"Zehntausende Campesinos aus Bambamarca blockieren die Zufahrt zu Yanacocha. Sie wollen mit Vertretern der Mine sprechen, denn die Quellen versiegen und Kanäle trocknen aus. Die Mine schickt den Bischof zu den Campesinos, um sie nach Hause zu schicken ("Aufruhr ist Sünde"). Als die Campesinos auf ihrer Forderung beharren und nicht weichen, willigt der Bischof ein, den Vermittler zu spielen. Die Campesinos sollten zehn ihrer Leute auswählen, er selbst werde dafür sorgen, dass Vertreter mit den Campesino-Delegierten sprechen werden. Treffpunkt und Zeit: die Bischofsresidenz in Cajamarca am nächsten Morgen. Die Campesinos wurden in den Innenhof der Residenz eingelassen. Doch statt der Minenvertreter warteten Staatsanwalt und Polizei auf die Campesinos, die alle 10 verhaftet und wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu langen Haftstrafen verurteilt wurden." (Im März 2002, siehe unten eine "Vorgeschichte" vom März 2001):
Das Gold, der Bischof und die Campesinos
Die Existenz und Arbeitsweise der Goldminen beunruhigt, abgesehen von der sozialen, wirtschaftlichen Situation und dem Kampf ums Überleben, derzeit am meisten die Bevölkerung von Cajamarca. Die nachweisbaren Goldvorkommen um Cajamarca gelten als die ergiebigsten in Amerika und gemessen an der Rentabilität (dem erzielten Reingewinn in Relation zur Investition) handelt es sich um die ertragreichsten Goldminen der Welt.
Zu Beginn des Goldabbaus in Yanacocha 1993 war man in der Stadt Cajamarca überwiegend zuversichtlich, vom bevorstehenden Boom profitieren zu können. Das Schicksal der von der Minengesellschaft von ihrem Land vertriebenen Campesinos bewegte die Städter nicht und der einzige Pfarrer, der sich um das Schicksal dieser Campesinos kümmerte, wurde vom Bischof versetzt (1). Doch nachdem das Trinkwasser in Cajamarca zunehmend schlechter wurde und der „wirtschaftliche Aufschwung für die gesamte Region“ sich immer mehr als Illusion erwies, mehrten sich auch in der Stadt die Bedenken.
Bereits Ende 1998 erschienen in lokalen und nationalen Zeitungen und Zeitschriften zunehmend kritische Berichte über die Mine. So ist z.B. in der Zeitschrift „Tierra y Pueblo“ im Dezember 1998 zu lesen: „Cajamarca war einmal eine schöne Stadt. Heute herrscht die Prostitution in Cajamarca, am helllichten Tag und auf der ‚Plaza de Armas’ zu beobachten. Die einzigen Geschäfte, die durch die Anwesenheit der Mine blühen, sind Kantinen, Bars und Orte, wo Mädchen ihren Körper verkaufen. Die Menschen von Cajamarca, sei es der Stadt oder die Campesinos, finden keine Arbeit in der Mine. Sie verpflichten höchstens vermittels von Subunternehmern einzelne Tagelöhner, denen sie nicht einmal die ihnen zustehenden Mindestlöhne bezahlen“.
Am 11. 11. 1999 kam es in Cajamarca (Stadt) zur ersten massiven Demonstration gegen die Mine. Professoren und Studenten der Universität Cajamarca übernahmen die Vorbereitung und die Organisation der Demonstration. Über dreißig Organisationen beteiligten sich an der Demonstration, darunter Lehrer und Studenten der Pädagogischen Hochschule, einige staatli- che Schulen (keine Privatschulen), Vertreter der Rondas Campesinas, Gewerkschaften, Abordnungen der verschiedenen Stadtteile und politische Parteien aller Couleur. Die Hauptforderung war, den Berg Quilish in Sichtweite der Stadt für „unantastbar“ zu erklären. Nach den der Allgemeinheit erst kürzlich bekannt gewordenen (aber von vorneherein beabsichtigten) Plänen der Minengesellschaft soll nun auch in dem Sektor Gold gefördert werden wird, der in bedrohlicher Nähe der Stadt liegt. Die Aktivitäten der Mine rücken nun auch im buchstäblichen Sinn ins „Blickfeld“ der Städter. Verschärft wird die Situation aber dadurch, dass in dem Sektor Quilish 70% der Trinkwasservorräte für Cajamarca „gespeichert“ sind. Der betroffene Berg Quilish wirkt geologisch gesehen wie ein Schwamm, der den größten Teil des auf Cajamarca zufließenden Wassers speichert. Auch die Anlage zur Trinkwasserzubereitung liegt in diesem Sektor. Das Wasserspeicherbecken ist auch für Tausende von Campesinos in unmittelbarer Nähe der Stadt lebensnotwendig.
Der Demonstrationszug führte erst am bischöflichen Palais vorbei, das verriegelt war und in dem sich niemand sehen ließ. Die Proteste der Demonstranten richteten sich gegen den Bischof und seine Version der Kirche von Cajamarca. Hauptziel der Demonstranten war aber die Präfektur als Vertretung der Regierung. Man forderte die Regierung auf, den Berg Quilish unter Naturschutz zu stellen. Daneben wurde die schon lange vorgebrachte Forderung erneuert, endlich auch der Region den ihr laut Gesetz (Canon Minero) zustehenden Anteil der Steuern zukommen zu lassen, was bisher nicht geschah. Noch nicht einmal der Betrag ist bekannt, der Cajamarca eigentlich zustehen würde. Ein Brief mit der Bitte um Weitergabe an die Parlamentspräsidentin und alle im Parlament vertretenen Parteien (Bewegungen) wurde überreicht. Von der Mine selbst forderte man zuerst einen offenen Dialog mit der Bürgerschaft, der bisher von der Mine verweigert wird. Vor allem aber forderte man unabhängige Untersuchungen, u.a. über die Qualität des Trinkwassers.
Die Gefahr, dass durch den von der Mine geplanten Goldabbau im „Wasserschutzgebiet“ das Trinkwasser für Cajamarca eines Tages versiegen wird, wird von den Bürgern Cajamarcas inzwischen als die größte Gefahr angesehen. In dieser Einschätzung werden sie von Experten unterstützt, die auf die langfristigen Folgen hinweisen, die entstehen, wenn der gesamte Wasserhaushalt und Wasservorrat der Region von den Tätigkeiten der Mine tangiert werden. Selbst bei vorsichtigstem Vorgehen seitens der Mine wäre es - bedingt durch die von Yanacocha bevorzugte Abbaumethode - nicht zu verhindern, dass die „Lebensadern“ (Wasser führende und Wasser speichernde Schichten) zerstört oder zumindest zerschnitten würden.
Inzwischen liegen erste Daten (u.a. vom Gesundheitsministerium) vor, nach denen im Trinkwasser Schwermetalle weit über den zulässigen Grenzwerten enthalten sind, besonders Quecksilber. Bisher gab es diesbezüglich immer wieder gleich lautend beschwörende Versicherungen der Mine, dass alles in Ordnung sei und denen man bisher gern vertraute, so dass die Mehrheit der Bevölkerung über die schleichende Vergiftung nicht sonderlich beunruhigt war. Nun aber wird auch diese Gefahr wesentlich ernster genommen, nicht zuletzt auch wegen erstmals vorliegender, aber noch nicht repräsentativer Messungen seitens unverdächtiger Stellen. So besteht im Bewusstsein der Bürger die zweite Gefahr, dass das Trinkwasser für Cajamarca nicht nur immer knapper wird, sondern dass es auch immer mehr vergiftet wird. In einer öffentlichen Erklärung von Yanacocha wurde die Bevölkerung von Cajamarca u.a. mit dem Hinweis beruhigt, dass selbst wenn es zu Verschmutzungen des Trinkwassers - was ja unwahrscheinlich sei - kommen sollte, sich die Bevölkerung von Cajamarca keine Sorge machen müsste, weil dann das verseuchte und mit Schwermetallen belastete Wasser Richtung Bambamarca abgeleitet werden würde! (Um Bambamarca herum leben aber über 100.000 Menschen, meist Campesinos! Zudem wäre ein solche Umleitung technisch absurd, zeigt aber letztlich, dass „Indios“ offensichtlich nicht als Menschen zählen).
Zwei Tage vor der genannten Demonstration besuchte der deutsche Botschafter in Peru, Herbert Beyer, Cajamarca und sagte im lokalen Fernsehen: „Ich bin auf Einladung meines Freundes Roque Benavides gekommen. ... Ich habe lange mit den Leuten der Mine Yanacocha gesprochen und ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Mine mit großer Sorgfalt arbeitet und dass keine Verschmutzung des Wassers und keine Gefahr für die Umwelt vorliegt. Entsprechende Gerüchte entbehren jeder Grundlage und sind politisch motivierte Stimmungsmache“. Diese Erklärung, die auch von den Zeitungen Cajamarcas veröffentlicht wurde, löste große Verärgerung aus, auch deswegen, weil er nicht mit den Bürgern sprach. Benavides ist übrigens der Großaktionär des peruanischen Anteils der Mine, Buenaventura S.A. (2).
Vom 16.- 18. 11 fand an der Universität Cajamarca ein vielbeachtetes Seminar statt, das von der neu entstandenen Bürgerbewegung („Ecovida“) zur Verteidigung der Umwelt organisiert wurde. Auf dem Seminar wurde von Ärzten die Zusammenhänge zwischen der Einnahme von mit Schwermetallen verseuchtem Wasser und bestimmtem Krankheiten aufgezeigt; Fachleute aus anderen Bergbauregionen berichteten über die dort entstanden Umweltschäden und generell über die „Politik der Minen“; Naturwissenschaftler berichteten über den Stand der Arbeiten in der Mine, über den Grad der Verseuchung (anhand „privat“ gemachter Messungen) und über die möglichen Folgeschäden für Mensch und Umwelt; Sozialwissenschaftler beschäftigten sich mit dem sozialen Wandel, wie er von der Mine verursacht wird und den wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Region. In dem abschließenden Podiumsgespräch sagten die Vertreter der Mine in letzter Minute ab. Von den zahlreichen ausländischen NRO war nur eine holländische Organisation anwesend. Gegen den Willen des Bischofs waren auf dem Seminar als Mitorganisatoren die Priester Marco Arana (als Referent und ehemaliger Pfarrer von Porcón und aktueller Pfarrer der Universität) und Francisco Centurión (Stellvertreter von Marco Arana als Studentenpfarrer) vertreten. Zeitgleich zum Seminar erschienen in dem von der Mine finanzierten Wochenblatt „Noticias de la Semana“ übelste Verleumdungen gegen die Initiatoren des Seminars, von denen die Falschmeldung, dass Marco Arana ein Expriester und Abtrünniger sei, noch die harmloseste Variante darstellt.
Vom 12. - 14. November 1999 fand in San Miguel der 6. Kongress aller Rondas des Departements Cajamarca statt. Themenschwerpunkt des Kongresses waren die Bedrohungen durch die Mine. Aus der Einladung: „Die Rückständigkeit und die Armut, in der wir leben, die Unterbeschäftigung und das herrschende Elend, existieren nicht, weil es der Wille Gottes wäre, sondern resultieren aus der Politik der Herrschenden, wie des Herrn Fujimori. Diese Politik besteht darin, dass die Räuber weiterhin auf Raubzug gehen, weiterhin töten und sich selbst mästen, indem sie die Reichtümer des Vaterlandes verkaufen. Sie wollen immer nur an der Macht bleiben, sie erzählen uns das Märchen von der Modernität und wollen doch nur ihre Gewinne machen. So wollen in einigen Provinzen unseres Departements die Minengesellschaften Gold und Silber ausbeuten. Sie bringen uns schwere Umweltschäden, Vergiftungen der Flüsse und was noch schwerer wiegt: sie bringen unser aller Leben in Gefahr“.
Dieser Kongress wurde „naturgemäß“ von der Stadt kaum wahrgenommen, obwohl er in seinen Auswirkungen auf andere Regionen in ganz Peru, aus denen Beobachter eingeladen waren, eine nationale Bedeutung hat. Im Unterschied aber zu den vorhergehenden Jahren berichteten zwei Lokalzeitungen über den Kongress und die Mitglieder der Bürgerbewegung suchen verstärkt den Kontakt zu den organisierten Campesinos. Die gemeinsame Bedrohung lässt Stadt und Land näher zusammenrücken.
Als Beispiel in einer Reihe von „Zwischenfällen“ kam es am 2. 6. 2000 zu schweren Vergif- tungen bei 112 Menschen (in der Mehrzahl Kinder), als ein LKW der Mine, beladen u.a. mit Quecksilber, verunglückte. Boden und Wasser sind weiträumig verseucht. Auch das Wasser in dem Stausee „Gallito Ciego ist vergiftet. Die Mine Yanacocha leugnet jede Verantwortung und leistet keinen Schadensersatz, weil die LKW- Transporte an Subunternehmer vergeben sind.
Besonders in Bambamarca nimmt der Widerstand gegen die Mine zu. Aber gerade in Bambamarca geht die Minengesellschaft besonders hart gegen die organisierten Gruppen vor. Denn die Campesinogruppen in Bambamarca sind sehr gut organisiert (besser als z.B. in Porcón). Die Mine weitet ihre Aktivitäten in Richtung Bambamarca hin aus, der Goldabbau rückt immer näher an Bambamarca heran. Ein zukünftiger Hauptstreitpunkt wird sein, wer über das Wasser in der Hochebene verfügen darf. In einem „Wasserprojekt“ wird das auf der Hochebene gespeicherte Wasser für den Bedarf an Trinkwasser und Bewässerung in 18 Comunidades bei Bambamarca geleitet. Misereor hat dieses Projekt zu einem Musterprojekt erklärt, u.a. weil Tausende Campesinos in den Jahren 1994 - 1999 mitgearbeitet haben und die Idee und Organisation des Projektes von den Betroffenen selbst entwickelt wurde. Für dieses Projekt stellte Misereor 1 Million DM bereit. Das Projekt hat neben den „materiellen“ Erfolgen auch wesentlich zum Zusammenhalt und zur Selbstorganisation der 18 betroffenen Comunidades geführt. Nun aber beansprucht die Mine das Wasser für sich, denn für den Goldabbau werden riesige Mengen von Wasser verbraucht. Es liegt im ureigenen Interesse der Mine, die Organisationen (demokratische Basisstrukturen im Staat) der Campesinos zu zerschlagen oder zumindest zu schwächen.
Bereits an anderer Stelle wird gezeigt (siehe u.a. auch „Bambamarca - das Pilotprojekt von Bischof Dammert“, im Web a.a.O.), dass auch der Bischof ein fundamentales Interesse hat, diese Organisationen (demokratische Basisstrukturen in der Kirche) zu schwächen, zumal in ihnen auch Katecheten eine maßgebliche Rolle spielen und sich diese Organisationen wie auch die Frauengruppen als Kirche sehen. Ausführende „Organe“ dieser Interessen sind einige NRO, aber auch Caritas von Cajamarca, die alle Gruppen mit Entzug von Unterstützung betrafen, die weiterhin auf Mitsprache und demokratische Selbstbestimmung pochen.
In Bambamarca gibt es die stärkste Organisation der Frauen (Campesinas) in den nördlichen Anden. Sie sind in 105 Frauengruppen organisiert, die eine gemeinsame Vertretung haben und die sich seit 1996 jedes Jahr zu einem gemeinsamen Kongress zusammenfinden. Am 18./19. August 1998 fand der 3. Kongress statt. Vor diesem Kongress wurde mit Hilfe von Radio, Lautsprechern und Besuchen in den Comunidades die Meldung verbreitet, der Kongress würde erst zwei Tage später stattfinden. Auf diese Weise erschienen nur etwa die Hälfte der erwarteten Frauendelegationen zum richtigen Termin. Vorher und auch nachher wurde immer wieder versucht, Frauengruppen mit dem Versprechen von Nahrungsmittelhilfe und medizinischer Betreuung auf die andere Seite zu ziehen bzw. die Gruppen zu spalten. Die „andere Seite“ bilden von Bischof bezahlte Personen sowie einheimische Lokalpolitiker der Regierungspartei und Vertreter der Mine.
Aus dem Rechenschaftsbericht, den die Präsidentin aller Frauengruppen, auf dem Kongress hielt: „Sie wollen uns nicht am Tisch haben, weil wir dreckige Indios sind und nur etwas für die Feldarbeit taugen würden. Aber wir mischen uns ein, wir machen Politik. Politik ist für uns, wenn wir unsere Rechte vortragen, wenn wir uns organisieren und Lösungen für unsere Probleme suchen. Auch wenn sie uns sagen, Politik sei Sünde und das sei nichts für fromme Katholiken. Wir werden aber weiterhin für unsere Rechte kämpfen. Sünde wäre, die Ungerechtigkeit zu ertragen. Für ein Kilo Reis dürfen wir nicht unser Gewissen verraten“ (eigener Mitschnitt). Die größte Gefahr für die Gruppen ist die Nahrungsmittelpolitik der Regierung im Verein mit der Pfarrei (3). Dadurch versucht man die Gruppen zu spalten. Es gibt es bisher 17 neue Gruppen in der Pfarrei, deren Hauptthema ist: das Apostolat des Gebets. Diese Gruppen werden mit großem Aufwand und Nahrungsmittelhilfe aus dem Boden gestampft. Die Vertreter der Campesinos: „Man spricht in der Pfarrei nicht mehr von Ungerechtigkeit, nicht mehr von der Gefahr durch die Minen. In San Miguel wurde auf dem Treffen aller Rondas des Departements der Beschluss gefasst, eine nationale Demonstration aller Rondas gegen die Minen zu organisieren. Es ist nicht gerecht, dass die Kirche nichts gegen diesen Missbrauch durch die Mine sagt. Uns sagt der Bischof, dass wir uns nicht in die Politik einmischen und etwas gegen die Mine sagen dürfen, aber er weiht neue Anlagen der Mine ein und segnet sie“ (4). (Mitschnitt vom 22. 11. 1999 in Bambamarca, Treffen mit allen Verantwortlichen christlicher Basisgruppen).
Bereits sechs Wochen nach der Jornada wurde dieses Machtgefüge gesprengt, auch dank immer neuer Enthüllungen von Korruption (5) und die Campesinos organisierten die bis dahin größte Demonstration gegen die Mine. So schrieben die Mütterklubs von San Pedro an die Partnergemeinde in Ulm: „Wir haben eine sehr schöne Erfahrung gemacht: die Campesinos aus Bambamarca haben die Straßen und den Zugang zur Mine blockiert und um einen Dialog gebeten, wegen der Verschmutzung des Wassers und dem Tod von 20.000 Forellen. Fünf Tage dauerte der Protest, auch auf den Straßen von Cajamarca. Anfangs war der Bischof als Vermittler von der Mine nach Bambamarca geschickt worden um die Leute zu bewegen, den Protestmarsch nicht zu machen, denn die Mine würde die Campesinos empfangen. Da dies aber nicht stimmte, kamen sie bis zum Bischofshaus, einige ketteten sich an und riefen über Lautsprecher und auf großen Plakaten:
‚Herr Bischof, verehre den wahren Gott - nicht das Geld von Yanacocha’!
Sie blieben auf der Plaza de Armas für 5 Tage. Die Mine war dann zum Dialog bereit und der Protest hörte auf. Aber die Mine hat betrogen und am Montag, den 19. März, wird er Protest wieder aufgenommen und unsere Mütterklubs werden mitmachen...“ Diese Nachricht weist auch daraufhin, dass die unterschiedlichen Gruppen nun eher bereit sind, sich gegenseitig zu unterstützen. So hatten die Mütterklubs von San Pedro auf der Jorna- da erstmals Gelegenheit, die Katecheten von Bambamarca kennen zu lernen. „Unsere Mütter werden diesen Kampf um mehr Gerechtigkeit unterstützen und die Campesinos warten nur auf ein Zeichen, um ebenfalls den Protest zu unterstützen und zu verstärken, falls es notwendig sein sollte“.
Die Basisgruppen von Bambamarca schickten an ihre Partnergruppen in Deutschland folgende Meldung (hier einige ergänzende Punkte): „Der Streik dauerte 6 Tage, vom Sonntag, 4. 3. bis Freitag, 9. 3. 2001. Mehrere Protestveranstaltungen und Besprechungen fanden im Streiklager statt. Zur gleichen Zeit folgten in Bambamarca unsere Freunde dem Streikaufruf. Etwa 6.000 Campesinos versammelten sich auf der Plaza de Armas in Bambamarca. Die Leute unterstützten uns mit Lebensmitteln. ... Die Plaza vor dem Obispado (Bischofssitz) füllte sich mit etwa 5.000 Menschen. Der Bischof bot sich als Vermittler zwischen den Organisationen aus Bambamarca und der Mine Yanacocha an. Die Menge harrte vor dem Obispado aus. Zur Überraschung hatte der Bischof zwar den Richter und die Polizei gerufen, jedoch niemanden von der Mine. Daraufhin entstand große Unruhe und es begann ein Protestzug durch die Straßen Cajamarcas. Folgende Parolen wurden gerufen: ‚Das Leben verkauft man nicht – man verteidigt es’. ‚Herr Bischof, verehre den wahren Gott - nicht das Geld von Yanacocha - und noch viele weitere Sätze, die auf Transparenten getragen oder an Wände und Türen des Obispado geschrieben wurden. Von den Autoritäten zeigte sich keiner: weder der Präfekt, noch der Bürgermeister, noch der Bischof. Alle versteckten sich unter ihrer Bettdecke. Man glaubt, dass sie von der Mine Yanacocha Schmiergelder bekommen. Jetzt wehrt sich Bambamarca konsequent gegen die Politik des Bischofs“.
Der Weg der christlichen Gruppen und der Kirche von Cajamarca ist offen, d.h. es ist auch noch offen, wie es weitergeht und weitergehen kann. Während der Jornada und im Kontakt mit anderen Gruppen, die aus verschiedenen Gründen nicht an der Jornada teilnehmen konn- ten ist aber den Beteiligten deutlicher geworden, dass es einen Weg gibt und dass dieser Weg auch einen Ausgangspunkt und ein Ziel hat.
Auch die Kirche in Deutschland ist auf einem Weg. Auch sie darf sich der Aufforderung der Campesinos stellen, den wahren Gott zu verehren oder eher ihre ganze Kraft darauf zu verwenden, ihre Privilegien zu verteidigen. Auch sie steht wie der Bischof von Cajamarca (und wie jeder Christ) vor der entscheidenden Frage, an wen sie ihr letztlich ihr Herz hängt - an den Gott des Lebens oder an Mammon, den Gott der zum Tode führt.
Willi Knecht, (Februar bis 10. März in Cajamarca) - 19. März (Ulm) 2001
Anmerkungen
(1) Siehe den Artikel: „Die Goldminen von Yanacocha“. Die Schwerpunkte des Goldabbaus lagen anfangs auf dem Gebiet der Gemeinde Porcón (Partnergemeinde von Tettnang). Inzwischen betreffen die Aktivitäten der Minengesellschaft immer mehr die Partnergemeinden La Encañada, San Miguel und Bambamarca.In dem Artikel: „Das Gold von Cajamarca“ (in www.cajamarca.de) wird ausführlich auf die Aktivitäten der
Goldmine sowie auf den sozialen, kirchlichen und politischen Kontext eingegangen.
(2) Am 22. Februar 2001 erschienen in den peruanischen Tageszeitungen Berichte über die engen Verbindungen zwischen Benavides und dem inzwischen als Mafiaboss entlarvten Montesinos, der über zehn Jahre hinweg als „Berater“ des Präsidenten und als Chef des Geheimdienstes die Politik Perus diktatorisch bestimmt hat. Montesinos wies den zuständigen Richter an, zu Gunsten von Benavides zu entscheiden, als es darum ging, dessen Anteile an Yanacocha S.A. zu sichern. In etwa 2.600 Videos, die auf Veranlassung Montesinos zwecks Erpressung heimlich aufgenommen, dann aber von enttäuschten Angestellten der Öffentlichkeit übergeben wurden und von denen Auszüge täglich im Fernsehen gesendet werden, wird nahezu die gesamte politische Klasse einschließlich ihrer Günstlinge (bzw. umgekehrt!) im Militär, den Medien, Banken und im öffentlichen Leben insgesamt als beliebig käuflich vorgeführt. Ehemalige Minister, höchste Richter, Generalstab, Bankiers etc. sitzen im Gefängnis. Der ehemalige Präsident Fujimori ist in seine uirsprüngliche Heimat Japan geflüchtet. Am 10. März 2001 beschließt die Untersuchungskommission, Mordanklage (bzw. Beihilfe zum Mord) gegen Fujimori zu erheben, weil 1997 bei einer Befreiung von Geiseln einige Geiselnehmer sich ergeben hatten, sie dennoch aber an Ort und Stelle im Beisein des Präsidenten erschossen wurden. Bei dieser Aktion spielte der heutige Erzbischof von Lima und ehemalige enge Vertraute von Fujimori, Cipriani (Opus Dei) eine maßgebliche Rolle. Cipriani wurde im Februar 2001 zum Kardinal ernannt. Über weitere Verflechtungen zu berichten, würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Das peruanische Volk hofft, dass die Verantwortlichen für diese beispiellose Korruption und die Verbrechen auch tatsächlich bestraft werden. Doch wer ist z.B. für den deutschen Botschafter verantwortlich? Und aus welchen Gründen ernennt man einen „Komplizen des schmutzigen Krieges“ (so eine Schlagzeile der angesehenen peruanischen Tageszeitung „La República), dem Tausende unschuldiger Menschen seit 1980 zum Opfer fielen, zum Kardinal?
(3) Im Januar 2001 - zur Zeit der I. Jornada - waren die Anhänger Fujimoris in Bambamarca noch an der Macht, trotz der politischen Umwälzungen in Peru. Einige Wochen später hatte sich bereit vieles geändert....
(4) Ein weiteres Beispiel für das Verhalten des Bischofs und dessen Rolle - hier im Falle als „Gewährsmann“ gegenüber deutschen Regierungsstellen: 1994 protestierte eine deutsche Partnergruppe beim BMZ gegen die Vertreibung der Campesinos durch die Minengesellschaft und die sich anbahnende Umweltkatastrophe. In der offiziellen Stellungnahme des BMZ vom 3. 2. 1995 heißt es in einem von zehn Punkten: „Wir stehen auch mit anderen Kirchengemeinden, die Partnergemeinden in Nordperu und der Projektregion Yanacocha haben, in Kontakt. Bis jetzt konnten alle Fragen zufriedenstellend beantwortet werden, und entsprechende Vorwürfe wurden nach einem Besuch von Kirchenvertretern in der Mine nicht mehr aufrecht erhalten“. Die betreffenden Kirchengemeinden, u.a. in Tettnang (Porcón) und Herzogenrath (La Encañada) haben diesbezügliche eine völlig andere Version parat: Ein Besuch des Bischofs in der Mine fand in bestem Einvernehmen mit der Mine statt und er sprach nicht mit den Campesinos. Vielmehr bestätigte er die Mine und das BMZ in ihrer Haltung und „überführt“ dieser Logik gemäß (die sich offizielle deutsche Stellen zu eigen machen, weil ja der Bischof die Kirche repräsentiert) die Aussagen der Betroffenen und der Kirchengemeinden zumindest der Übertreibung, wenn nicht der Lüge. Gleichzeitig werden die Kirchengemeinden beschuldigt, sich in Politik einzumischen und Glaube mit Politik zu verwechseln - eine geradezu diabolische Argumentation.
(5) Als Beispiel für die „Verflechtungen“ von Mine, Bischof und Fujimori gilt inzwischen auch der Umstand, dass noch im August 2000, zwei Monate vor der Flucht Fujimoris, die Diözese Cajamarca in der Person ihres Bischof von der Regierung 60 Kleinwagen geschenkt bekam (Modell „Tico“ von Daewoo). Fujimori wiederum ist mit Benavides eng verbunden, er besuchte regelmäßig die Mine und bereits im November 1992 erschien in der New York Times ein Artikel in dem der Geschäftsführer von Newmont Mining überschwänglich von den Chancen der neu eröffneten Mine sprach und hinzufügte: „Niemals zuvor erlebten wir eine so starke Hilfe und geradezu Euphorie seitens einer nationalen Regierung. So schnell hätten wir nie in den USA, und vermutlich in keinem anderen Teil der Welt, eine Genehmigung zum Abbau erhalten“.