mit Bischof Simón keine Verständigung über den Sinn von Partnerschaft möglich oder zumindest sehr mühselig ist (in zwei Gemeinden existiert dieses Problem nicht, da man sich über den Sinn der Partnerschaft mit den Partnern noch nicht ausgetauscht hat). Auch seitens der Pfarrer ist seither diesbezüglich eine Blockade festzustellen. Fünf peruanische Pfarrer reagieren überhaupt nicht mehr.

In allen (!) Gemeinden kam es zu Besuchen; bis auf zwei Gemeinden kam es auch zu einem Gegenbesuch aus Peru (Bischof Dammert nicht mitgezählt). Eine Gemeinde war noch nicht zu Besuch in Peru, bekam aber Besuch vom dortigen Pfarrer. Als Motive für einen Besuch werden genannt: Das Kennen lernen der Partner und deren Umfeld, Besuche als Lernfeld der Partnerschaft, Motivationsschub, Verteilung der “Lasten" hier auf mehrere Schultern (Erweiterung der “Kerngruppe”), Vertiefung der Beziehungen, Partner bekommen “Gesichter", persönliche Erfahrungen. Die Teilnehmer der Besuchsreisen sind eher zufällig zusammen gekommen, besondere “Motivationsnachweise” werden nicht verlangt, obwohl alle Besuche im Namen der jeweiligen Gemeinde verstanden werden. Es kam auch vereinzelt zu längeren Aufenthalten im Rahmen der Partnerschaft, so waren aus Ulm zwei Krankenschwestern (18 bzw. 6 Monate) im Auftrag der Gemeinde und zwei Jugendliche (je drei Monate, einer der Jugendlichen wurde durch den Besuch bestärkt, Priester zu werden) in der Partnergemeinde. Zwei Gemeinden schickten je einen Freiwilligen - Vermittlung über Freiburg - für ein Jahr, die aber nun beide nicht mehr in der Gemeinde aktiv sind.

Nur in drei Gemeinden gab es eine gezielte, intensive Vorbereitung (Landeskunde, Sprache, Kirche vor Ort, Mentalität etc.).Die Durchführung des Besuches war in vier Gemeinden sehr genau geplant, in Absprache mit den Partnern und einem Besuch aller Bereiche und Gruppen vor Ort. Häufig kam es aber zu “blitzartigen” (sehr kurze Dauer und ohne große Vorbereitung) Besuchen und zu Kontakten nur mit den “Offiziellen” (Pfarrern, Schwestern). Außer dem Wunsch, die Partner kennen zu lernen und auch die bisherigen Projekte zu sehen, gab es meist kein Konzept für Besuche. Fast immer wurden auch Bischof Dammert und dessen Mitarbeiter besucht. Alle Besuche werden als offizielle Besuche im Rahmen und im Namen der Partnerschaft gesehen, werden aber stets privat finanziert (Gegenbesuche aber auf Gemeindekosten). Als Nachbereitung kam es in der Gemeinde stets zu einem Bericht über die Reise (Diavortrag etc.), ebenso zu Dankesbriefen. Eine neue und fundiertere Motivation wird als wichtigstes Ergebnis genannt.

Zusammenfassung Besuche: Das persönliche Kennen lernen ist für alle Gemeinden ein unverzichtbarer Bestandteil der Partnerschaft. Persönliches Kennen lernen bedeutet auch, die Verhältnisse, Lebensumstände etc. der Partner kennen zu lernen. Die Besuche werden einstimmig als entscheidend und wegweisend für die Partnerschaft genannt, ohne Besuche geht es nicht. Vorbereitung, Organisation und Erfolg der Besuche hängen entscheidend von dem Selbstverständnis der Gruppe (z. B. pastorales Anliegen, Projekte eher im Mittelpunkt, Touristik) und von den entsprechenden Ansprechpartnern ab. Wenn es wenig Ansprechpartner gibt oder nur der Pfarrer die Gruppe empfängt, erschwert dies ein Kennen lernen der Partnergemeinde, der jeweiligen negativen und positiven Seiten der Lebensumstände der Partner und deren Probleme. Besuche der peruanischen Partner in Deutschland sind viel problematischer, auch weil oft nur der Pfarrer zu Besuch kommen kann. Die meisten Pfarrerbesuche führten nicht oder nur für kurze Zeit zu einer Belebung der Partnerschaft. Peruanische Pfarrer sehen in ihrer Mehrheit den Besuch eher als “Lohn” der Partnerschaft und weniger als Möglichkeit, mit neuen Ideen in die eigene Gemeinde zurückzukehren.

Aus zwei Gemeinden wird berichtet, dass der Besuch den peruanischen Besucher verändert hat und dass nun mehr Verständnis dafür besteht, dass wir für unser Spendenaufkommen hart arbeiten müssen und das Geld nicht auf der Straße liegt. Man erwartet aber in der Regel viel mehr von einem Besuch, weiß aber keine Lösung, wie man dies erreichen könnte. Die Mehrzahl der Gemeinden ist daher mit Einladungen sehr vorsichtig, ist sich aber gleichzeitig bewusst, dass die Ungleichheit der Besuche die generelle Schieflage (von reich zu arm) eher noch bestärkt. Campesinos waren noch nicht zu Besuch. Einladungen an die direkt Betroffenen (z. B. Campesino-Katecheten) werden diskutiert, im Prinzip auch für wünschenswert erachtet, doch wegen der zu großen sozialen und kulturellen Unterschiede nicht ausgesprochen.

Alle Gruppen haben noch andere Informationsquellen (je länger die Beziehung, desto mehr). Zu Bischof Dammert hatten alle Gemeinden Kontakt, ebenso zu Deutschen in Cajamarca. Kontakte zu bestimmten Personen (außer Deutschen) außerhalb der Partnerschaft gibt es nur sehr selten. In Deutschland sind es vor allem die “Informationen aus Cajamarca”, das Perubüro Heidelberg, die Infostelle Peru, das Referat Weltkirche Freiburg, die KAB sowie andere Cajamarca-Gruppen, von denen man sich informieren lässt. Insgesamt aber ist das Wissen um andere Partnerschaften nicht allzu groß, die Möglichkeiten der Information werden nicht ausreichend ausgeschöpft und die vorhandenen Informationen aus Zeitmangel wenig gelesen. Dennoch herrscht ein allgemeines Klagen, dass man zu wenig weiß und man eigentlich viel mehr wissen sollte.

Wissen der Partner über uns: Zwei Gemeinden informieren gezielt über das Leben in Deutschland, z.B. über demokratische Strukturen wie KGR u.a., Entscheidungswege in hiesigen Gremien, über soziale Probleme und wie wir zu Geld kommen (Spenden, aber auch Kirchensteuersystem etc.). Die Verantwortung gegenüber den Spendern wird in drei Gemeinden betont und den Adressaten vor allem dann mitgeteilt, wenn man bestimmte Dinge nicht finanzieren will. Auch über die politische Situation und die Situation der Kirche in Deutschland (demokratische Strukturen, viele hauptamtliche Laien und Laientheologen, Ökumene etc.) wird in zwei Gemeinden gezielt berichtet. Solche Informationen sind aber nicht die Regel. In den meisten Gemeinden werden Informationen über Aktivitäten für Spenden den Partnern mitgeteilt. Dortige Ansprechpartner (Pfarrer etc.) erzählen ihrer Gemeinde von sich aus nichts oder nur wenig, selbst dann nicht, wenn sie zu Besuch in Deutschland waren.

Die Abhängigkeit von Geld ist in einer Gemeinde ein ständig wiederkehrendes Thema, sonst wird eher Abhängigkeit von Personen (hier und dort) genannt. “Abhängigkeiten” sind auch im positiven Sinn zu verstehen, da dies ein aufeinander Bezogensein und Freundschaft bedeutet. Jede Partnerschaft (sich öffnen, eine Beziehung eingehen) bedeutet, sich abhängig zu machen, ja sich auszuliefern. Dieser Gesichtspunkt wurde nur von einer Gemeinde thematisiert. Mehrheitlich wird als selbstverständlich angesehen, dass wir Geld schicken, dies wird aber nicht als Abhängigkeit gesehen oder gar problematisiert. Vielmehr herrscht die Sorge vor, dass einem der Partner abhanden kommt, Kontakte verloren gehen oder es keine Partnergruppen in der Partnergemeinde gibt.

Kontakte außer der bestehenden Partnerschaft zu anderen Gemeinden, Gruppen oder Organisationen in Cajamarca, Peru oder auch anderen Teilen der Welt sind sehr selten. Dreimal spielen noch “alte” Projekte bzw. andere Partnerschaftsbeziehungen eine Rolle. Zweimal, und dann auch nur punktuell werden diözesane Aufgaben in Cajamarca unterstützt (Straßenkinder, Diözesaneinrichtungen). Eine Gruppe streut gezielt ihre Spendengelder, um die Partner nicht abhängig zu machen.

Die Frage der Spiritualität wird in den meisten Antworten ausgeklammert und bezieht sich sonst fast ausschließlich auf Fürbitten und Gottesdienste. Vereinzelt (je zweimal) werden noch Partnerschaftssymbole sowie Gebet und Besinnung zu Beginn der Sitzung genannt. Eine Ausnahme ist der Förderkreis (nicht kirchlich): “Als ‚spirituell‘ bezeichnen wir unsere Arbeit im folgenden Sinne: wir beschäftigen uns mit sozialen und kulturellen Fragen. Spiritualität verstehen wir nicht nur religiös, sondern auch als das Anliegen, Menschen anderer Kulturen zu verstehen und hier eine Brücke von Menschen zu Menschen zu schlagen. Dies ist auch dann möglich, wenn wir in ganz unterschiedlichen Welten leben. Durch die Auseinandersetzung mit der Welt der Partner, mit ihrem Leben, mit ihren Problemen, verändert sich auch etwas in uns”.

Zusammenfassung Kommunikation: Die Berichte über Projekte stehen auf beiden Seiten im Vordergrund. Auf deutscher Seite wird aber mehr versucht, auch über die eigene Situation zu informieren (Politik, Wirtschaft, soziale Situation, Alltagsleben, Leben in der eigenen Gemeinde). Auf peruanischer Seite wird über die genannten Themen - mit seltenen Ausnahmen - nur dann informiert, wenn die Beschreibung in einem Zusammenhang mit dem Projekt steht. Es wird dann die Armut beschrieben um die Notwendigkeit der Hilfe herauszustellen. In der Regel ist auf deutscher Seite die gesamte Gruppe an der Kommunikation beteiligt, auch die Gemeinde wird mit einbezogen. Der Pfarrer steht dabei nicht im Mittelpunkt. Auf peruanischer Seite ist die Kommunikation in der Mehrzahl der Gemeinden auf eine Person beschränkt (meist Pfarrer, Schwester). Auf peruanischer Seite besteht eher die Gefahr einer einseitigen Information, weil die Kommunikation mehr Interessen geleitet ist oder gar der Briefeschreiber die Realität seiner Gemeinde bzw. die Mentalität der Campesinos nicht kennt.

Der Wunsch, die Sprache der Partner zu verstehen und zu lernen, ist auf deutscher Seite stark ausgeprägt. Auf peruanischer Seite spricht niemand deutsch oder hat wegen der Partnerschaft begonnen, deutsch zu lernen. In drei Fällen sind eher zufällig und aufgrund von Auslandsaufenthalten, die nicht im Zusammenhang mit der Partnerschaft stehen, minimalste Deutschkenntnisse vorhanden. Auf beiden Seiten wird dieser ungleiche Zustand als selbstverständlich angesehen. Als ebenfalls selbstverständlich wird angesehen, dass die deutschen Partner sich auf eigene Initiative über das Partnerland informieren, während umgekehrt dies nicht erwartet wird und auch selten geschieht. Bei den wenigen deutschen Gemeinden, in denen systematisch versucht wurde, die Partner auch über das eigene Gemeindeleben, über soziale und politische Entwicklungen hier und über Kirche und Glaube in Deutschland zu informieren, stießen diese Informationen hingegen auf großes Interesse.

Kommunikationsprobleme über die Sprache hinaus werden nicht thematisiert, höchstens geahnt oder in die gängigen Muster einsortiert. Dabei werden immer wieder diese beiden Bewertungen genannt: seitens der Deutschen, dass die Peruaner schreibfaul seien und seitens der Peruaner, dass die Deutschen zu rational (gemeint ist ohne Gefühl) und zu wenig flexibel seien. Die Antworten der Gruppen lassen darauf schließen, dass zwar von einem Kulturschock und von der Fremdheit und Andersartigkeit der Partner gesprochen wird, aber dass dies nur in wenigen Fällen zu einer grundsätzlichen Infragestellung der eigenen Person (Lebensstil, Glaube usw.) führt.

5. Projekte

Die Vorschläge für die Projekte kommen immer von den Partnern! Dies sind (s.o.) meist die Pfarrer oder die Schwestern. Bei den drei Gemeinden mit Direktkontakten kommen die Vorschläge auch von den Gruppen direkt. Entschieden über die Projekte wird in der Gruppe hier, selten in Rücksprache mit den Partnern. In einer Gemeinde gibt es echte Haushaltspläne, die gleichzeitig als Pastoralpläne anzusehen sind, sonst stehen vereinzelte Finanzierungspläne für einzelne Projekte im Vordergrund.

Die Art der Projekte:

  • Pastoral- und Weiterbildung, Pfarrei: Förderung der Voraussetzung der Seelsorge, vor allem Katechetenausbildung, Campesino –Treffen (Schulung); Bau von Versammlungshäusern; Bau eines Pfarrzentrums und Kirchenbauten (2), Kapellen auf dem Land, Grundstückskauf für den Kirchenbau, die Einrichtung der neuen Pfarrbibliothek, Beschaffung von Versammlungsräumen und Unterkünften für Gruppen; 5 “Frauenhäuser” in San Pedro; Finanzierung von Katechese.
  • Landwirtschaftliche Projekte: Wasserzisterne; landwirtschaftliche Projekte wie Saatgut, Tierzucht, Kanalbau und Bewässerung, Getreidemühle, Aufforstung, Anbaumethoden, Mustergarten, Zucht von Kleintieren und Gartenanbau zur Unterstützung der Mittagstische, Gewächshäuser, Wasserleitung.
  • Gesundheit: Botequines, Gesundheitsförderung, Gesundheitsfond für anfallende Krankenhauskosten, Gesundheitswesen (Posta medica), Ein Klein-Apotheken-Projekt, Hilfe mit Medikamenten über Medior. Soforthilfe für Kranke, deren Angehörige und zur medizinischen Vorsorge
  • Ausbildung: Lehrergehälter, Ausbildungsunterstützung, Colegiobau und Solarenergie für Colegio, Kindergärten; Ausbildung im Handwerk (mit SENATI), Alphabetisierung; Nähschule, Strick- und Webwerkstatt, Bau des Schulhauses, Durchsetzung von Ernährungsprogrammen, Aufbau der Mütterklubs und Klubhaus, Kinderhort San Martin de Porres, Frauenberatung, Kleinkreditwesen der Mütterclubs; Schule.
  • “Caritas”: Comedores, Lebensmittelhilfe, Schuhputzerjungen in Cajamarca, Schaffung einer Volksküche, arbeitende Kinder in Cajamarca, Kranke aus Bambamarca nach Lima,
  • Sonstige: Umsiedlungsmaßnahmen bei Staudammprojekt, Straßenbau, Autokauf,
  • “Frauenarbeit”: gezielt und als Schwerpunkt nur in zwei Gemeinden.

Fazit: In drei Gemeinden liegt ein gezielter Schwerpunkt auf der Ausbildung von Katecheten, in zwei Gemeinden gibt es eine gezielte Frauenarbeit. Ansonsten überwiegen in dieser Reihenfolge (nur aufgrund der Nennungen, nicht der Beträge, da diese selten genannt werden): Ausbildung, Landwirtschaft, Gesundheit und die entsprechenden Bauten (Infrastruktur).

Diese Schwerpunkte sind in etwa vergleichbar mit den Schwerpunkten bei Misereor. Frauenarbeit spielt außer in den beiden genannten Gemeinden keine (wichtige) Rolle, vor allem dort nicht, wo die Partnerschaft über den jeweiligen Pfarrer läuft. Dies ist um so bemerkenswerter, weil es die Frauen sind, die am meisten benachteiligt (unterdrückt) sind, die in den Partnergemeinden die Arbeit leisten und mit denen am ehesten Veränderungen zu verwirklichen sind. Die deutschen Gruppen sehen und wünschen dies auch (im Prinzip) so, finden aber wiederum keine Möglichkeiten, über ihre Ansprechpartner in diesem Sinne einzuwirken. Indirekt wird genannt, dass in den meisten Gemeinden für den jeweiligen Pfarrer der Kauf eines Auto (mit-) finanziert wurde und auch die laufenden Unterhaltskosten getragen werden. Die Verwendung des Autos wird - öffentlich - nicht in Frage gestellt (alle Pfarrer haben ja eine sehr große Pfarrei).

Projektverantwortliche sind die jeweiligen direkten Ansprechpartner. Als eigentliche Adressaten der Gelder (für wen eigentlich bestimmt) werden durchgehend die Ärmsten genannt. Autos werden von hier aus z. B. lediglich als “Vehikel” angesehen, um den Ärmsten besser dienen zu können. Dies widerspricht aber einerseits dem “Selbstverständnis” der überwiegenden Mehrheit der heutigen Pfarrer in Cajamarca, die ein Auto als angemessenes “Werkzeug” ihres Berufsstandes ansehen und damit gerade nicht auf das Land fahren und andererseits der bisherigen Erfahrung in der Diözese Cajamarca, dass für eine authentische Arbeit mit den Ärmsten kein Auto notwendig ist bzw. dies gerade eine solche Arbeit erschweren kann. Die nachhaltigsten Erfolge in der Pastoralarbeit erzielten diejenigen (Bischof Dammert, einige Pfarrer, Schwestern und “hauptamtliche” Mitarbeiter), die ohne Auto und sonstige “Zeichen der Überlegenheit” mit den Ärmsten lebten.

Über die Höhe der bisherigen “Investitionen” machen nur sechs Gemeinden genaue Angaben, Sie betragen durchschnittlich etwa 10.000 DM im Jahr. Die mit Abstand größten Beträge zweier Gemeinden erreichen bei regelmäßigen Überweisungen monatlich bzw. vierteljährlich eine Größenordnung von 50.000 bis 90.000 DM jährlich. Von Herzogenaurach gingen größere Beträge über Misereor und Adveniat an die Partner, von Ulm einmal 50.000 DM an das “DAS” (Sozialarbeit der Diözese). In zwei Gemeinden gibt es das Problem “heimlicher” Überweisungen von Pfarrer zu Pfarrer.

Sechs Gruppen schreiben ausführlicher über ihre Erfolge und Schwierigkeiten. Die anderen Gruppen lassen dieses Thema aus. Als Erfolge werden genannt:  Emanzipation, Stärkung der Eigenverantwortung von Gruppen, das Bewusstsein "wir sind Kirche" und materielle Verbesserung der Lebenssituation der Partner. Weiterhin werden aufgezählt: Aufbau und Ausgestaltung von Schulen (Verdoppelung der Schülerzahlen), Zufriedenheit über den Ablauf vor allem kleinerer überschaubarer Projekte und überschwängliche Dankesbriefe. Häufigste Schwierigkeiten: Fehlplanung, kurzfristige Änderung eines Projekts ohne Absprache, mangelnde Wartung und Instandhaltung; persönliche Interessen von Gemeindemitarbeitern drüben (führte zum Abbruch und zur Neuorientierung in der Partnerschaft); Wunsch des Bischofs, alle Hilfsgelder an sich zu ziehen; Probleme beim Pfarrerwechsel.

Eine inhaltliche Zusammenarbeit (nur fünf Antworten) als ein Schwerpunkt und Ausdruck des eigenen Selbstverständnisses pflegen nur zwei Gemeinden - und zwar mit Misereor, Adveniat, BMZ und Perugruppen hier; dort mit Frauengruppen, mit dem DAS, mit der Universität und Senati. Eine Gemeinde nennt noch die Zusammenarbeit mit Kolping (hier). Die genannten Gemeinden nennen dann als gemeinsame Projekte oder Initiativen ohne Geld: Aktionen wegen der Goldminen und deren Auswirkungen auf die Campesinos in Cajamarca, Ausstellungen wie z.B. 500 Jahre Unterdrückung (1992) und über Theologie der Befreiung; sie unterstützen auch finanziell die Studie über „30 Jahre Pastoralarbeit in Cajamarca”. Über das Geld bestimmt hier die Gruppe, bei größeren Vorhaben der KGR. In den Partnergemeinden sind es wiederum die Ansprechpartner (s.o.), die über das Geld verfügen. Diese sind demnach auch die Adressaten (formal, aber nur in Stellvertretung). Die Überweisungen werden per Orderscheck, durch Banküberweisung oder auch über ein Konto in Deutschland getätigt. Auch bei Besuchen werden größere Geldmengen direkt übergeben. Insgesamt herrscht bei den Gruppen keine große Auskunftsfreudigkeit.

Abgerechnet wird in fünf Gemeinden anhand von Fotos, Buchführung und (ungefähren) Belegen. Wichtig für alle insgesamt ist, dass man über den Verlauf, Stand und Abschluss der Projekte informiert wird. Genaue Abrechnungen werden nicht explizit verlangt, aber dreimal trotzdem geschickt. Das Bedürfnis nach Kontrolle ist gering. Als Hauptprobleme in dem Bereich Projekte und Geld werden eher „technische” Probleme wie das chaotische peruanische Bankwesen, Probleme mit einem Dollarkonto und zu große Projekte und weniger grundsätzliche Schwierigkeiten genannt. Außerdem wird eine bessere Kommunikation über die Projekte gewünscht (über Zielsetzungen, Projektabsprachen, Projektfortschritte).

Es ist wenig bekannt, was die Gelder bei den Empfängern bewirken Von den „Begünstigten” selbst kommen diesbezüglich wenig/keine Rückmeldungen (nur bei Direktkontakten und abgesehen von unverbindlichen Dankesbriefen). Pfarrer informieren selten darüber, sie schreiben statt dessen oft überschwängliche, aber nicht konkrete Dankesbriefe. So bleibt als Hauptinformationsquelle der persönliche Besuch bei den Partnern.

Das Geld für die Partnerschaft stammt in der Regel von der Gottesdienstgemeinde: regelmäßige Kollekten, Sternsinger, Geschwisterlich teilen, Bazar, Verkauf, Veranstaltungen und Daueraufträge von Gemeindemitgliedern. Über Ablauf und Abschluss der Projekte wird regelmäßig den Gottesdienstbesuchern berichtet, außerdem dem KGR und in den Gemeindeinformationen. Nach vollendetem Projekt wird immer die Gemeinde informiert. Man möchte gerne noch mehr berichten, wenn man noch mehr Informationen hätte, denn der Bericht über ein konkretes Projekt, erst recht dessen glückliche Vollendung, wird als hauptsächliche Motivation für die Spender angesehen.

Zusammenfassung Projekte: Die deutschen Gemeinden möchten in keiner Weise den Eindruck erwecken, den Partnern bestimmte Projekte aufzuzwingen. Tatsächlich werden in keiner Gemeinde die Projekte von hier aus vorgegeben, sondern alle Projektvorschläge kommen von den Partnern. Hier wird dann lediglich geprüft, ob diese Projekte finanzierbar sind oder nicht. Auch wird peinlichst vermieden, den Partnern inhaltliche Vorgaben zu machen, außer - aus deutscher Sicht als selbstverständlich vorausgesetzt - dass die Arbeit und das Geld den Armen zugute kommt. Man vertraut dem Partner (meist Pfarrer), dass dieser am besten weiß, was zu tun sei. Dennoch wäre es allen Gruppen lieber, wenn die Vorschläge von den Bedürftigen selbst kämen, diese mindestens aber mit einbezogen würden. Aber das traut man sich, wenn überhaupt, nur sehr zaghaft zu formulieren, da es sonst als Zeichen des Misstrauens ausgelegt werden könnte. Da, wie schon festgestellt, die pastorale Komponente nicht stark ausgeprägt ist, wird wenig nach dem pastoralen Konzept gefragt. Bedauert wird sehr, dass von den Betroffenen keine Rückmeldungen kommen und selbst von den Verantwortlichen kommt wenig.

Dennoch möchte man nicht kontrollieren um nicht als „Kolonisator” zu erscheinen. Die meisten Gruppen stehen aber in dem Dilemma, einerseits sich den Spendern verantwortlich zu fühlen und diese auch entsprechend zu informieren und Rechenschaft abzulegen und andererseits den Partnern gegenüber äußerst verständnisvoll zu sein (sein zu müssen) und keine unnötigen bürokratischen Hürden einzubauen. Denn gerade darin möchte man sich ja von den großen Hilfswerken unterscheiden (ohne allerdings, die Arbeitsweise, Form der Projektbegleitung, Grundlagen und Zielvorstellungen, z. B. von Misereor genau zu kennen) Eine entschiedenere Begleitung der Projekte seitens der deutschen Gemeinden wäre wünschenswert. Dabei könnten die Erfahrungen der Hilfswerke (Misereor) von großem Nutzen sein, doch werden diese Erfahrungen aus verschiedenen Gründen wenig genutzt bzw. es besteht ein Informationsdefizit (beiderseits), was seitens der Gemeinden schnell zu Vorurteilen führt „wir handeln unbürokratisch, aber die Hilfswerke”).

Auch wenn rein technische Projekte, Bauten, Landwirtschaft usw. überwiegen und als leichter abwickelbar angesehen werden, möchten doch alle Gemeinden, dass in den Partnergemeinden mehr Gruppen entstehen, dass Katecheten mehr Verantwortung übernehmen und auch pastorale Fortschritte (einheimische Kirche, Rolle der Laien, Basisgemeinschaften) gemacht werden. Diese Wünsche werden aber erst auf Rückfragen geäußert und sind eher unterschwellig vorhanden. Man findet keine Möglichkeit (oder ist nicht in der Lage), dies deutlich zu formulieren und auch den Partnern gegenüber zu vertreten, was zudem von der Mehrzahl der Gruppen als unzulässige Bevormundung betrachtet würde.

Über die Hälfte der befragten Gemeinden geben nur zögerlich Auskunft über die Projekte, vor allem wenn es um Probleme oder die Höhe der Spenden geht. Noch zögerlicher ist man, wenn es um die Information in der Partnergemeinde geht. Aus Angst, den peruanischen Pfarrer bloßzustellen, nutzt man nicht die Gelegenheit, z.B. bei Besuchen in der Partnergemeinde die Öffentlichkeit über die Partnerschaft, konkret über die Höhe der geschickten Spenden, zu informieren. Man fürchtet - neben der evtl. Bloßstellung - Neid und Streit zu verursachen, ohne zu bedenken, dass gerade eine mangelnde Information zu Unfrieden führen kann. Die Mehrzahl der (passiven) peruanischen Gemeindemitglieder geht selbstverständlich davon aus, dass jeder Pfarrer, der Besuch aus Deutschland bekommt oder gar selbst schon in Deutschland war, seinen Teil abbekommt. Die wenigen Gemeinden mit direkten Beziehungen haben dank der vorhandenen Transparenz nicht diese Probleme.

Ein peruanischer Pfarrer, dem die Partnerschaft ein großes Anliegen ist, müsste in seinem eigenen Interesse und zu seinem eigenen Schutz für Transparenz sorgen. In den deutschen Gemeinden ist Transparenz selbstverständlich, ebenso eine demokratische Entscheidung über die Spenden (in mindestens zwei Gemeinden haben aber die Pfarrer damit ihre Probleme). Alarmierend ist, dass kaum wahrgenommen wird (oder gar nicht wahrgenommen werden kann), was die Gelder bei Adressaten (den Ärmsten) bewirken oder welche Empfindungen sie auslösen können.

Neben den schon erwähnten mangelnden Direktkontakten spielt hier auch die Unkenntnis der Mentalität der Empfänger eine Rolle. Es wird sehr schwer sein sich als Außenstehender in die Mentalität der Empfänger einfühlen zu können. Dies sollte zumindest aber als Herausforderung erkannt und als Ziel, dem man sich nur annähern kann, nicht aus dem Auge verloren werden. Denn von diesem Bemühen hängen nicht nur so grundsätzliche Fragen ab, wie z. B. ob es überhaupt möglich (oder auch sinnvoll) ist, sich dem Fremden (analog dem „Anderen”) so zu öffnen, dass dieser weder vereinnahmt noch die eigene Identität gefährdet sondern stabilisiert wird, sondern es geht um auch praktische Fragen der Wahrnehmung, der Rückmeldung und damit der Möglichkeit eines Dialogs.

Es ist auf Dauer nicht durchzuhalten, einerseits den Ärmsten helfen zu wollen, gar in einen konstruktiven Dialog “von Angesicht zu Angesicht” eintreten zu wollen, andererseits aber ständig mit der “Unmöglichkeit” eines direkten Kontaktes konfrontiert zu werden. Auch kann durch die kaum vorhandene Wahrnehmung der Empfindungen der Betroffenen nicht überprüft und notfalls korrigiert werden, ob der eingeschlagene Weg der Partnerschaft und Projektarbeit nicht doch zuletzt nur die bisherigen Muster der Abhängigkeit verstärkt oder nicht. So kann z. B. durch “vorschnelle” Geldüberweisungen und ohne sonstigen Kontakte der Eindruck bei den Adressaten verstärkt werden, dass die reichen Deutschen als reine „Geldesel” betrachtet werden (wollen) und dass es sehr dumm sei, dies nicht auszunutzen.

6. Weiterbildung

Die Hälfte der Gruppen legt großen Wert auf interne Weiterbildung, drei Gruppen arbeiten daran systematisch. Inhalte sind Politik, Umwelt, Wirtschaft, Menschenrechte, Fairer Handel, Finanzpolitik (Auslandsverschuldung). Den meisten Gruppenmitgliedern ist es nicht möglich, sich auf eigene Initiative selbst weiterzubilden bzw. stets auf dem laufenden zu sein. Es besteht aber mehrheitlich der Wunsch, in der Gruppe mehr inhaltlich arbeiten zu können (Berichte und Auseinandersetzung über die Arbeit vor Ort, mehr Sachinformationen, Zeit zu haben für Seminare, spanische Sprache lernen). Zeitmangel und Beschäftigung mit weiteren Sachgebieten ist aber das größte Hindernis.

Die Öffentlichkeitsarbeit wird von allen als sehr wichtig bezeichnet. Alle informieren über die Partnergemeinden, die Mehrzahl lokal auf ihre Partner bezogen, die Minderheit auch unter Einbeziehung der wirtschaftlichen und sonstigen globalen Fragen. Informiert wird hauptsächlich an Perusonntagen (in Gottesdiensten, dazugehörende Veranstaltungen), dann im Pfarrbrief und nach Rückkehr von Perureisen. Auch ein Besuch aus der Partnergemeinde ist stets ein willkommener Anlass, in die Öffentlichkeit zu gehen. Selten werden Informationsveranstaltungen außer diesen erwähnten Gelegenheiten angeboten.

Über die Gemeinde hinaus wird vereinzelt in der Presse berichtet. Besuche aus der Partnergemeinde scheinen am ehesten geeignet, die Presse für das Thema zu interessieren. Dies gilt auch für Berichte über Besuche in den Partnergemeinden, vor allem wenn es sich um “Delegationen” einer Gemeinde handelt. Presseberichte über die Partnerschaft als solche, über eigene Veranstaltungen oder auch Berichte über Sachthemen wie z.B. die Auslandsverschuldung gelangen nur sehr vereinzelt in die Medien. Dies liegt aber nicht nur an der mangelnden Bereitschaft der Medien, sondern auch an den Gruppen, die solche Themen wenig anbieten. Für drei Gemeinden ist diese Art der Information und der Öffentlichkeitsarbeit ein Schwerpunkt ihrer Partnerschaftsarbeit. Diese drei Gemeinden haben auch eigene (Wander-) Ausstellungen erarbeitet und bekommen auch die meisten (über-) regionalen Einladungen als „Experten”.

Folgende Formen der Information und der Veranstaltungen werden genannt: Vorträge bei anderen Gruppen der Gemeinde, Infoveranstaltungen mit Besuchern aus Peru, Aktionen wie Ökofest, Ernte teilen, Stände in der Stadt, Gottesdienste und Predigten mit den Besuchern. Briefe an Abgeordnete, Minister und Adveniat, Infoblatt, schwarzes Brett in der Kirche, Musical „Romero", Filmreihe peruanischer Filme, Rundfunkinterview, Teilnahme an ökumenischen Veranstaltungen in der Region. Die Mehrzahl dieser Aktivitäten werden in den erwähnten drei Gemeinden durchgeführt. In den anderen Gemeinden kommt es eher vereinzelt zu entsprechenden Aktivitäten. Alle diese Veranstaltungen werden als auch Werbung für die konkrete Partnerschaft und die Partnerschaftsidee benutzt. Die „Hauptwerbeträger” der Partnerschaftsidee sind ansonsten Perugottesdienste, „Gemeinde im Bild” (an alle Haushalte), ständige Schautafeln in Kirche und Gemeindehaus, Veranstaltungen und Diavorträgen über Peru. Zwei Gemeinden haben ein eigenes Logo. Zur politischen Gemeinde bestehen praktisch keine Kontakte, nirgendwo gibt es eine systematische Zusammenarbeit.

Ein Erfahrungsaustausch mit anderen Gemeinden geschieht am intensivsten auf dem Cajamarcatreffen in Ulm. Für die Freiburger Gemeinden ist zusätzlich das jährliche Diözesantreffen aller Partnergemeinden ein guter Ort zum Erfahrungsaustausch (bzw. ausschließlich, denn zwei der sechs Freiburger Gemeinden waren noch nie bei dem Ulmer Treffen). Die oben erwähnten drei Gemeinden mit dem Schwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit haben auch die meisten Kontakte zu den anderen Cajamarca-Gruppen. Dortmund („Informationen aus Cajamarca”) gilt darüber hinaus immer noch als zentrale Informationsquelle und auch als Ansprechpartner. Einladungen von Gemeinde zu Gemeinde gab es selten. Herauszuheben sind hier die Gemeinden aus Ulm und Tettnang. Ulm wurde von den Gemeinden in Tettnang, Dortmund, Herzogenaurach, Castrop-Rauxel und Tiefenbronn über Fragen der Partnerschaft allgemein und Theologie der Befreiung insbesondere eingeladen. Tettnang wurde häufig angefragt und eingeladen um über die Goldminen von Yanacocha in Stuttgart, Tübingen, Essen, Mannheim (jeweils nicht kirchliche Organisationen) zu referieren.

Die Kontinuität der Arbeit ist trotz aller Anstrengungen langfristig ein Problem. Außer bei dem Förderkreis Cajamarca in Herzogenaurach gibt es sonst nirgendwo neue Mitglieder. In Herzogenaurach gibt es auch regelmäßige Kontakte zu Schulen und die Idee eines Workcamp für deutsche Jugendliche in Cajamarca. Ebenfalls regelmäßige Kontakte zu Schulen gibt es sonst nur noch in Tettnang. Jugendarbeit zum Thema Partnerschaft findet sonst nicht statt, aber in vier Gemeinden wird im Rahmen des Firmunterrichts die Partnerschaft vorgestellt. Außer einem strikten Nein wollen alle Gruppen neue Mitglieder gewinnen und erhoffen sich dadurch neue Impulse, doch bleibt dies ohne dauernden Erfolg und ist Ursache permanenter Enttäuschung - außer in dem nicht kirchlicher Förderkreis. Im Förderkreis, als Gruppe von Freunden (entsprechende Aktivitäten und Gemeinsamkeiten) mit gleichen Interessen und Hobbys, werden die Gruppenzugehörigkeit und das Gruppenleben am meisten gepflegt. Sonst kommt es nur vereinzelt zu einigen gemeinsamen Aktivitäten wie z.B. Weihnachtsfeier, 1.Maiwanderung, Fahrradrallye. In einigen Gemeinden trifft man sich hin und wieder zu den Gruppensitzungen in Privatwohnungen, feiert gemeinsam Geburtstag, aber man versteht sich z.B. nicht als Basisgemeinschaft sondern eher als Zweckgemeinschaft.

Zusammenfassung Weiterbildung und Öffentlichkeitsarbeit:

Die große Mehrzahl empfindet die geringe Weiterbildung im Prinzip als ein Mangel, der aber trotz aller Mühe nicht zu beheben ist. Die Gruppentreffen sind meist schon überladen mit organisatorischen Fragen und Arbeiten, so dass keine Zeit für Inhalte bleibt. Zusätzliche Termine sind fast nicht zu finden. Gruppen, die erst in jüngerer Zeit entstanden sind und zudem noch von ihrer eigenen Zielsetzung her ihre Arbeit auch als politische Arbeit verstehen (vor allem Tettnang und Förderkreis) zeigen noch viel Energie, um auch inhaltlich voranzukommen. Ältere Gruppen (vor allem Dortmund, Ulm) wirken schon sehr müde, bei einigen Gruppen stand (vor allem politische) Weiterbildung nicht auf dem Programm oder sie sind personell so schwach besetzt, dass es nur mit Mühe reicht, die Kontakte zur Partnergemeinde und zur eigenen Gemeinde aufrechtzuerhalten. Insgesamt ist die Partnerschaftsarbeit viel weniger intensiv, sowohl nach innen als auch nach außen, als noch vor Jahren. Jugendliche können nicht zur Mitarbeit gewonnen werden (mit einer Ausnahme).

Die eigene Gemeinde wird in der Regel gut informiert und man bemüht sich, die Partnerschaftsidee vor allem in der eigenen Gemeinde bekannt zu machen. Die Mittel und Methoden ähneln sich stark: Informationen in den Gottesdiensten, Gemeindebriefe (o.ä.), Dias, Reiseberichte von den Besuchen und Besuchern, Informationstafeln. Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. deren Wirkung geht in den seltensten Fällen über die eigene Kirchengemeinde hinaus. Trotz der geringen Wirkung nach außen und der geringen Ausprägung der politisch - gesellschaftlichen Komponente gelten die Gruppen innerhalb der eigenen Kirchengemeinde meist noch als die am meisten politisierte Gruppe.

7. Lernprozesse, Bewusstseinsveränderungen, Impulse auf Gemeinde hin

An pastoralen Impulsen wurde fast nichts direkt aufgenommen, es kam eher zu einer Beeinflussung der “Atmosphäre” (Besinnung vor Sitzungen) etc. In drei Gemeinden wird ein stärkeres Selbstbewusstsein der Laien hier durch das Beispiel peruanischer Christen registriert, einmal kam die Anregung für die Gründung eines Pastoralausschuss und des Pastoralteams in der eigenen Gemeinde von der Partnerschaftsgruppe. Zu nennen sind noch die Übernahme peruanischer Kirchenlieder in den Gemeindegottesdienst und sonstiger liturgischer Elemente wie die Art der Gabenbereitung, Friedensgruß usw. Die meisten Impulse sieht man jedoch in den Fürbitten und der thematischen Gottesdienstgestaltung (Perugottesdienst). Besonders in den Fürbitten fühlt man sich den Partnern in Peru verbunden. Nur aus einer Gemeinde wird berichtet, dass über die Partnerschaft bzw. die Mitarbeit in der Gruppe einige Personen neuen Zugang zur Kirche fanden. Aus einer anderen Gemeinde heißt es, dass Kirche von Jugendlichen anders wahrgenommen wird, weil eine stete Beziehung zu Schulen gepflegt wird. In verschiedenen Gemeinden (Stadtpfarreien) kommen mehr Besucher aus anderen Gemeinden zu den jeweiligen Perugottesdiensten. Neue Leute für die Kirche anzusprechen („Mission hier”) liegt nicht im Blickfeld der meisten Gruppen (kein missionarisches Bewusstsein).

In drei Gemeinden kam es zu konstruktiven Auseinandersetzungen, vorzugsweise über die Fragen des jeweiligen Gemeindeverständnisses und des Kirchenbildes. Dies war für die Beteiligten eine positive Erfahrung, es ergab sich ein vertieftes Verständnis mit zunehmendem Interesse für die Partnerschaft und Solidarität mit den Partnern (Campesinos, Mütterclubs). In einer Gemeinde ist die Gruppe über das verschiedene Verständnis von Religion, Priestertum, Gemeindeverständnis usw. total zerstritten (dies aber ohne große Auswirkung auf das Gemeindeleben, wohl aber natürlich auf die Partnerschaft). Auseinandersetzungen werden aber sonst nicht benannt, obwohl sie, aus der Kenntnis der Gruppen und in Einzelgesprächen verifiziert, dennoch bestehen. Pastorale und kontroverse Themen sind sonst nicht fester Bestandteil der Gruppenarbeit. „Für Pastoral und Theologie sind wir nicht zuständig bzw. nicht berufen, wir haben dafür zu sorgen, dass keine Kinder mehr verhungern”. Eine Freiburger Gemeinde: „Wir stellen fest, dass sich hier und dort das Bild von Kirche ändert. Wir meinen, dass die je andere Kultur eine größere Rolle spielen wird, die wir zu respektieren lernen. Wir meinen, dass die Priester eine andere Rolle haben werden. Wir meinen, dass wir das Kirchenbild nicht mit klaren Worten beschreiben können. Es ist ein Lernprozess”.

Reaktionen auf massive Veränderungen in der Partnergemeinde sind in einigen Fällen deshalb nicht möglich, weil Veränderungen in der Partnergemeinde z.T. gar nicht wahrgenommen, sondern bestenfalls erahnt werden. Öffentliche Solidarität zu den Partnern und damit verbunden Protest gegen die neue Linie des Bischofs gibt es offen in drei Gemeinden: “Eine Einladung an den Pfarrer der Partnergemeinde wurde zurückgenommen nach Bekannt werden, dass der Pfarrer zu Studien nach Rom geschickt werden soll, um dem Bischof zu signalisieren, dass wir das nicht gut finden und der Gemeinde, dass wir damit nichts zu tun haben. Der Gemeinde in Peru wurde unser Unverständnis über die Entscheidung des Bischofs mitgeteilt. Die Gemeinde hier wird informiert, wobei zu bemerken ist, dass der AK immer einen Wissensvorsprung hat”.

Insgesamt lässt sich eine verbreitete Angst, Konflikte zu benennen und Stellung zu beziehen, feststellen. Man ist in der Defensive, hat Angst vor Spendenverlusten oder gar vor dem Ende der Partnerschaft. Alle (bis auf eine Gemeinde) beklagen sich hinter vorgehaltener Hand über den Bischof, aber selten öffentlich. Es kommt daher auch in den meisten Gemeinden nicht zu einer offensiven, positiven und öffentlichen Darstellung der eigenen Handlungsgrundlagen (z.B. Konzil, Medellín) und Orientierungen (vorrangige Option für die Armen) - auch nicht der eigenen Gemeinde gegenüber und noch weniger in kontroverser, konstruktiver Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen in Cajamarca oder deren Amtsbrüder in Deutschland. Da es wenig Direktkontakte gibt, gibt es auch wenig Berichte, die über reine Projektberichte hinausgehen. Bei den drei Direktkontakten führen die Berichte hier zu heftigen Aktivitäten, Diskussionen (auch Grundsatzdiskussionen), Stellungnahmen und vertieften Kontakten zu den Partnern, die in Bedrängnis geraten sind. „Sicher sind die Berichte der Partner das wichtigste Mittel der Bewusstseinsveränderung. Die Stimme der Partner wird sehr ernst genommen und weckt Anteilnahme, ist Auslöser neuer Initiativen unserer Gruppe sowohl im Informationsbereich als auch bei wirtschaftlichen Entscheidungen. Ohne solche Berichte trocknet die Beziehung ein. Es müssen aber auch Berichte von uns an die Partner gehen, damit die Beziehung eine gegenseitige bleibt”.

Darüber hinaus kommt es in einer weiteren Gemeinde (ohne Direktkontakt zu einzelnen Gruppen) zu großen Aktivitäten zugunsten der Campesinos wegen deren Auseinandersetzungen mit der Goldmine (weniger wegen der Änderungen in der Pastoral). In zwei Gemeinden gab es Situationen, in denen die Partnerschaft zur Disposition stand: „Nach dem Abzug der beiden Pfarrer, die unsere Ansprechpartner waren, stand die Partnerschaft zur Disposition. Danach herrschte Unklarheit über den Stellenwert der Partnerschaft bei einer Schwester des Franziskanerordens, die die Gemeindeleitung vom Bischof übertragen bekam. Die Lösung ergab sich durch persönlichen Kontakt in Peru”. „Ursachen waren die Entlassung der Vertrauenspersonen, Versuch der Kommerzialisierung, diskriminierende Behandlung unserer Partner (Campesinos, Frauengruppen). Lösung: direkter und ausschließlicher Kontakt zu den Partnern, den Katecheten, Gemeindegruppen, gewählten Komitees, Vertrauenspersonen und Campesinogemeinschaften”.

Über mögliche Auswirkungen auf das Gottes- und Kirchenbild, die auf peruanischer Seite durch die Begegnung mit deutschen Gemeinden entstehen könnten, haben sich nur drei Gemeinden Gedanken gemacht, ein Beispiel: „Erweiterung des Blickfeldes auf ein anderes Kirchenbild" hin. Bestätigung der Laienarbeit (wir sind Kirche) bei den Partnern, demokratische Strukturen in der Kirche, Laien auch in der Gemeindeleitung. Erkenntnis der Partner: Auch die Reichen brauchen Hilfe, wir können ihnen auch etwas geben”. Über die Auswirkungen einer partnerschaftlichen Beziehung auf die peruanischen Partner ein weiteres Beispiel: „Die Partner zeigen bei unseren Besuchen große Freude und überschäumende Gastfreundschaft, unsere Hilfe gibt wirtschaftliche Erleichterung und ermöglicht Innovationen, es besteht ein verstärkter Wille zum Weitermachen, ein starkes Durchhaltegefühl, ein Gefühl der Solidarität bei den Partnern. Im Einzelfall bestehen auch recht pragmatische Interessen. Durch uns erfahren die Partner eine Wertschätzung ihrer Arbeit, ihrer Kultur, ihrer Person und ihrer Gruppe”.

Auch über die Auswirkungen einer Begegnung in Partnerschaft auf unsere eigene Gruppe und Pfarrei antworten nur die drei gleichen Gemeinden: „Es entsteht mehr Verantwortungsbewusstsein (neben der materiellen/finanziellen Verantwortung auch spirituell und das Bewusstsein, eine Kirche zu sein. Die Partner gewinnen ein Gesicht, Überwinden der Anonymität und ein Mehr an Durchblick für bestehende Strukturen”. Oder: „Partnerschaft ist nichts abstraktes, sondern besteht aus konkreten Gesichtern. Die Begegnung bringt einen Energieschub, um die Interessen der Armen und Unterdrückten weltweit zu vertreten”. “Auswirkungen bei uns: Es entwickelt sich ein Gefühl von Solidarität, soziales Denken und Engagement entstehen, es wächst die Wertschätzung anderer Kulturen und der in diesen Kulturen lebenden Menschen, die eigene Lebensweise relativiert sich, es kommt zu Verschiebungen im eigenen Verhalten. Als Gruppe erleben wir auch ‚Erfolgsgefühle‘, wenn ein Projekt erfolgreich ist”.

An Öffnung, Veränderung, evtl. auch Abhängigkeit wird (ebenfalls in den drei erwähnten Gemeinden) bei den Partnern registriert: „Viel herzlicherer Umgang und Zusammenarbeit der Gruppen untereinander, Zusammenschluss mehrerer Comunidades, gemeinsame Leitung aller Frauengruppen, sogar enge Zusammenarbeit von Frauengruppen (vom Stadtrand) mit Campesinos bzw. deren Katecheten mit gemeinsamen Gottesdiensten und Feiern. Gesamtplanung der Projekte. Abhängigkeit existiert zwar, doch ‚überlebten‘ alle Frauengruppen und Campesinogemeinschaften als organisierte Gruppen mit vielen internen Aktivitäten, als sie aufgrund der äußeren Bedingungen knapp zwei Jahre lang nicht mehr finanziert wurden, sie aber immer die Gewissheit hatten, dass wir auf ihrer - und nicht der klerikalen - Seite stehen. So entsteht eine wachsende Einsicht auf beiden Seiten: wir sind Kirche - weltweit”. In den weiteren Antworten werden noch genannt: Freundschaft, konkrete Gesichter, gesteigertes Selbstbewusstsein und Eigeninitiative, aber auch Einsicht in materielle Abhängigkeiten.

8. Probleme, Erfolge, Konflikte, Perspektiven

Höhepunkte der Beziehungen sind überall zuerst die Besuche, die ersten persönlichen Kontakte und das dadurch gewachsene Kennen lernen und Vertrauen. Danach wird der erfolgreiche Abschluss von Projekten (messbare Erfolge) genannt. Froh machen die direkten Kontakte, die selbständige und selbstbewusste Arbeit der Gruppen und persönliche Kontakte mit den Partnern. „Gewachsenes Selbstbewusstsein, hoher Organisationsgrad, Vertrauen der Partner in uns (als Gemeinde!), hohes Spendenaufkommen (ohne gleichzeitige ‚Verluste‘ für die großen Hilfswerke), anschauliche und aufeinander abgestimmte Projekte zur Verbesserung der Lebensverhältnisse und letztlich die Tatsache, dass die Partnerschaft voller Leben ist - trotz aller gegenteiligen Versuche”.

Die Enttäuschungen beziehen sich mehrheitlich auf die veränderte Situation in der Diözese Cajamarca und ebenso auf die Situation der eigenen Gruppe. „Über Entscheidungen der Amtskirche sind wir oft enttäuscht (hier wie dort), über die Vorgänge in der Gemeindeleitung (drüben) und über das Chaos in der Diözesanleitung”. „Keine Reaktion der neuen Pfarrer unserer Partnergemeinde”. Hier: mangelnde eigene Energie, mangelnde Verbreitung der Partnerschaft in die Gemeinde hinein; Spaltung und Zerbrechen eigenen Gruppe. “Traurig macht uns, dass das Umdenken hier ein ganz zartes Pflänzchen ist”.

Die Zukunft der Partnerschaft wird deshalb nicht sehr optimistisch beurteilt. Fragen wie „Wer leitet weiter und ist dort verantwortlich? Wer trägt die Partnerschaft? Wo gibt es verlässliche Informationen, wenn die jetzige Leitung weggeht? Wer geht aufs Land zu den Campesinos? Haben wir noch die Kraft zu einem neuen Anlauf?” werden in den meisten Gruppen gestellt ohne eine eindeutige Antwort zu wissen. Weitere Probleme sind die ablehnende Haltung der Amtskirche in Cajamarca und der fast eingeschlafene Briefkontakt. Große Probleme ergeben sich zudem durch die weite Entfernung, Sprachprobleme und fehlende Mitarbeiter sowohl dort als auch hier und nicht zuletzt machen auch eigene Gruppenprobleme zu schaffen: „Kontakte wurden zwangsläufig wegen fehlender Mitglieder auf ein Minimum reduziert. Unser Perukreis leidet an einer ‚Sprachlosigkeit‘, die nicht nur in den mangelnden Fremdsprachenkenntnissen auf beiden Seiten begründet ist”.

Auf hierarchischer Ebene wird keine Lösung erwartet, außer „auf Bekehrung hoffen (z.B. wie bei O. Romero), beten, nicht die Hoffnung verlieren und die Kontakte zum Bischof von unserer Seite aus offen halten”. Auf Gemeindeebene wäre die Lösung ein direkter Kontakt zu den Gruppen der Partnergemeinde oder deren gewählten Vertretern, die es aber meist nicht gibt. Eine Hoffnung bilden auch die Ordensfrauen, die in verschiedenen Gemeinden das Vertrauen der Menschen besitzen. Die Ursachen der Konflikte werden bis auf eine Gemeinde nicht beim Namen genannt. Statt dessen: “Konflikte werden zu wenig diskutiert” Oder: “Diese Sprachlosigkeit ist sicher ein Grund dafür, dass wir von Konflikten in der Gemeinde wenig mitbekommen.

Positiv sind nach wie vor die persönlichen Kontakte zu den Schwestern. Solche persönlichen Kontakte bestärken uns, den Kontakt nicht abreißen zu lassen”. Als Ursache der Konflikte werden eher allgemeine Unterschiede genannt, z. B. die verschiedene Denkweise (wir: zu logisch - dort: zu spontan). Der Umgang mit den Konflikten ist entsprechend, nur zwei Gemeinden antworteten darauf: „Offene Diskussion, auch in Gemeinde hinein und mit den Partnern”. „Es wird darüber diskutiert im AK, bei Seminaren oder Veranstaltungen”.

Die Frage der Einmischung wird sehr kontrovers gesehen, die meisten Gemeinden antworten nicht auf diese Frage. In Rückfragen wird deutlich, dass dieses Thema zu heikel ist und man sich dazu nicht öffentlich äußern dürfe. Fünf Gemeinden nehmen dennoch Stellung. Zweimal wird mit einem entschiedenen Nein („Wir glauben an die Macht des Gebets”. „Nein, eine Einmischung als guter Rat kann als Bevormundung missverstanden werden”) und dreimal mit einem entschieden Ja geantwortet: „Einmischung ist vorgegeben durch unsere wirtschaftliche Hilfe. Bei unterschiedlichen Meinungen würden wir zuerst dezent nachfragen, bei wichtigen Entscheidungen aber eindeutig intervenieren”. „Aus Interesse an den Partnern müssen wir uns einmischen.

Die bedeutendste Einmischung ist zur Zeit der Zusammenhalt mit den dortigen Partnern gegen die ‚Macht von oben‘, d.h. auch gegen die Macht, die von der neuen Diözesanleitung kommt. Solche Einmischungen sind eine Frage der Wahrhaftigkeit, des Gewissens - aber auch des Überlebens der dortigen Partnerschaftsgruppen”. „Ja, wir müssen uns einmischen: durch erarbeiten und mitteilen unserer Sicht der Dinge, durch entschiedene Parteinahme zugunsten der Bedrängten, durch Verweigerung finanzieller Unterstützung einer ‚Kirche gegen das Volk‘. Zuletzt tragen wir auch die Verantwortung unseren Spendern und der eigenen Gemeinde gegenüber, die mehrheitlich den wirklich Bedürftigen helfen wollen”

Zukunftsperspektiven werden in allen Gruppen ständig diskutiert. „Mittelfristig wollen wir unsere Gruppe durch Informationen und geeignete Aktionen festigen und z.B. anhand der ‚Lebenszeugnisse‘ aus den Frauengruppen uns selbst und eine nahe liegende Öffentlichkeit damit konfrontieren”. „Wir versuchen die Verbreiterung der Basis durch verschiedene Gruppen der Pfarrei”. „Wir arbeiten daran, Bewusstseinsänderung und Mitverantwortung auf beiden Seiten deutlicher zu machen und mit Durchhaltevermögen initiativ zu bleiben”. „Wir machen uns Gedanken und Sorgen um fehlenden Nachwuchs in der Gruppe (‚Rentnerband‘), wir werben immer wieder um aktive, vor allem jüngere Mitglieder. Wir müssen gestehen, dass da nur punktuell etwas geschehen ist in der Pfarrei (z.B. haben Kommunionkinder ihre Erstkommunion unter das Thema Partnergemeinde gestellt)”.

Die Bilanz ist zwar eher entmutigend, dennoch gibt es noch Träume: „Ein Damaskuserlebnis für Bischof Simón, die Theologie der Befreiung (insbesondere die Option für die Armen) solle wieder mehr Gewicht bekommen, Gemeindeleitung sollte wieder Teil der Partnerschaft sein, mehr junge Mitglieder im Ausschuss MEF und Begeisterung junger Menschen für die Partnerschaft”. Weiterhin wünscht man sich, weiter wenigstens materiell helfen zu können, mehr Gemeindemitglieder für eine Reise nach Peru zu gewinnen um die Partnerschaft ausbauen und lebendiger gestalten zu können, den Aufbau eines Partnerschaftsausschusses dort und immer wieder: mehr persönliche Kontakte und bessere Kommunikation und dass wir von der Vorstellung wegkommen, dass wir uns durch Spenden freikaufen können, aber auch nicht mutlos werden, ob der ach so kleinen Schritte.

Zusammenfassung: Bei den Gruppen (und auch innerhalb der Gruppen) lassen sich zwei entgegengesetzte Verhaltensweisen beobachten. Einige Gruppen stellen die Erfolge ihrer Partnerarbeit besonders heraus, leben und zehren noch von diesen Erfolgen auch wenn in mindestens drei Gemeinden die Realität in den Partnergemeinden heute ganz anders ist. Es besteht die Versuchung, in der Vergangenheit stehen zu bleiben (Nostalgie) und die Veränderungen nicht wahrzunehmen. So berichteten diese drei Gruppen noch begeistert von ihren Kontakten (Briefe, vergangene Besuche) und schildern alles in den buntesten Farben, während zu gleicher Zeit die Basis dieser Kontakte bereits weggebrochen ist. Dennoch kann diese Begeisterung als „gefährliche Erinnerung” über die jetzige Situation hinaus weisen und sie so auch überstehen helfen. Sie bewahrt so auch die ursprünglichen Ziele und ist letztlich Ausdruck eines großen Vertrauens. Andere Gruppen dagegen sehen vor lauter Problemen nicht mehr den gemeinsam zurückgelegten Weg mit all seinen vielen positiven Erlebnissen, Erfolgen und Freuden.

Hier besteht die Gefahr, dass die Kraft der ausgesäten Samenkörner unterschätzt, die Macht der (Kirchen-) Strukturen aber überschätzt wird. Nicht zuletzt werden auch die eigenen Möglichkeiten unterschätzt bzw. es wird gar nicht mehr nach Auswegen gesucht. Dies wirkt sich auch negativ auf das konkrete Verhalten und das Engagement in der eigenen Kirchengemeinde aus. Man hat keine großen Hoffnungen mehr, in der Gemeinde etwas zu bewegen, sondern ist eher auf das Festhalten des Bestehenden fixiert.

Die Gruppen äußern sich zur Problematik der Einmischung vor allem aus zwei Gründen sehr zurückhaltend oder auch gar nicht. Der erste Grund liegt in der Gruppe selbst. Eine begründete Stellungnahme zur Entwicklung in der Diözese Cajamarca und in den einzelnen Partnergemeinden und die damit verbundene Option setzt eine gründliche Auseinandersetzung über theologisch - pastorale Grundfragen in der eigenen Gruppe und der eigenen Gemeinde voraus. Dabei ist nicht an wissenschaftliches Expertenwissen gedacht, sondern an “einfache” Fragestellungen wie nach den Prioritäten der eigenen Aktivitäten, der pastoralen Fundamente, Zielsetzungen und Schwerpunkte in der eigenen Gemeinde, nach dem Selbstverständnis der Gruppe als Teil der Gemeinde und der Kirche. Erst eine eigene, begründete Positionsbestimmung ermöglicht es, pastorale (Fehl-) Entwicklungen nicht nur zu erkennen, sondern auch Stellung zu beziehen und Standpunkte zu vertreten.

Konkret: wenn für alle Gruppen die Option für die Armen an erster Stelle steht, die Rolle der „Laien” - insbesondere der Frauen die qua sexo alle Laien sind - hier und auch in den Partnergemeinden als wichtig angesehen wird und alle eine Kirche als gleichberechtigte Gemeinschaft aller Gläubigen wollen (usw.), dann müssten sie auch laut aufschreien, wenn in den Partnergemeinden und anderswo diese Grundsätze mit Füßen getreten werden. Fühlt man sich dabei auf sicherem Boden („abgesichert” durch kirchliche Dokumente wie das Vatikanum II, Medellín, deutsche Synodenbeschlüsse etc.), erst recht aber bestärkt durch die überaus positiven Erfahrungen der „Kirche mit Poncho und Sombrero” in Cajamarca, dann kann man auch in aller Gelassenheit und Entschiedenheit seinen Standpunkt vertreten und Anmaßungen und Verirrungen einiger kirchlicher und auch vatikanischer Amtsträger als „antikirchlich” (weil gegen die Gesamtheit des Volkes Gottes gerichtet) denunzieren. Aber während in den peruanischen Partnergruppen diese Grundsatzfragen ein stetes Thema sind, tauscht man sich in deutschen Gemeinden über pastorale Prioritäten etc. wohl nicht ausreichend aus.

Der zweite Grund liegt in der Art der Beziehung der Partner, sei es die mangelnde Kommunikation, fehlende oder falsche Ansprechpartner, ambivalente und oft widersprüchliche Informationen etc. Dabei ist den deutschen Gruppen kein Vorwurf zu machen, wenn sie sich streng an den „Dienstweg” halten bzw. solange sich daran klammern, bis auch diese Stricke reißen. Wie sollen die Gruppen angemessen reagieren, wenn sie oft gar nicht (genau) wissen (können), was in der Partnergemeinde wirklich geschieht? Das Hauptproblem liegt wohl darin, dass zwischen den eigentlichen Partnern ein Vorhang gezogen ist, der den Blick auf das Wesentliche verhindert. Österliche Erfahrungen werden diesen Vorhang in der Mitte zerreißen und neues Leben ermöglichen. Besuche bei den Partnern können dabei helfen, weil sie den Blick freimachen und eine Begegnung von „Angesicht zu Angesicht” ermöglichen (siehe auch „Individueller Fragebogen”).

Zumindest langfristig sind die Partnerschaften auch deswegen in Gefahr, weil die Gruppen, wie sie es selbst wiederholt ausdrücken, an „Vergreisung” leiden und kein „Nachwuchs” in Sicht ist. Auf die eigene Gruppe bezogen, ist dies auch mit einer Ausnahme die größte Sorge aller Gruppen. Offensichtlich ist für Jugendliche die Mitarbeit in den Gruppen (dies betrifft natürlich auch andere Gemeindegruppen) nicht attraktiv („bringt nichts”). Die Gründe dafür können natürlich auch zu einem Teil in den Gruppen selbst liegen, aber sicherlich kann dies nicht losgelöst von vielen anderen Faktoren betrachtet werden, die hier nicht zur Debatte stehen können (Kirchenbild von Jugendlichen, Solidaritätsthemen wie Dritte Welt, langfristiges Engagement etc.).

Festzuhalten ist, dass die gesamte Frage der Partnerschaften in engem Zusammenhang mit der allgemeinen gesellschaftlichen und kirchlichen Situation gesehen werden muss. Es gibt aber auch (noch wenige) Anzeichen in den Gruppen, dass gelebte Partnerschaften ein lebenswichtiger Baustein für lebendige Gemeinden und Kirche der Zukunft sein können.

An erster Stelle stehen bei den Wünschen bessere, direkte Kontakte und eine bessere Kommunikation. Dabei haben die Besuche und die persönlichen Begegnungen eine herausragende Bedeutung. Von der Möglichkeit wirklicher Begegnungen mit den „Ausgeschlossenen” (die es nicht nur in Peu gibt) hängt die Zukunft der Partnerschaften ab - und damit eventuell auch die Glaubwürdigkeit und Zukunft der Gemeinden. Aus den geäußerten Wünschen und Träumen wird deutlich, dass diese Zukunft nicht erreicht werden kann, durch ein Zurück in die „glorreichen Zeiten” einer triumphalistischen und theokratisch strukturierten Kirche - im Gegenteil. Alle, die durch die Kontakte mit der „Kirche mit Poncho und Sombrero” in Cajamarca eine Kirche erlebt haben, die zu „neuen Ufern aufbricht”, möchten diese Erfahrungen nicht nur nicht missen, sondern würden sich auch verstärkt in einer Kirche weiter engagieren, die sich „auf den Weg macht”.