Die Kirche der Armen – Der Aufbruch der Kirche in Peru und in Deutschland
 
Es handelt sich im folgenden Text um ein kurzes Manuskript in Stichworten. Ich „grabe“ dieses Manuskript aus, weil bereits in den 80- und 90er Jahren - nach meiner Rückkehr aus Peru – die genannten Inhalte (siehe aus der Einladung) im Zentrum meines Engagements standen und stehen. Während meiner Tätigkeit als theol. Referent der Erwachsenenbildung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart war ich zu jener Zeit des Öfteren überall in Süddeutschland unterwegs, um die „Stimme derer, die keine Stimme haben“ zu Gehör zu bringen. Vor allem wegen der römischen Kampagnen gegen eine Kirche der Armen (hierzulande eher bekannt als ein Konflikt um die Theologie der Befreiung, Boff – Ratzinger, u.a.) und die folgenden skandalösen Bischofsbesetzungen in Lateinamerika, vor allem in Peru, gab es ein großes Interesse, mehr zu erfahren. Als wiss. Mitarbeiter an den theol. Fakultäten in Würzburg und Tübingen (1996 – 2004) hatte ich dann als Koordinator der Studie über die Aufbrüche der Kirche in Lateinamerika Gelegenheit, die genannten Inhalte zu vertiefen…..
 
Wochenendseminar vom 15. – 16. Februar 1991 in der kath. Pfarrgemeinde St. Magdalena, Herzogenaurach. Das Seminar beinhaltet folgende Abschnitte: 
  • Situationsbeschreibung – Hintergründe und Ursachen des Elends 
  • Auf dem Weg zu einer Kirche der Armen – Entstehen einer befreienden Glaubenspraxis (biblische Grundlagen und Option für die Armen)
  • Verschiedene Kirchenmodelle (Konflikte – Optionen – Standorte)
  • Arme Kirche im reichen Deutschland? – Von der Volkskirche zur Entscheidungskirche – Gemeinde als Gemeinschaft lebendiger Gemeinschaften
Referent ist Willi Knecht. Er kennt die Kirche Perus aus eigener Erfahrung, da er lange Zeit in der Diözese Cajamarca als pastoraler Mitarbeiter von Bischof Dammert tätig war. Heute arbeitet er in der Erwachsenenbildung der Diözese Rottenburg. 
(Aus der Ankündigung und der Einladung für das Glaubensseminar) 

Anmerkung Juli 2014: Die Kirchengemeinde St. Magdalena in Herzogenaurach unterhält seit 1982 eine Gemeindepartnerschaft mit der Kirchengemeinde Virgen del Carmen in Tembladera, Diözese Cajamarca, Peru und nahm an der bekannten Studie (Elmar Klinger, Ottmar Fuchs) über Gemeindepartnerschaften und die kirchlichen Aufbrüche in Lateinamerika in der Folge des Konzils teil. (Siehe: Geschichte der Gemeindepartnerschaft). 
 
Es handelt sich im folgenden Text um ein kurzes Manuskript in Stichworten. Ich „grabe“ dieses Manuskript aus, weil bereits in den 80- und 90er Jahren - nach meiner Rückkehr aus Peru – die genannten Inhalte (siehe aus der Einladung) im Zentrum meines Engagements standen und stehen. Während meiner Tätigkeit als theol. Referent der Erwachsenenbildung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart war ich zu jener Zeit des Öfteren überall in Süddeutschland unterwegs, um die „Stimme derer, die keine Stimme haben“ zu Gehör zu bringen.
Vor allem wegen der römischen Kampagnen gegen eine Kirche der Armen (hierzulande eher bekannt als ein Konflikt um die Theologie der Befreiung, Boff – Ratzinger, u.a.) und die folgenden skandalösen Bischofsbesetzungen in Lateinamerika, vor allem in Peru, gab es ein großes Interesse, mehr zu erfahren. Als wiss. Mitarbeiter an den theol. Fakultäten in Würzburg und Tübingen (1996 – 2004) hatte ich dann als Koordinator der Studie über die Aufbrüche der Kirche in Lateinamerika Gelegenheit, die genannten Inhalte zu vertiefen….. 

Kirche der Armen

I. Situation – Ursachen – Zusammenhänge  (Freitagnachmittag, Abend)
 
1. aktuelle Situation: 
  • Aufgezwungene Strukturanpassungsprogramme des IWF (Abbau von Schutzzöllen für die einheimische Wirtschaft; keine Kontrolle von Auslandsinvestitionen; Umwandlung einer an der Produktion von Grundnahrungsmitteln orientierten Landwirtschaft in eine durch Monokulturen gekennzeichnete, am Export orientierte Landwirtschaft; Aufhebung von Preiskontrollen und Einführung von Lohnkontrollen; drastischer Abbau staatlicher Leistungen u.a. im Gesundheitswesen; aggressive Privatisierung von Staatsbetrieben; Durchführung eines Deregulierungsprogramms, also Aufhebung staatlicher Vorschriften zum Arbeits- und Umweltschutz und zum Schutz der natürlichen Ressourcen; Zerschlagung der Gewerkschaften). 
  • Sozialer und wirtschaftlicher Zusammenbruch, Korruption, Kluft zwischen arm und reich immer tiefer.
  • Rassismus als das Grundübel der peruanischen Gesellschaft (konkrete Beispiele nennen).
  • Hohe  Kindersterblichkeit, kaum Zugang zu Bildung und med. Versorgung für die „Indios“ (Begriff erklären!), bis zu 50% Unterernährung in einigen ländlichen Regionen, Tuberkulose 
  • Dom Helder Camara und Bischof Dammert:  Gewalt Nr. 1 ist die strukturelle Gewalt ….
  • Der Terror des „Leuchtenden Pfads“ (Sendero Luminoso) und der Gegenterror der Militärs nimmt dramatisch zu, der peruanische Staat steht am Abgrund, Bürgerkrieg > eigenes Thema)
2. Ursachen
  • Koloniale Strukturen (1532 bis heute), wirtschaftlich-politisch-kulturell Abhängigkeit
  • Schuldenkrise, Ursachen:  aufgezwungene Entwicklungsprojekte und Entwicklungsideologien, Militärausgaben, Einfuhr von Luxusgütern, Kapitaltransfer ins Ausland (Kapitalflucht und Schuldentilgung) u.a. > gezielte Strategie, um Abhängigkeit zu zementieren > wer zahlt letztlich?
  • Strukturelle Vernachlässigung der einheimischen Landwirtschaft und der Landbevölkerung (60%). Verachtung der Subsistenzwirtschaft (gilt als primitiv); ausländische Interessen haben Vorrang (Export), seit der Eroberung Ausrichtung nach den Bedürfnissen der Eroberer (Europa, USA) und nicht nach den Grundbedürfnissen der Bevölkerung (Zahlenbeispiele)
  • Keine wirkliche Demokratie, Großgrundbesitz, Zentralismus, Oberschicht (12 Familien) hat unbegrenzte Macht, vom Militär und vom Ausland geschützt (Marionetten)
  • Gespaltene „Nation“, keine eigene Identität und Kultur (bzw. diese wird gewaltsam unterdrückt)
  • Dependenztheorie – im Gegensatz zur herrschenden Entwicklungstheorie im Kontext des global herrschenden Wirtschaftssystems (beherrschte Länder bestenfalls als „Zulieferer“.
3. Auswege – Hilfen?
  • Kennenlernen der Ursachen und Mechanismen, d. h. auch die eigene (!) Rolle darin entdecken
  • Unsere Entwicklungspolitik – für wen und aus welchen Interessen?
  • Frage nach der „Welt“-Kirche. Wo steht die Kirche, unser Standort als Kirche? Ist Umkehr möglich?
II. Auf dem Weg zu einer Kirche der Armen (Samstagmorgen)
 
1. Vergangenheit – koloniale Kirche 
 
- Wie peruanische und brasilianische Bischöfe dies selbst sehen und deuten, Zitate*
*2014: welche Zitate dies waren, kann ich aus dem Manuskript nicht mehr erschließen 
 
2. Einschnitt und Umkehr 
 
Medellín 1968, ausgehend vom Vat. II, Standortwechsel der Kirche; dazu ebenfalls entsprechende Aussagen aus den Dokumenten von Medellín und Puebla, sowie peruanischer und brasilianischer Bischöfe bzw. der nationalen Bischofskonferenzen Fazit: Die Kirche entdeckt das Evangelium, die  Worte und Taten Jesu Christi und das AT (Exodus, Propheten u.a.) als Fundament. 
 
3. Beispiel Bambamarca, seit 1963: „Von einem Gott der Weißen zu einem Gott mit uns“
 
4. Biblische Grundlagen
 
a) AT: 
  • Gen 1-3: Grund der Schöpfung, Frage nach Ursprung und nach Gut und Böse > die 1. Befreiungstat Gottes – Verheißung eines Lebens in Fülle 
  • Exodus: Gott der Befreiung – Glaube, Gefangenschaft und Befreiung in den peruanischen Anden (so der Titel von „Vamos caminando“) schon hier eindeutige Option für die Armen (Ausgebeutete) 
  • Propheten: Anklage (Missstände) und Verkündigung (neue Gerechtigkeit). Z.B. Amos
b) NT:
  • „Kehrt um und glaubt an die Herrschaft Gottes“, sie beginnt mit Jesus, jetzt.  Siehe LK 4 16-30: Hier sagt Jesus, was die „Kriterien“ des beginnenden Reiches Gottes sind – und daher will man ihn töten!
  • Bibelgespräch – Bibelteilen (wie in Peru, nicht wie in Afrika bzw. mit deutscher Methode)
  • Weitere Inhalte (Zeichen der Herrschaft Gottes): Überwinden von konkretem Leid – Aussätzige werden „gesund“; Sündenvergebung (Neubeginn) > Überwinden der Sünde (was ist Sünde? Sünde versklavt,  alter Mensch (Adam) – neuer Mensch;  ein neues Gesetz – alles andere sekundär (Kult, Hierarchie, Kirchenrecht etc.); die Seligpreisungen und das Brotteilen.
c) Dias aus Bambamarca – Beispiele einer befreienden Praxis („Kirche der Befreiung“)
 
Wie war es vor 1962? was ist dann geschehen und wie kam es zu den radikalen Veränderungen vom Standort auf der Seite der Mächtigen zu einem Standort inmitten der Armgemachten.
Vier Entdeckungen: Gott kam inmitten der Armen zur Welt (Hirten…) – Gott auf der Seite der Armen – wir alle sind Kinder Gottes (gerade auch die Ärmsten) – Leben in Gemeinschaft und Dasein für Arme (Pro-Existenz). Dies führte zu heftigem Widerstand der Mächtigen, zu Verfolgung und Folter (Kreuz) – aber zu einen neuem Leben in Gemeinschaft, in Würde und in Fülle (Auferstehung).
 
III. Hauptaussagen der Theologie der Befreiung  (14.00 – 18.00)
 
1. Keine Theorie, ein Prozess, eine Bewegung > Hinwenden und entdecken der Bibel als aktuelles Buch und Wort Gottes; an welchen Gott glauben wir de facto? was ist Religion – Vertröstung, Befreiung? 
 
2. Zehn Thesen  zur Theologie der Befreiung (erarbeiten, erklären…) 
 
3. Konflikte: (Kirchenmodelle – was ist Gemeinde?)
  • Wo offenbart sich Gott, wo und wie ist Gott zu entdecken, zu begegnen? – Rolle der Hierarchie – Vergleich mit den Schriftgelehrten und Tempelpriestern zur Zeit Jesu
  • Frage der Macht, innerkirchlich und wirtschaftlich > Umverteilung mit gewaltigen Konsequenzen; Rolle der römischen Kirche: welche Bischöfe werden gemaßregelt und warum – der  fatale Joh. Paul II. 
  • Volk Gottes - die Auserwählten Gottes: mit Jesus dem Christus auf dem Weg zur Befreiung
IV. Arme Kirche im reichen Deutschland  (Sonntag mit Abschlussgottesdienst, 13.00) 
 
„Arme Kirche“ doppeldeutig: arm, weil keine Kraft mehr, Gemeinden bluten aus, sie kann nicht mehr den Ruf Gottes hören, da eingesperrt im Goldenen Käfig; unglaubwürdig und ein hohler Koloss (Apparat). doch reichste Kirche der Welt, alles funktioniert, Reichtum auch aufgrund bestehender Weltordnung, auf Kosten der Armen:
  • reich aber armselig, nicht prophetisch < Verzicht auf Macht im Sinne der Welt, sonst Götzendienst
  • was bedeutet die Option für die Armen – bei uns und weltweit?
  • arme Kirche (im Sinne Jesu) als Kirche Jesu Christi, frei, um die Frohe Botschaft zu verkünden. 
Basisgemeinden:  (8 Thesen, 1980 kurz vor meiner Rückkehr nach Deutschland))
  • Gemeinsam die Theol. Begründung einer Partnerschaft (in Thesen) bearbeiten
  • Welche Erfahrungen, Anregungen einer Kirche der Befreiung wären bei uns möglich (und warum nicht?