Laudato Si – ein Wendepunkt
Die nachfolgenden Texte sind (in kleiner Auswahl) Zeugnis einer Option und Praxis im Geiste der Enzyklika. Sie können - am Tag nach dem Erscheinen der Enzyklika - auch als „Auslegung“ bzw. Hermeneutik dieser Enzyklika verstanden werden. Es geht um die Andine Kosmovision, TTIP, Gott oder Gold, u.a. Die Texte weisen auch auf die Ursprünge einer befreienden Pastoral seit 1963 (Kirche der Armen, Kirche der Befreiung) hin, die bei uns nicht so wahrgenommen werden konnten und die vielleicht helfen, Papst Franziskus besser verstehen zu können.
Für mich ist diese Enzyklika nicht zuerst eine ökologische, soziale, grüne, politische oder wie auch immer Enzyklika, sondern ein Glaubenszeugnis voller jesuanischer, franziskanischer Spiritualität aus der Mitte der Botschaft Jesu heraus (so würden dies auch die Campesinos verstehen wollen - und sie verstehen diese Sprache).
Sie hat das Potential, einen Wendepunkt in der Kirchengeschichte festzuschreiben: Von einer europäischen (griech.- röm.) Kirche hin zu einer wahrhaft katholischen (allumfassenden) und evangelischen Kirche (das Evangelium als Fundament) – ausgehend von den Opfern der Geschichte und den Opfern der global herrschenden Wirtschaftsordnung.
Drittes Kapitel: Die Verkündigung des Evangeliums
Mit freudigem und liebevollem Herzen das Evangelium verkünden! Im Zentrum dieser Verkündigung steht, dass Jesus Christus der Herr ist und dass er uns durch seinen Tod und seine Auferstehung erlöst hat (110). Dies schreibt Franziskus als Einleitung für das Dritte Kapitel. Dies könnte man auch als Überschrift für seine Schreiben „Evangelii Gaudium“ verstehen.
Erstaunlicherweise stellt Franziskus nicht die Worte und Taten Jesu Christi in den Mittelpunkt. Er geht vielmehr von einer Christologie aus, die im Nachhinein von Menschen und von oben her und in zeitbedingten philosophischen Begrifflichkeiten des 4. Jahrhunderts definiert wurde. Damit steht er in Kontinuität mit seinen beiden Vorgängern im Petrusamt. Seine Worte lassen auch vermuten, dass er den Tod Jesu eher als ein von Gott gewolltes Opfer versteht und weniger als Konsequenz der Worte und Taten Jesu Christi. Eine derartig mittelalterliche Interpretation würde wenigstens die Ökumene mit den evangelisch-lutherischen Kirchen erleichtern....
Die folgende kommentierende Lektüre des programmatischen Schreibens von Papst Franziskus stellt (subjektiv) einige zentrale Aussagen vor (II,1 / III,1). Diese werden dann im Kontext bisheriger Lehrschreiben der lateinamerikanischen Kirche seit 1968 und auf dem Hintergrund einer bereits bestehenden und gelebten Praxis der Befreiung z.B. in Lateinamerika kommentiert bzw. interpretiert (eine vergleichend wissenschaftliche Analyse ist hier nicht intendiert). Franziskus bleibt zwar in seinen Vorstellungen hinter dem zurück, was in der Folge des II. Vat. Konzils in Praxis und Theorie bereits gelebt und verkündet wurde. Mit seinen zeichenhaften Handlungen, Ansprachen und Schriften knüpft er aber an das an, was über mehr als dreißig Jahre hinweg (Johannes Paul II. und Benedikt XVI.) unterdrückt worden war: eine prophetische Kirche, mit einer jesuanischen Spiritualität und ausgehend von den Menschen, die alltäglich unter die Räuber fallen. Er tut dies, indem er die Praxis von Jesus dem Messias und dessen befreiende Botschaft von der anstehenden Herrschaft Gottes, von Liebe und Gerechtigkeit, wieder in den Mittelpunkt stellt - oder doch nicht? > Kap III,1
Anbei meine Antwort (sehr vorläufig - am 1. Tag ! nach seiner Wahl) auf an mich gerichtete Anfragen zu meiner Einschätzung eines Papstes aus Lateinamerika und den Vorwürfen zur Juntanähe in den Jahren 1976 – 1983
Über Kardinal Bergoglio habe ich schon 2005 recherchiert, denn damals wurde er bereits beinahe Papst. Nun habe ich gestern den ganzen Tag vor allem spanische Texte gelesen, vorwiegend aus Argentinien selbst, darunter auch Predigten und Ansprachen des Kardinals.
und: Ergänzung im Juni zu 100 Tage Franziskus (u.a Treffen mit CLAR etc.)
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