Brief von Bischof Dammert aus dem Krankenhaus in Castrop Rauxel (06. 12. 1984)
"...Ich halte es für höchst interessant und gut, welches Bild ihr den Gemeindemitgliedern von St. Georg über die Situation ihrer „Kollegen“ in San Pedro vermittelt und auch allgemein über die traurige Lage, in der sich Peru gerade wirklich befindet. Solche guten Schilderungen und Analysen der Situation liest man selbst in Peru selten...."
Liebe Amelia, lieber Willi,
ich danke euch für die wiederholten Grüße per Telefon und Brief. Ihr hattet wohl schon die Vorahnung, dass mein Besuch in Ulm unmöglich werden wird. In der Tat, mein Aufenthalt von fast sechs Wochen in dieser Stadt und im Krankenhaus, macht mir alle Besuche unmöglich. So muss ich euch, wie anderen auch, mitteilen, dass ich bestimmt nicht kommen kann, denn sonst wäre meine Rückkehr nach Peru auf unbestimmte Zeit unmöglich. Ich verließ Cajamarca am 1. September, so dass ich schon fast vier Monate abwesend bin.
Wenn ich mir alle Punkte, die ich mir für meinen Besuch in Deutschland vorgenommen hatte, erfüllen wollte, müsste ich mindestens noch einen Monat länger wegbleiben. Leider hat die Operation, außer dass sie auch ein chirurgischer Eingriff in meinen Körper war, mich stark behindert. Ende der nächsten Woche kann ich endlich hier raus und dann nach Frankfurt fahren. Von dort werde ich nach Peru fliegen. Ich hoffe, nach einer kurzen Erholungsphase das Weihnachtsfest mit meiner Schwester verbringen zu können und werde dann gleich danach nach Cajamarca reisen.
Den Brief, den ihr mir geschickt habt, werde ich Padre Vigo übergeben. In seinem Namen und in dem seiner Pfarrei danke ich euch für diese Großherzigkeit, die es ihm erlaubt, seiner pastoralen Verantwortung gerecht zu werden, die für die Gemeinde einen Neuanfang bedeutet, der bereits unerwartet viele Früchte getragen hat.
Ich lege euch die Kopie eines Interviews mit Frau Bollinger bei. Sie hat mich schon einmal 1977 interviewt. Das Interview gelang sehr gut, denn sie drückt klar aus, was ich denke. Meinen Bericht über das Treffen mit dem Papst habt ihr ja ebenfalls bekommen. Ich kann nur noch einmal wiederholen: Wir peruanischen Bischöfe fühlen uns in unserer Linie voll bestätigt und werden alles tun, um noch mehr und besser mit den Armen zusammenzuarbeiten.
Ich halte es für höchst interessant und gut, welches Bild ihr den Gemeindemitgliedern von St. Georg über die Situation ihrer „Kollegen“ in San Pedro vermittelt und auch allgemein über die traurige Lage, in der sich Peru gerade wirklich befindet. Solche guten Schilderungen und Analysen der Situation liest man selbst in Peru selten.
Seit meiner Ankunft in Cajamarca hat mir die Pfarrei San Pedro sehr am Herzen gelegen. Denn abgesehen von einer sehr großen Zahl von Gläubigen in der Stadt, ist auch ihre Ausdehnung auf das Land hinaus enorm. So versuchte ich Padre Vigo zu helfen, in dem ich z.B. regelmäßig die 6-Uhr-Messe in der noch alten Kapelle gelesen habe. Die Diözese selbst hat ein Projekt unterstützt in Chetilla, das darin bestand, die alten Sitten und Gebräuche niederzuschreiben um diese Indiogemeinschaft mit ihrer eigenen Geschichte zu konfrontieren. Denn Chetilla ist eine Enklave innerhalb der Diözese mit eigener Indiosprache. Die andere Enklave, in der ebenfalls Quetschua gesprochen wird, gehört ebenfalls zu San Pedro. Es ist Porcón.
Insgesamt stand aber San Pedro sehr allein und all die Jahre gelang es dort nicht, eine echte Landpastoral mit Katecheten usw. aufzubauen. Umso mehr findet all das meine höchste Anerkennung und Hochschätzung, was ihr zur pastoralen Arbeit in San Pedro beitragen könnt, ja in diesem Umfang erst ermöglicht. Ohne eure Partnerschaft, die ihr in Ulm initiiert habt, wäre ein solcher Neuanfang nicht möglich gewesen.
Hoffentlich wird es eines Tages noch mehr solcher Partnerschaften in Cajamarca geben! Deswegen bedauere ich auch so sehr, dass ich Ulm diesmal nicht besuchen kann. In spanisch sagen wir: der Mensch denkt und Gott lenkt - genau das geschah nun mit mir. Ich wünsche eurem Herrn Pfarrer und allen Gemeindemitgliedern von St. Georg eine heiliges Weihnachtsfest und dass der Herr die großmütigen Anstrengungen in der Zusammenarbeit mit San Pedro segnen möge!
Euch selbst eine freundschaftliche Umarmung, José Dammert Bellido, Bischof von Cajamarca
Anmerkung 2006: Bischof Dammert war im Herbst 1993 zum letzten Mal in Deutschland. Zum Abschluss (und Erholung, wie er sagte) seines vierwöchigen Aufenthaltes in Deutschland war für 6 Tage bei uns zuhause in Ulm, wo er sich „wie zuhause fühlte“ (auch wegen Amelia, mit deren Eltern er sehr befreundet war und die über Jahre seine Mitarbeiterin war).