Marco Arana

Am 14. Februar 2011 steht ein einfacher kath. Priester im Blitzlichtgewitter der Presse. Er wird mit dem 1. Preis der Berliner Filmfestspiele (Kategorie Menschenrechte) ausgezeichnet. "Patin" ist Bianca Jagger. Wie kommt ein einfacher Pfarrer aus Cajamarca, Peru, auf die Bühne in Berlin?

Die Europäer kamen des Goldes wegen nach Cajamarca. Hier kam es 1532 zum ersten gewaltsamen Zusammenstoß zweier Kulturen, die zur Zerstörung der einen und zum Sieg der anderen Kultur und Religion führte. Und das „Gold von Cajamarca“ bestimmt heute wieder auf tragische Weise das Schicksal der Menschen von Cajamarca. 

Denn hier werden seit 1993 die profitabelsten Goldvorkommen der Welt abgebaut, mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung. Betroffen sind besonders die Campesinos (Indios). Sie werden von ihrem Land vertrieben, man gräbt ihnen buchstäblich das Wasser ab – während gleichzeitig die Gewinne der Bergbauunternehmen explodieren.

Gewaltlosen Widerstand leisten vor allem die „versprengten Reste der Kirche des Konzils“. Eine ihrer Leitfiguren ist Marco Arana, mit dem ich seit 1978 verbunden bin. Er ist Schüler von Bischof José Dammert, Bischof von Cajamarca von 1962 – 1992.

Die Diözese Cajamarca gilt als Modell einer Kirche der Armen und als das beste Beispiel für die Umsetzung der Beschlüsse und des Geistes des Konzils. Die Campesinos haben sich als „Kinder des einen Vaters“ entdeckt, ausgestattet mit einer einzigartigen Würde und mit unveräußerlichen Rechten. Diese Arbeit wurde auch hierzulande bekannt, z.B. durch das Glaubensbuch „Vamos Caminando" (1976).

1993 wurde ein neuer Bischof mit dem Auftrag nach Cajamarca geschickt, den „Saustall aufzuräumen“ (wörtlich), d.h. Seelsorger und Gläubige sollen sich wieder zuerst um ihr Seelenheil kümmern. Wer sich für Menschenrechte statt für „Gottesrechte“ einsetzt, ist nicht würdig, die hl. Soutane zu tragen, so Kardinal Cipriani (Opus Dei). Und der jetzige Bischof von Cajamarca verbietet jede „politische Einmischung“, weil die Bibel nichts über Umweltschutz sage. Gleichzeitig lässt er sich von den „Herren der Mine“ zu deren Festmählern einladen. Damit gibt man Marco Arana de facto „zum Abschuss frei“.

Einige kath. Kirchengemeinden aus Deutschland stellen sich auf die Seite einer Kirche der Armen und mit ihrer Hilfe gelingt es, die Geschehnisse in Cajamarca über die Grenzen Perus hinaus bekannt zu machen. Marco Arana wurde 2006 der Preis für Menschenrechte in Peru und am 01. 09. 2010 der Aachener Friedenspreis verliehen.

Einige seiner Mitarbeiter wurden getötet, andere und er selbst bis heute massiv bedroht. Aber ihr Widerstand und ihr Glaube an den biblischen Gott des Lebens bleiben ungebrochen. Um noch mehr Wirkung zu erzielen, gründeten sie eine (Umwelt-) Partei, die landesweit immer mehr Anhänger gewinnt. Marco wurde nun auch offiziell vom Priesteramt suspendiert.    

Dr. theol. Willi Knecht


Besuch aus Peru - Partnerschaft mit Ausgeschlossenen

Die Gemeinde St. Georg in Ulm wagte 1982 die Partnerschaft mit einer Gemeinde in Peru, in der überwiegend Campesinos (Indios) leben, einzugehen. Was kann aber „Partnerschaft“ bedeuten? Partnerschaft heißt, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, den Weg aus der Sklaverei - durch die Wüste - in das Gelobte Land, das dem Volk Gottes verheißen wurde.

Es bedeutet danach zu fragen, welche Götter uns versklaven, welche Götzen wir anbeten, was uns hindert aufzubrechen, dem Ruf Gottes zu folgen und alles hinter uns zu lassen. Oder meinen wir vielleicht nicht, schon am Ziel zu sein. Liegt unser Problem - und das ist gerade vielleicht unser Elend - nicht darin, dass wir vielleicht gar nicht wissen, wohin oder warum wir uns auf den Weg machen sollten? Und kommen wir quasi nicht schon als „Bekehrte“ zur Welt, warum also umkehren?

Die verachteten Indios wissen um den Ursprung und das Ziel ihres Aufbruchs. Sich mit ihnen auf den Weg machen heißt, den Kern der Botschaft Jesu, ja Jesus als Christus und Heiland unseres Lebens, sei es als Einzelner oder als Gemeinde, neu zu entdecken. Es bedeutet auch, lernen zu hören. Könnte es nicht sein, dass Gott heute nicht anders erfahrbar wird als im Hinhören auf diejenigen, denen die „Fülle des Lebens“ geraubt wird? Ist ihr Schrei nach Brot und Gerechtigkeit nicht das Wort Gottes an uns?

Diese Partnerschaft und damit das Verbundensein mit der Weltkirche sind für uns Christen lebensnotwendig, weil es die Armen und Elenden dieser Welt sind, die uns den Weg zeigen und weil in ihnen zuerst die Liebe und die Fürsorge Gottes für die Menschen offenbar wird. Sich mit ihnen auf den Weg machen dürfen heißt, seine eigene Hoffnungslosigkeit, unser Leben im „Goldenen Käfig“ zurückzulassen und sich ohne Angst und voller Vertrauen der Führung Gottes anzuvertrauen.

Durch diesen gemeinsamen Weg mit den „Indios“ ist in der Gemeinde St. Georg viel neues Leben entstanden. Der Besuch von Olivia Velarde und Cathy Lanatta, zwei Verantwortliche der Partnergemeinde San Pedro in Cajamarca, Peru, stärkt die Partnerschaft. Dies ist umso wichtiger in einer Zeit, in der uns – warum auch immer - der „Atem“ auszugehen droht….

Willi Knecht, Initiator und Begleiter der  Partnerschaft


Diese beiden kleinen Artikel wurden geschrieben für und veröffentlicht in der ersten Ausgabe von drs.global, einem Quartals - Newsletter der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der seit 2011 regelmäßig und in großer Auflage erscheint. Seit Beginn bin ich Mitglied im Redaktionsteam (verantwortlich Dr. Thomas Broch).