Das Wasserprojekt von Bambamarca und die Rolle von Misereor

Im Jahre 1993 übergaben die gewählten Vertreter von 18 Comunidades aus Bambamarca Misereor die Bitte, ihnen bei einem Wasserprojekt zu helfen, das die 18 Comunidades mit Wasser versorgen soll. Das Projekt wurde dann am 1.4. 1994 begonnen. Die Leitung des Projektes hatte das DAS (vormals die Sozialabteilung der Diözese), in dem Mitarbeiter tätig waren, die von der Sozialpastoral Bischof Dammerts geprägt sind und sich einer Kirche der Campesinos verpflichtet fühlen. Misereor stellte dieses Projekt mit Recht als Musterprojekt der deutschen Öffentlichkeit vor. Auch vom Volumen her (1, 1 Millionen Dollar) war es eines der größten Projekte Misereors. Nach der vorzeitigen Beendigung des Projektes stellt sich die Situation aber folgendermaßen dar (bis Sommer 2001, weitere Entwicklung bis 2002 s.u.):

  • Die Mine Yanacocha braucht für ihre Aktivitäten, die sie immer weiter Richtung Bambamarca ausweitet, dringend die Wasserreserven auf der Hochebene, die von den Campesinos für ihr Wasserprojekt genutzt werden.
  • Die Organisation der Campesinos ist zusammen mit der Ronda die einzige Organisation in Bambamarca, die - neben der Wasserproblematik - der Mine (z.B. bei Enteignungen von Land, Vergiftung der Umwelt etc.) ernsthaften Widerstand leistet.
  • Der Bischof von Cajamarca hat ein fundamentales Interesse daran, dass diese Basisorganisationen zerstört werden. Die von ihm dafür eingesetzten Priester in Bambamarca führen im Bündnis mit den lokalen Machthabern einen Kleinkrieg gegen die Organisationen der Campesinos und der Frauengruppen auf dem Land. Zudem ist der Bischof eng mit Repräsentanten der Mine verbündet und befreundet.
  • Die ehemaligen Mitarbeiter Bischof Dammerts wurden nach und nach aus dem DAS verdrängt und im Februar 2000 wurde u.a. der Gründer des DAS offiziell aus dem DAS ausgeschlossen, worauf auch Hans Hillenbrand (der als Berater bisher unentgeltlich mitgearbeitet hatte) aus Solidarität seinen Austritt erklärte Die nun noch im DAS verbliebenen Mitglieder stehen auf der Seite des Bischofs und werden von den Campesinos nicht mehr als Vertrauenspersonen akzeptiert. Der Bischof stellte dem DAS die Bedingung, dass er nur dann noch weitere Projekte bei Misereor (u.a.) befürworten würde, wenn die „Störenfriede“ endlich ausgeschlossen würden.
  • Im Februar 2000 war der Misereorbeauftragte für Peru in Cajamarca (auch auf der Sitzung am 24. 2. bei der es zum Ausschluss kam). Er hielt sich an den „Dienstweg“, d.h. sein Ansprechpartner war der Bischof und die neue Leitung des DAS. Die ihm dennoch zu Ohr gekommenen „Meinungsverschiedenheiten“ erklärte er zu innerperuanischen Angelegenheiten, in die sich Misereor nicht einmischen darf, sondern die innerhalb der Gruppe durch Gespräche zu lösen seien.
  • Sowohl direkt von den Campesinos als auch den ausgeschlossenen Vertrauensleuten der Campesinos (die auch die Vertrauensleute der Partnergruppen sind) kamen Briefe an die Partnergruppen mit der Bitte, bei Misereor vorzusprechen um die Situation aus der Sicht der Betroffenen zu erklären.
  • Die deutschen Partnergruppen (insbesondere von Herzogenaurach, Ulm, St. Martin in Dortmund, u.a.) baten um ein Gespräch bei Misereor, das dann am 9. Juni 2000 stattfand. Das Gespräch war für die Gruppen und ihre Partner sehr wertvoll, weil Missverständnisse ausgeräumt werden konnten und sie von Misereor in ihrem Engagement zu Gunsten der Campesinos bestärkt wurden. Misereor erkannte an, dass die Partnergruppen aus ihren direkten Kontakten heraus, die Situation vor Ort besser einschätzen können und deshalb zumindest gehört werden müssen (alle Aussagen laut Protokoll - was sich danach aber leider als Makulatur herausstellen sollte).
  • Die Campesinos von Bambamarca sehen sich einer allmächtigen Allianz gegenüber. Die Aufbauarbeit von fast vierzig Jahren ist stark gefährdet, auch das von Misereor als Musterprojekt bezeichnete Wasserprojekt ist in Gefahr. Sie setzen große Hoffnungen in die Treue der Partner. In dieser Situation ist die Solidarität der Partner und kirchlicher Hilfswerke für sie „lebensnotwendig“.

Doch ein Jahr später (Sommer 2001) stellt sich heraus, dass die Hoffnungen, die nach dem Treffen der Partnergruppen mit Misereor aufkeimten, sich nicht erfüllt haben, im Gegenteil: die Zusammenarbeit der neuen Leitung des DAS mit der Mine wird immer offensichtlicher; die Fertigstellung des Projekts ist blockiert, in zwei Depots liegen noch Materialien im Wert von 107.000 Dollar; 1.600 Familien sind noch nicht an die Wasserverteilung angeschlossen; Misereor hält sich nicht nur weiter an den „Dienstweg“ (Bischof), sondern verweigert den Dialog mit den Partnergruppen und den Campesinos. Nach dem inzwischen 7. Cajamarcatreffen der Partnergruppen mit Cajamarca in Ulm am 21.- 23. 9 2001 stellt sich die Lage folgendermaßen dar:

Kurz vor dem Treffen in Ulm erschienin der Zeitschrift „imprimatur“ (5. + 6. 2001) der zweite Teil eines Artikels, den ich auf Bitte der Zeitschrift verfasst und in dem ich einige zentraleAussagen meines Artikels „Anspruch und Wirklichkeit“ im Sammelband zusammengefasst hatte - ergänzt lediglich durch folgende Passage: „Auch Misereor, ansonsten ein Lichtblick innerhalb der verfassten Kirche, ist in Gefahr, in diese Falle zu laufen (1). Eine Allianz von Bischof und Goldmine will den Campesinos von Bambamarca ein beispielhaftes Wasserprojekt, das von Misereor mit 2 Millionen DM mitfinanziert wurde, entreißen, weil die Minengesellschaft das Wasser braucht (und grundsätzlich, wie der Bischof, keine basisdemokratisch organisierten Campesinos duldet).

Der neu für Peru zuständige Sachbearbeiter besucht Cajamarca und hält sich strikt an den ‚Dienstweg’: er sieht nur im Bischof und der neuen Leitung der mit der Ausführung des Projekt beauftragten NGO (ehemals die Sozialabteilung der Diözese) gleichwertige Gesprächspartner - und nicht die Betroffenen, die dies zumindest so wahrnehmen und so auch ihren Partnern in Deutschland berichten. Diese Leitung hat zusammen mit dem Bischof ehemalige Mitarbeiter Dammerts, die das Vertrauen der Campesinos genießen, vor die Tür gesetzt und wie die Campesinos in einem Brief vom 10. Mai 2001 an Misereor schreiben, inzwischen alle Pläne und Unterlagen des Projekts an die Mine übergeben. Misereor besteht (u.a. in einem Brief des Geschäftführers vom 5. 4. 2000 an St. Georg, Ulm) darauf, sich nicht in interne innerperuanische Angelegenheiten einmischen zu dürfen - ‚im Sinne der Eigenständigkeit der peruanischen Partner’.“

Auf diesem Treffen stand die u.a. die Thematik der Goldmine auf dem Programm und daher war eigens der zuständige Sachbearbeiter von Misereor für Peru eingeladen worden, der diese Einladung auch annahm. Inzwischen war aber bei Misereor mein Artikel und damit mein Hinweis auf Misereor bekannt geworden. Der Sachbearbeiter kündigte eine Gegendarstellung in der Zeitschrift an, mit dem Hinweis, dass zwei Pfarrer aufgrund des Artikels bei Misereor angerufen hatten, um ihre Verärgerung über Misereor auszudrücken.

Auf dem Treffen kam es zu einer guten Aussprache und zu der überraschenden Zusage des Vertreters von Misereor, vorerst die Materialien des kleineren Depots im Wert von 27.000 Dollar den Campesinos zu übergeben, was alle Gruppen begrüßten. In Absprache mit Vertretern der Partnergruppen schrieb ich gleich nach dem Treffen einen Brief an den Sachbearbeiter (am 26. 09.).

Es ging darum, im Interesse von Misereor - falls man überhaupt noch auf eine „Gegendarstellung“ Wert legen sollte - eine gemeinsame Erklärung in der Zeitschrift zu veröffentlichen, die sowohl die Interessen von Misereor als auch die Interessen der Campesinos berücksichtigen sollte. Dies schien auch deshalb möglich, weil es auf dem Ulmer Treffen (so schien es) zur Klärung einiger Missverständnisse gekommen war.

Wichtig ist der Hinweis, dass die Campesinos und die Mitarbeiter des damaligen DAS das beispielhafte Wasserprojekt auch als ein pastorales - pädagogisches Projekt verstanden haben und sie nicht verstehen konnten, dass sie im Stich gelassen wurden (aus ihrer Sicht, vgl. auch die Rolle der Ronda und das in Bambamarca tief verwurzelte Verständnis von einer integralen Pastoralarbeit und einem damit verbundenen Verständnis von Demokratie und einem neuen Selbstbewusstsein als Kirche).

Am 28. 09. erhielt ich aber von der Zeitschrift „imprimatur“ die Nachricht, dass eine Richtigstellung von Prof. Dr. Sayer, dem Hauptgeschäftsführer von Misereor, mit der Bitte um Veröffentlichung eingegangen war. Über die internen Vorgänge innerhalb von Misereor zu spekulieren, wäre müßig. Festzuhalten bleibt, dass weder ich selbst noch irgendwelche Partnergruppen von Misereor über diesen Schritt informiert wurden. Wir erhielten auch niemals eine Antwort auf den gemeinsam abgesprochenen Brief an Misereor vom 26. 09., wo es ja gerade darum ging, auf der Basis einer gemeinsamen Plattform den Campesinos am besten beistehen zu können.

Schlimmer erscheint aber, dass Prof. Dr. Sayer als Hauptgeschäftsführer von Misereor die bisherigen Standpunkte von Misereor verschärft, noch mehr als bisher falschen Informationen (d.h. einseitige Informationen des Bischofs und der neuen Leitung) allein Glauben schenkt und damit den Campesinos und auch Misereor selbst einen schlechten Dienst erweist. In der Ausgabe 7. 2001 von „imprimatur“ ist der Text von Prof. Dr. Sayer vollständig abgedruckt.

Gleichzeitig bat mich die Zeitschrift mit folgenden Worten, ebenfalls eine Stellungnahme zu schreiben: „Im nächsten imprimatur-Heft drucken wir die Stellungnahme (nicht ‚Richtigstellung’) von Misereor (Dr. Sayer) ab, ungekürzt. Zugleich geben wir Ihnen Gelegenheit, noch einmal dazu Stellung zu nehmen. Mir gefällt sehr gut, wie Sie Misereor dabei aus der Schusslinie nehmen und dennoch auf Ihren Kritikpunkten beharren.“

Josef Sayer, der Hauptgeschäftsführer von Misereor, besteht auf folgenden Punkten:

  • Das für das beauftragte DAS, früher dem Bistum unterstellt, ist eine „völlig unabhängige Nichtregierungsorganisation mit eigener Rechtspersönlichkeit“.
  • Die neue Leitung des DAS ging aus einer internen Wahl hervor, die alte Leitung wurde demokratisch abgewählt. Diese Wahlentscheidung ist unabhängig vom Bischof erfolgt, da es sich um eine unabhängige NRO handelt.
  • Vertragspartner ist jeweils die Organisation, unabhängig von der jeweiligen Leitung oder von Einzelpersonen. „Die Nichteinmischung von Misereor bezieht sich auf interne Zuständigkeiten von peruanischen Partnerorganisationen“.
  • Der zuständige Sachbearbeiter hat mit allen Seiten gesprochen und „hat sich ein umfassendes Bild verschafft“. Eine Kontinuität in der Arbeit mit den Zielgruppen ist gewährleistet.
  • „Für die Behauptung, dass Bischof und Minengesellschaft den Campesinos das Wasserprojekt entreißen wollen, haben wir keine Belege“. Der Bischof kann zudem rechtlich über das Projekt überhaupt nicht verfügen.
  • Die neue Leitung hat der Minengesellschaft die Pläne des Projektes übergeben, „mit der guten Absicht, die Minengesellschaft über die Lage und den Verlauf der Wasserleitungen zu informieren, damit diese Anlagen als unantastbare Trinkwasserreserve geschützt werden“.

Wiederum in Absprache mit anderen Partnergruppen schrieb ich eine Antwort auf diese Stellungnahme, die in der Zeitschrift unter dem Überschrift: „Der Autor Willi Knecht verdeutlicht seine Stellungnahme, die sich nicht gegen Misereor richtet“, veröffentlich wurde: „..... Nach kurzer Information tauchte die Frage auf, wie es dazu kam, dass nicht alle Comunidades wie geplant erschlossen wurden und warum noch Materialien im Wert von etwa 100.000 Dollar ungenutzt in zwei Depots liegen. Dies hat etwas mit der kirchlichen Situation in der Diözese Cajamarca zu tun. ...

Nach dem Bischofswechsel bekamen die ‚alten’  Mitarbeiter, die das Vertrauen der Campesinos und der Partnergruppen besaßen, immer größere Steine in den Weg gelegt. Neue Mitarbeiter mit anderen Prioritäten und protegiert vom neuen Bischof gewannen in der NGO die Oberhand. Um nicht alle Einzelheiten zu beschreiben, ein Beispiel: der ‚alten’ Leitung wurde von Bischof Simón der Vorwurf gemacht, sie würden sich in innerkirchliche Angelegenheiten einmischen, weil sie vor der gemeinsamen Arbeit mit den Campesinos wie üblich ein Gebet sprechen würden. Dazu wären sie aber nicht befugt (‚Amtsanmaßung). Doch nun zu den folgenden Punkten:

1. Unabhängigkeit der NGO: Das genannte „neue“ DAS mit neuer Leitung ist sicher formal völlig unabhängig. Es bekommt Aufträge von „lokalen Großunternehmen“. Ich selbst übergab Misereor im Sommer 1993 die Projektunterlagen mit der Unterschrift von Bischof Simón.
2. Zur demokratischen Abwahl: Die alte Leitung hatte das Vertrauen von Bischof Dammert und - im Gegensatz zur neuen Leitung - das Vertrauen der Campesinos. Sie war aber inzwischen zahlenmäßig in die Minderheit gedrängt worden. Wie mir Mitglieder des neuen DAS sagten (am 31.1.2001), hätten sie mit der verbliebenen „Altlast“ kaum noch Projekte erhalten.
3. Die zweckmäßige Verwendung der bewilligten Mittel ist in Gefahr. Das Projekt kann nicht abgeschlossen werden. Die Campesinos können nicht verstehen, warum sie (aus ihrer Sicht) im Stich gelassen werden. Das Gespräch mit der neuen Leitung des DAS ist blockiert, ebenso mit Misereor, weil die Campesinos Misereor nun auf der anderen Seite sehen.
4. Die neuen Mitarbeiter arbeiteten und sprechen nicht mit den Campesinos. Eine Kontinuität in der Arbeit mit den Zielgruppen von Misereor ist (u.a. daher) nicht mehr gegeben.
5. Nichteinmischung: durch dieses formale Prinzip sind die Partnergruppen (Campesinos) den Manipulationen mächtiger Interessengruppen ohnmächtig ausgeliefert. Dadurch könnte die von uns gar nicht bestrittene gute Absicht Misereors in das Gegenteil verkehrt werden“ (2).

Aus deutscher Sicht mag vieles, was Misereor tut oder nicht tut, seine „Ordnung und Rechtmäßigkeit“ haben. Auch die Vorgehensweise von Prof. Dr. Sayer kann man als typisch bezeichnen oder auch nicht und von deutscher Sicht aus mag vieles als ein Streit um Details erscheinen (vielleicht weil es hier niemanden existenziell betrifft, da eine entsprechende Spiritualität in Behörden und Amtsstuben wohl nicht zu erwarten ist und sie nur den Betrieb stören würde). Aus der Sicht der Campesinos - und das zeigt sich in vielen Briefen, die sie nach Deutschland schreiben - stellt sich die Situation aber anders dar. Sie fühlen sich nun auch noch von den kirchlichen deutschen Organisationen verraten, auf die sie bis dahin große Hoffnungen gesetzt hatten.

Sie hatten in Misereor vor allem deswegen große Hoffnungen gesetzt, weil Misereor mit ihnen anfangs sehr gut zusammengearbeitet hat, weil Misereor trotz des Bischofwechsels 1993 weiterhin klare Prioritäten zu Gunsten der Campesinos gesetzt hatte und weil sie Mitarbeiter von Misereor persönlich kennen gelernt haben, in die sie Vertrauen haben fassen konnten. Nun stellen die Campesinos fest, dass Misereor ausschließlich mit den offiziellen Vertretern des neuen DAS zusammen arbeiten wollen, die - so die Campesinos - für „30 Silberlinge“ die Pläne an die Mine verkauft haben.

Aus der Abhängigkeit von Aufträgen der Mine machen selbst die Mitarbeiter des neuen DAS keinen Hehl. Ausgerechnet in einer Situation, in der sie sich immer mehr von mächtigen Interessen an die Wand gedrückt fühlen, müssen die Campesinos erfahren, dass sie nur wenige Freunde haben. Diese Erfahrung bringen sie in direkten Bezug zu den Erfahrungen Jesu. Gerade deswegen haben sie trotz allem die Hoffnung nicht verloren.

Die Reaktion von Misereor (und in einem anderen Zusammenhang von Adveniat) ist dagegen offensichtlich zuallererst von Angst geprägt und davon, zuerst im Interesse der Erhaltung der eigenen Institution zu handeln, während man sich gleichzeitig in der Argumentation hinter das scheinbar fortschrittliche Prinzip der Nichteinmischung und hinter rein formale Rechtsstandpunkte verschanzt. Dies wirft zumindest die Frage nach den Strukturen auf, die es offensichtlich möglich machen, dass Campesinos sich „verraten und verkauft“ fühlen, obwohl oder gerade weil diese Strukturen „ordnungsgemäß“ funktionieren. Und innerhalb dieser Strukturen fühlen sich die verantwortlichen Akteure in ihren Entscheidungen stets gerechtfertigt, weil sie ja stets im Sinne dieser Strukturen handeln.

Gerade in einer solchen Situation können Partnergemeinden helfen (nicht notwendigerweise, genauso wenig die Strukturen notwendigerweise immer blind sein müssen), die blinden Flecken in einer Struktur deutlich zu machen. Dies kann aber nicht geschehen, wenn der Dialog (der ja per se immer ein Dialog unter Gleichberechtigten sein muss) abgelehnt wird und kritische Anfragen aus der genauen Kenntnis der Situation heraus, je nach Belieben entweder als persönlicher Angriff oder als Angriff auf die Institution gedeutet und entsprechend aggressiv reagiert wird (3).

Neueste Nachrichten aus Bambamarca (mein Besuch vom 23. 2. - 7. 4. 2002)

Während meines letzten Besuches in Cajamarca und Bambamarca nutzte ich noch einmal die Gelegenheit, um mit allen Beteiligten (außer dem Bischof, aber mit Mitgliedern des DAS) über das Wasserprojekt zu sprechen. Die gewählten Vertreter der Campesinos übergaben mir alle schriftlichen Unterlagen und standen für Nachfragen zur Verfügung. Die umfangreichen Video- und Audiodokumentationen von den Projekten des DAS wurden mir ebenfalls überlassen (Kopien). Ich konnte noch einmal das gesamte Projekt besichtigen - von den Wasserquellen bis nach Bambamarca. Ergänzend erhielt ich wertvolle und zum Teil noch vertrauliche Unterlagen der Umweltgruppen von Cajamarca über die Aktivitäten der Mine (einige dieser Dokumente können noch nicht veröffentlicht werden).

Die Verantwortlichen aller der am Wasserprojekt beteiligten 17 Comunidades waren vom verantwortlichen Komitee der Campesinos über mein Kommen benachrichtigt und eingeladen worden. Die folgenden Ausführungen sind von daher zu verstehen, auch wenn nur ein Bruchteil davon an dieser Stelle zur Sprache kommen kann. Zuerst noch einmal ein Rückblick.

Misereor - DAS:  Rückblick

Der für Peru verantwortliche Sachbearbeiter von Misereor, Juan Josi, kam am 11. Februar 1999 zum ersten Mal nach Cajamarca. Damals war er noch Verantwortlicher für Mittelamerika. Im Gespräch mit dem DAS stellte er sich als zukünftiger Verantwortlicher für Peru vor. Am Nachmittag, nach einem ersten freundlichen Gespräch mit dem DAS, besuchte er Bischof Simón. Nach dem Gespräch mit dem Bischof kehrte Josi wie verwandelt zurück, die Atmosphäre war eisig. Bereits an diesem Tag hatte, wie sich später herausstellte, der Bischof dem Vertreter von Misereor gesagt, dass eine weitere Zusammenarbeit mit Misereor nur dann weiterhin möglich sei, wenn die „drei Hauptverschwörer“ (so der Bischof) aus dem DAS ausgeschieden sind. Er bezog sich selbstverständlich auf die bis dahin maßgebenden Leute des DAS, darunter Dr. Marcial Blanco, dem Gründer des DAS und langjährigem Vertrauten von Bischof Dammert und auf Hans Hillenbrand, dem ehrenamtlichen Berater des DAS (4).

In der Praxis zeigte sich bald, dass es der Bischof ernst meinte. Etwa zu gleicher Zeit hatte das DAS auch ein Projekt in San Ignacio angefangen (im Norden des Departements Cajamarca). Zusammen mit Ordensschwestern war alles vorbereitet. Doch im Februar 1999 sagten die Ordensschwestern den Mitarbeitern des DAS, dass das Projekt nicht begonnen werden könnte. So lange noch die „drei Hauptverschwörer“ im DAS mitarbeiten würden, würde der Bischof auch die Unterschrift verweigern. Einige noch schwankende Mitglieder des DAS konnten bald „überzeugt“ werden, dass auch sie einem Ausschluss der drei Mitarbeiter zustimmen müssten, ansonsten würden sie ihre Arbeitsplätze verlieren. Dann wurde die Abstimmung vorbereitet und entsprechend organisiert (5)

Die Abstimmung am 24. Februar 2000 brachte das vom Bischof gewünschte Ergebnis. Bei dieser Abstimmung war Herr Josi anwesend. Er erklärte deutlich, dass es im Interesse des DAS und einer weiteren Zusammenarbeit mit Misereor und dem Bischof unbedingt notwendig sei, die drei Störenfriede zu entlassen. Er war das ausführende Organ, hinter dem sich dann die anderen verschanzen konnten (hier in Deutschland wird die Rolle umgedreht).

Hans Hillenbrand konnte nicht im arbeitsrechtlichen Sinn entlassen werden, da er keinen offiziellen Vertrag mit dem DAS hatte. Dennoch wurde er ausgeschlossen und ihm das Betreten der Räume des DAS verboten. Danach trat Hans Hillenbrand aus Solidarität von seinem Ehrenamt auch offiziell als Berater des DAS zurück. Er schrieb unmittelbar nach der entscheidenden Sitzung des DAS am 24. Februar und dann noch einmal am 22. März 2000 einen Brief an Misereor, um seine Sorge für die weiteres Entwicklung des DAS und des Wasserprojektes mitzuteilen. Aus dem Brief vom 24. Februar: „Auf der Asamblea des DAS am 24. 2. 2000 wurden ausgeschlossen: ... . Dies war eine Bedingung des Bischofs. Es tut mir sehr weh, dass das oben erwähnte ‚Visto bueno’ des Bischofs als Instrument klerikaler Macht benutzt wurde“ (6). 

In einem Fax vom 28. März 2000 antwortete ihm Juan Josi: „Als neuer Koordinator von Misereor für Peru nehme ich zur Kenntnis, dass Sie keinerlei Verantwortung für das DAS tragen und noch nicht einmal Mitglied des DAS sind. Über den Inhalt Ihres Briefes möchte ich keine Meinung abgeben. Ich bin davon überzeugt, dass die Mitarbeiter des DAS selbst Mittel und Wege finden werden, um ihre internen Differenzen beizulegen“. Die Logik von Misereor: Hans Hillenbrand wurde ausgeschlossen, danach hat er auch kein Recht mehr, zum Thema DAS etwas zu sagen. Wenn er es dennoch tut, wird ihm das übel genommen.

Bereits vor dem Rauswurf erwies sich die Zusammenarbeit von Josi mit Marcial Blanco (er wird mit seiner Einwilligung stellvertretend für die „alte“ Mannschaft des DAS genannt, die im Sinne der Sozialpastoral Dammerts mit den Campesinos eng zusammenarbeitete) als sehr schwierig, besser gesagt: Marcial Blanco wurde marginalisiert und Josi erkannte nur den neuen Schützling des Bischofs und Leiter des DAS, Godofredo Àvila Monzón, als Vertretung des DAS an. Am 5. 12. 1999 hatten sich die gewählten Vertreter der Campesinos bereits voller Vertrauen an Prof. Dr. Sayer gewandt und ihm geschrieben, dass Godofredo Àvila und seine neuen Mitarbeiter keine Kurse mehr auf dem Land durchführen und den Kontakt zu den Campesinos haben abbrechen lassen.

Viele Einladungen der Campesinos an die neue Leitung des DAS blieben unbeantwortet. Im gleichen Brief schreiben die Campesinos, dass Marcial Blanco und „seine Leute“ stets die Campesinos respektiert und sich immer für sie eingesetzt haben. „Sie haben uns immer begleitet, uns beraten und waren von uns nicht zu unterscheiden“ („se confundieron con nosostros“, die höchste Form der Solidarität).

Sie erhielten keine Antwort auf den Brief. Vielmehr nahm Josi diesen Brief zum Anlass, den Campesinos bei einem Treffen mit ihnen eine Drohung auszusprechen: wenn sie weiterhin „hinter dem Rücken“ der neuen Leitung und hinter seinem Rücken an den Hauptgeschäftsführer von Misereor schreiben würden, würden alle Kontakte mit ihnen abgebrochen werden.

Auf jenem Treffen mit Josi - so berichten übereinstimmend die Campesinos - hat der Repräsentant von Misereor einen Monolog gehalten, sie nur angeschrieen (für Campesinos eine schlimme Form von mangelndem Respekt) und zudem bedroht. Ein Dialog war nicht möglich. Inzwischen war es am 9. Juni 2000 zu einem Treffen verschiedener Partnergruppen mit Misereor gekommen. Verschiedene kirchliche Partnergruppen (u.a. aus den Pfarreien Herzogenaurach, Ulm, Herzogenrath, Dortmund, Castrop-Rauxel) hatten in Briefen an Misereor wegen der Vorkommnisse in Cajamarca protestiert und um ein Gespräch mit Misereor gebeten.

Von Misereor nahmen an dem Gespräch teil: Prof. Dr. Josef Sayer, Dr. Bernhard Bornhorst als Abteilungsleiter für Lateinamerika und Juan Josi. Von den Gruppen waren 12 Vertreter nach Aachen gekommen, darunter drei Pfarrer (ich selbst musste wegen Krankheit absagen). Auch Hans Hillenbrand nahm daran teil, er befand sich damals aus privaten Gründen in Deutschland. Aus dem Protokoll: „Zu Beginn des Gesprächs erklärt Prof. Dr. Sayer ausdrücklich, dass die pastorale Linie Dammerts beibehalten und die Campesinos weiterhin auf ihrem Weg begleitet werden sollen.

Er macht deutlich, dass Misereor die Aufgabe hat, Entwicklung zu fördern, sich aber nicht in Pastoral einmischen darf“. In diesen zwei Sätzen zeigt sich das ganze Dilemma von Misereor: Sayer macht sich (freilich nur mit Worthülsen) dafür stark, die Linie Dammerts fortzusetzen, anderseits sagt er aber, dass Misereor sich nicht in Pastoral einmischen darf (7).  Bereits vor dem Treffen hatte Sayer in gleichlautenden Briefen den Partnergemeinden geantwortet, dass Misereor die Differenzen innerhalb des DAS auch von diesem selbst geklärt werden müssten - „im Sinne der Eigenständigkeit der peruanischen Partner“.

Die scheinbar neutrale Position von Prof. Dr. Sayer und Abteilungsleiter Dr. Bornhorst erweist sich de facto als uneingeschränkte Solidarität mit dem Bischof von Cajamarca (und der Mine) und als Entscheidung gegen die Campesinos, den eigentlichen Projektpartnern und auch gegen die Grundlagen von Misereor selbst und gegen die Spender. Dies wird in Cajamarca je von ihrem spezifischen Blickwinkel her sowohl vom Bischof, der Leitung des DAS als auch von den Campesinos ebenfalls so wahrgenommen.

Nach dem Treffen waren die Vertreter der Partnergruppen übrigens sehr zufrieden, sie waren von der „offenen und vertrauensvollen Aussprache angetan“ und glaubten, dass Misereor sich weiterhin engagiert für die Campesinos einsetzen wird. Die herzliche Umarmung zwischen Hans Hillenbrand und Josef Sayer und dessen anschließende private Einladung zum Essen schien dies auch zu dokumentieren (beide kannten sich gut aus der gemeinsamen Zeit in Peru).

Die Gruppen waren aber schlecht vorbereitet in das Treffen gegangen, sie waren schlecht informiert und konnten daher um so leichter von Misereor „überzeugt“ werden. Hinzu kommt, dass sie tatsächlich den Worten von Prof. Dr. Sayer geglaubt hatten und von dessen Engagement zu Gunsten der Campesinos überzeugt waren („er kennt ja die Probleme in Peru und hat in einem Armenviertel gearbeitet“).

Durch den „Dialog“ der Partnergruppen im Juni 2000 ist Misereor (Sayer, Josi) wohl bestärkt worden, genau so verfahren zu können, wie es in der Folge geschehen ist: von den Partnergruppen ist keine Gefahr - oder gar Öffentlichkeit - zu erwarten! Auf die grundsätzliche Frage, wie ein Bischöfliches Hilfswerk, das auch im Bewusstsein der Spender selbstverständlich im „Dienst der Verkündigung“ steht gleichzeitig meinen kann, keine pastorale Verantwortung zu haben (wenn man Verantwortung hat, muss man sich auch einmischen), andererseits von dem Wohlwollen der Bischöfe hier und dort abhängig ist, kann hier nicht ausführlich eingegangen werden. Festzuhalten ist, dass Misereor sich dieser Frage nicht stellt. Diese Spender werden diese Frage aber zunehmend stellen!

Am 4. April 2001 übergab die neue Leitung des DAS sämtliche Unterlagen und Pläne des Wasserprojektes an die Verantwortlichen der Mine, selbstverständlich ohne die verantwortlichen Campesinos vorher zu informieren. „Hiermit übergeben wir Ihnen die angeforderten Pläne. Darin werden die Lage der Wasserquellen.... etc. beschrieben“ (8)

In einem Brief (u.a.) an die Umweltbehörde beschweren sich die Campesinos und klagen an: „Wir halten es für unverantwortlich, dass die Unterlagen des Wasserprojekts der Mine übergeben wurden. Dies wird beklagenswerte Konsequenzen für unsere 17 Comunidades haben. Besonders verwerflich ist, dass dies hinter unserem Rücken geschah, obwohl wir doch die Verantwortung für das Projekt haben. Wir machen die Leitung des DAS für alle Konsequenzen verantwortlich. Es kann nicht sein, dass das DAS die Türen für eine noch schlimmere Verseuchung des Wassers und der Umwelt öffnet, während Tausende von Campesinos sich gegen die Aggressionen der Mine täglich zur Wehr setzen müssen“.

Trotz der Drohung von Josi schrieben die Campesinos am 10. Mai 2001 direkt (d.h. ohne den Umweg über die Leitung des DAS) wieder an Misereor, um Misereor von der Übergabe der Unterlagen an die Mine zu informieren. Der Brief war diesmal an Dr. Bornhorst gerichtet, den damaligen Leiter der Abteilung Lateinamerika bei Misereor. Dr. Bornhorst hatte in den Jahren 1994 - 1997 das Vertrauen der Campesinos gewonnen und er hatte ihnen öffentlich versprochen, „stets ihr Anwalt zu sein“ (Videoaufnahme 1994). In dem ausführlichen Brief (hier in Auszügen) werden nahezu noch einmal alle Punkte zusammengefasst, die bis dahin den Campesinos auf dem Herzen brannten.

In neun Abschnitten erklären die Campesinos ihre Situation und bitten weiterhin um Hilfe. Der Brief trägt Unterschriften (mit Daumenabdruck) der Verantwortlichen aller 17 Comunidades und der gewählten Leitung des Wasserprojekts, Walter Sánchez (Präsident) und César Cubas (Sekretär).

  1. Seit der ersten Visite des Herrn Josi um Kontakt zum DAS und zu den kirchlichen Autoritäten aufzunehmen, ist die weitere Entwicklung unseres Projektes ernsthaft gestört.
  2. In dem Treffen zwischen der Leitung des DAS, Herrn Josi und dem Wasserkomitee, waren wir nur Hörer, das Wort hatten die Herren des DAS und Herr Josi. Zwei Tage vor dem Treffen erschien der Direktor des DAS, Herr Godofredo Àvila, verlangte Garantien für den Besuch von Herrn Josi und forderte, dass wir Herrn Josi nicht alles berichten, denn wenn wir alles sagen würden, würde dies Misereor schaden. Dies wiesen wir zurück, weil das nicht sein darf und weil wir Vertrauen zu Misereor haben. Angesichts der Umstände kamen wir überein, das Treffen in Cajamarca zu veranstalten (9).
  3. Das Wasserkomitee hat den Leiter des DAS persönlich eingeladen, um in den Comunidades persönlich über den weiteren Verlauf des Projekts zu berichten. Aber er nannte seine Gründe nicht zu kommen, u.a. weil es für solche Besuche keinen Etat gibt.
  4. Gemäß dem Projektvertrag hat das DAS die rechtliche Verantwortung für die Materialien. Aber wie wir schon vorher erklärt haben, hat uns DAS seit Januar 1999 verlassen - wie wir dies u.a. auch in einem Brief an Dr. Sayer (5. 12. 1999) geschrieben hatten.
  5. Wir haben es gewagt, die Kommunikation mit Misereor auf direktem Weg zu suchen, weil der Weg über das DAS voller Zweifel ist und wir kein Vertrauen haben.
  6. Am 2. Mai dieses Monats haben wir alle Comunidades zusammengerufen und wir haben beschlossen, Misereor den Schrei von 1.200 Familien nach Wasser zu übermitteln, die noch kein Wasser haben. Misereor möge die Güte und die Barmherzigkeit haben, uns das Material zu überlassen, damit das Projekt vollendet werden kann und alle 2.600 Familien Wasser haben können. Wie könnten die 1.400 Familien mit Wasser je zufrieden sein, wenn sie gleichzeitig sehen müssen, wie 1.200 FamilienDurst leiden?
  7. Bisher hat Misereor so viel Geld in das Projekt gesteckt, wie kann man dann ein solches Projekt seinem Schicksal überlassen. Mir müssten Scham empfinden, wenn wir noch so viel geleisteter Arbeit und Anstrengung das Werk nicht vollenden könnten. Deswegen bitten wir Misereor auch um Hilfe bei der Ausbildung, um das Projekt zu stärken und nachhaltig in unseren Comunidades zu verankern. Wir wollen, dass Sie uns die Hand reichen, um danach allein gehen zu können.
  8. Uns hat überrascht, dass das DAS Cajamarca die Pläne des Projekts, das für uns bestimmt ist, der Minengesellschaft Buenaventura S.A. übergeben hat. Wir sehen darin ein einseitiges Manöver mit böser Absicht. Das DAS müsste sehr genau wissen, dass die Mine unser sozialer Gegner ist. Sie wollte unsere Anführer bestechen, sie hat immer wieder großen Druck auf die Comunidades ausgeübt und sie wollten uns mit Waffengewalt zum Schweigen bringen. Doch wir hielten stand und unsere Führer haben saubere Hände. DAS hingegen übergab die Dokumente der Mine wie eine Kriegstrophäe. Die Mine hat damit eine große Schlacht gewonnen, denn das DAS öffnete damit den Gaunern Tür und Tor. Die Mine sagt, dass sie die Pläne braucht, um die Wasserquellen zu schützen. Aber in der Geschichte von Bambamarca haben sich die Minenbetreiber niemals um die Armen gekümmert, stattdessen haben sie uns die Verseuchung und den Tod unserer Flüsse und Quellen als Erbe hinterlassen.
  9. Deswegen haben wir jegliches Vertrauen in Herr Godofredo Àvila verloren. Wir erklären ihn hiermit zur „persona non grata“ in unserer Zone.
  10. Señores Misereor, wir Campesinos denken immer an Sie wegen all der Hilfe, die Sie uns gegeben haben. Viele arme Leute sind wegen dieser Hilfe in kurzer Zeit wieder gesund geworden. Unser Dank gilt allen Mitarbeitern einer christlichen Organisation wie Misereor. Vergessen Sie uns bitte nicht! Wir werden weiterhin das Leben mit der Wahrheit und der Gerechtigkeit verteidigen.

Aktueller Stand (April 2002 - zusammengefasst in Stichpunkten)

Die Gefährdung der Bevölkerung von Bambamarca durch die Aktivitäten der Mine nimmt immer bedrohlichere Ausmaße an. Die Stadt Bambamarca bezieht 70% des Trinkwassers aus einem Fluss, in dessen Quellbereich die Mine immer mehr Land umgräbt, fünf Kilometer von der Quelle ist nur noch eine gelbe Brühe zu sehen. Dem Gesundheitsministerium liegen Daten vor, die eine erhebliche Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung nachweisen. Bambamarca hat landesweit die meisten Krebsfälle pro Kopf der Bevölkerung, besonders häufig ist Magenkrebs. Das Wasser für das Projekt von Misereor stammt aus dem gleichen Gebiet. Die 15 Wasserquellen, aus der das gesamte Wasser für das Wasserprojekt stammt, sind unmittelbar gefährdet. Von oben her (von den Bergspitzen) rückt die Bedrohung durch die Mine Tantahuatay (sie gehört zu Yanacocha S.A., Besitzer ist Roque Benavides) sichtbar immer näher.

Die Comunidad Pilancones, eine der 17 Comunidades des Projekts, hat inzwischen kein Wasser mehr, denn durch Erdarbeiten versickert das Wasser woanders und kommt nicht mehr aus der ursprünglichen Quelle (kann aber dann von der Mine woanders und neu für den eigenen Bedarf gewonnen werden). Die Campesinos haben beobachtet, wie die Minenarbeiter das Wasser umleiten, weil sie es für den Goldabbau dringend brauchen. Es waren Ingenieure dieser Mine, die vom DAS alle Pläne des Projekt erhalten hatten. Nach dem jetzigen Stand des Vordringens der Mine ist es eine Frage der Zeit, bis alle 15 Quellen „ausgetrocknet“ sind (bzw. das Wasser entweder woanders versickert oder gezielt umgeleitet wird); dann wird das Wasserprojekt am Ende sein.

Das Gesundheitsministerium hat das Projekt bereits wegen mangelnder Perspektiven abgeschrieben und sucht nach Alternativen für das Trinkwasser von Bambamarca (für die Stadt, nicht für die Campesinos). Dort kann man sich das Verhalten von DAS und Misereor nicht erklären. Von der Regierung hingegen ist kein Verständnis zu erwarten, im Gegenteil: Präsident Toledo verteidigt die Arbeit der Mine, denn die Erträge aus den Minen bringen 58% der Staatseinkünfte, eine Ausweitung der Minentätigkeit wird gefordert und gefördert, sie liegt im staatlichen Interesse.  Nicht zuletzt liegt sie auch im Interesse des IWF, der Weltbank und der internationalen Gläubiger (siehe Auslandsverschuldung).

Ein Vertreter der Comunidad Pilancones machte sich auf den Weg (fünf Stunden zu Fuß, einfache Wegstrecke) um mir mit seinen eigenen Worten die Situation zu schildern (10).  Vertreter anderer Comunidades berichteten, dass sie in den letzten Wochen von Bewachern der Mine mit Waffengewalt gehindert wurden, sich den Quellen zu nähern, um nach dem rechten zu sehen. Ihnen wurde der Zutritt verweigert mit der Begründung, dies sei Privatbesitz. Die Eigentumsverhältnisse (bzw. an anderen Stellen die Zugangsrechte) sind „eigentlich“ eindeutig geregelt, aber die Mine hat die Waffen.

Zusätzlich kauft die Mine Tantahuatay verstärkt Land um die Quellen herum, oder sie erkennen einfach die Besitztitel der Campesinos nicht an. Die Mine hat die geologischen Untersuchungen für den Abbau abgeschlossen und die Konzession zum Abbau ist bereits erteilt. Bald wird mit dem Abbau begonnen werden. Die Campesinos: „Die Übergabe der Pläne an diese Mine bedeutet für uns ein Schlag ins Gesicht bzw. sie ist wie ein Messerstich in den Rücken. Misereor wurde darüber informiert, doch haben wir nie eine Antwort von Misereor erhalten. Sie halten uns einer Antwort für unwürdig oder sie glauben uns nicht“.

Viele Familien in einzelnen Comunidades sind auch deswegen ohne Wasser, weil die Mine drohte: wer sich an den kommunalen Arbeiten beteiligt, bekommt nie einen Arbeitsplatz bei der Mine (manchen ist dann die Arbeit und der Lohn wichtiger als Wasser). Bereits zu Beginn des Projektes wurden die Campesinos mit Waffengewalt daran zu hindern gesucht, beim Kanalbau mitzuarbeiten. Die Minenarbeiter wurden von der Mine mit Waffen ausgerüstet, sie sollten die Arbeiten am Projekt verhindern. Auch verantwortliche Campesinos wurden immer wieder bedroht und aufgefordert, für die Mine zu arbeiten statt für das Projekt. Es wurde ihnen eine hohe Bezahlung versprochen, für die (kommunalen) Arbeiten im Projekt wurden sie nicht bezahlt. Trotzdem erlagen nur einzelne Campesinos der Versuchung.

Seit dem 8. Januar 2002 ist eine neues verantwortliches Komitee der Campesinos im Amt. Im Vorfeld gab es heftige Versuche, aus der Sicht der Mine und des DAS, die „richtigen“ Leute an die Macht zu bringen (auch mit falschen Versprechungen, z.B.: bei entsprechendem Ausgang der Wahl werden auch die restlichen 1.200 Familien noch zu Wasser kommen, die Materialien in den Depots werden freigegeben etc.). Das ist nur zum geringeren Teil gelungen. Das neue Komitee ist zwar unerfahren, doch kann es nicht ohne die Verantwortlichen der einzelnen Comunidades agieren. Die Aufgabe für das neue Komitee ist nicht einfacher geworden.

Es gibt bereits Streit zwischen einzelnen Familien und Comunidades. Einige haben nämlich hart gearbeitet und haben kein Wasser, andere haben Wasser. In anderen Comunidades haben einige Familien kein Wasser mehr, obwohl sie vorher an das Wassersystem angeschlossen waren. Dringende Reparaturen können nicht durchgeführt werden, weil einfache Ersatzteile fehlen, die aber in den Depots herumliegen.

In einer gemeinsamen Sitzung (anlässlich meines Besuches) des alten und des neuen Komitees, verstärkt durch Repräsentanten von einzelnen Comunidades, kam es u.a. zu folgenden wörtlichen Aussagen: „Es ist völlig unverständlich, dass Materialien unnütz herumliegen, während 1.200 Familien kein Wasser haben und es zu immer mehr Ausfällen wegen fehlender Reparaturmöglichkeiten kommt (z.B. haben 42 Familien in der Comunidad „Cumbe Lírico“ seit 15 Monaten kein Wasser mehr). Die Mechanik geht kaputt, auch wegen fehlender Ausbildung und Einweisung, es gibt keine Kurse mehr, keine Ansprechpartner - alles wegen dem Wechsel im DAS! Denn das neue DAS macht nichts mehr und hat auch nie Kurse etc. machen wollen, sie haben die Campesinos nie als Partner behandelt, immer nur verachtet. Misereor aber solidarisiert sich mit Betrügern und Rassisten“!

Immer wieder wurde Unverständnis geäußert: „Wie kann man ein so großes Projekt anfangen und dann nicht fertig stellen, sogar bewusst verkommen lassen, wo gleichzeitig soviel Bedürfnis nicht nur nach Wasser, sondern auch nach Kursen, Begleitung etc. da ist? Misereor müsste öffentlich sein Projekt verteidigen, sonst haben wir bisher für nichts gearbeitet, Misereor müsste das Vorgehen der Mine öffentlich denunzieren und eine internationale Öffentlichkeit herstellen“ (11).  Alle bitten dringend um weitere Begleitung und Ausbildung.

Ein weiteres dringendes Bedürfnis: Es gibt keine offizielle Projektübergabe (DAS an Komitee); weder die alte noch die neue Leitung haben auch nur irgendein gültiges Schriftstück in ihrem Besitz. Ohne diese Papiere wird das Projekt und das Komitee nicht als Gesprächspartner bei lokalen Behörden anerkannt. Ohne Übergabe keine Rechtstitel! Daher sind auch keine Verhandlungen, Gesuche, Gespräche etc. mit dem Gesundheitsministerium, mit der Mine, staatlichen Stellen etc. möglich. Auch ist es nur mit diesen Papieren möglich, eine NRO z. B. um Mithilfe zu bitten. Doch Misereor besteht darauf, dass das Projekt abgeschlossen ist und einwandfrei übergeben wurde. Die Campesinos aber haben nichts in ihrer Hand.

Josi behauptet, das Projekt wurde offiziell übergeben, er selbst sei anwesend gewesen, als Godofredo Àvila den Campesinos einige Papiere übergab (ohne zu sehen oder sehen zu wollen, welche Papiere, denn sie waren wertlos und enthielten lediglich einige alte Pläne). Auch das neue Komitee will dringend die Freigabe des Materials in den beiden Depots. Dies sei dringend notwendig, sonst wäre das gesamtes Projekt „im Eimer“ (nicht nur wegen der fehlenden Vollendung, sondern auch wegen wichtiger Ersatzteile, die bereits fehlen).

In dem genannten Abschlusstreffen einigte man sich darauf, doch noch einmal einen Brief an Misereor zu schreiben (mit Kopie an mich und an Hans Meister). Darin sollten folgende Forderungen (Bitten) bzw. Fragen an Misereor gestellt werden:

  • Misereor muss beide Depots im Wert von insgesamt 100.000 Dollar freigeben. Das Material ist für dieses Projekt bestimmt und dringend erforderlich, um nicht das gesamte Projekt zu gefährden. Das Depot in Cajamarca darf nicht dem DAS überlassen werden (Zweckentfremdung!). Entgegen den Versprechungen von Misereor (zuletzt in einem Brief von Dr. Bornhorst vom 13. 6.2001) wird noch nicht einmal das kleinere Depot in Bambamarca, Wert 27.000 Dollar, freigegeben (die Campesinos respektieren dies, sie könnten ja auch einfach die Materialien aus dem Depot holen, die sie brauchen) (12).
  • Warum erhalten wir Campesinos keine Antwort von Misereor, vielleicht weil wir „nur“ Campesinos sind? (13).  Briefe über das DAS an Misereor kommen nie an, Briefe direkt an Misereor werden nicht beantwortet oder sie werden uns als „Subversion“ ausgelegt. Also was tun?
  • Das neue Komitee muss unbedingt die offizielle Projektübergabe bekommen (Papiere etc.), denn sonst sind keine weiteren Schritte möglich (siehe oben) (14)
  • Wir brauchen Weiterbildung und Begleitung - auch als Motivation und Zeichen, dass nicht alles am Ende ist, denn Resignation und die Stimmung, dass alles umsonst war, macht sich breit. Das Projekt wurde als ein pädagogisch-pastorales Projekt begonnen. Die Mitarbeit an diesem Projekt ist für uns ein Einsatz für eine gerechtere Welt und sie hat ihr Fundament und ihren Ursprung in unserem Glauben.

Auf dem Hintergrund der tatsächlichen Verhältnisse erhalten das Verhalten von Misereor im allgemeinen und die öffentliche Erklärung des Prof. Dr. Sayer in „imprimatur“ und an die Partnergruppen erst ihre angemessene Deutung und Bedeutung.

Glauben denn die „Hohen Priester des Imperiums“ wirklich, die „Indios dieser Welt“ definitiv zum Schweigen bringen zu können? Und auf welcher Seite steht die deutsche Kirche?


Anmerkungen

(1) Zusammenhang: es ging um die Frage, auf welchem Wege die Hilfswerke informiert werden (von wem über was und mit welchem Interesse), wer die Gesprächspartner der Hilfswerke sind etc. Dabei wurde ausführlich auf das Beispiel von Adveniat verwiesen, das u.a. wie am Beispiel des Priesterseminars deutlich wird, einseitig und ausschließlich die Argumentation des Bischofs übernimmt und der Sachbearbeiter von Adveniat während seines Besuches in Cajamarca nur mit dem Bischof und dessen Partnern zusammen kommt.

(2) Es gäbe noch eine Unmenge von Details nachzuschieben, die deutlich machen würden, wie sehr die Einschätzung von Misereor an den Bedürfnissen der Campesinos vorbei geht. Wichtig erscheinen aber in diesem Zusammenhang vor allem zwei Punkte:

a) Misereor übernimmt nahezu wörtlich die Argumentation des Bischofs und der neuen Leitung des DAS und lässt sich dabei auch nicht von den realen Verhältnissen vor Ort beirren, erstrecht finden sich darin keine Argumente oder gar Sichtweisen der Campesinos;

b) Ein abschließendes Detail als Beispiel für die Problematik der Kommunikation: der zuständige Sachbearbeiter besuchte zu Beginn dieses Jahres erneut Cajamarca. Nach seinen Angaben kam es deshalb zu keinem Treffen mit den Campesinos in Bambamarca, weil man ihn in Cajamarca vor der Reise nach Bambamarca gewarnt hatte. Es wurde ihm gesagt, man könne nicht seine persönliche Sicherheit garantieren (mit anderen Worten: die Campesinos würden ihn lynchen wollen). Der Sachbearbeiter mag dies auch geglaubt haben. Das Beispiel zeigt aber, zu welch absurden Situationen es kommt, wenn man nicht einschätzen kann oder will, mit wem man es - de facto - zu tun hat.

(3) In diesem Zusammenhang ist auch das Verhalten von Misereor im Bezug zum Erscheinen des Sammelbandes zu hinterfragen. Seit Beginn der Studie hatte Misereor zugesichert, dass sie zwischen 250 - 1.000 Exemplare in ihren Vertrieb übernehmen würden. Doch buchstäblich in letzter Minute wurde dieses Versprechen mit der Begründung finanzieller Engpässe im Vertrieb zurückgezogen. Die Finanzierung bzw. die Veröffentlichung des Sammelbandes war dadurch in letzter Minute gefährdet worden (es mussten danach sehr schnell 7.000 DM als Druckkostenvorschuss aufgebracht werden). Bei Nachfragen in der Vertriebsstelle war nicht von finanziellen Engpässen die Rede, sondern davon, dass die Entscheidung für die Nichtabnahme nach langer Prüfung an anderer Stelle getroffen wurde.

Die Herausgeber des Sammelbandes sind sich darin einig, dass diese Entscheidung nicht sachlich begründet ist, sondern nur auf dem Hintergrund der engen Beziehung von Prof. Dr. Sayer mit dem Referat Weltkirche der Erzdiözese Freiburg und dessen Leiter zu verstehen ist. Prälat Sauer hat seit Beginn der Studie versucht, diese mit allen Mitteln zu hintertreiben und jegliche Finanzierung zu verhindern (entsprechende Telefonanrufe an verschieden Ordinariate etc. sind bezeugt).

Die negative (bzw. aggressive) Einstellung von Prälat Sauer wiederum hat ihren Ursprung in dem Bericht „Karfreitag in Cajamarca“ aus dem Jahr 1993 (in: www.cajamarca.de). Damals hatte ich bereits in aller Vorsicht auf die sich anbahnenden Veränderungen in der Diözese Cajamarca hingewiesen. Prälat Sauer beriet sich daraufhin mit Prof. Dr. Sayer (damals „theologischer Berater“ der Diözesanpartnerschaft und Peruexperte), der seinerseits jegliche Vermutungen über die zukünftige Linie von Bischof Simón als üble Verdächtigungen bezeichnete, zumal er (Sayer) bisher nur sehr gute Erfahrungen mit Simón gemacht hatte, der als Bischof von Chachapoyas sich sehr für die Partnerschaften eingesetzt und auch sonst gute Arbeit gemacht hätte. Beide warfen mir vor (als Warnung an die Gemeinden in einem Rundschreiben an die Freiburger Partnergemeinden!), die Partnerschaft zerstören zu wollen. Es liegt der Verdacht nahe, dass der Hauptgeschäftsführer von Misereor die Institution Misereor benutzt, um persönliche „Dinge“ abzuarbeiten und dass er dabei in Kauf nimmt, den mit Recht guten Ruf von Misereor zu beschädigen.

(4) Im Januar 1999 gab Marcial Blanco turnusmäßig die Leitung des DAS ab. Die Leitung des DAS wird alle zwei Jahre im Rotationsverfahren weitergegeben. Als neuer Leiter war Godofredo Àvila an der Reihe. Unabhängig von der jeweiligen Leitung war bis dahin sowohl nach innen als auch nach außen bekannt, dass M. Blanco zusammen mit Hans Hillenbrand praktisch das DAS repräsentieren. Diese beiden Personen waren auch stets die Ansprechpartner für deutsche Partnergruppen.

(5) Ich konnte mit diesen Leuten sprechen und sie erklärten mir ihre Gründe. Ihre Existenz (auch mit Familie) hing von dieser Arbeit ab. Es geht hier nicht um moralische Kriterien oder gar Verurteilungen. Denn würde man „moralische“ Kriterien im deutschen Kontext anwenden, von wem könnte man dann sagen, er wäre nicht von diesem System „bestochen“ (sei es in Staat, Wirtschaft oder Kirche - im Maßstab globaler Gerechtigkeit)?

(6) Persönlich fügt er noch hinzu, das die neue Leitung des DAS inzwischen 12.000 Dollar nachweislich unterschlagen hat (Spende aus Dortmund). Hans Hillenbrand hat darauf aus eigenen Mittel die „fehlenden“ 12.000 Dollar vorgestreckt, um ein kleineres Projekt fertig stellen zu können und in der Hoffnung, dass ihm danach das Geld vom DAS zurückerstattet werden würde (Bankunterlagen etc. liegen vor), was aber nicht geschah. Zum „Visto bueno“: Das Visto bueno des Bischofs ist notwendig, damit Misereor ein Projekt genehmigen kann - so die Bestimmungen von Misereor. Ohne die Einwilligung des Ortsbischof kann Misereor kein Projekt unterstützen - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen.

(7) Die Argumentation von Sayer lässt entweder auf pure Heuchelei oder ein erbärmliches Verständnis von Pastoral schließen (ist im Blick auf eine weitere Karriere aber durchaus logisch. Als Nachfolger für Erzbischof Mendoza als Erzbischof von Cusco wird in Lima der Name von Josef Sayer stets an erster Stelle genannt; zur Geschichte und Rolle des Erzbischofs Mendoza - und seiner Beziehung zu Deutschland - mehr im 2. Teil der Studie). Schon im Vorfeld kam es diesbezüglich zu einem bezeichnenden Briefwechsel zwischen Hans Hillenbrand und Misereor. Bischof Simón hatte sich bei einem Besuch in Aachen bei Misereor beschwert, dass ihm einige Mitarbeiter des DAS das Leben schwer machen würden. Daraufhin schrieb Misereor an das DAS mit der Auforderung, sich doch mit den Bischof auf eine gute Zusammenarbeit zu verständigen.

Hans Hillenbrand antwortete im Auftrag des DAS und legte dar, dass sie dies zwar immer versuchen würden, dies aber auf seine Grenzen stoßen würde - und er legte einige Gründe dar (unterschiedliches Verständnis von Pastoral etc.). Misereor antwortete daraufhin in scharfer Form und warf dem DAS vor, sich in pastorale Angelegenheiten des Bischofs einmischen zu wollen, während Misereor selbst nur entwicklungspolitisch tätig ist und sich nicht interne Angelegenheiten der Kirche einmischt. Auch hier scheint - wenn auch auf anderer Ebene - das alte Muster durch, wie es im Hinblick auf die Einmischung in Politik angewendet wird.

(8) Auch die Anforderung durch die Mine liegt vor. Aus dem Briefwechsel ist zu schließen, dass die Übergabe auf vorhergehenden Vereinbarungen beruht. Nach außen hin wird begründet, dass die Übergabe an die Mine geschah, um die Mine zu informieren, in welchen Gebieten sie nicht tätig werden darf - also zum Schutz der Campesinos. Diese Version wird dann später auch von Prof. Dr. Sayer übernommen. Bereits vorher wurden Ingenieure der Mine identifiziert, als sie in einigen Comunidades erschienen, sich als Vertreter von Greenpeace u.a. ausgaben und sich alle Arbeiten des Projektes zeigen lassen wollten. Als die Campesinos daraufhin immer wachsamer wurden, wandte sich die Mine dann „der Einfachheit halber“ direkt an die Leitung des DAS. Eine Bezahlung (Preis) für die Übergabe der Pläne ist nicht dokumentiert.

(9) Es handelt sich um das Treffen vom 24. Oktober 2000. Die Leitung des DAS hatte Josi informiert, dass er besser nicht nach Bambamarca reisen sollte, denn für seine Sicherheit könnte nicht garantiert werden (so die Version von Josi). Die Campesinos haben eine andere Version: niemals würde ein Vertreter der Organisation bedroht werden, der sie so viel zu verdanken hätten. Josi wollte vielmehr nicht nach Bambamarca fahren, weil er sich nicht traute, vor einer großen Versammlung von den Campesinos die Wahrheit (und die Meinung) sich sagen zu lassen und Angst, seinerseits sein Verhalten rechtfertigen zu müssen. Es reisten nur wenige Vertreter der Campesinos nach Cajamarca, sie mussten zudem die Reise und Unterkunft selbst finanzieren. Während des Treffens wurde noch nicht einmal ein Glas Wasser angeboten - und Josi hatte sein „Heimspiel“.

(10) Hans Meister, Herzogenaurach, hat bereits nach seinem Besuch in Bambamarca im November 2001 Misereor ebenfalls darauf hingewiesen, dass diese Comunidad kein Wasser mehr bekommt. Herr Josi stellt sich aber auf den Standpunkt, dass die Menschen der Comunidad schriftlich selbst Misereor informieren müssten, andere Berichte sind nicht glaubhaft. Als ich dies dem Vertreter der Comunidad sagte, war er nahe daran zu verzweifeln. Für ihn und die anderen Campesinos ist es die dichteste und authentischste Form der Kommunikation, persönlich eine solche Botschaft zu überbringen, d.h. ausführlich von Angesicht zu Angesicht zu erzählen. Herr Josi kann oder will dies nicht verstehen. Dennoch kamen wir überein, dass die Campesinos es noch einmal mit einem schriftlichen Bericht an Misereor versuchen werden (trotz bisheriger schlimmer Erfahrungen).

(11)  Die offiziellen Projektkosten betragen zwar „nur“ 1,1 Millionen Dollar. Doch mindestens genauso viel ist als Eigenbeitrag durch die Arbeit von Tausenden von Campesinos über Jahre hinweg einzuschätzen. Außerdem suchten die Campesinos eigene Unterstützungen und erhielten sie: Foncodes, PRONAA und Kommune - mit Benzin, Werkzeugen, Lebensmittel etc.

(12) Dem DAS wurde dagegen von Misereor zugesagt, das Material für andere Projekte nutzen zu können (vielleicht für ein Projekt der Mine), auf keinen Fall aber für Bambamarca. Da zu dem größeren Depot in Cajamarca außer der Leitung des DAS niemand Zutritt hat, vermuten die Campesinos, dass dieses Material schon längst verschachert wurde.

(13)  In diesem Zusammenhang - und erhärtet durch konkrete Beispiele im Umgang mit den Campesinos - fiel immer wieder das Wort vom Rassismus. Juan Josi ist Peruaner („Städter“). Bereits Bischof Dammert hatte ja auf den oft unterschwelligen, aber massiven Rassismus in der peruanischen Gesellschaft hingewiesen. Ob der Sachbearbeiter von Misereor ein Rassist ist oder nicht, steht hier nicht zur Debatte. Fest steht aber, dass sich die „Indios“ durch das Verhalten von Josi und dessen Vorgesetzten auf äußerste diskriminiert fühlen - eben weil sie „Indios“ sind.

(14)  Am 11. 1. 2002 schreiben die Campesinos (bereits das neue Komitee) nach Deutschland: „Wir informieren Sie, dass wir keine Verhandlungen mit den Behörden (Gesundheitsministerium) führen können, denn unsere Akten sind nichts wert. Außerdem fehlt die offizielle Übergabe und der Abschlussbericht. Diese Dokumente sind unbedingt erforderlich, um die rechtliche Anerkennung (Rechtstitel) als verantwortliche Organisation zu erhalten. Als Campesinos fühlen wir uns wegen dieser Umstände ohnmächtig und wir wissen nicht, an wen wir uns wenden können. Denn das DAS hat uns vergessen, ohne das Projekt beendet zu haben“.