Hola compañer@s,  liebe Freundinnen und Freunde ..... !

Im kleineren Rahmen, auch auf Diözesanebene, bekam ich einige Anfragen hinsichtlich meiner Einschätzung zu Papst Franziskus. Ich habe dann viel recherchiert etc. und den angehängten „vorläufigen Befund“ verschickt (knapp 2 Seiten, siehe Papst Franziskus). In unserem Kirchenblatt in Ulm erscheint mein Beitrag zum Misereorsonntag, hier als Anlage in leicht erweiterter Form (die Erweiterung war nicht für die Veröffentlichung bestimmt, um kein neues Thema anzureißen).

Im Januar fand das kontinentale Treffen der Fidei-Donum-Priester in Lima, Peru, statt. Thema: „Prophetische Herausforderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils“. Dazu war ich eingeladen, weil die Erfahrungen einer befreienden Pastoral in Peru im Mittelpunkt standen. Auch auf diesem Hintergrund und von jenem Treffen bestärkt, sind die folgenden Beobachtungen zu verstehen.

Hier einige Ergänzungen und Überlegungen (zu den beiden Texten im Anhang bzw. zu "Papst Franziskus" und: "Wir haben den Hunger satt!" - vorhergehende Seiten), was das für unser weiteres Vorgehen bedeuten könnte:  

  1. Deutsche Bischöfe können sich nicht mehr hinter dem deutschen Papst (oder vorher Glaubenswächter) verschanzen – vor allem im Hinblick auf die angeblich lehramtliche Klärung in Sachen Frauenordination. Hier wäre als 1. Schritt besonders darauf abzuheben, dass die beiden letzten Päpste entgegen Kirchenrecht und Konzil innerkirchliche Ordnungsregelungen (keine Dogmen) als quasi unfehlbare Wahrheiten verkündet haben. Dies muss jetzt benannt und aufgearbeitet werden.
  2. Staatliche Privilegien für Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die Menschen wg. ihres Geschlechts und Geschlechtlichkeit diskriminieren und auch sonst gegen Grundrechte verstoßen (z.B. Recht auf Familienplanung, freie Entfaltung der Persönlichkeit auch im sex. Bereich, etc.) müssen abgeschafft werden, ebenso die Zwangsabgabe selbst für Menschen, die exkommuniziert worden sind (Ausschluss aus Sakramenten). In den politischen Parteien ist hier eine zunehmende Sensibilität zu beobachten, auch im Hinblick auf die gesamteuropäische Rechtsprechung. Das ändert nichts an dem Recht, vielleicht sogar Pflicht, dass eine Glaubensgemeinschaft mit ihren Mitgliedern zusammen Regeln zur Orientierung aufstellt.
  3. Deutsche Bischöfe – diesmal im berechtigten Hinweis auf Weltkirche – in die Pflicht nehmen, weil: Option für die Armen als zentrale Aussage der Bibel und einer Kirche der Armen (auch im persönlichen Vorbild, siehe Katakombenpakt, u.a.). Dahinter können sie nicht mehr zurück. Deutsche Bischöfe sind zuerst an ihrem Lebenswandel zu messen, ihrer Praxis im Umgang mit den Menschen, an ihrer Barmherzigkeit etc. etc. Aber auch Bischöfe sind Menschen und dürfen fehlen – aber nur gemeinsam und auf Augenhöhe (Respekt) können wir uns gegenseitig Stütze sein.
  4. Grundlage einer neuen Ökumene - statt das immer gleiche ökumenische Ping-Pong: Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung, Grundfragen der Menschen heute, ausgehend von den Ängsten und Hoffnungen der Hungernden und Ausgeschlossenen aller Art – und dies nicht nur im  Sinne größerer Allianzen im gesellschaftspolitischen Bereich, sondern ausgehend vom Kern der Botschaft Jesu, spirituell und sakramental (siehe Misereortext im Anhang).
  5. Der Misereortext ist nicht zuerst als Kampagnenbeitrag zu verstehen, sondern als Hinweis auf ein anderes, ein grundlegend biblisches Eucharistieverständnis, ausgehend vom Kern der Botschaft Jesu. In diesem neuen (ursprünglichen) Eucharistieverständnis geht es nicht zuerst um die Amtsfrage, sondern um die gemeinsam gelebte und erfahrbare Praxis in Gemeinschaft – als Antwort auf die entsprechenden Herausforderungen (z.B. Zerstörung der Schöpfung, Hunger) und als Antwort auf die Botschaft Jesu vom anbrechenden Reich Gottes.
  6. Die Gemeinde selbst wird zum Brot des Lebens und so wird Gemeinde auch zum Subjekt einer Transformation der Welt: „Herrschaft von Liebe und Gerechtigkeit“ und Aufstehen gegen die Götzen des Todes, den herrschenden Götzendienst – dies meint übrigens auch Papst Franziskus mit Entweltlichung. Dieses Verständnis ermöglicht (als „Nebeneffekt“) auch erstens ein völlig neues ökumenisches Kirchesein und zweitens wird die Frage, ob Mann oder Frau einer solchen Eucharistiefeier vorstehen (bzw. ob es überhaupt „Vorsteher“ braucht), zweitrangig, aber nicht unwichtig.
  7. Eine solche Feier ist ein wahrhaft sakramentales Zeichen, wenn die Teilnehmenden sich von Jesus gerufen auf dem Weg wissen und wenn ihre alltägliche Praxis glaubhaft und authentisch ist. Bisherige „Ausschlusskriterien“ sind dagegen völlig willkürlich, sie sind fast ausschließlich – im weitesten Sinne - sexuell begründet und eigentlich dürfte nach diesen Kriterien fast niemand mehr zur Kommunion gehen bzw. zur Gemeinschaft der Jünger/innen Jesu gehören.

Ich möchte damit nur einige Gedanken in eine kreative Diskussion einbringen, die nicht nur Gedankenspiele sind, sondern die bereits zu einer bereits bestehenden, aber bei uns fast vergessenen Praxis geführt haben (z.B. "Vamos Caminando - Glaube, Gefangenschaft und Befreiung in den peruanischen Anden", Bambamarca 1976). Nun bietet sich, hoffentlich und vielleicht, eine einmalige historische Chance (nur ein kurzes Zeitfenster!?), dies vehement einzufordern und noch besser: zu tun.

Liebe Grüße, Willi Knecht