Partnerschaft als das Sakrament der Kirche Jesu Christi (Weltkirche)

Für eine Gemeindepartnerschaft zwischen zwei christlichen (!) Gemeinden ist es eine Selbstverständlichkeit, daß Jesus als Christus mit auf dem Weg ist, daß er Ursprung und Ziel des gemeinsamen Weges ist. Herausragendes (Kenn-) Zeichen dieser Wege - Gemeinschaft ist das Brotteilen. Es verweist über die materielle Notwendigkeit und zeichenhafte Gegenwart Gottes hinaus darauf, daß das Volk Gottes immer nur als ganzes Volk auf dem Weg ist. Die Gesamtheit des Volkes Gottes konkretisiert sich zum einen in der jeweiligen Gemeinde als lebendiger und überschaubarer Teil des Volkes Gottes; vor allem aber konkretisiert sie sich in der gelebten Beziehung einer Partnerschaft mit einer Gemeinde in einem Teil der Welt, in dem der Mehrheit der Kinder Gottes ein Leben in Fülle - strukturell - verwehrt wird. Deutsche Gemeinden sind als materiell reiche Gemeinden - ob sie wollen oder nicht - in diesen Zusammenhang von Reichtum und Armut verwickelt. Im Kontext einer gelebten Partnerschaft können sie nicht nur dazu beitragen, den tödlichen Kreislauf von zunehmender Verarmung für die Mehrheit aller Menschen und zunehmender Bereicherung einer Minderheit zu durchbrechen. Sie können durch das Brot - Teilen mit den Menschen einer konkreten Gemeinde zum gemeinsamen Weg des Volkes Gottes zurückfinden (umkehren und Orientierung finden).

Die Partnerschaft zwischen zwei Gemeinden unterscheidet sich in ihren Grundstrukturen nicht von der Partnerschaft zwischen zwei Menschen. In beiden Partnerschaften sind dergegenseitige Respekt, Offenheit und Treue (besonders in schwierigen Situationen) unabdingbare Voraussetzungen für das Gelingen einer Partnerschaft. Dazu kommt das Interesse, den Partner in seiner Menschwerdung (Mündigkeit, soziale Verantwortung usw.) zu unterstützen und zu begleiten. Auf diesem gemeinsamen Weg erfährt jeder den anderen als Bereicherung und als Hilfe für die eigene Menschwerdung.

Im gemeinsamen Weg wird die Grenze des eigenen Ich überschritten und auf den Anderen hin geöffnet. Dieser Andere ist zugleich Ursprung und Ziel des gemeinsamen Weges. Da hier implizit immer von einer christlich verstandenen Partnerschaft die Rede ist, ist so verstandene und gelebte Partnerschaft sowohl Voraussetzung als auch Konsequenz des Glaubens an den einen Gott, der schon immer mit den Menschen unterwegs ist und der ihnen den Weg weist. So wie es eine Gnade ist, im Anderen (implizit immer auch der „ganz Andere“) seine eigene Bestimmung zu entdecken, so ist es auch eine Gnade, sich auf dem gemeinsamen Weg immer besser zu verstehen und das gemeinsame Ziel immer deutlicher vor Augen zu sehen. Das Gelingen einer jeden Partnerschaft ist so immer auch ein Geschenk. Eine Partnerschaft ist nicht machbar, planbar, verfügbar - wie der Partner immer auch trotz aller Nähe der ganz Andere und Fremde bleibt und bleiben muß.

Für eine Gemeindepartnerschaft zwischen zwei christlichen (!) Gemeinden ist es eine Selbstverständlichkeit, daß Jesus als Christus mit auf dem Weg ist, daß er Ursprung und Ziel des gemeinsamen Weges ist. Herausragendes (Kenn-) Zeichen dieser Wege - Gemeinschaft ist das Brotteilen. Es verweist über die materielle Notwendigkeit und zeichenhafte Gegenwart Gottes hinaus darauf, daß das Volk Gottes immer nur als ganzes Volk auf dem Weg ist.

Die Gesamtheit des Volkes Gottes konkretisiert sich zum einen in der jeweiligen Gemeinde als lebendiger und überschaubarer Teil des Volkes Gottes; vor allem aber konkretisiert sie sich in der gelebten Beziehung einer Partnerschaft mit einer Gemeinde in einem Teil der Welt, in dem der Mehrheit der Kinder Gottes ein Leben in Fülle - strukturell - verwehrt wird. Deutsche Gemeinden sind als materiell reiche Gemeinden - ob sie wollen oder nicht - in diesen Zusammenhang von Reichtum und Armut verwickelt. Im Kontext einer gelebten Partnerschaft können sie nicht nur dazu beitragen, den tödlichen Kreislauf von zunehmender Verarmung für die Mehrheit aller Menschen und zunehmender Bereicherung einer Minderheit zu durchbrechen. Sie können durch das Brot - Teilen mit den Menschen einer konkreten Gemeinde zum gemeinsamen Weg des Volkes Gottes zurückfinden (umkehren und Orientierung finden).

Eine so verstandene Partnerschaft zwischen einer reichen und einer armen Gemeinde ist das sichtbarste Zeichen dafür, daß die Spaltung innerhalb der Kirche in reiche und arme Gemeinden (was in seinem Skandal noch erheblich verschärft wird, wenn man die geschichtlichen und aktuellen Ursachen der Verelendung nicht verdrängt) überwunden werden kann und Kirche nur dann die wahrhaft katholische (universelle) und evangelische (biblische) Kirche Jesu ist, wenn das gesamte Volk Gottes auch in der Tat gemeinsam auf dem Weg ist. Gelebte Partnerschaft - gemeinsam auf dem Weg sein, Brotteilen und miteinander an dem Mahl teilnehmen dürfen, zu dem Jesus eingeladen hat, - ist so konstitutiv für Kirche, sie ist das sichtbare Zeichen einer sonst nur abstrakt gedachten (nicht wirklich erlebten) Kirche.

Sie ist das Sakrament einer universellen Kirche.

Teilnahme (Teilhabe, Anteil nehmen, mit einander Teilen) an der Partnerschaft ist Kommunion. Sie ist praktizierte Eucharistie. Als solche steht sie natürlich nicht im Gegensatz zur Feier der Eucharistie, die per se immer auch schon im Namen der gesamten Kirche gefeiert wird, sondern sie ist notwendige Ergänzung und Erweiterung, besser gesagt: Konkretisierung. In der Eucharistie feiert die Gemeinde den Aufbruch Gottes mit den Menschen (Befreiung), sie feiert die Gemeinschaft der Menschen untereinander und mit Gott und sie ist damit Zeichen dafür, daß die tödliche Spaltung der Menschheit überwunden werden kann. Sie ist Zeichen des Reiches Gottes.

In einer Partnerschaft wird dieses Zeichen konkret erfahrbar und kann nachvollziehbar in eine entsprechende Praxis umgesetzt werden. Für jede (reiche) Gemeinde ist es eine Gnade, wenn ihr von armen Menschen, die sich mit Christus auf den Weg gemacht haben, die Augen geöffnet wird. Partnerschaft bedeutet daher immer auch eine Herausforderung, sie ist nie am Ziel, sie ist keine genau beschreibbare Größe, kein Faktum, da sich in Zahlen ausdrücken lässt. Sie ist wie ein Senfkorn, das mit Gottes Hilfe zu einem großem Baum werden kann, auf dem alle Vögel des Himmels eine Heimat finden.

Schlussfolgerungen aus den Befragungen in den Partnergemeinden

Die folgenden Beobachtungen basieren aus den Auswertungen der Fragebögen an die Partnergemeinden. Es werden einige Aspekte herausgegriffen, die für die Gestaltung der Partnerschaften zu bedenken sind und für Partnergemeinden vielleicht eine Hilfe darstellen können. Die gemachten Beobachtungen beanspruchen keine Vollständigkeit und beinhalten nicht alle denkbaren Aspekte und Varianten einer Partnerschaft. Über die Auswertungen der Fragebögen hinaus fließen auch Erfahrungen peruanischer Partnergemeinden ein, die aus einer guter Kenntnis der dortigen Gemeinden stammen. Auch die konkrete Arbeit mit MEF - Ausschüssen (deren Anfänge und Begleitung) in vielen Gemeinden Süddeutschlands über fast 20 Jahre hinweg hinterlässt ihre Spuren.

In einigen Diözesen gibt es gute Erfahrungsberichte, Hinweise auf die Gestaltung von Partnerschaften etc. Hier sei besonders auf die Diözese Freiburg hingewiesen, die seit 1986 als Diözese eine Partnerschaft mit der peruanischen Kirche unterhält und in der Lage ist, allen Gemeinden, die mit einer peruanischen Gemeinde partnerschaftliche Beziehungen unterhalten, gutes Material zur Verfügung zu stellen. Das Referat Weltkirche der Diözese Freiburg hat eine Menge von ausgezeichnetem Material ausgearbeitet, in dem eine Fülle von Anregungen zur Ausgestaltung und Vertiefung der Partnerschaft, zur Gruppenarbeit (Reflexion), zu Aktivitäten in der Gemeinde, zur Öffentlichkeitsarbeit usw. enthalten sind. Sie stellt dieses Material auch Gemeinden außerhalb der Diözese zur Verfügung und ein Teil dieser Materialien kann von den hervorragend gestalteten Webseiten des Referates Weltkirche heruntergeladen werden.

Es gibt eine Menge von Merkblättern und Schriften, angefangen von grundsätzlichen Betrachtungen zur Partnerschaft über die Gestaltung von Partnerschaftsgottesdiensten bis zu Fragen des Geldtransfers. Diese Materialien werden hervorragend ergänzt durch die Arbeit des „BDKJ - Perubüro Heidelberg“, das u.a. über ein sehr umfangreiches Archiv verfügt und die Zeitschrift „Perunachrichten“ herausgibt. Deswegen wird in diesem Artikel auf bestimmte Details, wie z.B. die mögliche Gestaltung eines Peru - Gottesdienstes u.v.m. nicht eingegangen.

1. Gründe für das Scheitern einer Partnerschaft - Mindestanforderungen für das Gelingen einer Partnerschaft

An erster Stelle für das Scheitern einer Partnerschaft steht die Frage nach der Verwendung der Spenden in der Partnergemeinde und die damit zusammenhängende mangelnde Transparenz. Dieser Sachverhalt ist zumindest in der Diözese Cajamarca unabhängig vom jeweiligen Bischof, wenn auch die Akzente sehr verschieden sind. Bischof Dammert kümmerte sich bis auf die Beziehung Dortmund - Bambamarca wenig um den Verlauf einer Partnerschaft. Vor allem schritt er nicht ein, wenn verschiedene peruanische Pfarrer in seiner Diözese die Partnerschaft als einträgliche Geldquellen auch für ihre privaten Bedürfnisse ansahen. Er hat es grundsätzlich abgelehnt, peruanische Mitbrüder Deutschen gegenüber an den Pranger zu stellen.

Auch Mitarbeiter des Bischofs, die einen Einblick in die Partnerschaften hatten, verhielten sich ähnlich. Mehr noch: in einigen Fällen wurden die deutschen Gemeinden im Glauben gelassen, daß alles in Ordnung sei, selbst als erste Zweifel seitens der deutschen Gemeinden aufkamen. Dahinter stand die Auffassung, daß es nicht Aufgabe des einheimischen Bischofs sei, deutsche Gemeinden auf die besonderen Umstände in einer peruanischen Gemeinde aufmerksam zu machen, erst recht nicht, peruanische Mitarbeiter zu denunzieren.

Ohne dieses Verhalten im Detail analysieren zu wollen (und zu können), darf nicht außer acht bleiben, daß Bischof Dammert und viele seiner (auch deutschen) Mitarbeiter der Auffassung nicht ganz abgeneigt waren, daß Europäer aufgrund der Kolonialgeschichte und der aktuellen weltwirtschaftlichen Zusammenhänge zur Kasse gebeten werden dürften und daß alle Spenden nur eine sehr bescheidene Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht seien. Die Spender hätten kein Recht, Bedingungen zu stellen und sich einzumischen.

Eine solche Haltung - unabhängig von der Frage nach kollektiver Schuldzuweisung - übersieht aber, daß es hier nicht zuerst um Rechte oder Pflichten deutscher Gemeinden geht oder gar um das Austragen ideologischer Streitigkeiten, sondern es geht darum, daß aufgrund mangelnder Transparenz und Kontrolle die Armen wieder einmal außen vor bleiben. Missbrauch von Spendengeldern ist nicht zuerst Diebstahl an den Spendern, sondern ist Diebstahl an den Armen, die so doppelt beraubt werden. Zur Klarstellung: Bischof Dammert und seine Mitarbeiter waren nicht grundsätzlich der zitierten Auffassung. Aber vor allem in den 70-er Jahren wurden diese Diskussionen in Peru geführt und Bischof Dammert hatte für solche Thesen zumindest Verständnis.

An zweiter Stelle für das Scheitern einer Partnerschaft steht die mangelnde Kommunikation. Diese kann schon zu Beginn einer Beziehung verhindern, daß überhaupt eine Partnerschaft entsteht. Was die quantitative Seite der Kommunikation betrifft (Häufigkeit der Briefe), sind es ausschließlich die peruanischen Partner, die hinter den Erwartungen zurückbleiben. Auf die Frage der Berechtigung dieser Erwartungen wurde schon eingegangen. Die Gründe für die mangelnde oder gar fehlende Kommunikation sind mitunter sehr verschieden. Neben den schon erwähnten Unterschieden in der Art und Weise, wie Menschen zu kommunizieren pflegen (was auch als Ausrede benutzt werden kann), sind es vor allem folgende Gründe auf peruanischer Seite: die Kommunikation hängt ausschließlich an einer Person (meist Pfarrer); die Partnerschaft wird als bloße Geldquelle angesehen; „technische“ Probleme (z. B. haben Campesinos kein Postfach); Unbehagen der peruanischen Partner, sehr viele Fragen gestellt zu bekommen bzw. nicht eingehen auf die Fragen deutscher Gruppen.

Auch kirchenpolitische Veränderungen wirken sich auf die Kommunikation aus. Trotz der gerade weiter oben erwähnten Einschränkungen, war Bischof Dammert der Knotenpunkt im Netzwerk der Kommunikation. Er selbst schrieb (relativ) häufig, sei es in Form von Rundbriefen sei es auch an einzelne Gemeinden und Einzelpersonen in Deutschland. In der Kommunikation ging es sowohl umdie Abwicklung bestimmter Vorhaben, um allgemeine Vorkommnisse und Vorhaben in der Diözese als auch um nationale und internationale Nachrichten und Stellungnahmen zu gesellschaftlichen und kirchlichen Themen. Die Kommunikation war von Vertrauen geprägt. Durch den Bischofswechsel ist die Schaltzentrale in der Kommunikation lahmgelegt.

Von Bischof Simón gibt es zwar auch Briefe an deutsche Gemeinden (Pfarrer), aber der Inhalt ist meist von Forderungen geprägt und die Vertrauensbasis zu den Gemeinden ist gestört. Auch umgekehrt schreiben deutsche Gemeinden wenig an den Bischof und wenn sie schreiben, geht es ebenfalls um Forderungen bzw. um Begründungen, warum man am „alten“ Kurs Bischof Dammerts festhalten will. Dies wiederum fördert nicht gerade den Wunsch Bischof Simóns, mit den deutschen Gemeinden eine vertiefte Kommunikation zu beginnen. Er befürwortet aber dann eine „Partnerschaft“, wenn sie im engen Sinne soziale Projekte unterstützt und sich in „innerkirchliche“ Belange nicht einmischt bzw. wenn sie die aktuellen kirchlichen Rahmenbedingungen klaglos akzeptiert.

An weiteren äußeren Faktoren ist in erster Linie die Transparenz innerhalb der gesamten Partnergemeinde über die Verwendung der Spendengelder zu nennen. Dies beinhaltet notwendigerweise eine demokratische Mitbestimmung über die Verwendung der Gelder und die Existenz eines Partnerschaftskomitees, das gleichzeitig als Ansprechpartner für die Gruppen in der Partnergemeinde und für die deutsche Gemeinde fungiert. Als weiteres ist nicht nur die Existenz verschiedener aktiver Gruppen (was nicht selbstverständlich ist, wenn man von Festkomitees o.ä. absieht) notwendig, sondern auch deren Einbeziehung in die Kommunikation (was anfangs nicht vorausgesetzt werden kann, was aber anzustreben ist).

Es mag als Widerspruch erscheinen, daß hier die These vertreten wird, daß Partnerschaft einerseits als das Sakrament der Weltkirche gesehen wird, andererseits immer wieder von Strukturen und Geld die Rede ist. Doch genauso wie es für die anderen Sakramente genau bestimmter Voraussetzungen und Formalien bedarf, so auch im Falle der Partnerschaft. Ohne die genannten Mindestvoraussetzungen eine Partnerschaft zu propagieren, kann im schlimmsten Fall zu einem Debakel gerade für die Ärmsten führen, denen das vorenthalten wird, was ihnen zusteht. Auch in deutschen Gemeinden kann eine Partnerschaft, die deswegen gescheitert ist, weil die Mindestvoraussetzungen fehlten, zu einem Vertrauensverlust gegenüber der Kirche und zu Resignation und Rückzug führen. Wenn aber trotz allem Bemühen dennoch die Partnerschaft scheitert, so weiß man wenigstens, daß man alles versucht hat.

Während die erwähnten äußeren Faktoren eher das Gerüst darstellen(Mittel zum Zweck), bilden die inneren Faktoren das Fundament. Dabei kann es für eine sich als christlich verstehende Gruppe nur ein Einstieg in die Partnerschaft sein, wenn anfangs das Motiv vorherrscht, den Armen zu helfen. Dieses Motiv ist zwar per se christlich und hat viel mit Spiritualität zu tun, es bedarf aber einer großen Anstrengung, sich immer wieder die spirituellen, christlichen Wurzeln dieses Motivs bewusst zu machen. Das Lesen der Bibel ist dabei das Naheliegende. Entscheidend für das Gelingen einer Partnerschaft ist aber das verbindende Bewusstsein, als Gemeinde und Volk Gottes gemeinsam auf dem Weg zu sein.

Dabei geht es nicht nur um das rationale Wissen, daß z. B. die Partner ein Verständnis von Pastoral haben, das alle Dimensionen des menschlichen Lebens mit einschließt und so angesichts des Elends die Armen vorrangig zu Wort und zu ihrem Recht kommen, sondern es geht um das Vertrauen, gemeinsam als Volk Gottes, unter der Führung Gottes und seiner Propheten, den Auszug aus der Sklaverei in das Gelobte Land zu wagen. Wie schon oft erwähnt, ist es für eine christliche Partnerschaft unerlässlich, sich immer wieder über die Grundlagen des Glaubens zu verständigen, nach gemeinsamen Orientierungen und Wegen zu suchen und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Schließlich bedarf es einer gegenseitigen Bestärkung im Glauben, d.h. auch, daß man sich den Glauben sagen lässt und Glaubenserfahrungen der Partner als Bereicherung erlebt.

Da die bunte Vielfalt von Partnerschaften einen hohen Wert darstellt, ist eine Beschränkung auf die Mindestanforderungen geboten. Zudem sind diese Mindestanforderungen noch auslegbar und sind den konkreten Gegebenheiten anzupassen. Es gibt keinen einheitlichen Weg, da alle einen verschiedenen Ausgangspunkt haben. Eine Partnerschaft wird an der Verschiedenheit, einschließlich der verschieden eingeschlagenen Wege, nicht zerbrechen, wenn das gegenseitige Vertrauen überwiegt und ein Grundkonsens vorhanden ist.

Zu diesem Grundkonsens gehören neben einer zeitgemäßen Auslegung der Bibel die Anerkennung der Dokumente des II. Vatikanischen Konzils und der für die Partnergemeinden richtungsweisenden Dokumente der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen. Verglichen damit ist die jeweilige Position eines einzelnen Bischofs oder Pfarrers von nachrangiger Bedeutung, wenn sie auch in der Frage der Durchsetzung (Macht) von entscheidender Bedeutung sein kann. Notfalls muß man entscheiden, was wichtiger ist und welche Prioritäten gesetzt werden.

2. Diskussion um die Partnerschaft

Da der Bischofswechsel in der Diözese Cajamarca ein entscheidender Auslöser war, um die Befragungen in den Gemeinden in Deutschland und in Cajamarca durchzuführen, muß hier noch einmal in aller Kürze darauf eingegangen werden. Unbestritten ist, daß durch den Bischofswechsel die überwiegende Mehrzahl der Gemeinden in Deutschland und ihre Partnergemeinden in Cajamarca vor große Herausforderungen gestellt wurden.

In Cajamarca war das Echo auf die überraschend schnelle Ablösung von Bischof Dammert und die Erwartung (Hoffnung, Skepsis) in den neuen Bischof erheblich größer als man dies in Deutschland für möglich halten kann. Dies ist begründet in der außerordentlichen Machtfülle des jeweiligen Bischofs. So hat der Bischof (ob rechtlich abgesichert oder nicht) de facto immer die alleinige Verfügungsgewalt über alle kirchlichen Besitzungen (in Gemeinde, Diözese). Darauf ist deshalb besonders hinzuweisen, weil die Infrastruktur an Gemeindehäusern, Kurs- und Ausbildungszentren, Versammlungsräumen etc. in der Regel mit Hilfe von ausländischen Spendengeldern errichtet wurden und zwar stets mit dem Ziel, einen Beitrag zu einer authentischen Kirche des Volkes, einer „Kirche mit Poncho und Sombrero“, zu leisten.

Ein Bischof in Peru kann in einsamer Entscheidung die gesamte Infrastruktur einer „Kirche des Volkes“ zerschlagen, in dem er die entsprechenden Grundstücke und Gebäude räumen lässt und einem anderen Zweck zuführt. Ein weiterer Knackpunkt ist die Mitarbeit engagierter Laien. In einer Diözese wie Cajamarca gab es zur Zeit Dammerts etwa 20 hauptamtliche kirchliche Mitarbeiter. Ein Bischof in Peru hat die Macht, alle Laien von heute auf morgen zu entlassen, falls ihm diese Mitarbeiter nicht genehm sind. Es gibt keinen arbeitsrechtlichen oder sonstigen Schutz für die Laien. Noch gravierender, aber viel subtiler, ist der Einfluss der (Amts-) Kirche in einem zentralen Bereich kirchlichen und religiösen Selbstverständnisses.

Für die überwiegende Mehrheit der Gläubigen in der Diözese Cajamarca ist der Empfang bestimmter Sakramente von großer Bedeutung. Dahinter steht oft noch ein magisches Verständnis von den Sakramenten. So wird die Taufe noch vielerorts als ein Mittel angesehen, um Krankheiten von Kindern fernzuhalten und natürlich auch, um der Hölle zu entgehen. Wenn nun z.B. Campesinos, die weiterhin auf eine Versammlung von „alten“ (aber „abgesetzten“) Katecheten gehen wollen, gedroht wird, ihre Kinder nicht mehr zu taufen, dann bedeutet dies eine Fülle der Machtausübung, wie sie in Deutschland kaum noch möglich wäre. Gleiches gilt für alle Gruppen und auch für andere Sakramente wie die Eucharistie, die z. B. denen vorenthalten werden, die keine monatliche Beichte nachweisen (!) können.

Es soll an dieser Stelle keine theologische Auseinandersetzung mit dem Neukatechumenat oder dem Opus Dei geführt werden, es geht vielmehr darum, die Möglichkeiten eines Bischofs in Peru anzudeuten. Diese gehen sogar so weit, von Rom ungestraft gegen fundamentale Lehren der katholiscvhen Kirche verstoßen zu können. Er erkennt die von Katecheten gespendeten Taufen und die von ihnen assisierten Eheschließungen nicht an und beschuldigt die so sakramental vereinten Eheleute als schwere Sünder, da sie "wie Tiere zusammen lebten" (wörtliche Aussage des Bischofs).

Um so überraschender ist es - im Nachhinein betrachtet - wenn man sich auf den bevorstehenden Bischofswechsel in Cajamarca mit seinen absehbaren Folgen nicht eingestellt hat. Auf die Partnerschaften bezogen ist folgendes gemeint: ein diözesanes Netz gut funktionierender Partnerschaften mit demokratischen Strukturen, von engagierten Gruppen in Kontakt mit Gruppen anderer Gemeinden und mit deutschen Gruppen, ein finanzieller Ausgleich innerhalb der verschiedenen Gemeinden, Partnerschaftsgruppen in den Partnergemeinden mit der Verantwortung für die Partnerschaftsgelder, die Institutionalisierung demokratischer Gremien und die Ernennung von verantwortlichen Laien zu Gemeindeleitern oder die Weihe von Diakonen, hätte zwar vieles nicht verhindern können, aber es wären ganz andere Voraussetzungen geschaffen worden, damit lebendige Partnerschaften und Gemeinden weiterhin bestehen können.

Bischof Dammert hätte die „Macht“ gehabt, in allen Partnergemeinden die schon erwähnten Kriterien und Mindestanforderungen einer Partnerschaft durchzusetzen. Doch ist wenig geschehen. Dies ist um so tragischer, als alle Partnergemeinden in den Befragungen angeben, eine „Kirche mit Poncho und Sombrero“ unterstützen zu wollen, diese Kirche aber heute von der Diözesanleitung nicht mehr gewünscht wird. Bischof Simón hält eine Partnerschaft, wie sie von den deutschen Gruppen zumindest ansatzweise intendiert ist, für nicht möglich. Nach seinen eigenen Aussagen wollen Arme immer nur Geld.

Bei genauerem Hinsehen und einer Analyse der theologischen Positionen von Bischof Simón, wie sie aus seinen Ansprachen und Predigten ersichtlich wird, wird die Ablehnung einer wie oben verstandenen Partnerschaft verständlich. So kann eine Partnerschaft tatsächlich dazu führen, daß die Rolle und das Selbstbewusstsein der Laien gestärkt werden (vor allem der Frauen), daß die Option für die Armen auch zu konkreten Ergebnissen führt und daß eine Kirche im Dienste des Volkes, mit dem Volk zusammen, Ungerechtigkeiten denunziert und eine neue Gerechtigkeit verkündet. All dies widerspricht dem, was Bischof Simón unter Kirche, göttlicher Ordnung und Autorität versteht.

Der Hauptvorwurf Bischof Simóns gegenüber den deutschen Gemeinden ist der Vorwurf ungerechtfertigter Einmischung in innerperuanische und innerkirchliche Angelegenheiten. Einige deutsche Amtsträger solidarisieren sich in dieser Frage mit Bischof Simón. Diese sollten wissen mit wem bzw. gegen wen sie sich letztlich solidarisieren und warum sie dies tun. Oft wird auch von Kolonialismus gesprochen, von Dollarimperialismus, deutscher Besserwisserei etc. Den deutschen Gemeinden wird jegliches Recht abgesprochen, Stellung zu den Vorgängen in ihren Partnergemeinden und der Diözese zu nehmen.

Auch ist der Vorwurf zu hören, daß von Deutschland aus versucht wird, peruanische Kirchenpolitik zu machen. Da auf das Problem der Einmischung schon eingegangen wurde, wird hier nur noch einmal aus der Sicht der Partner in Cajamarca darauf eingegangen. In allen betroffenen Gemeinden und Gruppen in Cajamarca ist es der sehnlichste Wunsch dieser Gruppen an der Basis, daß sie nicht auch noch von den Partnern im Stich gelassen werden. Sie erfahren durch die Solidarität der Partner eine Hoffnung, die sie ermutigt weiterzumachen; sie erleben in der Solidarität und dem Brotteilen eine Gemeinschaft und eine Kirche, wie sie Jesus wollte.

Nicht zuletzt fühlen sie sich bestärkt durch die kirchlichen Dokumente der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen und durch das prophetische Zeugnis von Bischöfen wie Bischof Dammert und dem Zeugnis unzähliger Märtyrer in Lateinamerika. Sie sind es, die dieser Kirche treu bleiben wollen und sie sehen sich in dieser Treue bestärkt, wenn sie in der deutschen Partnergemeinde eine Kirche erleben, die weiterhin mit ihnen geht. Deutschen Gemeinden sollte es in der Tat nicht zuerst darum gehen, wer wo und wann Bischof wird. Es geht darum, mit den Partnern weiterhin zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zu suchen. Wenn deutsche Gemeinden dies mit ihren Partnern gemeinsam tun, dann kann man das zwar Einmischung nennen oder wie auch immer. Es hat aber nichts mit Bevormundung und Kolonialismus zu tun, sondern mit Solidarität.

Befremdlich erscheint, daß ausgerechnet Bischof Simón - stellvertretend für viele andere Bischöfe - von Kolonialismus spricht, wo er doch selbst den Glauben, die Erfahrungen, die Leiden und Hoffnungen des Volkes von Cajamarca nicht wahrnehmen kann oder will und statt dessen importierte Ideologien vornehmlich spanischer (und römischer) Herkunft den Menschen von Cajamarca aufzwingen will.

So sagte ein Katechet aus Bambamarca während des ersten Besuches von Bischof Simón 1993 in Bambamarca (nachdem dieser angekündigt hatte, daß er gekommen sei, den „Saustall“ in Bambamarca auszumisten): „500 Jahre lang haben uns die Spanier unterdrückt und endlich haben wir entdeckt, daß wir auch Menschen sind. Wenn nun wiederum ein Spanier kommt und meint, uns unterdrückenm zu können, dann werden wir das nicht mehr zulassen“. Und alle versammelten Katecheten mstimmten das Lied aus Vamos Caminando an: „No se puede sepultar la luz“ (man kann das Licht nicht „begraben“).

Die Campesinos von Bambamarca sind von den Taten Bischof Simóns nicht sehr überrascht, obwohl sie darunter am meisten leiden müssen. Da sie das Evangelium verinnerlichtmhaben, wissen sie, daß es die verachteten Campesinos von Palästina waren, die als erste die Frohe Botschaft gehört und den Weg zur Krippe gefunden haben. In Jerusalem dagegen fürchteten Herodes und die Hohen Priester um ihre Macht, weil auf dem Land ein Messias geboren wurde. Auch heute wird die Botschaft vom Lande, vom Rande her, in den Metropolen des Zentrums und dessen Statthaltern nicht gehört. Sie wird nicht nur nicht gehört, sie wird mit allen Mitteln bekämpft.

Die Instrumentalisierung historischer „Schuld“ (z.B. Kolonialismus) zur Verteidigung eigener Interessen ist zwar als solche leicht zu durchschauen, dennoch müssen sich deutsche Gruppen fragen lassen, was sie mit der Partnerschaft wirklich wollen. Es ist in der Tat so, daß die Idee der Gemeindepartnerschaft ein deutsches Konstrukt ist. Es könnte von außen betrachtet leicht den Anschein erwecken, daß für deutsche Gemeinden eine Partnerschaft die Lösung für viele Probleme darstellt. Man will schließlich helfen, hat nun in der Form von konkreten Partnern die idealen Adressaten der eigenen Hilfsbereitschaft gefunden, man glaubt effektiver zu sein als die Hilfswerke und erhält noch dankbare Briefe als Bestätigung. Die Gemeinde insgesamt kann ihre weltkirchliche Verantwortung der Partnerschaftsgruppe übertragen und kann sich dann ungestört ihren eigentlichen Aufgaben (z.B. Sakramentenpastoral) widmen.

Auch der Gedanke der ideellen Bereicherung, das Hoffen auf pastorale Impulse aus lebendigen Basisgruppen in Ländern der Dritten Welt, geht zuerst von den eigenen Bedürfnissen und Erwartungen aus und nicht von den Bedürfnissen der Partner. Da zudem an die Partner auch Forderungen gestellt werden (insbesondere wie sie den Transfer des Geldes und dessen Kontrolle organisieren sollen), ist die Frage berechtigt, ob von Deutschland aus nicht ein Modell den Partnern übergestülpt werden soll, das einseitig von den Bedürfnissen deutscher Gemeinden ausgeht. Umgekehrt gilt auch, daß peruanische Gemeinden (fast ausschließlich zuerst der Pfarrer) sich an die deutsche Kirche (z.B. die Erzdiözese Freiburg) wenden und um die Vermittlung einer Partnerschaft bitten. Natürlich sind damit auch bestimmte Erwartungen verknüpft.

Die gegenseitigen Erwartungen sind dann legitim, wenn man sich zugleich sehr ernsthaft und redlich mit den wirklichen Bedürfnissen der jeweiligen Partner auseinandersetzt. Doch wie kann man das, wenn z.B. schon die Kommunikation so schwierig ist? Die eigenen Erwartungen zu formulieren (sich auch die eigenen Beweggründe bewusst machen) und den Partnern mitzuteilen ist als erster Schritt ein Zeichen der Offenheit und Ehrlichkeit.

Auch in der Beziehung zwischen zwei Menschen sind „egoistische“ Beweggründe die Regel, sie sind sogar notwendig. Was aber, wenn der „Partner“ gar keine Beziehung will, z.B. weil er bereits schon ausreichend mit sich selbst beschäftigt ist? Nimmt man die Option für die Armen ernst (auch diese Option könnte man nach den gleichen Kriterien als Ideologie bezeichnen, die den Armen von oben übergestülpt wird), so muß für alle deutsche Gemeinden in Sachen Partnerschaft gelten, daß sie zuerst die zukünftigen Partner fragen, wie diese sich denn Partnerschaft vorstellen, welche Bedeutung Partnerschaft für sie hat und unter welchen Bedingungen sie diese überhaupt wollen.

Es gibt in der andinen Kultur lange Erfahrungen über die Zusammenarbeit und Beziehung verschiedener Comunidades (Gemeinden) und die peruanischen Partnergemeinden können davon viel mit in die Partnerschaft einbringen. Die Prioritäten, die sie aufgrund ihrer Erfahrungen und Bedürfnissen stellen, sind der Maßstab für die deutschen Gemeinden. Findet eine deutsche Gemeinde trotz langem Bemühen keinen Zugang zu dem, was die Menschen in der Partnergemeinde wirklich bewegt, sind auch der schon erwähnte Grundkonsens und eine gemeinsame Basis nicht herzustellen, dann muß man ehrlicherweise auf eine Partnerschaft verzichten. Partnerschaft setzt auch immer die Freiheit voraus, nein zu sagen zu dürfen.

Eine Partnerschaft, kann nur schwer als eine interessengeleitete Ideologie bezeichnet werden, die dem (schwächeren) Partner übergestülpt wird, wenn sie a) von den Bedürftigen ausgeht und deren Anliegen Priorität einräumt und wenn sie b) biblisch - theologisch begründet und auch entsprechend gelebt wird. (Bisher wurden immer schon, zumindest implizit, theologische Begründungen für eine Partnerschaft - wie z.B. St. Georg - eingebracht. Für eine eigens fundierte und ausgearbeitete theologische Begründung ist innerhalb dieses Artikels kein Raum. In einem zweiten Teil der Studie wird u.a. an einer theologischen Begründung von Partnerschaft gearbeitet werden).

Der Bischof von Cajamarca (der sich zuerst als „römischer“ Bischof versteht) spricht nun aber nicht nur von der Partnerschaft als übergestülpter Ideologie, sondern er spricht von der Unmöglichkeit einer Partnerschaft, so wie sie hier verstanden wird. Partnerschaft bedeutet für ihn eben primär Geld zu erhalten, vielleicht auch noch karitative Arbeit, aber keinesfalls ein gemeinsames Gehen des Volkes Gottes in der schon skizzierten Bedeutung (erst recht nicht, wenn dabei auch noch die Frage nach kirchlichen Strukturen eine Rolle spielt). Wie aus vielen Gesprächen mit deutschen Besuchern deutlich geworden ist, spricht er seinen eigenen Gläubigen ein tiefer gehendes Verständnis von Partnerschaft ab, weil diese angeblich nur Geld wollen und für biblisch - theologische Begründungen gar nicht zugänglich sind.

Diese Meinung kann man haben. Dann muß aber eine noch viel wichtigere Frage gestellt werden: wenn eine (wie oben skizzierte) Partnerschaft grundsätzlich (!) nicht möglich sein sollte, ist dann überhaupt katholische Kirche möglich? Wenn es nicht möglich sein sollte, sich über alle Kulturen (ohne diese zu vergessen) und Grenzen hinweg, sich als das eine Volk Gottes zu begreifen, wenn es nicht möglich sein sollte, mit den Ausgegrenzten das Brot zu teilen (nicht nur im karitativen Sinn) und sich als Gemeinschaft derer zu begreifen, die in der Nachfolge Jesu sich für einen neuen Himmel und eine neue Erde einsetzen, dann wäre auch katholische Kirche nicht möglich - dann wäre jede Feier der Eucharistie hierzulande und anderswo eine Gotteslästerung. Dass diese Kirche aber möglich ist und auch Realität, haben schon unzählige Menschen bewiesen und viele Menschen haben diesen ihren Glauben mit Folter und Tod bezahlt. Wer diese Art von Kirchesein leugnet (und damit das Opfer vieler Menschen) stellt sich selbst außerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen und stellt sich in die Reihe von Herodes und Pilatus.

3. Partnerschaft - Eine Option für die Armen

Spätestens seit Papst Johannes XXIII. bereits vor der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils 1962 zum ersten Mal von einem Vorrang der Armen sprach und dies die große Herausforderung für die Kirche der Zukunft nannte, ist die Option für die Armen (wenn zwar noch nicht auf dem Konzil in dem Maße wie von Johannes XXIII. erhofft, aber in der Folge davon in Medellín 1968) zu einem Thema vieler theologischen Werke und Synodenbeschlüsse geworden. Es sollen hier darüber nicht weitere Überlegungen angestellt werden, es genügt der Hinweis, daß (frei nach G. Gutiérrez) die Option für die Armen keiner weiteren theologischer Begründung bedarf, weil es die Option Gottes selbst ist.  Es wäre vielmehr an der Zeit, sich mehr der Überprüfung der Praxis zu widmen (noch besser: daran mitarbeiten) und weniger die theologische Diskussion in Hörsälen und Akademien weiterzuführen. Dazu gehört auch die akademische Frage, ob die Theologie der Befreiung „tot“ sei, weil ja der Ost - West - Konflikt nicht mehr bestehe - ein Hinweis auf das Niveau der Diskussion.

Alle befragten deutschen Gemeinden stellen in ihrem Engagement für der Partnerschaft die Sorge für die Armen in den Vordergrund. So sprechen zwar nicht alle bewusst von einer Option für die Armen, aber sie treffen gefühlsmäßig das, was mit einer Option für die Armen im Ansatz gemeint ist. In dieser Haltung treffen sie sich mit ihren Partnergemeinden, die „Sorge für die Armen“ ist in der Theorie (und manchmal in der Praxis) die gemeinsame Basis in der Partnerschaft. Es werden Partnergemeinden gewünscht, in denen die Armen gleichberechtigt oder gar bevorzugt zu Worte kommen. Die „Sorge für die Armen“ ist freilich nicht immer identisch mit der „Option für die Armen“, wie sie z.B. in Medellín verstanden wird. Es soll nun andeutungsweise versucht werden, was für deutsche Gemeinden eine Option für die Armen aus der Sicht der Armen bedeuten könnte. Es werden um der Klarheit der Unterscheidung willen die Positionen überspitzt dargestellt, wohl wissend, daß die Realität viel komplexer ist und auch innerhalb deutscher Gemeinden Gegensätze zwischen reich und arm anzutreffen sind, so wie sie zwischen den Partnergemeinden und auch innerhalb der peruanischen Partnergemeinde bestehen.

Die jeweilige Option ist zuerst von ihrem jeweiligen Kontext her zu verstehen. Die Mitglieder der deutschen Partnerschaftsgruppen gehören, wie auch die überwiegende Mehrheit in der Gemeinde, der breiten (bürgerlichen) Mittelschicht an. Die Gemeindemitglieder wie die Gemeinde als Ganzes sind mehr oder weniger gut funktionierende Bestandteile der bürgerlichen Gesellschaft. Auch die beiden vorherrschenden Konfessionen sind als Kirchen auf regionaler und nationaler Ebene eng mit Staat und Gesellschaft verflochten. Dies zeigt sich nicht nur in der Kirchensteuer (die bekanntlich um so höher ausfällt, je höhere Gewinne die Wirtschaft erzielt), sondern auch in der Zustimmung zu den herrschenden gesellschaftlichen Wertvorstellungen. Natürlich gibt es Bruchstellen, doch diese Bruchstellen gehen auch quer durch die Gemeinden. Gemeinde und Kirche sind nicht nur Stützen dieser Gesellschaft, sie sind diese Gesellschaft. Als Gemeinde und Teil dieser Gesellschaft sind sie Teil des dazugehörenden Wirtschaftssystems (oder umgekehrt) und sie haben ein existentielles Interesse an dem Erhalt und der Funktionstüchtigkeit dieses Systems, das auch ein globales System ist. Aus diesem Interesse ergibt sich auch de facto die entsprechende Option.

Die peruanischen Partnergemeinden in ihrer Strukturierung als Gemeinschaft von Basisgruppen (so möchten sie die deutschen Gruppen ja gerne verstehen und sie sind es ja auch im Idealfall) gehören hingegen nur insofern zu diesem System, als daß sie sich als vom System Ausgegrenzte erfahren. Mit anderen Worten: sie sind die Opfer eines Systems, das seit 500 Jahren so funktioniert, wie es in einer Ausstellung der Gemeinde St. Georg (als Diaserie übernommen in den Verleih der diözesanen Medienstelle in Stuttgart) aus dem Jahre 1984 heißt:

„Die bestehende Weltordnung basiert auf dem Recht des Stärkeren und der absoluten Vorherrschaft des Kapitals. Der wirtschaftliche Kreislauf wird allein von den Interessen des Zentrums (reiche Länder) bestimmt und führt zu mehr Reichtum unsererseits und automatisch zu immer mehr Elend andererseits“. In den peruanischen Partnergemeinden gehören 80 - 90 % der Menschen zu den Armen. Die Armen sind das Volk, sie sind auch das Volk Gottes. Und als Arme sind sie Opfer der von Menschen geschaffenen Verhältnissen. Diese Verhältnisse stellen sich so dar, daß die unterschiedlichen Rollen in dem gleichen System so verteilt sind, daß eine Minderheit auf Kosten der Mehrheit lebt. In den Texten der erwähnten Ausstellung heißt es: „Aus unserer Sicht sieht das so aus: Wir schaffen uns neue Absatzmärkte, sichern uns wichtige Rohstoffe, erhalten unsere Arbeitsplätze, vermehren unseren Wohlstand, verteidigen dadurch unsere bürgerlichen Freiheiten und den freien Welthandel und sind bereit, für die Erhaltung dieser Ordnung Gottes Schöpfung als Ganzes aufs Spiel zu setzen. .... Für Peru bedeutet dies (u.a.): Ein Volk, das hungert, pflanzt in den fruchtbarsten Gebieten Baumwolle, Kaffee, Bananen und Futtermittel für unsere Schweine an. Der Staat braucht Devisen für die Rückzahlung der Zinsen, für den Import von Satelliten - TV und zum Kauf von vielen Waffen, um sich vor dem eigenen Volk zu schützen. Dieses System der Unterdrückung reproduziert sich in jedem Land bis ins letzte Dorf“.

Der Kontext, in dem die überwiegende Mehrheit der Menschen in den peruanischen Partnergemeinden lebt, ist geprägt von zunehmender Gewalt und Verelendung. Diese Menschen begreifen aber immer mehr, daß zwischen der Situation in der sie leben, und dem, was sie an Überfluss und Luxus in den Medien und der Werbung sehen, ein innerer Zusammenhang besteht. Evangelisierung in den Landgemeinden und den Elendsvierteln Perus bedeutet ja gerade, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen, diese Situation im Lichte des Glaubens zu deuten und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Eine Option für die Armen aus deutscher Sicht bedeutet in diesem Zusammenhang:

  • Die Menschen in den Partnergemeinden zu hören, sie innerhalb ihres Kontextes wahrzunehmen und sich ihrem Weg anzuvertrauen, weil ihnen ja der Weg von Jesus gezeigt wird und er mit ihnen ist. Notwendige Voraussetzung dafür ist Bekehrung (kehrt machen, den eigenen Weg zumindest in Frage stellen, neue Wege suchen) bzw. Umkehr ohne Angst, etwas zu verlieren.
  • Den eigenen Kontext zu analysieren, mit den Augen der Bibel zu deuten, die Auswirkungen des wirtschaftlichen Handelns an den Pranger zu stellen und angesichts einer Verherrlichung materieller Werte (Materialismus, Götzendienst), die zum Tode führt, den biblischen Gott des Lebens zu verkünden. Mit Hilfe peruanischer Partnergemeinden kann dies eingeübt werden.
  • Eine Gemeindepartnerschaft ist ein hervorragender Ort, um die beiden scheinbar nicht miteinander vereinbaren Gegensätze (Pole innerhalb des gleichen Systems) von Reichtum und Armut zu überwinden und als Gemeinden zusammen eine Tischgemeinschaft (Kirche) zu werden.  Wobei es für deutsche Gemeinden wesentlich schwerer ist, diese Einladung anzunehmen.

Ist es für deutsche Gemeinden schon schwer genug aber möglich, die Ursachen der Verelendung in ihrer Partnergemeinden zu entdecken, so ist es noch viel schwerer, den eigenen Kontext zu analysieren. So wie in den Partnergemeinden die Menschen über Jahrhunderte hinweg von einer bestimmtem Kultur, Religion, gesellschaftlichen Konventionen und politischen Systemen geprägt wurden, so natürlich auch in Deutschland. Mag man auch an manchem Althergebrachtem nicht mehr festhalten wollen, so ist eine grundsätzliche (!) Kritik sehr selten oder erscheint nahezu als unmöglich. Jede Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen von der Wurzel her stellt letztlich auch jeden Einzelnen in Frage, der dann das Gefühl hat, man wolle ihm den Boden unter den Füßen wegziehen. Da auch die Grenzlinien zwischen Gesellschaft und Kirche kaum auszumachen sind, eine klarere Abgrenzung auch gar nicht von der Mehrheit der Gläubigen gewünscht würde, hat die (evangelische und katholische) Kirche die Kraft verloren, Alternativen aufzuzeigen oder gar Widerstand und prophetische Kritik zu üben. Eine Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Kontext wird noch erschwert durch die Auffassung, daß eine solche Arbeit bzw. Beschäftigung und Auseinandersetzung mit wirtschaftspolitischen Fragen nichts mit dem persönlichen Glauben zu tun habe bzw. nicht zum Auftrag der Kirche gehöre.

In der Partnerschaft zwischen einer reichen und armen Gemeinde erfahren aber die in der Partnerschaft Engagierten, daß Alternativen möglich sind. Wenn sie sich auf die Geschichte der Armen einlassen, entdecken sie, daß selbst jahrhundertelange Unterdrückung und gewaltsame Integration in ein materialistisches System Menschen nicht davon abhalten kann, den Aufbruch und den Auszug zu wagen. Als in den 60er Jahren in Bambamarca und anderswo Campesinos zum ersten Mal mit dem befreienden Wort Gottes konfrontiert wurden, entdeckten sie, daß Jesus selbst gelebt hat wie sie, daß er wie ihre Kinder auf dem Lehmboden im Stall zur Welt kam, daß er wie sie von den Mächtigen seiner Zeit ausgestoßen und schließlich gefoltert und gekreuzigt wurde. Sie übertragen die Bibel direkt auf ihr Leben und erfahren so, daß Gott mitten unter ihnen ist, mit ihnen lebt und leidet.

Und weil das so ist, machen sie sich nun auf den Weg und machen schon jetzt die Erfahrung von Auferstehung, denn es beginnt für sie ein neues Leben. Sie schließen sich zusammen, lesen immer wieder die Bibel, gehen in viele Kurse und entdecken von neuem solche Werte wie Solidarität, Gemeinschaft, Miteinanderteilen. Auch kirchlich gesehen nehmen sie ihr Schicksal in die eigenen Hände. Sie sind Kirche! In entstehenden Basisgemeinschaften feiern sie diesen Neubeginn. Sie sagen Dank, feiern die Gegenwart Gottes unter ihnen, teilen miteinander ihre Sorgen und ihr Brot. Diese Gemeinden sind Insel des Lebens inmitten des Todes. Sie haben erfahren, daß Jesus der Schlüssel zum Leben ist, Fundament ihres Lebens, Brot des Lebens.

Es ist für die peruanische Gemeinden leichter aufzubrechen als für deutsche Gemeinden. Partnerschaft heißt in diesem Zusammenhang auch, die eigene Ohnmacht zu erkennen und sich von den scheinbar Schwächeren an der Hand nehmen zu lassen. Es ist keine Schande, sich von den Armen die Geschichte Gottes mit den Menschen erzählen zu lassen. Sie sind es doch, denen Gott besonders nahe steht (und umgekehrt) und mit ihnen gehen heißt, die Einladung Gottes anzunehmen und den Weg Gottes zu gehen.

Für deutsche Gemeinden und Kirchen bedeutet dieser Weg, auf vieles zu verzichten. Doch bei genauerem Hinsehen (und Ausprobieren) wird man erfahren, daß es nur Ballast war, den man weggeworfen hat und nun frei ist, ohne Rücksicht auf Privilegien das Wort Gottes zu verkünden. Zur Umkehr gibt es keine Alternative. Eine Partnerschaft mit einer armen Gemeinde erleichtert den Aufbruch. Sie macht Umkehr möglich bzw. sie ist der erste Schritt zur Umkehr. Eine Partnerschaft ist eine praktische und praktikable Option für die Armen und mit den Armen. Sie ist kirchenbildend weil Einheit stiftend. Sie ist das Sakrament einer universellen (katholischen) Kirche.

Nach den in den Welt herrschenden Maßstäben stehen deutsche Gemeinden eher im Lichte, die Partnergemeinden und mit ihnen die Mehrheit der Menschheit steht in Schatten. Doch in diese Nacht hinein wurde Jesus geboren. Der Himmel öffnete sich und die Armen fanden den Weg. Der Stern über der Hütte erleuchtete die Nacht. Die Frommen in Jerusalem konnten diesen Stern nicht sehen, denn sie ergötzten sich in ihrem eigenen Licht. Deutsche Partnergruppen gleichen den Weisen aus dem Morgenland, die aus ihrer Heimat aufbrechen und - geleitet von dem Stern über der Hütte - sich auf den Weg zu Jesus machen. Ihr Weg führt zuerst über Jerusalem, doch dort weiß man von nichts. Dennoch finden sie Jesus in der Hütte. Reich beschenkt kehren sie zurück. Weil sie Jesus in der Hütte gesehen und weil sie auf die Stimme Gottes gehört haben, finden sie diesmal den Weg, ohne in Jerusalem erst um Rat zu fragen.  

Zusatz: Ökumene

Ökumene bedeutete ursprünglich nichts anderes als die eine, miteinander geschwisterlich verbundene Kirche in der ganzen Welt. Die Partnerschaft zwischen zwei Gemeinden in den so unterschiedlichen Teilen der Welt ist praktizierte Ökumene. Die Spaltung der Christenheit besteht nicht darin, ob einige Christen sich eher zu den Ängsten der Menschen im 16. Jahrhundert mit der daraus resultierenden Lehre von der eigenen Rechtfertigung bekennen, oder ob sie sich von der pompösen Machtentfaltung und Selbstinszenierung absoluter Herrscher beeindrucken lassen, sondern sie besteht darin, daß von Christen Verhältnisse geschaffen wurden und aufrechterhalten werden, innerhalb derer Christen auf Kosten anderer Christen leben.

Wenn für deutsche Theologen und Bischöfe die Ökumene - wie sie hierzulande verstanden wird - ein wichtiges Thema sein mag und ein weiterer deutscher Spitzentheologe und Bischof nun eigens nach Rom berufen wird um die so verstandene Ökumene voran zu bringen (wobei selbst dies nicht möglich sein wird, weil die römisch - kath. Kirche per definitionem nicht in einen vorbehaltlosen Dialog Gleicher mit Gleichen eintreten kann), so ist dies lediglich ein Hinweis darauf, daß die eigentlichen Probleme der Menschheit nicht erkannt werden. Während der Mehrheit der Menschen das Brot genommen wird, statt es mit ihnen zu teilen (auch innerhalb der verfassten Kirche, weil Teil des Systems), beschäftigen sich Theologen und Bischöfe mit selbst geschaffenen Problemen und bestätigen und rechtfertigen gerade dadurch die Spaltung der Menschheit und die Spaltung der Kirche. Der Bruch der von Gott gewollten menschlichen Gemeinschaft ist der eigentliche Skandal (Ur - Sünde). Eine ökumenische Bewegung in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes ist in ihrem Kern das, was Kirche ausmacht: die Gemeinschaft des Volkes Gottes, das den Ruf Gottes hört und aufbricht, das Unrecht anklagt und Gerechtigkeit verkündet, das auf dem Weg das Brot miteinander teilt und die Gegenwart Gottes feiert. Partnergemeinden können und müssen Wegbereiter (Pioniere) dieser ökumenischen Bewegung sein.