Wider die Habgier – Die Geschichte vom reichen Kornbauer (Lk 12, 13-21)

Wenn man die vorliegende Geschichte, wie alle Gleichnisse Jesu, nicht wie gewohnt individualistisch verstehen und deuten will, sondern als Erzählung über die Welt, so wie sie von Menschen gemacht worden ist, dann steht der reiche Kornbauer für ein bestimmtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem.Die Weisung Gottes steht der Habgier zentral entgegen: der Gier nach Macht und Herrschaft über andere Menschen und Völker, der Gier nach unendlichem Besitz, der Gier, sich die Erde zu unterwerfen. Gott weist die Richtung unserer Wege, die dem Pfad der Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung folgen. Dann haben alle Menschen teil an den Gaben von Gottes Schöpfung. Denn Gottes Weisung führt zu einer Teilhabe, die Menschen das Leben in Fülle ermöglicht.

Eigentlich eine ganz einfache Geschichte, oder doch nicht? Jesus warnt, wie so oft, vor der Habgier. Denn sie versperrt den Weg zu Gott und den Mitmenschen. „Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier“.  Zur Erläuterung erzählt er die Geschichte von einem reichen Bauern. Er besaß viel Land und hatte zudem dieses Jahr das Glück, eine überdurchschnittlich reiche Ernte einfahren zu dürfen - so reich, dass seine bisherigen Vorratslager nicht ausreichten. Er will nun noch größere Scheunen bauen. In einem „Dialog“ mit sich selbst spricht er sich Mut zu, sinngemäß: „Nun habe ich ausgesorgt und kann in Ruhe leben“. Gottes Antwort: „Du Narr!“ Als Narr gilt in der Bibel ein egoistisch denkender Mensch, der seine Nächsten und damit auch Gott vergisst, genauer: der auf Kosten anderer immer mehr Reichtümer anhäuft und somit meint, mehr zu sein als der Andere

Drei zufällige Meldungen von heute (geschrieben am 21.06.18):   

  1. Zehn-Stunden-Schichten ohne Pause, ohne Wasser und Essen, schutzlos auf gespritzten Feldern - unter solchen Bedingungen müssen Arbeiterinnen weltweit für unsere Lebensmittel schuften. Vor allem deutsche Handelsketten schneiden laut einer Studie schlecht ab. Es gibt Arbeiterinnen, die auf Feldern und Plantagen das Essen für den Überfluss in unseren Supermärkten produzieren, aber selbst hungern müssen, weil ihre Löhne zum Leben nicht reichen.
  2. Die Griechenlandkrise hat Deutschland einen ordentlichen Gewinn beschert. Seit dem Jahr 2010 hat die Bundesrepublik insgesamt rund 2,9 Milliarden Euro an Zinsen erhalten – Reingewinne aus Ankäufen griechischer Staatsanleihen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor.
  3. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat Deutschland am Donnerstag wegen Verletzung von EU-Recht verurteilt, weil die Bundesregierung zu wenig gegen Nitrate im Grundwasser unternommen hat. Ein Übermaß an Nitraten, die meist aus Düngern der Landwirtschaft stammen, schadet der Umwelt und birgt Gesundheitsrisiken.

Was haben diese Meldungen mit den Gleichnissen und der Botschaft Jesu zu tun, gar mit dem, was die Bibel sein will: eine „gute, weil befreiende Nachricht“? Es sind Meldungen, die man in dieser oder ähnlichen Form täglich lesen und hören kann. Sie berichten von dem, wie „diese Welt“ funktioniert und welche Gesetze und Maßstäbe in ihr herrschen. Und so tickten die Menschen schon zur Zeit Jesu, die Welt war keine andere als die heutige und umgekehrt. Denn wenn nicht, dann wäre das Evangelium die Botschaft aus einer anderen Welt. Es ist aber eine aktuelle Botschaft für diese unsere Welt, für uns Menschen heute. Sie hilft uns, die Welt, unser Verhalten und unsere Werte zu analysieren, zu deuten und dann im Geiste Jesu zu verändern.    

Die vier Evangelien entstanden bekanntermaßen aus der Lebenswirklichkeit der neuen christlichen Glaubensgemeinschaften heraus. Sie bildeten sich eher am „Rande der Gesellschaft“ und deuteten ihre Situation im Lichte der Worte und Taten Jesu. Dies war und ist umso leichter, als Jesus selbst von den „Rändern“ kam, sich mit den „Wegwerfmenschen“ (Papst Franziskus) identifizierte und aus der Perspektive derer, die unter die Räuber gefallen sind, seine Botschaft von einer besseren Welt unter die Menschen brachte. So waren z.B. die Gefängnisse zu Jesu Zeiten überfüllt – nicht von Rebellen wider Rom, sondern von kleinen Bauern, die von Großbauern in Schuldknechtschaft gestürzt worden waren, ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten und deswegen ihr Land verloren hatten.

Wir wissen nicht, worum der reiche Bauer in unserer Geschichte so reich geworden war. Man kann es aber vermuten, andere Beispiele Jesu und die Worte der Propheten geben uns entsprechende Hinweise. In dieser Geschichte setzt Jesus einen anderen Schwerpunkt: Obwohl - oder weil? - der Bauer so reich ist, denkt er nur an sich, führt Gespräche mit sich selbst und es kommt ihm nicht im Geringsten in den Sinn, etwas von seinem Reichtum mit anderen zu teilen. Dies ist laut Bibel nicht nur eine Torheit, sondern ein solcher Mensch verfehlt sein Leben, denn er „ist vor Gott nicht reich“ (Vers 21). Er hängt sein Herz an vergängliche Dinge, er kennt gar nicht anderes und andere und macht sich und seine eigenen Bedürfnisse und Interessen zum absoluten Maßstab, zu seinem Gott. Das ist praktizierter Atheismus, mehr noch, es ist Götzendienst.

Wenn man die vorliegende Geschichte, wie alle Gleichnisse Jesu, nicht wie gewohnt individualistisch verstehen und deuten will, sondern als Erzählung über die Welt, so wie sie von Menschen gemacht worden ist, dann steht der reiche Kornbauer für ein bestimmtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Die drei genannten Beispiele bilden nur einen winzigen, aber repräsentativen Ausschnitt dieses Systems ab. Eine industrielle Landwirtschaft, hoch subventioniert von der Allgemeinheit, zerstört Lebenswelten und Artenvielfalt, vergiftet Böden, Wasser und quält Tiere. Sowohl in reichen als auch besonders in arm gemachten Gesellschaften schuften Heerscharen von Arbeitssklavinnen dafür, damit wir möglichst billig einkaufen und quasi alles haben können. Solche unmoralischen Geschäftsmodelle, die nur deswegen einen so hohen Profit abwerfen, weil meist noch nicht einmal - wenn überhaupt - Mindestlöhne bezahlt werden und Menschenrechte systematisch verletzt werden, sind die Regel und keine Ausnahmen. Und eine globale Finanzwirtschaft sorgt dafür, dass die „Finanzströme“ von den Armen in die Kassen (oder „Verstecke“) weniger Reichen fließen.

Wie der reiche Kornbauer können auch wir uns sagen: „Freu dich des Lebens, Hauptsache es geht uns gut“. Wir reden dann nur mit uns selbst und können daher den Schrei der Armen nach Gerechtigkeit und nach dem täglichen Brot nicht hören. Eine der häufigsten Fragen, die ich bei gutgläubigen Christen dann höre ist: „Was hat das alles mit meinem Glauben zu tun?“ Der Schrei der Armen nach Gerechtigkeit ist der Ruf Gottes an uns Satte (II. Lateinamerikanische Bischofskonferenz in Medellín 1968). An was glauben wir eigentlich? „Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz“ (Lk 12, 32). Solange die große Mehrheit unserer Bevölkerung - gerade auch der Christen - noch Spargel, Mangos und Bananen zu jeder Jahreszeit und möglichst billig auf dem täglich schon überreich gedeckten Tisch haben will, wird diese Spirale sich weiterdrehen können. Und die Flüchtlingsströme werden noch weiter zunehmen, weil die Lebensgrundlagen so vieler Menschen zerstört werden - von uns und unserer imperialen Lebensweise.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „Nachhaltigkeit“?

Nachdem man sich über Jahrtausende hinweg bemüht hat, wenn auch oft vergebens, die Gier und den Egoismus zu zähmen, so wird nun der nackte Egoismus gar zum Prinzip erhoben und zum Motor jeder menschlichen Entwicklung gemacht. Papst Franziskus benutzt dafür oft einen zentralen biblischen Begriff, der in unseren Ortskirchen aber kaum zu hören ist: Götzendienst! Die Geschichte des christlichen Abendlandes mit seiner weltweiten Dominanz und seinem Ideal des „american way of life“ ist an seine Grenzen gestoßen. Es ist nicht mehr tragbar, weder für die Menschen, noch für die Erde. „Der Tanz um das Goldene Kalb wird zum Totentanz für Mensch und Natur“. (Aufruf des deutschen kath. Missionsrats, 2011).

In „Laudato si“ (u.a.) weist Papst Franziskus auf die Zusammenhänge und Ursachen hin und erinnert an die ganzheitliche, biblische Perspektive: Angefangen von der Ursünde wie Gott sein zu wollen, dem Tanz um das Goldene Kalb, dem Turmbau zu Babel und der Botschaft der Propheten: Die in jedem Menschen innewohnende Versuchung, mehr sein und haben zu wollen als der andere, sich selbst und seine eigenen Interessen zum obersten Maßstab zu machen und selbstgeschaffene Götter anzubeten, führt zum Bruch der Menschen untereinander, mit der Schöpfung und mit Gott. Die satanische Versuchung, wie Gott sein zu wollen, ist in der bestehenden Weltordnung nun erstmals global installiert, sie ist „Fleisch geworden“. Strukturen, die von Menschen gezielt so eingerichtet wurden, dass einige Wenige sich hemmungslos auf Kosten anderer bereichern können, werden als nicht hinterfragbares Dogma verkündet. Die Anbetung der neuen Götter und Götzen verspricht uns alle Reichtümer dieser Welt, eine unbegrenzte Macht über Menschen und eine totale Verfügbarkeit über die Güter dieser Erde – eine gefährliche, schreckliche Versuchung!

Dieser (Aber-) Glaube jedoch führt in den Abgrund. „Erkennen wir, dass dieses System die Logik des Gewinns um jeden Preis durchgesetzt hat, ohne an die soziale Ausschließung oder die Zerstörung der Natur zu denken? Wenn es so ist, sagen wir es unerschrocken: Wir wollen eine Veränderung, eine wirkliche Veränderung, eine Veränderung der Strukturen. Dieses System ist nicht mehr hinzunehmen; die Campesinos ertragen es nicht, die Arbeiter ertragen es nicht, die Gemeinschaften ertragen es nicht, die Völker ertragen es nicht … Und ebenso wenig erträgt es »unsere Schwester, Mutter Erde«, wie der hl. Franziskus sagte“ (Papst Franziskus, Ansprache beim 2. Welttreffen der Volksbewegungen in Bolivien, 9. Juli 2015).

„Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Aufgrund seines Glaubens hielt er sich als Fremder im verheißenen Land wie in einem fremden Land auf und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten“ (Hebr. 11, 8-9, aus der 2. Lesung zum Evangelium).

Was hindert uns aber daran auszuziehen? Die Fleischtöpfe des Imperiums? Glauben wir uns schon am Ziel? Oder glauben wir vielleicht gar nicht an das, was wir vorgeben zu glauben, an die Worte der Propheten, der Stimme Gottes? Die biblischen und heutigen Propheten halten dem Volk Gottes (den Kirchen?) den Spiegel vor. Doch sie wurden und werden verstoßen, denn sie sagen: „Aber Gott hat sein Volk, das Haus Jakob, verstoßen. Denn ihr Land ist voll Silber und Gold, und ihrer Schätze ist kein Ende. Auch ist ihr Land voll Götzen; sie beten an ihrer Hände Werk. Und mit den Götzen wird's ganz aus sein. An jenem Tage wird jedermann wegwerfen seine Götzen, die er sich hatte machen lassen aus Gold und Silber, um sie anzubeten, zu den Maulwürfen und Fledermäusen.“

So spricht der Prophet Jesaja (2, 6-20) und damit ist genau das gemeint, was Papst Franziskus in heutiger Sprache ausdrückt. Der evangelische Lesungstext für diesen Sonntag ist aber Jes. 2, 1-5. So heißt es in Vers 3 und 4: „Kommt, lasst uns auf den Berg des HERRN gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ Ein Aufruf zur radikalen Umkehr, zu der man aber wohl nur aufbrechen kann, wenn man an diese Verheißungen Gottes glaubt und dafür gar bereit ist, sein Leben zu riskieren.

Die Weisung Gottes steht der Habgier zentral entgegen: der Gier nach Macht und Herrschaft über andere Menschen und Völker, der Gier nach unendlichem Besitz, der Gier, sich die Erde zu unterwerfen. Gott weist die Richtung unserer Wege, die dem Pfad der Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung folgen. Dann haben alle Menschen teil an den Gaben von Gottes Schöpfung. Denn Gottes Weisung führt zu einer Teilhabe, die Menschen das Leben in Fülle ermöglicht.

Auch das Schwerpunktthema für 2018/19 von "nachhaltig-predigen", „Teilhabe“, käme aus biblischer Perspektive dann zur rechten Geltung, wenn die „Ausgegrenzten und Verdammten dieser Erde“ in den Mittelpunkt unseres Glaubens, das bedeutet auch unserer Wirtschaft und Politik, gestellt würden. Kein Geringerer als Jesus der Messias hat das getan und es uns aufgetragen.   


Dr. theol. Willi Knecht, Diözese Rottenburg-Stuttgart (www.williknecht.de). Beitrag zu: www.nachhaltig-predigen.de, eine  Initiative der ev. Landeskirchen und kath. Bistümer


 Der Habgierige (aus "Die ZEIT", 12/2019)

Rembrandts »Gleichnis vom reichen Mann« zeigt eine nächtliche Szene zur Ermahnung. Wer steht nachts auf, um im Schein einer Kerze Geld zu betrachten?

Es gibt in der Berliner Gemäldegalerie ein Bild, das von vielen Besuchern übersehen wird. Zu sehr ziehen die größeren Werke desselben Meisters die Aufmerksamkeit auf sich. Dabei hätte dieses kleine Gemälde es wahrlich verdient. Es wird – nicht unüblich bei Werken aus der Entstehungszeit im 17. Jahrhundert – unter unterschiedlichen Namen geführt. Mal heißt es Ein alter Wucherer betrachtet eine Münze, mal schlicht Der Geldwechsler oder aber Das Gleichnis vom reichen Mann. Einig ist man sich über den Schöpfer des Bildes: Es ist der berühmte niederländische Maler Rembrandt.

Welchen Titel auch immer der Meister selbst dem Bild gegeben hat: Man blickt in einen ziemlich dunklen Raum, in dem ein älterer Mann hinter einem Tisch sitzt. Nur das Licht der Kerze, die er in einem Leuchter in der Linken hält, erhellt die Szene. Um ihn herum ein Durcheinander von Papieren und Folianten, links von ihm ein großer Geldbeutel mit Holzgriff, auf der Tischplatte direkt vor ihm liegen mehrere Münzen und eine Goldwaage. Aufmerksam betrachtet der Mann durch seinen Zwicker eine einzelne Münze, die seine rechte Hand in den Schein der Kerze hält. Wie häufig bei Rembrandt steckt die Spannung, das ganze Drama im Licht: Der Alltag, der umgebende Raum verschwinden im Dunkeln, die Darstellung fokussiert sich auf den Mann und die Münze. (Ein meisterhaftes Detail dieses Bildes, für das allein der Eintrittspreis schon lohnt, ist der Widerschein des Kerzenlichts am Rande der Finger!) Der Moment hat etwas Geheimniskrämerisches. Die ganze Szene wirkt wie eine Nacht-und-Nebel-Aktion: Doch wer sollte nachts aufstehen, um im Kerzenschein heimlich Münzen zu betrachten? Und vor allem: warum?

Die üblichste Deutung des Bildes verweist auf ein Gleichnis aus dem Lukasevangelium (12, 16–21). Dort erzählt Jesus die Geschichte eines reichen Bauern, der beschließt, größere Scheunen zu bauen, um alle Ernte-Erträge seiner Felder darin zu lagern. Er rechnet damit, auf diese Weise noch viele Jahre in Frieden und Wohlstand leben zu können. Gott aber spricht zu ihm: »Du Narr, diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wer wird kriegen, was du gespeichert hast?« Das Gleichnis endet mit dem Fazit: »So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.« Ist es das, was Rembrandt hier darstellt?

Druckgrafiken aus früherer Zeit, die dieses Gleichnis illustrieren, zeigen häufig einen Mann, umgeben von Truhen voller Münzen und Schätze, vor seinem Haus werden seine ertragreichen Ländereien sichtbar, nicht selten ist ein Knochenmann als Verkörperung des nahenden Todes bereits in der Tür zu sehen.

Mit Blick auf Rembrandts Bild könnte man daran zweifeln, dass es mit dem Gleichnis etwas zu tun hat: Nichts verweist darauf, dass der dargestellte Mann ein Bauer ist, die vielen Bücher scheinen auf Gelehrsamkeit zu deuten. Auch gibt es keinen konkreten Hinweis auf den Tod wie ein Skelett oder einen Totenkopf oder andere Vanitas-Symbole wie etwa eine Sanduhr. Und wieso sollte Rembrandt den Bauern als gut gekleideten Mann mit Halskrause darstellen, die ihn als Mitglied der gehobenen Gesellschaft auszeichnet?

Eine mögliche Antwort ist simpel: Mit seiner Interpretation des Themas hebt Rembrandt die biblische Botschaft in die Realität seiner Zeit. Er entkoppelt die Hauptperson aus der biblischen Geschichte und stellt den Reichen, der sich des Nachts an seinem Vermögen erfreut, als einen Zeitgenossen dar. Das Papier, die Rechnungsbücher, Wechsel- und Schuldscheine – sie sind als Symbole der Vergänglichkeit im 17. Jahrhundert bekannt. Die Konzentration des Lichtes auf die Münze verschärft den Eindruck, dass dieser Mann besessen ist von Geld, von vergänglichem Besitz.

Der Habgierige, der seinen Reichtum bunkert, statt ihn mit anderen zu teilen; der nachts aufsteht, um sich an seinem Wohlstand zu freuen, und doch am nächsten Morgen nichts mehr davon hat, wenn er tot umfällt, ist nicht allein ein Phänomen biblischer Zeiten, so scheint die Botschaft an die Betrachter zu sein.Unweigerlich fragt man sich: Wie könnte man das Motiv in der heutigen Zeit darstellen? Welche Figur würde die Habgier symbolisieren?