Die Stimme von Campesinos aus den Partnergemeinden.

Vorbemerkung: Die nachfolgenden Umfragen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. darauf, repräsentativ für alle Gemeinden der Diözese Cajamarca zu sein. Sie wurden in den größten Pfarreien der Diözesen durchgeführt, San Pedro ist zudem die älteste und größte Pfarrei der Stadt Cajamarca. Die drei Pfarreien (in erster Linie Bambamarca) spielten in der Zeit von 1962 bis 1992 eine entscheidende Rolle im Pastoralkonzept von Bischof Dammert. Bambamarca war das Pilotprojekt von Bischof Dammert, andere Gemeinden der Diözese orientierten sich an Bambamarca, die Campesinos und Frauengruppen von Bambamarca und deren Organisationen (z.B. die Rondas) werden von den übrigen Campesinos der Diözese als richtungsweisend anerkannt.

Es ist keine theologische Auseinandersetzung bzw. ein systematischer Vergleich mit deutschen Gruppen beabsichtigt. Die Anmerkungen sollen lediglich zum besseren Verständnis (Kontext, Hintergrund der Antworten) beitragen. Die Aussagen sprechen ansonsten für sich, ebenso die damit verbundenen Problemstellungen. Die Antworten aller Gruppen beruhen auf einem Kompromiss, man einigte sich nach langen Diskussionen und dem Erzählen von persönlichen Beispielen auf eine gemeinsame Aussage. Daher kommen sehr plastische Beispiele kaum in den Antworten vor (sind aber bekannt), die Sprache ist im Vergleich zur Diskussion sehr gemäßigt und zurückhaltend. Voraussetzung für die Beantwortung der Fragen war ein hohes Maß an Vertrauen, denn mit Außenstehenden spricht man nicht über interne Probleme und auch die Besucher aus den Partnergemeinden will man aus Höflichkeit nicht unnötig belasten. Allen befragten Gruppen war aber bekannt, dass ihre Aussagen (evtl. auch in Cajamarca selbst) veröffentlicht werden.

A (Celendín): Die Befragung wurde anlässlich eines Fortbildungskurses vom 10.-12.9.1998 für Landkatecheten aller Zonen (Thema: Der Heilige Geist) durchgeführt. Padre Rolando Estela, der Verantwortliche für die Katechese auf Diözesanebene, war Hauptexponent des Kurses. Er wurde von den beiden Pfarrern von Celendín, Lázaro Jara und Segundo Valladares, eingeladen. Er führte auch in den Fragebogen ein, die Ergebnisse wurden gemeinsam ausgewertet und anschließend im Plenum besprochen. Die Beantwortung der Fragen geschah in drei Gruppen a zwölf Personen.

B (Bambamarca): Fragebogen an die leitenden Katecheten des Zentralkomitee in Bambamarca: Die Befragung wurde am 17. 9. 1998 durchgeführt. Die amtierende Leitung der Katecheten (Don Neptalí, Don Concepción und acht weitere Katecheten) beantwortete die Fragen gemeinsam.

C (Bambamarca): Der gleiche Fragebogen wurde von den Leitern der Rondas und den Leiterinnen der 105 Frauengruppen auf einem gemeinsamen Kongress der Rondas und Frauengruppen am 24./25. Mai 1999 beantwortet. An dem Kongress nahmen 861 Delegierte und Rolando Estela teil. Die Rondas und Frauengruppen antworten „politischer“, sie sind nach ihrem eigenen Selbstverständnis und von ihrer Entstehungsgeschichte her kirchliche Gruppen und sie repräsentieren zusammen mit den Katecheten die Kirche Bambamarca. Der Kongress konnte nicht in kircheneigenen Räumen stattfinden, obwohl die Campesinos mit ihren eigenen Händen (unterstützt von Misereor) das Kurszentrum gebaut haben. Rolando Estela als Diözesanbeauftragter wurde vom Bischof verboten (ebenso ehemaligen Mitarbeitern Bischof Dammerts), Versammlungen und Kurse in Bambamarca zu besuchen, was ihn aber nicht an seiner Arbeit hindert. Er stammt aus einer Comunidad von Bambamarca und war von 1981 - 1988 Pfarrer von Bambamarca.

D (San Pedro): Umfrage unter 36 Verantwortlichen und den Katecheten von acht Comunidades der Pfarrei San Pedro, die vom 28.- 30.8.1997 zur monatlichen Jornada (Weiterbildungskurs) zusammengekommen waren. Diese acht Gemeinschaften bilden den Kern der Landzone von San Pedro. Mit den anderen Comunidades von San Pedro und deren Verantwortlichen besteht ein Erfahrungsaustausch, die Katecheten der Kernzone sind Multiplikatoren auch für die anderen Comunidades.

E (San Pedro): Die verantwortlichen Frauen der Mütterclubs der Pfarrei San Pedro treffen sich jede Woche einmal nachmittags. In den einzelnen Mütterclubs finden wöchentliche Treffen statt. Zum Fragebogen (Oktober 1997): Bei der Bearbeitung des Fragebogens wurden drei Gruppen gebildet, es waren die gewählten Vertreterinnen aller Mütterclubs, insgesamt 35 Frauen, beteiligt. Die Mehrzahl der Frauen sind Campesinas. Die Frauengruppen leben in den Randzonen der Stadt (vier Gruppen) oder in naher Umgebung der Stadt auf dem Land (drei Gruppen). Erläuterungen zu San Pedro (aus den Unterlagen von St. Georg, 1997): „Ende 1992 drastischer Einbruch: unsere (und der Campesinos) Vertrauensleute wurden hinausgeworfen, zeitgleich mit Bischofswechsel. Einfrieren der Kontakte und ‚Neubeginn‘ mit direkten Beziehungen zu den Comunidades, Mütterclubs etc. Den jetzigen Mütterclubs (7) wird seit 1993 der Zugang zur Pfarrkirche San Pedro verwehrt. Bitten um ein Gespräch mit dem Pfarrer, mit Caritas und dem Bischof blieben unbeantwortet. Einzig in der Nachbarpfarrei Guadalupe und deren Pfarrer Segundo Alarcón und Francisco (Panchito) Centurión fanden sie ‚Asyl‘. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Landkatecheten. Die Partnerschaft ‚funktioniert‘ ohne Hauptamtliche, sowie ohne institutionelle Unterstützung und Fremdgelder (außer der Partnerschaft). Vorläufiges Ergebnis: Allein Partnerschaft ermöglicht pastorales Leben (Kirche)“.

1. Wie sehen (bewerten) wir die Präsenz der Kirche in unserer Comunidad?

A - In einigen Comunidades gibt es Sekten, in der Mehrheit sind wir katholisch.
- Zu etwa 40% in den Comunidades versammeln wir uns und sind vereint.
- In unseren Comunidades ist die Kirche nicht präsent. Vielerorts fühlen wir uns verlassen und wir können nur mit der raren Unterstützung rechnen, die uns die Pfarrei bietet.
B Die Kirche ist in unserer Comunidad präsent, denn wir werden unterstützt durch die Laien. In letzter Zeit will man uns eine Linie aufzwingen, die nicht dem Volke zugute kommt - die nur befehlen will in der Art einer Diktatur.
C Wir registrieren den Versuch, uns verschiedene Ideen aufzuzwingen, die mit unserer Realität nichts zu tun haben. Sie optieren mehr für die persönlichen Vorteile anstelle des Gemeinwohls.
D - Ja, wir versammeln uns und wir sprechen über das Wort Gottes, denn dies ist die Quelle unseres spirituellen Lebens. Und so bilden wir Kirche.
- Zuerst, wir selbst tun nicht genug, wir erfüllen nicht die Gebote Gottes und uns interessiert oft zuerst das Vergnügen.
- Die Kirche ist in unseren Comunidades einigermaßen präsent. Dank der Ausbildung, die wir erhalten haben als Katecheten, versammeln wir uns regelmäßig, feiern einen Wortgottesdienst zusammen mit der Comunidad.
- Die Präsenz der Kirche in unserer Comunidad ist positiv, denn wir bilden Kirche, wenn wir uns zusammentun in Versammlungen und in der Arbeit.
E - Die Repräsentanten der Kirche sind nicht in unseren Gemeinschaften (comunidades); sie besuchen uns nicht, vielmehr lassen sie sich bitten; sie wollen Bequemlichkeiten, dass man sie gut bezahle, dass man ihnen zu essen gebe. Wann wir einen Kranken in Agonie haben, müssen wir sie anflehen, dass sie ihn besuchen. Sie wissen nicht, dass es auf dem Lande ein großes Bedürfnis gibt, das Wort Gottes zu hören.
- Die Präsenz der Kirche in unserer Gemeinschaft ist nicht vollständig, denn es sind nur bestimmte Gruppen, die an unseren Versammlungen teilnehmen und so Kirche bilden; die Mehrheit nimmt nicht teil. Denn es gibt keine ausreichende Orientierung,
damit alle teilnehmen.
- Die Kirche der Autoritäten („Amtskirche“ - Red.) kennen wir nicht, weder den Bischof noch den Pfarrer. Wir kennen nur zwei: Panchito und Segundo aus der Nachbargemeinde. Wir hingegen als Kirche lesen das Wort Gottes in unseren Gruppen; wir sind auch Kirche, wenn wir uns gut verhalten zu den Müttern, wenn wir ein gutes Beispiel geben, sie korrigieren und die Dinge des Lebens miteinander teilen.

Anmerkungen: Gleich in der ersten Antwort wird deutlich, dass Kirche einerseits als die eigene Gemeinschaft, andererseits als ein Gegenüber angesehen wird. Sie sprechen von sich selbst als Kirche, wenn der eigene Glaube und die religiöse Praxis in der eigenen Gemeinschaft gemeint sind. Die „Kirche der Autoritäten“ (iglesia de las autoridades) bilden die Amtsträger, die außerhalb der eigenen Gemeinschaft stehen. Die Defizite der Amtsträger werden deutlich genannt, man leidet darunter und erwartet immer noch viel von ihnen. Die eigene Praxis wird als eigentliche kirchliche Praxis verstanden („Wir hingegen als Kirche..“).

In der Antwort aus Bambamarca (B) wird deutlich (andeutungsweise auch bei San Pedro), dass sich die Katecheten als „institutionelle“ Kirche (aber im Dienste des Volkes) fühlen, die von den Laien unterstützt wird und die daher selbstverständlich unter den Campesinos präsent ist, weil sie von Campesinos repräsentiert wird. Die Gruppen von Bambamarca, von einer langen Erfahrung geprägt, antworten sehr knapp, präzise und souverän. (In der Folge wird weniger auf deren Aussagen eingegangen, weil sie eindeutig sind.) Die Katecheten von Celendín sind verunsichert, weniger selbständig. Sie haben auch keine kontinuierliche Begleitung und Ausbildung erfahren. Die Frauen der Mütterclubs haben unterschiedlich lange und intensive Erfahrungen mit der Arbeit in einer Gruppe, die Antworten fallen entsprechend unterschiedlich aus. Die eigene Praxis wird als mangelhaft erlebt bzw. es wird zuerst an sich selbst appelliert, das Evangelium auch wirklich zu leben. Die aktiven Gruppen erfahren sich als engagierte Minderheit innerhalb ihrer (politischen) Kommune. Der Anteil der „aktiven Gläubigen“ innerhalb der jeweiligen Kommune ist sehr unterschiedlich. So lag ihr Anteil z.B. in Bambamarcas zwischen 1/3 bis 2/3 der jeweiligen Comunidad. („Aktiv gläubig“ meint mehr als „praktizierender Katholik“, die Orthopraxis spielt eine wesentlich größere Rolle).

2. Fühlen Sie sich von der Kirche (Bischof - Pfarrer) unterstützt in dem Bestreben, in Würde und als Kinder Gottes zu leben?
A - Ja, wir fühlen uns unterstützt um unseren Glauben zu leben als Kinder Gottes.
- Wir werden von den Pfarrern unterstützt soweit es in deren Kräften steht, vom Bischof werden wir heute nicht unterstützt.
- Wir werden unterstützt von den Priestern unserer Pfarrei, wir fühlen uns im Stich gelassen durch unseren Bischof.
B Anstatt uns zu helfen, spalten sie. Sie entziehen den Laien die Verantwortung und führen so die Laien zur Passivität und nicht zur Teilnahme.
C Nein, denn die Offiziellen der Kirche wollen ihre privilegierten Machtpositionen auf Kosten der Armen erhalten. Wir fühlen uns verraten, weil wir nicht mehr die Rückendeckung der offiziellen Kirche spüren.
D - Im Bezug auf den Bischof und den Pfarrern zu dem wir gehören, erhalten wir keinerlei Unterstützung im Bereich der Religion.
- Wir werden nicht unterstützt - vor allem wir Campesinos nicht, von keinerlei Pfarrer und keinerlei Bischof, denn es gibt keinen.
- In den letzten Jahren haben wir keinerlei Unterstützung mehr von unserem Pfarrer und dem jetzigen Bischof erhalten. Es scheint, dass sie uns Campesinos zur Seite geschoben (marginalisiert) haben.
- In letzter Zeit werden wir von keinerlei Pfarrer in unserer Comunidad unterstützt, dagegen aber in den monatlichen Kursen in der Stadt.
E - Die Priester unterstützen uns nicht und am wenigsten der Bischof, den wir nicht kennen, vielmehr unterstützen uns unsere Brüder und Schwestern in Deutschland, die so weit entfernt leben. Sie kümmern sich um unsere Bedürfnisse und sie lieben
uns, genau wie auch Padre Panchito. Aber wir denken auch, dass es nicht notwendig ist, von dieser Kirche unterstützt zu werden um in Würde als Kinder Gottes zu leben, denn wir lesen die Bibel und praktizieren sie in unseren Gemeinschaften und besonders in unseren Gruppen.
- Wir haben keine Unterstützung um wie Kinder Gottes in Würde leben zu können; denn hätten wir sie, unsere Lage wäre anders, es gäbe keinen so großen Egoismus, Neid, Übel und vor allem keine Spaltung, die in unseren Gruppen entsteht, wenn wir nicht mehr das Wort Gottes hören.
- Nein, denn sie haben kein Interesse, sie vergessen uns. Die Pfarrer wollen, dass wir sie für einen Dienst bezahlen und um Kranke zu betreuen, müssen wir ebenfalls bezahlen. Sie erfüllen nicht Gottes Gebote, denn sie helfen uns nicht; sie denken nur an Geld.

Anmerkung: Die Katecheten von Celendín beziehen ihre Antwort auf die beiden Gemeindepfarrer. Sie sind dankbar, dass sie seit 1994 wieder von der offiziellen Pfarrei unterstützt werden (spirituell, in der Ausbildung). Der Bischofswechsel macht sich nur indirekt negativ bemerkbar, in Bambamarca schlägt er voll durch, weil die Pfarrer als Vollstrecker des bischöflichen Willens erlebt werden. Die Gruppen von San Pedro unterscheiden streng zwischen den Pfarrern von San Pedro („zu denen wir gehören“, zur Zeit der Umfrage drei Pfarrer) und den Pfarrern der Nachbarpfarrei Guadalupe. Wenn sie sagen „es gibt keinen“ (Bischof und Pfarrer), dann meinen sie, dass diese nicht für sie da sind. Die Frauen von San Pedro erleben die Partnergemeinde als Kirche auf ihrer Seite, als Kirche mit ihnen. Die Katecheten von Bambamarca sprechen von einer Spaltung der Kirche, die von oben ausgeht. Die Hierarchie schließt sich selbst vom Volk Gottes aus (ex-comunio).

3. Kennen Sie ein positives Beispiel von der Arbeit der Kirche auf dem Land?
A - Wir sehen das Positive in der Evangelisation, in der Vorbereitung auf die Firmung, die Taufe und Erstkommunion.
- Ja, wir kennen ein positives Beispiel, nämlich die pastorale Arbeit der Katecheten, deren Vorbereitung auf die Firmung etc.
- Es gibt einige vollbrachte Arbeiten, die mit der Hilfe der Pfarrei verwirklicht wurden, sonst gibt es kein klares Zeugnis seitens der Kirche.
B Das Kennen lernen der Bibel, die Ausbildung und die Organisation.
C Noch vor zwei Jahren war die Arbeit der Kirche auf dem Land sehr in unserer Realität verwurzelt, in Übereinstimmung mit unseren Sitten und Traditionen.
D - Ja, kennen wir, wir haben es erhalten und nun teilen wir das, was wir erhalten haben, mit anderen. Und wir sind Kirche, indem wir das Erlernte nun anderen weitergeben.
- Ein positives Beispiel der kirchlichen Arbeit auf dem Land, ja: indem wir uns einander lieben wie Geschwister.
- Ja, wir kennen ein positives Beispiel der Arbeit der Kirche auf dem Land. Denn in den Zeiten Bischof Dammerts hatten wir Bibelkurse auf dem Land, es gab diözesane Versammlungen und wir hatten materielle Unterstützung für unsere Comunidades.
- Ja, kann positiv sein. Denn mit der Kirche gibt es Versammlungen, Arbeit und jeder lernt, bewusster zu leben. Aber ja, es gibt Leute, die nicht mitmachen wollen.
E - Nein, wir haben keine Arbeit der Kirche auf dem Land gesehen, denn sie identifizieren sich nicht mit uns. Vielmehr ist die Unterstützung, die wir von den Geschwistern der Pfarrei St. Georg, Ulm, erhalten, etwas sehr wichtiges für uns.
- Wir kennen kein positives Beispiel der Arbeit der Kirche auf dem Land, denn das Land ist verlassen; Ausnahme ist die Pfarrei „Nuestra Señora de Guadalupe“ mit ihren Pfarrern Segundo Alarcón und Francisco (Panchito) Centurión.
- Nein, keinerlei Unterstützung seitens des Pfarrers und des Bischofs von Cajamarca. Die Kirche von Ulm hilft uns. Dank ihrer Hilfe lernen wir wichtige Dinge des Wortes Gottes kennen, wir erhalten spirituelle und materielle Hilfe.

Anmerkung: Bei allen Gruppen steht als positives Beispiel das Kennen lernen der Bibel an erster Stelle, daraus ergibt sich alles weitere. Die Frauen von San Pedro beziehen sich in ihrer Antwort wieder auf die Pfarrer von San Pedro. Die Gemeinde in Ulm wird als Kirche erfahren. Kirche heißt: sich identifizieren mit den Armen. Die Katecheten von San Pedro erfahren Kirche auf dem Land in der Solidarität untereinander. Die Katecheten von Celendín beziehen sich in ihrer Antwort eher auf die Vorbereitung auf die Sakramente. Für eine deutsche Gemeinde wäre es daher leichter, mit ihnen eine Partnerschaft aufzunehmen als z: B. mit den Gruppen von San Pedro. Die Arbeit der Kirche, wie sie in dem Sinne der Gruppen verstanden wird, bedeutet auch eine Gewähr für den Zusammenhalt der gesamten Kommune und ist unentbehrlich für die Aufrechterhaltung der Moral (siehe auch Antwort der Frauen schon in Frage zwei und weiter unten). In Bambamarca (C) wird der Respekt vor der andinen Kultur und Tradition der Campesinos betont.

4. Falls ja: Wer gab den Anstoß? In welcher Zeit geschah dies? Worin bestand das gute Beispiel?
A - Vor etwa 30 Jahren gab es das Beispiel von Padre Vicente Aragón (Spanier), der aufs Land ging um zu evangelisieren.
- Den Anstoß gab Padre Vicente Aragón. Das geschah im Jahre 1965. Seine Arbeit bestand darin, dass er uns lehrte als Christ zu leben, sei es auf dem Lande sei es in der Stadt.
- Den Anstoß gaben einige Priester, Seminaristen und Bischof Dammert. Ihr gutes Beispiel bestand darin, Katecheten auszubilden.
B Es begann mit einem Team von jungen Priestern, um das Jahr 1962, die von Bischof Dammert geschickt wurden. Damals wurde mit der sozialen Lehre der Kirche im Licht des Evangeliums begonnen.
C Bis 1996 (außer 1991 - Ende 1993) haben in unseren Comunidades Pastoren gearbeitet, die sich in unsere Kultur integriert und die Menschen auf dem Land von gleich zu gleich behandelt haben. Sie haben sich engagiert und sie haben in Übereinstimmung mit der Pastoral und den Organisationen in den Comunidades gearbeitet. Dadurch haben sie in uns selbst in den schwierigsten Situationen Mut gemacht.
D - Das haben wir von Bischof José Dammert Bellido erhalten, zu Zeiten, als er noch existierte. Etwas religiöse Unterweisung, in diesen Zeiten, haben wir nicht mehr.
- Es geschah durch Herrn Bischof Dammert Bellido, der die Campesinos liebte und durch die Pfarrei San Pedro.
- In unserer Pfarrei San Pedro seit dem Jahre 1988; Frau Olivia Velarde; man sah eine Verbesserung der Präsenz der Kirche, denn es gab eine bessere Koordination mit Padre Lorenzo Vigo. Es gab Ausbildungskurse, sie halfen uns mit Saatkartoffeln, Aufforstung, dem Bau einiger Kapellen und Gemeindehäusern (casa comunal)
- Den Anstoß gab die Pfarrei San Pedro unter der Mitarbeit von Pfarrer Lorenzo Vigo in den zurückliegenden Jahren. Das gute Beispiel bestand im Wort Gottes, das wir in den Versammlungen hörten.
E - In unserem Ausnahmefall war es Padre Panchito. Als wir in Alto Hualanga mit der Ausstellung unserer Arbeiten an der Reihe waren, machte er einen so weiten Weg, um mit uns die Messe zu feiern und das Wort Gottes zu verkünden. Es war (eine Messe - Red.) das erste Mal an diesem Ort.
- Nein, niemals helfen sie uns. Wir haben eine Promotora, Frau Olivia, die unsere Gruppen betreut, seid sie in der Pfarrei arbeitet. Ohne sie wüssten wir nichts.

Anmerkung: In der Antwort der Katecheten von Celendín wird ein spanischer Priester genannt, obwohl er nur ein knappes Jahr (zusammen als Team von drei Priestern aus Valladolid, Spanien) in Celendín war. Danach haben sie keine Priester (außer Bischof Dammert) mehr erlebt, die eindeutig auf ihrer Seite standen, dann in Ansätzen seit 1994. Bischof Dammert wird mehrfach als der entscheidende Impulsgeber genannt. In den Frauengruppen von San Pedro ist die Erinnerung an die Anfänge (1982) sehr verblasst, nur insgesamt fünf Frauen sind seit 1982 dabei. Lorenzo Vigo wird als Pfarrer genannt, weil er von 1982 - 1992 die Arbeit auf dem Land und die Partnerschaft sehr wohlwollend betrachtete. Eine Frauengruppe erlebte 1997 zum ersten Mal eine Eucharistiefeier in ihrer Comunidad. Die Tatsache, dass ein Priester zu Fuß und unentgeltlich drei Stunden unterwegs ist, um mit einer Frauengruppe hoch oben in den Bergen unter aktiver Beteiligung aller die Eucharistie zu feiern, ist ein dauerhaft prägendes und Glauben bildendes Erlebnis (Zeugnis). Von ähnlichen Erlebnissen wird immer wieder auch in anderen Gruppen berichtet. Das Volk Gottes „schreit“ nach Priestern, die mit ihnen den Weggehen, „Vamos Caminando...“). Dennoch geht die Mehrheit der aktuellen Priester einschließlich des Bischofs unter den genannten „Bedingungen“ nicht aufs Land und zu den Menschen. Dies hat neben allen möglichen Gründen und Begründungen auch einen theologischen Hintergrund: der Priester (die Kirche) ist im Besitz aller Gnadengaben, die der Mensch zu seiner Rettung braucht. Wenn der Laie gerettet werden will, muss er zum Priester gehen und um diese Gnadengaben bitten. Der Priester gewährt sie ihm unter entsprechenden Bedingungen.

5. Stellten Sie eine Änderung in der ländlichen Pastoralarbeit in den letzten Jahren fest? Welche?
A - Wir stellen eine positive Veränderung fest, denn wir nehmen an der Gemeinschaft als wirkliche Christen teil.
- Ja, wir stellen einen Wechsel in der pastoralen Arbeit in den letzten Jahren fest, z.
B. Es gibt keine Zusammenarbeit mit dem Bischof und unseren Comunidades.
- Man merkt eine Krisis bei den Katecheten; viele haben sich zurückgezogen wegen fehlender geistiger und materieller Unterstützung.
B Ja, wir haben eine Änderung bemerkt, eine Änderung in der Pastoralarbeit und der Sozialarbeit insgesamt, eine Änderung bei den Priestern, den Laien und dem Volk.
C In der Pastoralarbeit der letzten Jahre haben wir einen Wechsel erlebt. Anstatt uns noch mehr zu einen, wollen sie uns spalten. Sie bilden neue exklusive (andere ausschließende) Gruppen und wollen uns isolieren. Immer mehr werden wir zu Objekten der Erniedrigung, weil wir uns der aktuellen Situation nicht anpassen wollen. Sie fordern unsere Unterwerfung.
D - Es gibt keinerlei Hilfe unseres Bischofs in Cajamarca. Er hat uns, die Campesinos vergessen.
- Wir erhalten in den letzten Jahren keine Unterstützung mehr von der Pfarrei. Wir haben nur die Unterstützung durch uns selbst und durch „Assessorin“ Olivia
- Ja, wir stellen einen Wechsel der ländlichen Pastoralarbeit in den letzten Jahren fest. Es gibt keine mehr, weder von unserem Pfarrer, weder vom Herrn Bischof. Es gibt sie nur dank der Geschwister der Pfarrei St. Georg in Ulm und dank unserer Koordinatorin Olivia.
- Es gibt sie nicht mehr.
E - Pastoralarbeit auf dem Land - wir denken, es gibt sie nicht. Die uns das Wort Gottes lehren sind die Padres Panchito und Segundo, Frau Olivia und die Lehrerinnen (der Alphabetisierung - Red.). Denn durch das Wort Gottes bereuen die Menschen und beginnen Gott zu respektieren.
- Es gibt keinen Wechsel in der Pastoralarbeit in den Landzonen in der letzten Zeit. Ausgenommen, dass wir an den Treffen donnerstags mit Frau Olivia teilnehmen und den Alphabetisatorinnen, die zu den Clubs gehen; und es unterstützen uns die Geschwister aus Ulm.
- Ja, denn sie (Olivia - Red.) lehrt uns, wie wir uns in der Familie zu betragen haben mit den Eltern, den Kindern und Ehegatten. Wir haben Veränderungen in der Organisation, der Einheit, in der Arbeit in den Gruppen, in der „Brüderlichkeit“ mit den anderen Schwestern und in der Verantwortlichkeit, z.B. die Kredite, die wir aus der Gemeinschaftskasse erhalten, zu bezahlen. Wir haben gespürt, was Kirche ist in unserem Bruder Willi, in seiner Einfachheit, in seiner Liebenswürdigkeit.

Anmerkung: In Celendín wird einerseits festgestellt, dass in den letzten Jahren die Pfarrer sich verstärkt um die Comunidades gekümmert haben, aber dennoch die Verunsicherung zunimmt, weil die Hauptstütze (der Bischof, der mindestens einmal im Jahr die Campesinos besucht hat) nicht mehr da ist und auch beobachtet wird, dass die beiden Pfarrer ob ihrer Option einen sehr schweren Stand innerhalb des Klerus und auch gegenüber den Ordensschwestern aus Spanien haben, die mit viel Geld operieren können. In San Pedro wird bei den Katecheten festgestellt, dass es keine „offizielle“ Pastoralarbeit mehr gibt, es gibt sie nur dank der von der offiziellen Pfarrei verstoßenen Personen und der Partnergemeinde. Bei den Frauen bezieht sich die Veränderung auf die Fortschritte innerhalb der Gruppen und auf die sich vertiefende Partnerschaft, die als Zeichen und Präsenz von Kirche gedeutet wird. Viele Frauen kennen nicht die frühere Pastoralarbeit auf dem Land bzw. gehen von ihrer eigenen Comunidad oder Armenviertel aus, wo es auch keine Katecheten gibt. Die Comunidades, in denen die Katecheten leben und wirken. sind weiter außerhalb auf dem Land, bis zu acht Stunden Fußweg entfernt. In Bambamarca wird die Machtprobe offen angesprochen: es geht um Unterwerfung bzw. um die Machterhaltung einer autoritären Kirche (diese Frage wird in der Diskussion in
Deutschland meist theologisch überspielt).

6. Welches wäre - Ihrer Meinung nach - die wichtigste Aufgabe der Kirche?
A - Die Einheit und der Dienst, den wir Gott und unserer Comunidad leisten.
- Die wichtigste Aufgabe der Kirche: Wir wollen mehr Verantwortung, mehr Anerkennung, mehr Einheit, etc.
- Sie besteht darin, die Menschen zu motivieren, sich christlich und moralisch immer weiter zu entwickeln, ohne jede Marginalisierung.
B Die Aufgabe wäre eine ständige integrale Weiterbildung, Arbeitsgruppen zu bilden und die Befreiung anzustreben, damit dies uns zu einem immer tieferen sozialen und befreienden Engagement führt.
C Für uns besteht die wichtigste Aufgabe der Kirche darin, dass wir uns als Frauen und Männer befähigt fühlen, an der Arbeit einer integralen Entwicklung jedes Menschen weiterzuarbeiten. Zu dieser integralen Entwicklung gehört die Zusammenarbeit mit Priestern, die im Volk verwurzelt sind und das Eintreten für eine offene und demokratische Kirche.
D - Die wichtigste Aufgabe in unserer Kirche ist das Lesen des Wortes Gottes innerhalb unserer Organisation, die wir aufgebaut haben.
- Die wichtigste Aufgabe als Kirche ist, dass wir die Bibel lesen, die uns Gott ge schickt hat, einen guten Weg im Leben zu gehen, dass wir als Kirche mit den Bedürftigsten teilen, dass wir mit unserer Organisation weitermachen um die Ursachen der Armut zu verstehen.
- Die wichtigste Aufgabe der Kirche wäre, mit der Evangelisierung weiterzumachen und mit der technischen Ausbildung.
- Die wichtigste Aufgabe der Kirche wäre, dem Wort Gottes zu folgen, indem wir
Gruppen bilden in unseren Comunidades und unseren Glauben feiern.
E - Das Wort Gottes verkünden; um die Lebensweise vieler Personen zu verändern, die sich auf dem schlechten Weg befinden; uns die Lesungen der Bibel zu erklären; unsere Gemeinschaften zu besuchen, aber ohne Interesse (ohne pers. Vorteile - Red.); sich unseren Gemeinschaften zu nähern, um das Wort Gottes zu säen, denn wir haben das Bedürfnis, es zu hören.
- Die wichtigste Aufgabe der Kirche wäre es, uns in der Kirche (templo) zu versammeln, alle, ohne Unterschied von Klassen, wie eine einzige Familie im Haus Gottes.
- Wir brauchen ihre Präsenz, vor allem auf dem Land; sie sollte sich um die Unwissenden kümmern, die Analphabeten. Unsere Aufgabe wäre es, unseren Kindern das Wort Gottes vorzulesen. Das Verständnis unter uns, den Charakter ändern, geduldig sein mit denen, die um uns sind.

Anmerkung: Wie schon bei der Antwort auf die 3. Frage steht die Verkündigung des Wortes Gottes als wichtigste Aufgabe der Kirche an erster Stelle. Dass die Campesinos zuerst das (freilich durch das persönliche Beispiel authentisch bezeugte) Wort Gottes hören wollen, wird von Amtsträgern ignoriert oder nicht geglaubt. Mit der Verkündigung des Wortes Gottes ist automatisch die Vorstellung verbunden, dass sich dadurch das eigene Leben und das der Gemeinschaft ändert, dass es mehr soziale Gerechtigkeit gibt, mehr Würde und Anerkennung und dass das gemeinschaftliche Leben vom Beispiel Jesu inspiriert ist (besonders das Teilen). Eine wichtige Rolle spielt auch die Organisation in Gruppen als Folge des Evangeliums (Kirchenbildung im ursprünglichen Sinne. Es wird deutlich, dass das Materielle und Spirituelle, das Soziale und Pastorale, eine nicht trennbare Einheit bilden. Ohne das Wort Gottes (und Kirche) wäre jede Entwicklung zum Scheitern verurteilt, weil sie eindimensional bliebe. Die Kirche steht im Dienste einer integralen Befreiung, die als Menschwerdung verstanden wird - oder sie ist nicht Kirche, sondern eine beliebige Institution, die zum Vorteil einiger Privilegierter Macht ausübt, wie andere weltliche Institutionen auch. Über die Einheit von Sozial und Pastoral überhaupt zu diskutieren, ist von diesem Verständnis her völlig abwegig und eine diesbezügliche Frage an die Campesinos würde auf Unverständnis stoßen. Solche Fragen werden in Gesellschaften und Glaubensgemeinschaften gestellt, denen die Ganzheit (und der biblische Glaube) abhanden gekommen ist. In Celendín wird die Einheit als wichtigstes Gut angesehen. Dies ist auf dem Hintergrund der Spaltung in Schwestern und Bischof einerseits und den Pfarrern andererseits zu deuten. Einheit bedeutet bei den Campesino - Katecheten, dass sich die (Amts-) Kirche zu den Armen bekehrt, sie nicht ausgrenzt und ansonsten ihren selbstverständlichen Pflichten nachkommt: das Wort Gottes zu verkünden und entsprechend zu leben. So sind auch die wiederholten aber vergeblichen Einladungen an den Bischof zu verstehen. Wenn die Campesinos von Einheit sprechen, meinen sie ansonsten zuerst die Einheit untereinander, in der Gemeinschaft. Denn sie haben durch die Verkündigung des Wortes gelernt, dass sie nur gemeinsam die Ursachen der Armut bekämpfen können und dass sie nur in der Gemeinschaft und in der gemeinschaftlichen Arbeit die Gegenwart Gottes erfahren.

7. Erfüllt die Kirche ihre Aufgabe und falls nicht: Welche Konsequenzen hätte dies?
A - Die Kirche würde in eine Dekadenz fallen und die Sekten würden immer stärker werden.
- Die Kirche erfüllt ihre Aufgabe im Rahmen ihrer geringen Möglichkeiten. Wenn sie ihre Aufgabe nicht erfüllen würde, käme es zur totalen Destruktion.
- Die Kirche erfüllt nicht ihre Aufgabe. Die Konsequenz ist, dass sie ihre Mitglieder verliert und so Raum gibt für den Vormarsch der Sekten.
B Sie erfüllt diese Aufgabe nicht mehr. Es käme zu einem Zusammenbruch der Pastoralarbeit, die Armut würde verstärkt zurückkehren, ebenso die Ungerechtigkeiten und die Unterdrückung.
C In der Gegenwart erfüllt sie nicht ihre Aufgabe. Wenn sie diese Aufgabe nicht erfüllt, wird es immer mehr Individualismus und Zersplitterung geben. Man wird um so deutlicher die Hierarchie der kirchlichen Autoritäten spüren.
D - Wir wären sehr traurig. Wenn wir keine Unterstützung in unserem pastoralen Leben hätten, wir würden uns vereinzelnen (verstreuen) und wir würden zurückfallen.
- Die Kirche, Pfarrer und Bischof, erfüllen nicht ihre Aufgabe. Wir würden nichts wissen, würden in der Unwissenheit bleiben und immer mit demselben weitermachen.
- Die Kirche, in Teilen, erfüllt ihre Aufgabe, und falls wir unsere Aufgabe nicht erfüllen, überfluten uns protestantische Sekten.
- Ja, sie tut es normalerweise. Wenn wir es nicht tun würden, wären die Konsequenzen, dass wir Gott und unsere Geschwister vergessen würden und dass so auch das Verbrechen sich ausbreiten würde.
E - Die Kirche tut dies nicht; aber wir bemühen uns, jeden Tag uns zu verändern, indem wir unseren Freunden helfen und unserem Nächsten. Wenn die Kirche uns weiterhin nicht unterstützt, werden die Leute das Vertrauen und den Glauben an die Kirche verlieren und sie werden zu den Sekten gehen, denn diese besuchen die Leute auf dem Land.
- Sie erfüllt sie nicht und die Konsequenz wird sein, dass die Kirche verlassen seinwird, ohne Unterstützung durch niemanden. Und sie werden Christus vergessen haben, unseren Erlöser, der sich um die Armen kümmerte, der ihnen vergab und sie einte.
- Wenn wir unsere Aufgabe nicht erfüllen, gäbe es Unordnung, wir würden vor nichts Respekt haben und wir würden in der Unwissenheit verbleiben.

Anmerkung: Anhand der negativen Antworten lässt sich leicht aufzeigen, was geschieht, wenn die Kirche ihre Aufgaben erfüllt bzw. was diese Menschen von der Kirche erwarten. Wie schon in anderen Antworten ist die enge Verknüpfung von Evangelium, Kirche und sozialer Ordnung, Moral und Gerechtigkeit auffallend. Wenn auch das Bewusstsein vorhanden ist, dass es an ihnen selbst liegt, diese Aufgaben anzupacken, so fühlen sie sich dennoch verunsichert und fürchten die Kraft zu verlieren, wenn sie auf Dauer von der offiziellen Kirche nicht unterstützt werden. Eine deutsche Partnergemeinde kann den Partnern die Erfahrung einer solidarischen Kirche des Volkes zwar durch ihr Beispiel vermitteln (oder auch nicht), aber auf Dauer kann sie nicht das lebendige Zeugnis vor Ort ersetzen. In Bambamarca wird der Zusammenhang zwischen Vereinzelung und gleichzeitig zunehmender Klerikalisierung (im Weltlichen: Schaffung neuer Autoritäten) gesehen.

Der Einzelne, der nicht mehr getragen ist von einer Gemeinschaft, ist anfälliger für „Autoritäten“. Dies zeigt sich u.a. in der Furcht vor einer Ausbreitung von Sekten, die mehrfach genannt und als Gefahr betrachtet wird. Unter Sekten verstehen die Campesinos Gruppierungen, die irdische Wirklichkeit ausblenden, die an das baldige Ende der Welt glauben, die sich auf die eigene Errettung vorbereiten, die nicht an die Heiligen und die Jungfrau Maria glauben und die daher keine Feste feiern. Ein Vordringen der Sekten wird mit Spaltung der Gemeinschaft und Abkehr von gemeinschaftlichen und sozialen Aufgaben gleichgesetzt.

8. Wenn Sie einen Wunsch an die Kirche hätten, was würden sie wünschen?
A - Dass die Priester uns weiterhin so unterstützen und begleiten, wie sie es bisher tun.
- Wir bitten die Verantwortlichen der Kirche um Hilfe bei der Besorgung von Bibeln und Gesangbücher, ebenso bei der notwendigen Ausstattung des Pfarrzentrums und der Unterstützung der Landkatecheten.
- Wir bitten um die notwendigen Arbeitsmaterialien (Bibel, Gesang- und Gebetbücher, Instrumente, etc.) sowie die Präsenz von mehr Priestern.
B Dass der Laie das volle Recht erhalte, als wahrhafter Verkünder des Evangeliums tätig sein zu dürfen, um so die sozialen Probleme zu entdecken, die den Armen unterdrücken.
C Wir bitten darum, dass die Ausbildung und Auswahl der Priester sich an ihrer Berufung zum Dienst an ihrem Volk gemäß dem Projekt Gottes ausrichte und nicht daran, sich des Volkes zu bedienen.
D - Wir brauchen viel Beistand im Geistigen (Spirituellen) und Materiellen.
- Wir würden die Kirche um mehr geistigen Beistand bitten, um so Christus immer näher zu werden.
- Wir bitten die Kirche um ein Vorwärtskommen in unserer Arbeit, sei es im Materiellen als auch in der Bibelarbeit (Bibeln und Gesangbücher) - für jede unserer Comunidades.
- Wir bitten die Kirche, dass uns die Priester unterstützen mit dem Wort Gottes in den Comunidades.
E - Dass sie Jemanden in unsere Gemeinschaften schickt, uns zu lehren, echte Katholiken zu sein. Das Fest Corpus Christi gehört den Leuten vom Land, denn wir haben viel mehr Glauben als diejenigen, die in der Stadt nur aus Pflicht gehen. Aber uns weisen sie zurück, wenn wir zur Kirche gehen. Wir bitten, dass dies nicht mehr geschehen möge. Denn Jesus war immer mit den Bedürftigsten, den Ärmsten.
- Wir würden bitten, dass es mehr Kommunikation mit den Landzonen gäbe, dass sie sich der Armen erinnern, der Alten, der verlassenen Kindern, der Kranken und derer, die das Wort Gottes in die Praxis umsetzen.
- Dass sie hinausgehen zu uns, um uns vorzubereiten, um uns klar vom Evangelium zu sprechen, dass sie uns anhören, dass sie uns betreuen und mit uns sind.

Anmerkung: Außer den Gruppen von Bambamarca, die zuerst von den Rechten und Pflichten der Laien und der rechten Auswahl der Priester sprechen, hoffen die anderen Gruppen zuerst auf die Präsenz und Begleitung der Amtsträger (auch die Katecheten aus Bambamarca wünschen sich dies, aber sie nennen es nicht an erster Stelle). Die Gruppen haben eine klare Auffassung von dem, was ein Priester eigentlich tun müsste. Ihr Kriterium, um dies beurteilen zu können, ist die Bibel als ganzes und das Beispiel Jesu im besonderen. Sie erwarten, dass ihnen die Institution Kirche eine Infrastruktur zur Verfügung stellt, den materiellen Rahmen. Das Materielle steht aber nicht an erster Stelle, sondern der „geistige Beistand“ und die religiöse Unterweisung.

9. Was wäre Ihre stärkste Kritik bzw. wichtigste Empfehlung an die heutige Kirche?
A - Heute gibt es eine starke Kritik seitens der Jugend, auch von vielen Sekten.
- Die stärkste Kritik wäre, wenn die augenblickliche Zerrissenheit uns entmutigen würde, in unserer Arbeit fortzufahren. Wir wünschen mehr Unterstützung und mehr Koordination um das Beispiel einer wahrhaften Kirche geben zu können.
- Dass es wieder Seminare für die Ausbildung geben sollte (auf Diözesanebene für Katecheten und für Priester), sowie eine ständige Ausbildung von Pastoralagenten unter Einbeziehung und Einladung immer mehr Leute.
B Sie ist zurückgefallen in die alten Zeiten, wo man die Realität nicht wahrgenommen hat, eine Realität der so großen sozialen Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft. Sie sollte soziales Gewissen sein, Zeuge der Wahrheit und der Gerechtigkeit.
C Wir empfehlen, dass die Religion nicht zum Opium des Volkes werde, die einzig dazu dient, das Volk „einzuschläfern“ und uns glauben machen will, dass wir hier auf dieser Erde nichts zu sagen haben und dass wir im Himmel für unser Stillhalten
belohnt werden. Wir empfehlen auch, dass die Kirche aus dem Volk heraus wächst, dass sie den Ärmsten dient, dass sie das Bewusstsein entwickelt, eine materielle und spirituelle Arbeit nur in Einheit zu sehen und zu realisieren.
D - Wir haben Hirten (pastores), die sich nur für sich selbst vorbereiten (sorgen) und für uns nichts. Unsere einzige Hoffnung heutzutage sind unsere Brüder und Schwestern aus Ulm - hoffentlich vergessen sie uns auch nicht!
- Die stärkste Kritik an die heutige Kirche ist, dass es keinerlei Unterstützung für uns, die Campesinos, gibt und alles, was sie (die Pastoren) erhalten, ist nur für sie selbst.
- Unsere stärkste Empfehlung ist, dass unser Pfarrer und Bischof sich der Campesinos erinnern und uns nicht an den Rand drängen (marginalisieren).
- Die stärkste Kritik an der Kirche ist, dass der Bischof nicht den Armen hilft.
E - Für einige Priester ist es ein Geschäft aufs Land zu gehen, denn sie verlangen dafür sehr hohe Geldsummen. Die Länge der Messe hängt davon ab, wie viel wir bezahlt haben. Sie lassen uns nicht an der Messe teilnehmen, denn sie sagen, wir seien Campesinos. Danksagung: Wir danken unseren Geschwistern aus Ulm, Deutschland, weil sie sich um uns kümmern; ebenso danken wir den Padrecitos Panchito und Segundo, dass sie uns an der Messe teilnehmen lassen und dafür, dass sie uns in der PfarreiGuadalupe aufnehmen. Gott segne sie!
- Kritik: dass sie sich der Armen nicht erinnern, dass es keine Gleichheit gibt; sie erinnern sich nicht der Gemeinschaften, die am weitesten entfernt sind, ebenso wenig der Armenviertel; dass sie sich nicht annähern (zu uns kommen) - weder spirituell noch materiell.
- Dass sie nicht egoistisch sind, nicht eingebildet auf ihren Titel, auf ihren Beruf. Die Messen machen sie draußen, damit die Campesinos nicht den Teppich beschmutzen.

Anmerkung: Die wichtigsten Kritikpunkte sind die Ausgrenzung der Armen, Priester, die nur an sich denken, Rückfall in die Praxis vergangener Jahrhunderte, Zerrissenheit (siehe Einheit) und das Einstellen bewährter Programme zugunsten der Campesinos. Die Kirche sollte statt dessen soziales Gewissen und Zeuge der Wahrheit und Gerechtigkeit sein; sie sollte teilhaben am Schicksal der Armen, diese sollten die Mitte der Kirche sein bzw. aus ihrer Mitte heraus soll Kirche wachsen. Die gegenwärtige Kirche von oben wird als eine Macht erfahren, die Kirche im Geiste Jesu verhindert.

10. Wie sieht man - oder macht sich bemerkbar - die Partnerschaft mit der deutschen Pfarrei
A - Wir wollen und erhoffen ab sofort eine Zusammenarbeit mit der deutschen Pfarrei. *
- Wir wissen, dass Cajamarca Hilfe bekommt von der deutschen Pfarrei. Wir dagegen in Celendín erhalten keinerlei Hilfe. Wir machen unsere Versammlungen dank der Anstrengung unserer Priester. Ihrer Anstrengung verdanken wir auch eine kleine Apotheke, die eine Hilfe für die am meisten Bedürftigen darstellt. Außerdem haben wir ein kleines Solidaritätskomitee, das ebenfalls eine große Hilfe für die Ärmsten unserer Comunidades darstellt.
- Unsere Pfarrei erhält keine Hilfe von außen. Wir haben ein Solidaritätskomitee, ein Büro für Menschenrechte, eine kleine Pfarrapotheke. Das haben wir dank unserer eigenen Anstrengungen oder der einiger Personen.
B Man bemerkt, dass sie - ohne sehr gut unsere Realität zu kennen - solidarisch sein wollen und sich als Brüder und Schwestern fühlen.
C Wir spüren die Begleitung von Freunden, die sich von einer hohe Sensibilität für die Armen leiten lassen und dies auch in der Praxis zeigen. Sie geben ihre Kenntnisse an andere weiter und wissen, die Organisationen des Volkes in ihren wahren Bedeutung zu schätzen, deren Ziel ein gerechteres, menschlicheres und solidarischeres Leben für alle ist.
* Analyse von Rolando Estela: „Alle Katecheten, die Vertreter aller Zonen, hörten zum ersten Mal von der ‚Partnerschaft‘ mit einer deutschen Pfarrei und reagierten entsprechend verwundert. Auch die beiden Pfarrer Lázaro und Segundo wissen keinerlei Details über die ‚Partnerschaft‘. Padre Antero ist zur Behandlung seiner Krankheit (Parkinson) in Lima. Auch die Pfarrgruppen der Stadt wissen nichts von einer Partnerschaft. Mit wem hat demnach die Pfarrei Grenzach eine Partnerschaft? Die Arbeit der Pfarrei gibt Anlass zu großer Hoffnung. Doch sie erhalten weder materielle noch spirituelle Unterstützung, weder vom Bischof noch von der Partnergemeinde. Bei entsprechender Unterstützung könnte die Pastoralarbeit, insbesondere auf dem Land, erheblich an Kraft gewinnen. (Falls nicht....siehe Aussagen der Katecheten)“.

Anmerkung: Die letzte Frage wurde den Katecheten und den Mütterklubs von San Pedro 1997 nicht gestellt, dennoch ergeben sich aus deren vorhergegangenen Antworten Hinweise auf den Stellenwert der Partnerschaft. Das Problem der Partnerschaft in Celendín stellt Rolando Estela in seinem Kommentar am Ende des Kurses heraus (die Analyse wurde von ihm an die Tafel geschrieben). Der Kommentar zur Partnerschaft fällt bei den Katecheten von Bambamarca sehr zurückhaltend aus. Dies hängt mit der Situation zusammen, wie sie zur Zeit der Befragung in Bambamarca herrschte. Die Situation im Spätsommer 1998, wie sie von den Frauengruppen, der Katecheten und der mit ihnen zusammenarbeitenden Ordensschwestern geschildert wurde, kann und will nur eine Momentaufnahme sein. Die kirchlichen Gruppen der Gemeinde Bambamarca waren wegen der Haltung ihrer Partnergemeinde St. Martin in Dortmund stark verunsichert.

Denn Dortmund überwies Spenden an ein Komitee, das inzwischen ausschließlich von den Pfarrern kontrolliert wurde. Mit diesem Geld wurden die Gehälter der drei (danach vier) Pfarrer und zwei weitere Gehälter für deren Helfer bezahlt. Der
größte Teil der Gelder wurde aber für einige städtische Jugendliche verwendet, die zur Weiterbildung nach Lima geschickt wurden, wo sie Kurse Opus Dei - naher Organisationen besuchten (das Opus erscheint im Vergleich dazu als eine liberale Organisation). Es bestand vorher ein Komitee aus vier Personen, dem verantwortlichen Pfarrer, einer Ordensschwester und zwei Katecheten. Dortmund überwies das Geld an dieses Komitee mit der Absicht, weiterhin eine „Kirche mit Poncho und Sombrero“ zu unterstützen. Um guten Willen zu beweisen und um nicht mit den Pfarrern und Bischof Simón zu brechen, sollten davon auch an zwei Priester Gehälter bezahlt werden. Inzwischen waren aber die Campesinos aus dem Komitee verdrängt worden. Als die Katecheten diese und andere Nachrichten nach Dortmund per Brief übermitteln wollten, wurde in der Nacht in das im Kurszentrum reservierte Zimmer für die Leiter der Katecheten (die Vertrauensleute der Partnergemeinde) eingebrochen, der Brief und andere Gegenstände entwendet, die Schlösser wurden ausgetauscht und ein Hausverbot ausgesprochen. Dortmund erfuhr davon nichts. In vorausgegangenen Briefen der Katecheten an Dortmund wurden die Veränderungen durch die Priester, die seit dem 1.März 1997 in Bambamarca sind, sehr vorsichtig angesprochen.

Deswegen glaubten die Katecheten, dass Dortmund sich eigentlich hätte denken können, was nun in der Pfarrei los sei. Und deswegen verstanden sie nicht, dass Dortmund weiterhin Geld an die Pfarrer überweist. Da zudem während des Besuches einer Delegation 1997 aus St. Martin (mit dem Pfarrer von St. Martin) die Campesinos den Eindruck hatten, die Besucher würden fast nur mit den damals noch neuen Pfarrern Kontakt haben wollen, begannen sie an der Solidarität der Partner zu zweifeln. Dies führte gar zu der Aussage, „besser gar keine Partnerschaft, als diese Partnerschaft. Denn von Dortmund wird nun alles finanziert, was zur Zerstörung dessen führt, was in 30 Jahren aufgebaut wurde“. Die Dortmunder hingegen vertrauten den Abmachungen, die sie mit den Pfarrern getroffen hatten und während des Besuches 1997 war es ihre Absicht, die Pfarrer (und den Bischof) von der Notwendigkeit einer Landpastoral, wie sie seit 1962 begonnen wurde, zu überzeugen. Und dies kann man nur erreichen, wenn man Kontakt hält und nie die Hoffnung verliert, dass auch ein Bischof bekehrt werden kann - so die Hoffnung der Dortmunder. Nachdem man in Dortmund aus erster Hand erfahren hat, wie es wirklich in Bambamarca aussieht, wurden sofort alle Zahlungen an das „Komitee“ eingestellt. Die Zweifel der Gruppen in Bambamarca wichen neuer Zuversicht. Dies zeigt sich auch in der Antwort der Gruppen (C) im Mai 1999.

Mit diesem Beispiel praktischer Theologie und real existierender Kirche endet die Vorstellung peruanischer Gruppen. Wie reagieren deutsche Partnergemeinden auf solche Vorgänge bzw. können und wollen sie dies überhaupt erfahren? Welches Gewicht hat die Stimme der Armen in der Kirche?